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Mitten im urbanen Herzen Frankfurts, wo Banken, Boulevards und Bratwurst aufeinandertreffen, setzt das Restaurant LEUCHTENDROTER ein kulinarisches Zeichen: konsequent pflanzenbasiert, kreativ anspruchsvoll und zugleich überraschend zugänglich.

Was zunächst als vegetarisches Konzept in den Räumen der Lindenberg-Hotels begann, hat sich zu einem der spannendsten Orte für vegane Gastronomie in Deutschland entwickelt – nicht als provokanter Gegenentwurf, sondern als Einladung zu einem neuen Genussverständnis.

Im Interview spricht der Managing Partner Lukas Dickmann mit Herausgeber Andreas Conrad über die persönliche Motivation, über den Wandel zum rein veganen Konzept und darüber, warum ein bewusster Umgang mit Lebensmitteln heute mehr bedeutet als bloße Ideologie.

Mitten im urbanen Herzen Frankfurts, wo Banken, Boulevards und Bratwurst aufeinandertreffen, setzt LEUCHTENDROTER ein kulinarisches Zeichen
Mitten im urbanen Herzen Frankfurts, wo Banken, Boulevards und Bratwurst aufeinandertreffen, setzt LEUCHTENDROTER ein kulinarisches Zeichen / © Redaktion FrontRowSociety.net

Exklusives Interview mit Managing Partner Lukas Dickmann, Restaurant LEUCHTENDROTER im lyf East Frankfurt

Andreas Conrad: Was war Ihre persönliche Motivation, LEUCHTENDROTER zu gründen – und warum ein rein veganes Konzept mitten in Frankfurt?

Exklusives Interview mit Managing Partner Lukas Dickmann, Restaurant LEUCHTENDROTER im lyf East Frankfurt
Exklusives Interview mit Managing Partner Lukas Dickmann, Restaurant LEUCHTENDROTER im lyf East Frankfurt / © Redaktion FrontRowSociety.net

Lukas Dickmann: Meine persönliche Motivation, bei LEUCHTENDROTER einzusteigen, hatte zunächst gar nichts mit der Gründung im klassischen Sinne zu tun. Ich kam 2019 als Teil des Pre-Opening-Teams dazu, auf der Suche nach einer neuen Aufgabe in meiner alten Heimat Frankfurt. Nach Jahren in der klassischen, oft recht konservativen Gastronomie war ich neugierig auf neue gastronomische Ansätze und die Möglichkeit, ein Restaurant von Beginn an mitzuentwickeln. LEUCHTENDROTER war zu diesem Zeitpunkt noch ein vegetarisches Konzept, ins Leben gerufen von den Machern der Lindenberg-Hotels, mit Ricky Saward, dem Sternekoch des SEVEN SWANS, als Küchendirektor. Die pflanzenbasierte Küche hatte mich zwar schon lange interessiert, spielte in meinem bisherigen beruflichen Werdegang aber nur eine untergeordnete Rolle. Doch als ich erlebte, wie viel kreatives Potenzial in dieser Form des Kochens steckt, vor allem wenn man ihr denselben Anspruch und dieselbe Aufmerksamkeit wie der klassischen Küche entgegenbringt, war für mich klar, dass ich hier richtig bin. Der Wandel zum rein veganen Konzept kam nach der Corona-Zeit, initiiert durch unseren damaligen Küchenchef, der sich privat vegan ernährte. Wir unterstützten diesen Schritt geschlossen. Zeitgleich wurde auch das SEVEN SWANS vollständig vegan und erhielt als erstes veganes Restaurant weltweit einen Michelin-Stern. Diese Entwicklung hat unseren eigenen Weg klar bestätigt und gezeigt, wie zukunftsfähig ein konsequent pflanzenbasiertes Konzept ist, gerade auch mitten in einer Stadt wie Frankfurt.

Andreas Conrad: Wie definieren Sie den kulinarischen Anspruch Ihres Restaurants – geht es um Genuss, Aktivismus oder beides?

Lukas Dickmann: Unser kulinarischer Anspruch bei LEUCHTENDROTER richtet sich in erster Linie auf Genuss, Handwerk und Kreativität. Wir sind keine Aktivisten, doch selbstverständlich stellen auch wir uns die ethische Frage, wie verantwortungsvolle Gastronomie heute aussehen kann. Die Entscheidung, keine tierischen Produkte mehr zu verwenden, ist ganz klar eine bewusste – sie entspringt dem Wunsch, unsere Küche zukunftsfähig, ressourcenschonend und fair zu gestalten. Gleichzeitig möchten wir niemanden belehren oder bekehren. Vielmehr geht es uns darum, zu zeigen, welches Potenzial in einer konsequent pflanzenbasierten Küche steckt, wenn man sie mit demselben Anspruch und derselben Hingabe betreibt wie die klassische Küche. In vielen Teilen der Welt besucht man pflanzliche Restaurants nicht aus ideologischen Gründen, sondern weil sie kulinarisch etwas Neues bieten – unabhängig davon, was man privat bevorzugt. Diese Haltung wünschen wir uns auch hier. Wir möchten Horizonte erweitern, Aromen neu denken und das Verständnis dafür fördern, was pflanzliche Küche tatsächlich leisten kann. Denn sie ist weit mehr als bloße Alternativen oder Ersatzprodukte – sie ist eigenständig, komplex und voller Überraschungen. Gerade in einer Stadt wie Frankfurt, die in kulinarischer Hinsicht oft stark von Fleisch- und Convenience-Angeboten geprägt ist, verstehen wir unser Konzept als zeitgemäßen Impuls für eine anspruchsvolle, moderne Esskultur.

Wir möchten Horizonte erweitern, Aromen neu denken und das Verständnis dafür fördern, was pflanzliche Küche tatsächlich leisten kann
Wir möchten Horizonte erweitern, Aromen neu denken und das Verständnis dafür fördern, was pflanzliche Küche tatsächlich leisten kann / © Redaktion FrontRowSociety.net

Andreas Conrad: Wie reagieren Ihre Gäste auf vegane Küche – insbesondere solche, die sich nicht explizit pflanzlich ernähren?

Lukas Dickmann: Die Reaktionen unserer Gäste auf die vegane Küche sind so vielfältig wie die Menschen selbst. Grundsätzlich beobachten wir drei unterschiedliche Gruppen: Zum einen gibt es die, die völlig offen sind und genau wissen, worauf sie sich einlassen. Sie suchen gezielt nach neuen kulinarischen Erfahrungen und schätzen unser Konzept von Anfang an. Dann gibt es natürlich jene Gäste, die sich bereits vegetarisch oder vegan ernähren und uns ganz bewusst wegen unseres Angebots aufsuchen. Und schließlich gibt es die Gruppe, die quasi mitgebracht wird – oft von Freunden, Partnern oder Familienmitgliedern – und vermutlich lieber in ein Steakhaus gegangen wären. Genau diese Gästegruppe empfinden wir als besonders spannend. Denn wenn wir es schaffen, sie mit unserer Küche zu überzeugen, dann haben wir vieles richtig gemacht. Und erstaunlich oft gelingt uns das auch. Ein schönes Beispiel ist ein Stammgast, mittlerweile im Ruhestand, der über 30 Jahre als Fleischer gearbeitet hat. Als seine Tochter ihn zum ersten Mal mit zu uns brachte, war er äußerst skeptisch. Er sagte uns ganz offen, dass er grundsätzlich alles isst und vegan für ihn nicht mehr als ein lächerlicher Trend der jungen Leute sei. Heute kommt er zu jedem neuen Menü, weil ihn unsere Gerichte aufrichtig begeistern. Natürlich gibt es auch Menschen, die wir nicht erreichen, und das ist völlig in Ordnung. Man wird im Leben nie alle überzeugen können – das gilt für jedes Produkt, ob Auto, Mode oder eben Gastronomie. Entscheidend ist, dass wir mit unserem Anspruch und unserer Haltung Menschen berühren, neugierig machen und regelmäßig überraschen können.

Man wird im Leben nie alle überzeugen können – das gilt für jedes Produkt, ob Auto, Mode oder eben Gastronomie - das sieht auch das Team des Restaurants
Man wird im Leben nie alle überzeugen können – das gilt für jedes Produkt, ob Auto, Mode oder eben Gastronomie – das sieht auch das Team des Restaurants so / © Redaktion FrontRowSociety.net

Andreas Conrad: Welche Herausforderungen haben Sie als Unternehmer in der veganen Gastronomie erlebt – gerade in Zeiten von Inflation und Fachkräftemangel?

Lukas Dickmann: Die Herausforderungen, die wir als Unternehmen in der veganen Gastronomie erleben, unterscheiden sich in vielen Punkten kaum von denen anderer gastronomischer Betriebe. Auch wir kämpfen mit dem allgemeinen Fachkräftemangel und spüren die Auswirkungen der Inflation deutlich. Gleichzeitig gibt es jedoch einige branchenspezifische Besonderheiten, die unsere Situation zusätzlich erschweren. Innerhalb der Gastronomie fliegen vegane Konzepte nach wie vor ein Stück weit unter dem Radar, gerade wenn es um die Gewinnung qualifizierter Fachkräfte geht. Viele, die den Beruf einmal klassisch gelernt haben, fühlen sich weiterhin stärker zu traditionellen Küchen hingezogen. Das macht es nicht leichter, motiviertes und gut ausgebildetes Personal zu finden. Dennoch beobachten wir einen Wandel. Immer häufiger erhalten wir Bewerbungen von Köchinnen, Köchen und Restaurantfachleuten, die bewusst nach neuen Wegen suchen und sich für das kreative Potenzial der pflanzlichen Küche interessieren – so wie ich damals, als ich zu LEUCHTENDROTER kam. Die wirtschaftliche Lage stellt uns ebenso vor große Aufgaben. Die Inflation betrifft uns in fast allen Bereichen. Im Wareneinkauf haben wir bei manchen Produkten Preissteigerungen von bis zu 30 Prozent erlebt. Gleichzeitig sind auch die Lohnkosten seit 2019 um etwa 25 Prozent gestiegen – sowohl im Service als auch in der Küche. Das ist nachvollziehbar und richtig, denn natürlich sehen wir es als unsere gesellschaftliche Verantwortung, faire Löhne zu zahlen. Niemand, der im Gastgewerbe arbeitet, sollte sich unter Wert verkauft fühlen. Trotzdem bringt uns das betriebswirtschaftlich an Grenzen. Es reicht nicht, lediglich kostendeckend zu arbeiten. Ein Unternehmen muss auch Gewinn erwirtschaften, damit es sich weiterentwickeln kann und nicht irgendwann auseinanderfällt. Dennoch haben wir das Gefühl, dass sich gerade die Gastronomie häufiger als andere Branchen dafür rechtfertigen muss, wenn Preise steigen. Dabei ist es ein ganz grundlegendes wirtschaftliches Prinzip, dass gestiegene Kosten, ob für Energie, Rohstoffe oder Personal, auch über den Verkaufspreis getragen werden müssen. Unser Ziel ist es, diesen Spagat mit Integrität und Qualität zu meistern.

Im Restaurant LEUCHTENDROTER erzählt Lukas, werden faire Löhne gezahlt, auch das gehört zum Gesamtkonzept des Hauses
Im Restaurant LEUCHTENDROTER erzählt Lukas, werden faire Löhne gezahlt, auch das gehört zum Gesamtkonzept des Hauses / © Redaktion FrontRowSociety.net

Andreas Conrad: Nachhaltigkeit ist für viele Restaurants ein Buzzword – wie konkret setzen Sie das im LEUCHTENDROTER um?

Lukas Dickmann: Nachhaltigkeit ist für uns im LEUCHTENDROTER kein bloßes Schlagwort, sondern ein zentraler Bestandteil unserer täglichen Arbeit – und das auf mehreren Ebenen. Der offensichtlichste Beitrag ist sicherlich unsere konsequent pflanzenbasierte Küche. Unser CO₂-Fußabdruck ist im Vergleich zu konventionellen Restaurants extrem gering, da die größten Emissionstreiber in der Lebensmittelproduktion wie Fleisch, Milchprodukte und Butter bei uns komplett entfallen. Doch für uns bedeutet Nachhaltigkeit weit mehr als nur CO₂-Einsparung. Sie beginnt bei unserem Team. Unsere Mitarbeitenden erhalten faire, übertarifliche Löhne, Schichtzuschläge, frisches, kostenfreies Personalessen und sechs Wochen Urlaub im Jahr. Außerdem übernehmen wir die Kosten für den ÖPNV. Wird das Fahrrad eines Teammietglieds während der Schicht vor der Tür gestohlen, kaufen wir selbstverständlich ein neues. Ein respektvoller, wertschätzender Umgang ist für uns essenziell, wenn man von echter Nachhaltigkeit sprechen und kein Greenwashing betreiben möchte. Auch mit unseren Lieferanten pflegen wir einen partnerschaftlichen, verantwortungsbewussten Umgang. Wir verlangen keine Dumpingpreise, sondern setzen auf offene Kommunikation, gerade wenn es finanziell einmal enger wird. Unser Ziel ist eine stabile Beziehung auf Augenhöhe, bei der beide Seiten langfristig profitieren. Zusätzlich bauen wir einen Teil unserer Zutaten selbst an, in einer eigenen Permakultur im Vordertaunus. Frischer, saisonaler und ökologischer geht es kaum. Allerdings ist auch das kein wirtschaftlicher Selbstläufer. Ein solcher Eigenanbau ist mit viel Idealismus verbunden und kein Mittel zur Kostensenkung. Es zeigt aber unseren Anspruch: Nachhaltigkeit bedeutet für uns, in Kreisläufen zu denken, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen, die über den Tellerrand hinausgehen. Nicht aus Imagegründen, sondern weil wir fest daran glauben, dass dies der richtige Weg ist.

Die Menükarte ist abwechslungsreich - auch Nicht-Veganer kommen auf ihren Geschmack
Die Menükarte ist abwechslungsreich – auch Nicht-Veganer:innen kommen auf ihren Geschmack / © Redaktion FrontRowSociety.net

Andreas Conrad: Wie sehen Sie die Zukunft veganer Gastronomie in Deutschland – ist das ein Trend oder eine echte Bewegung?

Lukas Dickmann: Als kurzlebigen Trend kann man die vegane Gastronomie sicher nicht mehr bezeichnen. Dafür ist die Entwicklung zu groß und zu tiefgreifend. Natürlich sind wir in Deutschland wie so oft etwas behäbiger unterwegs. In anderen Teilen der Welt ist die pflanzenbasierte Küche längst fest etabliert und aus dem gastronomischen Alltag nicht mehr wegzudenken. Hierzulande stehen wir an der Schwelle zu einem grundlegenden Wandel. Viele traditionelle Betriebe, insbesondere auf dem Land, kämpfen mit dem Mangel an Nachfolgerinnen und Nachfolgern. Wenn Landgasthöfe und Wirtshäuser schließen, ist das bedauerlich, weil damit ein Teil kultureller Identität verloren geht. Gleichzeitig schafft dieser Strukturwandel Platz für neue gastronomische Konzepte, die den Zeitgeist besser widerspiegeln. Städte werden zunehmend von Fast-Food-Angeboten geprägt, während der ländliche Raum sein gastronomisches Profil nach und nach verliert. Vor diesem Hintergrund wäre es zu kurz gedacht, die vegane Küche lediglich als Trend abzutun. Sie reagiert auf gesellschaftliche Entwicklungen, auf Fragen von Klima, Tierwohl und Gesundheit, und bietet dabei gleichzeitig enormes kulinarisches Potenzial. Immer mehr Menschen erkennen, dass pflanzenbasierte Küche nicht Verzicht bedeutet, sondern Vielfalt und Kreativität. Auch in der Gastronomie selbst zeigt sich das: Junge Fachkräfte interessieren sich zunehmend für nachhaltige Konzepte, und die Akzeptanz bei den Gästen wächst stetig. Die vegane Gastronomie wird sich in Deutschland weiter festigen, nicht als Gegentrend zur klassischen Küche, sondern als gleichwertiger Bestandteil einer modernen Esskultur.

Einen Dank an Lukas Dickmann für seine Zeit.

FrontRowSociety-Herausgeber Andreas Conrad führte das Interview mit Managing Partner Lukas Dickmann vom Restaurant LEUCHTENDROTER im lyf East Frankfurt im August 2025.

Weiterführende Informationen:

LEUCHTENDROTER
Lindleystraße 17
60314 Frankfurt am Main