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Stattliche 14 Jahre lang war Florian Richter als Head Sommelier die vinophile Bastion im Hotel Kronenschlösschen in Hattenheim. Er wurde mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt – unter anderem als „Bester Sommelier Deutschlands 2023“.

Seit Juni 2025 verstärkt der Fine-Wine-Experte und Mitglied der Sommeliers Union das Team der renommierten Sektmanufaktur Schloss Vaux in Eltville. Was ihn zu diesem Wechsel bewogen hat und welche Aufgaben er dort übernimmt – darüber sprechen wir mit ihm im Interview.

Im Schloss VAUX bietet eine herrschaftliche Kulisse für kulinarische Events / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad

Exklusives Interview mit Florian Richter, dem Kurator für Sektkultur & Erlebnisse bei Schloss Vaux

Annett Conrad: Lieber Florian, wir kennen uns schon eine Weile von vielen Rheingau Gourmet & Wein Festivals, die seit mehr als 20 Jahren fester Bestandteil des Hotels Kronenschlösschen in Hattenheim sind. Du warst viele Jahre als Sommelier im Kronenschlösschen tätig – ein Haus mit großer kulinarischer Strahlkraft. Was waren für Dich die prägendsten Erfahrungen in dieser Zeit?

Florian Richter: Seit Oktober 2013 war ich im Kronenschlösschen tätig, da gab es in dieser Zeit zahlreiche kulinarische und vinophile Erfahrungen, die ich nicht missen möchte.

Die prägendste Erfahrung und zugleich Herausforderung war immer mit dem Wandel der Zeit Schritt zu halten. Gerade in der Spitzengastronomie und bei solchen jährlichen Mammutprojekten wie dem Rheingau-Gourmet & Wein Festival sind neben Organisation und Durchführung der Veranstaltungen eine große Portion Weitsicht für kommende und bestehende Trends zu beachten wie der Spür und Feinsinn für die Tradition im Haus.

Von daher haben wir uns mit der Zeit beruflich und persönlich immer weiterentwickelt und jede Situation hat dazu beigetragen.

Annett Conrad: Inwiefern hat die Arbeit im Kronenschlösschen, insbesondere während des Rheingau Gourmet & Wein Festivals – mit seiner Nähe zu Spitzenköchen und namhaften Weinerzeugern aus aller Welt – Deine Philosophie als Sommelier beeinflusst oder verändert?

Florian Richter: Ich würde nicht sagen dass meine Philosophie als Sommelier dadurch stark beeinflusst wurde. Mehr wurden gewisse Interessen innerhalb der Weinszene gefördert, durch die Zusammenarbeit mit vor allem vielen internationalen Winzern und Köchen konnte man extrem seinen Horizont erweitern. Mittags klassisch französische Küche mit Elsässer Klassikern, am Nachmittag ein Vintageporttasting und am Abend ein Raritätendinner mit Dominus sowie einem weiteren Dinner mit Fokus auf südafrikanische Weine und der passenden Küche dazu. So konnte ein ganz normaler Arbeitstag während der 18 Tage Gourmetfestival aussehen. Dass fördert und fordert einen natürlich zugleich, das Team auf die Aufgaben vorzubereiten, den Blick über den Tellerrand der Weinwelt zu halten und vor allem seine Expertise auszubauen. Das waren wichtige Elemente des Ganzen, für mich hieß das immer am Limit und darüber hinaus performen zu wollen und so mir meinen Platz in dieser Welt zu schaffen.

Ich vergleiche es immer mit Fußball, wer Champions-League spielen und gewinnen will, muss immer bereit sein, das Beste aus sich und seinem Team herauszuholen. Und das Rheingau Gourmet und Weinfestival war unser jährliches und persönliches Finale.

12 Jahre war Florian Richter (li.) Head-Sommelier im Hotel Kronenschlösschen in Hattenheim / © Redaktion FrontRowSociety.net

Annett Conrad: Im Juni dieses Jahres begann nun ein neuer beruflicher Abschnitt. Der Wechsel zur Sektmanufaktur Schloss VAUX markiert einen Schritt aus der klassischen Gastronomie hinein in die Welt eines renommierten Herstellers. Was war der Impuls für diesen beruflichen Richtungswechsel?

Florian Richter: Für mich war es an der Zeit mich beruflich den nächsten Schritt zu gehen, vor zwei Jahren gründete ich bereits mit Florian Fine Wine meine eigene Firma. In der es um Weinberatung und Weinhandel im Bereich B2B und B2C sowie hochkarätige Weinveranstaltungen geht. Das war mein Ventil um mich weiter innerhalb der Weinszene zu entwickeln und meine Neugier sowie Wissensdurst zu stillen. Als ich dann letztes Jahr vor der Europameisterschaft in Serbien beschlossen habe mich im Kronenschlösschen 2025 zu verabschieden war Schloss Vaux kein Thema, klar war nur, dass ich dem Rheingau treu bleibe. Christoph Graf kenne ich seit vielen Jahren und bei einer Verkostung der neuen l´Artiste-Serie im Herbst kamen wir ins Plaudern, da ich schon zu dieser Zeit auf der Suche nach dem Standort für eine eigene Vinothek war, aber der Impuls kam Monate später von meiner Seite. Da ich in Zukunft nicht nur unternehmerisch, sondern auch gestalterisch in Projekte eingebunden und verantwortlich sein möchte, war es für mich der logische Schritt einen halben Schritt aus der Gastronomie herauszugehen und diesen in Weinhandel und Führungsprozessen zu setzen. Es war immer klar für mich, dass die nächste Herausforderung nach dem Kronenschlösschen nicht die gleiche Position in einen anderen Betrieb sein wird.

Annett Conrad: Was reizt Dich persönlich an der Arbeit bei VAUX – einem Haus mit großer Sekthistorie, aber auch klaren modernen Ambitionen?

Florian Richter: Die Zukunftsvision ist der treibende Faktor bei mir. Zusammen die ersten und auch die nächsten sowie die kommenden Schritte zu gehen, um eine moderne Auffassung von Sekt und dessen herausragende Qualität in Deutschland und auch internationaler Ebene zu vertreten. Das Team um Christoph herum ist auch begeistert diesen neuen Weg einzuschlagen, mit Florian Franke ist bereits seit 2023 ein herausragender Winzer dabei. Die Qualität in der Flasche ist der springende Punkt, gerade bei Sekt kann man nur bedingt in die Zukunft blicken. Denn die spannendsten Projekte sind noch gar nicht auf dem Markt, bzw. in der Flasche. Diese Vision der Weiterentwicklung einer traditionellen Marke ist der Weg den wir zusammen gehen möchten und ich freue mich meinen Beitrag dafür zu leisten. Tradition muss eben auch bewegt werden.

Mit dem Sekt Schloss Vaux l’Artiste Rosé beschreitet man bereits neue Wege bei Vaux  / © Redaktion FrontRowSociety.net

Annett Conrad: Kannst Du uns einen Einblick geben, welche Aufgaben Du bei VAUX konkret übernommen hast? Liegt Dein Fokus eher auf repräsentativen, beratenden oder gestalterischen Tätigkeiten?

Florian Richter: Es ist ein Mix aus verschiedenen Aufgaben und Herausforderungen. In erster Linie liegt der Fokus auf die Konzeptionierung und Gestaltung eines Genussortes rund um VAUX. Im Anschluss daran geht es um die Umsetzung und Durchführung des Ganzen, neben einer Vinothek geht es auch um gastronomische Überlegungen sowie passende Veranstaltungen für Schloss VAUX und deren Produkte. Von daher gibt es von Beratung und Repräsentation und Gestaltung genügend Möglichkeiten meine bisherigen Erfahrungen in dieses Projekt einzubringen. Der Satz des berühmten weißen Blatt Papiers trifft es ganz gut, natürlich ist es nicht ganz so leer, aber die Gedanken dazu sind noch frei.

Annett Conrad: Was siehst Du als die größte Herausforderung in Deiner neuen Rolle bei Schloss VAUX – sei es in der Produktpräsentation, der Kundenkommunikation oder vielleicht sogar im Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation?

Florian Richter: Ja da gibt es immer verschiedene Herausforderungen bei solch einer Umwälzung. Da gibt es die Gäste bzw. Kunden, die mit in der neuen Konzeption aufgehen und sich daran erfreuen sollen. Gerade die Balance zwischen Tradition und Moderne muss da gewahrt bleiben, allerdings ist ein Aufbruch auch immer ein Prozess. Und wenn man am Ende feststellen kann, dass sich die Arbeit und die Mühen sowie die Hürden für alle gelohnt haben und der Mehrwert für alle steigt, dann kann man doch nur zufrieden und glücklich sein. Wichtig ist immer in der Kommunikation offen, transparent und vor allem authentisch ist. Denn VAUX ist eine Marke, die auf einen treuen Kundenstamm bauen kann, aber wir müssen auch immer die Möglichkeiten am Horizont sehen. Welche ich vor allem in die Richtung Wein und Genusserlebniss vor Ort ausgestalten und beleben werde.

Annett Conrad: Generell verzeichnet die globale Wein- und Sektbranche rückläufige Absätze. Junge Menschen trinken deutlich weniger Alkohol. Welche Weichen stellt die Sektmanufaktur Schloss VAUX diesbezüglich für die Zukunft?

Florian Richter, Sommelier
Florian Richter, Sommelier / © Foto: Axel Gross

Florian Richter: Die Branche und der Absatz sind im Wandel. Genuss rückt mehr in den sozialen Mittelpunkt ob mit oder ohne Alkohol, es wird viel weniger getrunken als früher. Aber was dabei oft vergessen wird ist, dass mittlerweile gerne mehr Geld für hochwertige Produkte im Genusssegment ausgegeben werden. Das heißt, man hat den Prozess der Qualität im Glas und die Kategorisierung der Produkte wird immer wichtiger werden. Abgesehen davon ist mit dem Träublein ein herausragendes alkoholfreies Getränk für alle Lebenslagen im Portfolio, das auch den Zeitgeist trifft. Wenig Alkohol und hohe Qualität verbunden mit modernen Designanspruch. Auch wenn Prognosen sagen, dass die alkoholreduzierten Produkte wohl nie einen hohen zweistelligen Prozentsatz erreichen werden, ist trotzdem zu nennen das der bewusste Konsum von Alkohol bei besonderen oder gesellschaftlichen Anlässen zu unserer Genusskultur in Mitteleuropa einen traditionell hohen Stellenwert hat.

Annett Conrad: Nicht zu vergessen: Welche Impulse möchtest Du selbst in der deutschen Sektkultur setzen – und wie möchtest Du dazu beitragen, dass Sekt langfristig nicht mehr als bloßes „Aperitif-Getränk“ wahrgenommen wird?

Florian Richter: Ich hoffe doch sehr, dass deutscher und auch internationaler Schaumwein schon weit über den Einsatz als „Aperitif-Getränk“ hinausgekommen ist. Es gibt Schaumweine welche aufgrund ihrer Leichtigkeit sehr gut für diesen Einsatz geeignet sind, aber komplexere Schaumweine mit verschiedenen Elementen des Ausbaus haben ihren Platz im Food & Winepairing. Das große Geheimnis ist, dass Schaumwein nichts verzeiht, ohne ein perfektes Grundprodukt werde ich auch nie ein gutes Endprodukt haben. Und der Einsatz von Elementen wie einem Solera-System, verschiedene Ausbaumethoden oder auch der Einsatz der Dosage und die Wahl der Rebsorten. Es gibt unzählige Puzzleteile in der Schaumweinwelt, von daher ergeben sich daraus ebenso unglaublich komplexe Geschmacksbilder welche dann von Sommeliers aus aller Welt zu verschiedensten Speisen gepaart werden. Eine gute und fachkundige Beratung über Schaumweine zu verschiedenen Speisen im Restaurant oder in der Weinbar sollte in heutigen Zeiten ein gelebter Standard aller Sommeliers sein. Eine meiner Aufgaben wird dabei sein den deutschen Schaumweinen ihre Bühne zu geben.

Vielen Dank an Florian Richter für das Interview und die aufschlussreichen Antworten.

FrontRowSociety Herausgeberin Annett Conrad führte das Interview mit Florian Richter im Juni 2025. 

Weitere Informationen

Florian Richter
florianfinewine.com
Hauptstrasse 28
65347 Eltville-Hattenheim / Germany