Alte Zöpfe und frischer Wind – meist birgt diese Kombination jede Menge Konfliktpotenzial. Das gilt auch für das Thema Wein. Eine spannende Diskussion über die Unterschiede zwischen Naturwein und konventionell erzeugtem Terroir-Wein, über mögliche Gemeinsamkeiten – und darüber, welcher Weg der bessere ist. Profis der Branche stellen sich einer Debatte auf Augenhöhe.

Diskussion der Wein-Fachwelt auf dem Arlberg-Weinberg Symposium in Lech-Zürs
In der zunehmend differenzierten Welt des Weinbaus gewinnen alternative Produktionsansätze an Bedeutung. Besonders zwei Konzepte rücken in den Fokus anspruchsvoller Weinliebhaber und Winzer mit Haltung: Naturwein und Terroir-Wein. Beide stehen für das Streben nach authentischem Wein, doch ihre Wege dorthin unterscheiden sich.

Was ist Naturwein – und was macht einen Terroir-Wein aus? Mit diesen grundlegenden Fragen startete in den Lechwelten die Veranstaltung Arlberg Weinberg – ein Treffpunkt für eine Branche, die leidenschaftlich diskutiert. Im Fokus stand eine Debatte, die nicht nur spannend, sondern auch polarisierend ist: Was zählt heute im Weinbau – Philosophie, Handwerk oder Herkunft?

RAW WINE Gründerin und Master of Wine Isabelle Legeron stellte sich gemeinsam mit der deutschen Winzerin Katharina Wechsler sowie Sara Pérez, Winzerin aus dem Priorat, der Diskussion. Ergänzt wurde die Runde durch den Wein-Journalisten Simon J. Woolf sowie den Master of Wine und General Manager des Weinguts Bründlmayer im Kamptal Andreas Wickhoff. Gemeinsam beleuchteten sie, wie unterschiedlich Naturwein interpretiert werden kann – und warum Terroir weit mehr ist als nur ein Schlagwort für den Verkauf.

Was ist Naturwein?
Naturwein, auch als „Vin Nature“ bekannt, ist ein Wein, der mit möglichst wenig menschlichem Eingriff entsteht. Das beginnt im Weinberg, wo in der Regel biologisch oder biodynamisch gearbeitet wird, ohne synthetische Pflanzenschutzmittel oder Kunstdünger. Im Keller wird auf Zusatzstoffe wie Reinzuchthefen, Schönungsmittel oder Schwefel – zumindest weitgehend – verzichtet. Ziel ist es, den natürlichen Ausdruck von Traube und Jahrgang ohne technologische Glättung zu bewahren. Das Ergebnis: oft ungeschönte, lebendige Weine mit Ecken und Kanten, die ein unverwechselbares Geschmacksbild zeigen.

Was ist Terroir-Wein?
Terroir-Wein hingegen betont den Einfluss des Standortes – also Boden, Mikroklima, Exposition und die traditionelle Bewirtschaftung – auf das Geschmacksprofil des Weines. Der Begriff „Terroir“ ist tief in der französischen Weinphilosophie verwurzelt und steht für die unverwechselbare Signatur eines Ortes. Terroir-Winzer nutzen moderne önologische Methoden, greifen aber meist ebenfalls auf eine nachhaltige oder biologische Bewirtschaftung zurück, um den Ausdruck des Bodens nicht zu verfälschen. Der Unterschied zum Naturwein liegt weniger in der Philosophie als in der Technik: Terroir-Weine werden häufig mit moderater Kellertechnik stabilisiert, um die Herkunft klarer darzustellen.

Naturwein vs. Terroir-Wein: Zwei Wege, ein Ziel – Authentizität im Glas
Im Gegensatz zum konventionellen Weinbau, der auf hohe Erträge, technische Kontrolle und homogene Produktqualität abzielt, setzen sowohl Naturwein- als auch Terroir-Wein Produzenten auf biologischen oder biodynamischen Anbau. Hier steht der Aufbau gesunder Böden, der Verzicht auf chemisch-synthetische Mittel und ein tieferes Verständnis ökologischer Zusammenhänge im Vordergrund. Der biologische Weinbau fördert die Biodiversität, achtet auf natürliche Kreisläufe und reduziert den ökologischen Fußabdruck erheblich – ein entscheidender Schritt hin zu nachhaltigem Weinbau.

Gemeinsamkeiten der beiden Weinstile finden sich nicht nur im naturnahen Anbau, sondern auch im Streben nach Individualität und Ausdruckskraft. Beide Ansätze verstehen Wein nicht als uniformes Produkt, sondern als ein kulturelles Gut, das Herkunft, Jahrgang und Handschrift des Winzers transparent widerspiegeln soll. In der Praxis verschwimmen die Grenzen zwischen beiden Ansätzen oft – nicht selten ist ein Terroir-Wein gleichzeitig ein Naturwein, sofern der Produzent auf Interventionen verzichtet.

Wein, entstanden im Einklang mit der Natur
In Zeiten immer extremer werdender Klimabedingungen wird die Arbeit im Einklang mit der Natur zur unverzichtbaren Notwendigkeit. Hitzewellen, Spätfröste, Starkregen und Trockenperioden fordern den Weinbau heraus. Nur widerstandsfähige Reben in gesunden, lebendigen Böden können diesen Belastungen trotzen. Biologische und regenerative Anbaumethoden stärken die Resilienz des Weinbergs, fördern tiefwurzelnde Reben und schaffen mikrobiologisches Gleichgewicht. So wird der Weinberg zur Antwort auf die Klimakrise – nicht durch technische Perfektion, sondern durch ökologische Intelligenz.

Naturwein und Terroir-Wein mögen verschiedene Wege gehen – doch beide eint das Ziel, den Wein wieder als das zu zeigen, was er ursprünglich war: ein Produkt von Natur, Handwerk und Zeit.
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