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Gestatten: Thomas und Mathias Sühring – Zwillinge mit starken Wurzeln aus der Berliner Vorstadt. Zwei Brüder, zwei Seelen, ein kulinarischer Herzschlag. Trotz der stets angesagten Hauptstadt Berlin verschlug es beide weit über die Grenzen Deutschlands hinaus.

Seit 2015 betreiben sie das Restaurant Sühring in einer pulsierenden Metropole voller Kontraste: Bangkok. Dort, im tropischen Süden Asiens, öffneten sie die Türen zu einem der bemerkenswertesten Restaurants der Welt – dem Restaurant Sühring. Natürlich ist es ein großer Schritt für europäische Gaumen, für ein an altdeutsche Rezepte angepasstes Menü nach Bangkok zu fliegen. Doch der asiatische Markt ist umso interessierter an der deutschen Handwerksqualität.

Exclusive Interview with Chef Thomas Sühring about the Uccelin programme
Die Brüder Thomas und Mathias betreiben das Spitzenrestaurant gemeinsam / © Foto: Restaurant Sühring

Eine Idee, geboren aus Heimweh und Pioniergeist

Der Weg dorthin begann früh. Gelernt bei einem der größten Interpreten deutscher Gastronomie, Sven Elverfeld, im 3-Sterne-Restaurant Aqua, tragen sie das Handwerk und den Respekt vor dem Produkt wie ein Erbe in sich. Mit dem Enthusiasmus der Jugend brachen beide nach Asien auf, wo sie zunächst im renommierten The Mezzaluna im Lebua Hotel kochten. Kurze Zeit später war es ein Gespräch mit ihrem Freund und Unterstützer Gaggan Anand, das den Stein ins Rollen brachte. Gaggan, selbst kulinarischer Visionär, erkannte das Potenzial der Zwillinge und bestärkte sie darin, ein eigenes Restaurant zu eröffnen. Das war die Geburtsstunde des Restaurants Sühring.

Guests feel at home with the Sühring brothers
Das mit 2 Michelinsternen ausgezeichnete Restaurant Sühring in Bangkok / © Foto: Restaurant Sühring

Kulinarisches Zuhause fern der Heimat

In ihrem mit 2 Michelinsternen dekoriertem Restaurant kreieren die Brüder mit Leidenschaft, Präzision und einer großen Portion kindlicher Freude am Detail ein Menü, das Geschichten erzählt – von Berlin, von der Oma, von alten Rezepten und neuem Leben. Jeder Teller ist wie ein Brief an ihr früheres Zuhause.

Die großen Namen der deutsch Kochkultur im Ausland. Mathias und Thomas Sühring hier mit Mathieu Campion (2.v.l.) und Noris F. Conrad (3.v.l.) / © FrontRowSociety.net, Foto: Noris F. Conrad

Der Service – nie aufdringlich, immer charmant – ist ein kleines Meisterstück interkultureller Harmonie. Thailändische Herzlichkeit trifft auf europäische Präzision – ein eingespieltes Team aus einheimischen Gastgebern und internationalen Service-Profis, das Hand in Hand den Gast umwirbt. Sie tanzen förmlich um den Tisch und balancieren dabei charmant zwischen Sprachen, Kulturen und Erwartungen.

Das Menü selbst ist mehr als bloß eine Abfolge von Gängen – es gleicht einem Theaterstück mit feinen Showelementen. So wird etwa der zehn Jahre alte Sauerteig fast wie ein Familienmitglied vorgestellt, während die Entenleber als kleine Schnittchen-Kostbarkeit in ihrer eigenen nostalgischen Verpackung daherkommt. Später kündigt sich die Ente – stolz, duftend, rauchend – als Star des Abends an, begleitet von einer Auswahl edler Messer des Hauses Nesmuk.

Diese feine Choreografie – subtil, verspielt, nie aufgesetzt – macht Sühring zu einem Erlebnis, das weit über den Gaumen hinaus wirkt. Hier verschmelzen Präzision, Bühne und einfach unglaublich gutes Essen.

Das Menü – Deutsche Küche, neu gedacht – ein Auszug aus den Favoriten

... small works of art can be seen
Ein Kunstwerk an sich: Brathering im Gurkengelee / © Foto: Restaurant Sühring

Schon der Auftakt ist eine Liebeserklärung: Brathering im Gurkengelee – eine Reminiszenz an Berliner Kindheitstage. Dazu eine kleine Portion Obazda mit einem Hauch von Radler – Bayern, neu interpretiert oder, aus thailändischer Sicht, charmant ins Stereotypische überführt. Der Labskaus kommt auf einem Schwarzbrot mit einer Füllung von Kartoffel, anstelle des Corned Beefs finden wir Wagyu Hack. On top wird das ganze mit feinen Streifen von Roter Bete verschlossen und mit Kaviar gekrönt. Eine wahre Ode an deutsche Hafenstädte.

Ein Klassiker der Hafenstädte: Labskaus mit Kaviar / © FrontRowSociety.net, Foto: Noris F. Conrad

Die Happen werden schließlich von einer Hommage an simples Gemüse gekrönt: Lauch und Trüffel. Der Lauch zeigt sich in drei Variationen – als Sphäre mit flüssigem Kern, als knusprig-zartes Stroh und als intensiv konzentrierte Essenz. Der Trüffel findet sich sowohl in der flüssigen Füllung wieder wie auch fein ausgestochen und dekorativ drapiert.

Der Location entsprechend folgt die Königskrabbe: als zarter Flan aus dem eigenen Sud und roh als Tatar, veredelt mit Kaffir-Limette. Ein feiner Lack aus Soja und reichlich Kaviar eröffnen fulminant die ersten Gänge des Menüs. Bereits diese kleinen, bissgroßen Happen überzeugen mit ihrer Komplexität und geschmacklichen Tiefe – sie stimmen die Sinne perfekt auf die bevorstehende kulinarische Symphonie ein.

Eine unfassbare Kombination, Lauch und Trüffel in einer Spähre mit flüssigem Kern / © FrontRowSociety.net, Foto: Noris F. Conrad
Der Königkrabben-Flan mit eigenem Tatar und Aki-Caviar / © FrontRowSociety.net, Foto: Noris F. Conrad

Dann folgt die Pastete – eine französisch inspirierte Hommage an Straßburg. Innen: Wild, Lardo, Trüffel. Außen: eine filigrane Struktur, fast wie aus Porzellan gegossen. Eine meisterhafte Fusion aus frankophiler Technik und deutscher Seele. Diese Symmetrie und Sauberkeit auf dem Teller kennt man sonst nur aus Restaurants wie dem Aqua. Der Einfluss ist deutlich erkennbar, doch der Stil bleibt ganz der der Brüder – eigen und unverwechselbar.

Nicht nur für das Auge eine Schönheit, die Terrine weiß mit Pistazie, Lardo, Trüffel, Foie Gras und Hase. Protagonisten, die alle Blicke auf sich zu ziehen / © FrontRowSociety.net, Foto: Noris F. Conrad

Berlin meldet sich zurück mit dem Klassiker „Aal grün“ – sehr modern präsentiert mit Spreewaldgurke. Frisch, säurebetont, ehrlich. Ein Gericht, das die Heimat auf den Punkt bringt. Dazu gibt es eine Extraportion Nostalgie: Das Ganze wird in einer Schale serviert, die an das französische Glasgeschirr Luminarc erinnert.

Die hohe Kunst des Brots

Kaum ein anderer Ort in Asien widmet dem Brot einen solch ehrwürdigen Platz. Funfact: Der hauseigene Sauerteig lebt seit der Eröffnung 2015! Daraus entstehen Laugengebäck, Körnerbrot sowie ein simples Sauerteigbrot – alle von Hand geformt, duftend und knusprig. Dazu gesalzene Butter aus Frankreich. Was für ein Fest!

Enleta – Kindheitserinnerungen pur

Fast schon kindlich verspielt folgt die nächste Überraschung: die „Enleta“. Diese originelle Kreation aus feinster Entenleber, zwei hauchzarten Waffeln und einer fruchtigen Aprikosenmarmelade erinnert in ihrer Gestaltung und Verpackung augenzwinkernd an die wohlbekannte Hanuta-Tafel. Statt der klassischen Haselnussfüllung erwartet den Gast hier allerdings eine luxuriöse Entenleber-Crème, die er am Tisch selbst aus der hauseigenen Verpackung entnimmt. Ein fein abgestimmter Trinkessig vom Doktorenhof vollendet dieses verspielte Gericht und sorgt für einen erfrischend-säuerlichen Kontrapunkt zur reichen Leber.

Enleta, sprich die Entenleber Tafel – ein Klassiker für den viele, vor allem asiatische Gäste extra anreisen / © Foto: Restaurant Sühring

Europa trifft Fernost

In Butter pochierter Saibling, serviert mit einem Fond aus Topinambur und feinem Stroh, ist eine deutsche Antwort auf japanisches Dashi – tief, nussig, klar. Der Großteil der Gäste im 2-Sterne-Restaurant Sühring stammt aus dem südostasiatischen Raum. Viele finden in diesem Gericht Komfort und Vertrautheit: ein kleiner Bissen vertrauter Aromatiken neben der deutschen Feinkost, der in einem sehr durchdachten Menü für Ruhe und Gelassenheit sorgt.

Saibling in Butter pochiert mit einem Sud von Tompinambur / © FrontRowSociety.net, Foto: Noris F. Conrad

Zur französischen Klassik: Der bretonische Hummer, aufgezogen in Vanillebutter, flankiert von mit Yuzu infusierter Kaki und einer intensiven Lobsterbisque, ist pure französische Noblesse – in Bangkok, wohlgemerkt! Der Teller: rund, perfekt, makellos. Die Aromen: ausbalanciert wie ein gut dirigiertes Streichquartett. Ein Hummer, wie er im Buche steht.

Bretonischer Hummer aus Vanillebutter mit einer Yuzu infusierten Kaki und einem kleinen Raviolo / © FrontRowSociety.net, Foto: Noris F. Conrad
Die Lokale Ente. Fein hergerichtet. Diese wird als Show-Stopper kurz vor dem Hauptgang mit einem kleinem Blumenbouquet präsentiert / © FrontRowSociety.net, Foto: Noris F. Conrad

Liebe zum Detail

Was das Sühring so besonders macht, ist das Erlebnis über den Teller hinaus: Bei jedem Gang erscheinen neue, handgefertigte Messer – Steakmesser von Laguiole, Hauptgangmesser von Nesmuk sowie Florentine Knives aus Barcelona. Es sind unter anderem diese kleinen Gesten, die aus einem gelungenen Abend ein unvergessliches Erlebnis machen. Kurz vor dem Hauptgang kommen die Spätzle. Mit diesem Gericht wurden die asiatischen Social Media Plattformen gekapert – kein Wunder!

Die Eierspätzle sind original handgeschabt und kommen mit einer reichhaltige Sauce auf Basis verschiedener Pilze, einem Kräuter-Öl und viel Trüffel. Ein Gericht zum niederknien und sicher ein unglaublich einzigartiges Gericht in der ganzen Fine-Dining-Szene.

Bei dem Anblick der Käsespätzle mit Trüffel und einer Pilzrahm lässt sich fasst vergessen, dass man in Bangkok is(s)t / © FrontRowSociety.net, Foto: Noris F. Conrad
Die Ente – perfekt zart mit einer Blaufränkisch-Reduktion, Rote-Bete-Pulver und einer Entenpraline / © FrontRowSociety.net, Foto: Noris F. Conrad

Süßer Abschied

Das Dessert: Eine zarte Mikan-Orangenkreation mit Kamille und Orangensaft – elegant, floral, subtil. Darauf folgt die dekonstruierte Schwarzwälder Kirschtorte, die zwischen Erinnerung und Innovation schwebt. In der Anmutung noch der wohlige Groll einer jeden Großmutter, im Geschmack jedoch weit mehr als nur ein moderner Twist eines kalorienreichen Klassikers: luftig-leichte Sahnecreme, dunkle Schokolade und reichlich Kirschwasser. Ein perfekter Abschluss.

Unfassbare Kombination zum Abschluss: Mikan Orange mit Kamille und Mandel / © FrontRowSociety.net, Foto: Noris F. Conrad

Und zum krönenden Abschluss: Oma’s Eierlikör. In kleinen Shots serviert. Eine Hommage an die Großmutter, die nicht wegen des Rezepts, sondern auch wegen der Liebe zum Kochen, die sie an die Zwillinge weitergab.

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