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Inmitten sattgrüner Wiesen, sanft geschwungener Hügel und jahrhundertealter Dörfer entfaltet sich eine Region, die wie keine andere für das französische Erbe steht: Burgund, das Herzstück des savoir vivre. Zwischen kulinarischer Exzellenz, technologischer Innovation und einer Kulturgeschichte, die bis in die Zeit von König Chlothar (6. Jahrhundert) reicht, zeigt Burgund, wie authentische Regionalität und weltweiter Einfluss Hand in Hand gehen.

Doch bei einem so großen Gebiet und schier unzähligen Möglichkeiten bleibt die Frage: welche Sehenswürdigkeiten und Sehnsuchtsorte sollten bei einer Burgund-Reise nicht aufgelassen werden? Entdecker können im Burgund aus einem schier unerschöpflichen kulturellen, kulinarischen sowie historischen Angebot ein individuelles Reiseerlebnis zusammenstellen. FrontRowSociety Autorin Jessica Conrad hat das Gebiet in mehreren Abschnitten bereist und empfiehlt ihre Highlights.

Das Relais & Châteaux Château Sainte Sabine liegt im Herzen Burgunds, eingebettet in grüne Hügellandschaften, zwischen Flüssen und Wiesen / © FrontRowSociety.net, Foto: Jessica Conrad

Lebendige Geschichte

Kaum eine Region in Frankreich vereint kulinarische Raffinesse, architektonische Pracht und industrielle Pionierleistungen so eindrucksvoll wie das Burgund. Die mittelalterlichen Altstädte mit ihren ehrwürdigen Fachwerkfassaden erzählen unglaubliche Geschichten und Legenden: von der Erfindung des modernen Buchdrucks bis zur Geburtsstunde der französischen Industrie. Wer hier auf Spurensuche geht, begegnet eingerahmt von sanften Flusslandschaften den Spuren Ludwig XIV, aber jedoch auch denen von Joseph Nicéphore Niépce, dem Vater der Fotografie.

Zwischen Gutenberg und Ludwig XIV

Burgund ist das kulturell Kraftzentrum Frankreichs. In einer der ältesten Druckereien des Landes, heute als Museum begehbar, lässt sich die Entwicklung vom Gutenberg-Modell von 1500 bis zur mechanischen Hochleistungsmaschine von 1888 nachvollziehen. Einst erforderten 6.000 Drucke einen ganzen Tag Arbeit, später schaffte man das in nur einer Stunde. Und auch architektonisch weiß Burgund zu beeindrucken: Das älteste Hotel der Region wurde unter Ludwig XIV. erbaut – eine Hommage an französische Baukunst und Gastlichkeit.

Ein Streifzug durchs Burgund gleicht einer Zeitreise – reich an Entdeckungen, geprägt von Ideen, die Europa veränderten / © FrontRowSociety.net, Foto: Jessica Conrad

Arkaden & Altstadtflair – Le Creusot und die Geburt der Industrie

Ein architektonisches Highlight von Le Creusot verbirgt sich in den 400 Meter langen Arkaden mit 157 Segmenten, flankiert von Fachwerk und mit steinernen Toren an beiden Seiten. Ein Spaziergang durch diese Laubengänge ist eine Reise durch die Zeit direkt in das Herz burgundischer Städtebaukunst. Obendrein liegt Burgund an der europäischen Wasserscheide – ein geografisches Phänomen, das die Saône, einen der größten Nebenflüsse der Rhône, mit anderen großen Wasserwegen verbindet. Die Saône fließt über Paris bis nach Norden, während die Rhône und die Loire den Süden erschließen.

Bei entspannten Bootstouren auf der Saône lässt sich die Stadt von einer ganz anderen Seite entdecken und genießen / © FrontRowSociety.net, Foto: Jessica Conrad

Der Hafen in der Region mit seinen 150 Stellplätzen ist auch heute noch ein aktiver Umschlagplatz und zeugt nicht zuletzt vom historischen und modernen Handelsgeist. In Le Creusot nahm zudem die französische Industriegeschichte Fahrt auf. Die Erfindung der Heliographie durch Joseph Nicéphore Niépce, einem Pionier der Fotografie, führte zur Weiterentwicklung chemischer Verfahren – ein Impuls, der Le Creusot zum französischen Ruhrgebiet machte. Die Region war damit nicht nur geistige Heimat der ersten Fotografie, sondern auch ein Motor für industrielle Innovationen.

Heute erinnern die alten Gebäude der Innenstadt Le Creusot an die Bedeutung für den Handel in Europa, nicht zuletzt durch die gute Hafenanbindung / © FrontRowSociety.net, Foto: Jessica Conrad

Kulinarische Höhepunkte

Ob feinster Käse aus der La Bressane, ein samtiger Tropfen aus den weltberühmten Weinlagen oder das majestätische Bresse-Huhn in den Farben der Trikolore – Burgund serviert seine Identität auf dem Teller. Eine Region, in der jeder Bissen eine Geschichte erzählt.

Von Milch, Käse und tiefen Böden: Die La Bressane

Was für Geflügel gilt, gilt auch für die Milchprodukte Burgunds. Die La Bressane ist ein weiteres AOP-Siegel dieser Region – ein Musterbeispiel für Kunstfertigkeit der Franzosen, Lebensmittel herzustellen. Hier wird nichts dem Zufall überlassen: Rund 150 Qualitätsanalysen begleiten die Herstellung von Crème de Bresse AOP, Fromage Blanc de Battu oder Faiselle. Der Boden ist feucht, das Gras üppig – und die berühmten Montbéliard-Kühe liefern eine Milch, deren Charakter sich schmecken lässt. Die Molkerei beschäftigt 62 Mitarbeiter, die täglich bis zu 80.000 Liter Milch verarbeiten. Nur 20 Prozent werden tatsächlich zu fertigem Käse oder Crème – der Rest bleibt unverarbeitet. Qualität geht vor Quantität.

La Bressane hat sich auf die Spezialisierung bestimmter Käsesorten aus der Region konzentriert. Einige der Sorten werden nicht exportiert und stehen nur in Frankreich zum Verkauf / © FrontRowSociety.net, Foto: Jessica Conrad

Château de Chamirey – Eleganz in Flaschen gegossen

Im Herzen der Côte Chalonnaise, südlich der Côte d’Or, erhebt sich das ehrwürdige Château de Chamirey über die berühmten Weinberge von Mercurey – einem der traditionsreichsten Weinorte Burgunds. Das familiengeführte Anwesen blickt auf eine Geschichte bis ins 18. Jahrhundert zurück und zählt heute zu den renommiertesten Weingütern der Region. Auf rund 37 Hektar – darunter fünf Premier-Cru-Lagen – entstehen charakterstarke Weine, die das Terroir mit seltener Finesse spiegeln. Die Kombination aus kalkhaltigen Böden, selektiver Handlese und präziser Kellerarbeit verleiht den Pinot Noirs sowie den Chardonnays des Hauses Komplexität und unglaubliche Finesse.

Wo Erde, Handwerk und Herkunft aufeinandertreffen, steht das Château de Chamirey und produziert Wein aus feinsten Pinot Noir und Chardonnay Trauben / © FrontRowSociety.net, Foto: Jessica Conrad

Besonders bemerkenswert: Das Château öffnet seine Türen auch für Besucher – Verkostungen in historischen Gemäuern mit Blick über die Reben machen die Weine nicht nur erlebbar, sondern spürbar. Ein Ort, an dem Burgunds Seele in rubinroten Reflexen aufleuchtet.

Das königliche Huhn: Die Bresse aus Burgund

Kaum ein Tier steht so sehr für französischen Stolz wie das Bresse-Huhn. Es ist nicht nur ein landwirtschaftliches Produkt, sondern ein kulinarisches Kulturgut – mit blauen Beinen, weißem Gefieder und rotem Kamm, in den Farben der Trikolore. Diese edlen Tiere dürfen sich nur dann „Bresse“ nennen, wenn sie aus einem exakt definierten geografischen Gebiet stammen, das sich teils über das nördliche Burgund erstreckt. Seit 1975 tragen die Bresse-Hühner die geschützte Herkunftsbezeichnung (AOP) – ein Siegel, das Qualität, Authentizität und regionale Verbundenheit garantiert. Die tonhaltige Erde, das fette Gras und das spezielle Futter aus lokalem Anbau prägen den einzigartigen Geschmack.

Die Bresse-Hühner sind bekannt für ihr Aussehen und ihren Geschmack / © FrontRowSociety.net, Foto: Jessica Conrad

Domaine Lefort – Burgunder Handwerk mit Herz und Haltung

Im charmanten Weinort Rully, zwischen Côte de Beaune und Côte Chalonnaise, liegt die Domaine Lefort – ein kleiner, aber feiner Familienbetrieb, der den Geist Burgunds in jeder Flasche lebendig hält. Geführt von Benoît Lefort, der nach Jahren als Kellermeister renommierter Weingüter den Schritt in die Eigenständigkeit wagte, steht das Weingut für eine rückbesinnte, handwerklich geprägte Weinphilosophie. Auf rund 8 Hektar Rebfläche, die sich über sorgfältig gepflegte Parzellen in Mercurey, Rully und Givry verteilen, entstehen ausdrucksstarke Weine, die das Terroir mit Klarheit und Charakter transportieren.

Entlang der Straßen im Rully erstrecken sich Weingärten soweit das Auge reicht / © FrontRowSociety.net, Foto: Jessica Conrad

Der Fokus liegt auf nachhaltigem Anbau, schonender Vinifikation und dem tiefen Respekt vor der Natur. Die Pinot Noirs der Domaine zeigen sich nuancenreich, mit feiner Würze und eleganter Struktur, während die Chardonnays durch Mineralität und Frische überzeugen. Jeder Wein tritt nicht laut auf, sondern bleibt leise und halt lange nach. Ein Geheimtipp für Burgund-Liebhaber: die Authentizität über Etikettenprestige stellen.

Etwas süßes für zwischendurch

Wer auf der Suche nach etwas Süßem ist, wird bei Saveurs et Couleurs du Mexique im Herzen Burgunds fündig – und überrascht. Die kleine Manufaktur verbindet authentische mexikanische Rezepturen mit französischem Feingefühl, kreiert Schokoladen, Pralinen und Gewürzmischungen mit Tiefe, Seele und einem Hauch Chili. Handgemacht, fair bezogen und voller kultureller Kontraste – eine geschmackliche Reise von Oaxaca bis ins Burgund, verpackt in zart schmelzende Kostbarkeiten.

Im Saveurs et Couleurs du Mexique ist die Auswahl an Schokolade groß, ob zum purem Verzehr, in Getränken oder als Eis – Schokolade frisch aus Mexiko ist immer genießbar / © FrontRowSociety.net, Foto: Jessica Conrad

Burgund ist keine Region der Superlative. Und gerade deshalb ist es so bemerkenswert. Hier lebt die Seele Frankreichs: in einem glasigen Tropfen Crème de Bresse, im Klang historischer Druckmaschinen, im goldenen Licht über Fachwerkarkaden – und im ehrlichen Stolz eines Hühnermetzgers, der auf ein Jahrhundert Familientradition zurückblickt. Burgund verführt – nicht durch Lautstärke, sondern durch Tiefe.

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