Ein aufregender Streifzug durch eine der ursprünglichsten Weinregionen Portugals – und das Porträt eines außergewöhnlichen biodynamischen Pioniers im Herzen des grünen Paradieses. Weine ganz ohne Chemie.
Vinho Verde – Das „grüne“ Weinparadies Portugals
Nördlich von Porto, zwischen Atlantik und Bergen, erstreckt sich Vinho Verde: eine faszinierende Weinregion, die sich vom Douro-Tal bis zur im Norden gelegenen spanischen Grenze zieht. Die neun Subregionen Monção e Melgaço, Lima, Cávado, Ave, Sousa, Amarante, Basto, Paiva und Baião zeichnen sich durch teils kühle, teils kontinentalere Mikroklimata aus. Monção e Melgaço gilt als Heimat des hochwertigsten Alvarinho, während Lima, Cávado und Ave für ihr blumiges Loureiro bekannt sind. Sousa, Amarante, Basto, Paiva und Baião, mit etwas gemäßigtem kontinentalem Klima, bieten perfekte Bedingungen für vollere Weinstile.

An der Küstenlinie dominiert Granit, durchzogen von schmalen Schieferadern und ersten Kalkablagerungen auf den östlichen Bergplateaus. Mit Niederschlagsmengen von 1.200 bis 2.000 Millimeter pro Jahr und heißen, trockenen Sommermonaten im Juli und August ist der Weinbau hier eine wahre Achterbahnfahrt zwischen Regenfluten und Trockenstress.
Rebsorten und Stilistik
Vinho Verde ist reich an autochthonen Rebsorten. Loureiro entfaltet in den milden Küstenlagen blumige Zitrusnoten und erinnert mit seiner Frische an Sauvignon Blanc. Azal, im Landesinneren, zeigt ein dynamisches Profil: mal knackig-zitrisch, mal reifer und eleganter. Die Krone Portugals aber trägt Alvarinho – insbesondere die Exemplare aus Monção e Melgaço präsentieren sich mit knisternder Säure und mineralischer Präzision, gestärkt durch kalk- und granitreiche Böden.

Ursprünglich bekannt für seine frisch-prickelnden „fizzy“ Weine, hat sich Vinho Verde seit den 1990er-Jahren neu erfunden. Pioniere wie Vasco Croft (Aphros Wines), Anselmo Mendes, Amandio Galhano und Fernando Paiva von Quinta da Palmirinha rückten sortenreine Qualitätsweine ins Rampenlicht.

Noris F. Conrad’s Masterclass über das Vinho Verde und die Entdeckung von Quinta da Palmirinha
Sommelier Noris F. Conrad präsentierte einen fachkundigem Publikum Palmirinha in einer Vinho Verde-Masterclass und hob Quinta da Palmirinha als eine der spannendsten Entdeckungen aus Portugal hervor. Besonders beeindruckte ihn der lebendige Loureiro, die präzise Mineralität des Azal und die komplette Ausarbeitung der Weine mit kompletten Verzicht auf Chemie.

Quinta da Palmirinha – Pionier der Biodynamie in der Sousa-Subregion
Tief im Sousa-Tal, nahe Amarante, liegt die 3,5 Hektar große Quinta da Palmirinha. Fernando Paiva – einst Geschichtslehrer – übernahm den Familienbetrieb im Jahr 2000. 2007 erhielt das Weingut als erstes in Portugal die Demeter-Zertifizierung, ein klares Bekenntnis zur biodynamischen Landwirtschaft.

Biodynamische Philosophie und Techniken – Weine gänzlich ohne chemische Beihilfen
Paiva versteht seinen Hof als lebendiges Ökosystem: Hühner, Gänse und Bienen fördern mit ihrem natürlichen Dung den Humusaufbau und sichern die Blütenvielfalt. Nach dem biodynamischen Kalender setzt er Heilpflanzen Präparate und Hornkiesel zur Bodenstimulation ein. Eine einzigartige Innovation ist die Nutzung von Kastanienblüten als natürlichen Schwefelersatz – sie wirken antioxidativ und heben die feinen Hefearomen in der spontanen Gärung hervor. Ohne die Zugabe vom Schwefel und mit biodynamischen Praktiken im Garten schafft es das Gespann von Großvater und Enkel, Weine voller Lebendigkeit herzustellen.

Pergola-Erziehung und Laubarbeit
Das historische Pergola-System galt als Standard für die Vinho Verde Region. Da hier neben dem Weinbau quasi unter den Reben weitere Landwirtschaft möglich war. Wo einst Pergola zur Maximierung landwirtschaftlicher Fläche ermöglichte, setzen Fernando und João heute auf eine behutsame Laubarbeit und Güillot (Guyot)-Erziehung für selektive Ertragssteuerung und optimale Traubenqualität.
Das Blätterdach, sofern richtig geschnitten, bewahrt die Trauben vor Sonnenbrand, fördert die Luftzirkulation und reduziert dadurch Pilzkrankheiten – in dieser sehr niederschlagsreichen Region ein absolut unabdingbarer Schritt.

Kellerarbeit und Weinmacherhandwerk
Der neben den Weinbergen erbauten Keller auf einer Anhöhe (400 Meter) in Bouça-Chã verwandelt sich nach der Ernte in einen Ort der Magie. Hier vergärt der Most spontan mit einheimischen Hefen, völlig ohne Temperaturkontrolle. Nach einer mehrwöchigen Maischegärung auf der Grobhefe erfolgen regelmäßige Bâtonnagen. Die Weine reifen unfiltriert und ungeschönt in Zement- und Edelstahltanks sowie in Kastanien- und Vogesen-Eichenfässern

Die Weine von Palmirinha – ganz ohne Chemie
Das Weingut produziert bis dato lediglich drei Weine. Einen reinsortigen Azal, einen Loureiro und einen Loureior mit einer Mazeration auf der Schale namens Curtimenta.
Diese Weine sind purer Ausdruck reiner Finesse und der Abreit im Weingarten. Vorallem spannend sind die unverfälschten Interpreationen von autothochen Rebensorten des Vinho Verdes, welche man auch in Europa nur selten in solch einer Qualität und Unverblühmtheit genießen kann.
Palmirinha Loureiro
Der Loureiro wächst direkt neben dem Keller auf lehmdurchdrungenen Böden, wird bis Dezember mit zweimaliger Battonage im Monat gegen Oxidation geschützt und verbleibt bis Juni auf der Feinhefe.

Die Stabilisierung erfolgt mit den Blüten von männlichen Kastanienpflanzen, welche mit 50 Gramm pro 100 Liter dosiert werden.
In der Nase birgt der Wein ein unglaublich ansprechendes Boquet von Blumen, Haselnüssen, Schießpulver und einer feinen Aprikosennote. Am Gaumen purer Zug, Spannung, Säure und Freude. Ein Wein, welcher mit einer leicht nussigen Note sehr viel Spaß und Länge bringt, ohne seine Seriösität zu verlieren.
Palmirinha Azal
Der Azal stammt aus dem gleichen Weingarten und wird mit der selben Ausbaumethode hergestellt. Allerdings zeigt er am Gaumen mehr Fülle und Schmelz. Die Reduktion nimmt ab und der Azal offenbart sich als charakterstarker, fruchtextrahierter Wein. Mit Länge, Tiefgang und Aromatiken von Pfirsich, gelbem Apfel, Zitronen und weißen Holunderblüten verfügt er zudem mit seiner Frische.

Palmirinha Curtimenta
Der Curtimenta kommt von einer granithaltigen Erhebung von 150 Metern. Der karge Körper wird gestützt von einer vierwöchigen Mazeration auf den Schalen, was ihm eine bissfeste Struktur mit einem parfümähnlichen Bouqet verleiht. Mit 100 Prozent Loureiro gehen wir in die Richtung von saftig grasigen Noten, feiner Traubenschale, Walnuss und getrockneten Feigen. Am Gaumen bewahrheitet sich diese dunklere Aromatik, welche durch 11,5% vol. Alkohol immer noch ihre Trinkfreude bewahrt.

Die nächste Generation: João Goucho

João Goucho, Enkel des Gründers, arbeitet bereits eng mit Fernando zusammen. Er verfeinert Lesezeitpunkte, optimiert die Laubarbeit und experimentiert mit Amphorenausbau – stets ohne das biodynamische Fundament zu verlassen. Gemeinsam wollen sie die Biodiversität weiter stärken und die biodynamische Bewegung in Portugal mitgestalten.
Sein erster eigener Wein kommt dieses Jahr unter dem Namen Exordium mit 90 Prozent Arinto und 10 Prozent Loureiro auf den Markt. Der Wein wird mit einem Monat Schalenkontakt in einer portugiesischen Amphore abgefüllt. Wir sind gespannt, was bei diesem aufstrebenden Winzer noch kommen wird.

Quinta da Palmirinha ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie biodynamische Landwirtschaft, autochthone Rebsorten und traditionelle Pergola-Erziehung zu authentischen, lebendigen Weinen verschmelzen lässt. Hier schmeckt man die kühle Atlantikluft, die Granitschichten und die Vision einer Winzerfamilie, die ihre regionale Identität von Generation zu Generation weitergibt.
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Die Redaktion von FrontRowSociety informiert, dass Alkohol verantwortungsvoll genossen werden sollte. Jeder sollte dazu verpflichtet sein, Alkohol von Kindern fernzuhalten.





























































