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Versteckt zwischen sanften Weinbergen und historischen Gassen liegt einer der charmantesten Geheimtipps für Kunstliebhaber im Landkreis Mainz-Bingen: das private Museum Kunst im alten Weingut Obentraut3. Inmitten der malerischen Kulisse des alten Winzerdorfs Ingelheim-Großwinternheim hat die Familie Gemünden eine beeindruckende Symbiose aus Kunst, Geschichte und persönlichem Engagement geschaffen.

Im Museum Obentraut3 nimmt das Ehepaar Gemünden die Besucher mit auf eine Reise um die Welt / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad

Eine Sammlung mit Persönlichkeit und Tiefgang

Die private Sammlung des Ehepaars Gemünden umfasst rund 2.500 Werke. Da stellt sich unweigerlich die Frage: Ist das noch Passion oder schon Obsession? Doch jedes Stück, das seit 2022 in der denkmalgeschützten Hofanlage zu finden ist, zeugt von der Faszination für fremde Kulturen und von gelebter Weltoffenheit. Den Grundstein legte Dirk Gemünden bereits in seiner Jugend. Später bereiste er mit seiner Frau Heidrun über 100 Länder dieser Welt – gemeinsam trugen sie epochale Kunstwerke zusammen. Auf etwa 1.400 Quadratmetern präsentiert die Kunststiftung Gemünden und Freunde Exponate aus Afrika, Asien, Ozeanien sowie Nord- und Südamerika. Ein Teil der Ausstellung widmet sich der europäischen Kunst, mit besonderem Augenmerk auf regionale Künstler, die in Szene gesetzt und durch außergewöhnliche Werke zeitgenössischer Kunst ergänzt werden.

Glockenspiele aus Asien … / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad
… und Skulpturen aus Südamerika / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad

Wie schafft man es, in einem Leben eine so umfangreiche wie facettenreiche Sammlung aufzubauen? Wer das Glück hat, von Heidrun und Dirk Gemünden persönlich durch ihr Lebenswerk geführt zu werden, erhält die Antwort aus erster Hand. Dirk Gemünden beschreibt seine Sammelleidenschaft als tief verwurzelte Begeisterung, die bereits in seiner Kindheit begann und sich über die Jahre hinweg weiterentwickelte – bis hin zur Gründung der Kunststiftung Gemünden und Freunde und zur Etablierung des Museums Obentraut3 in Ingelheim-Großwinternheim.

Heidrun und Dirk Gemünden teilen ihre Sammlung mit anderen kunstinteressierten Menschen / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad

„Jede Reise, jedes Sammlerstück hat eine eigene Geschichte und ist verbunden mit Erinnerungen an faszinierende Orte, die wir gemeinsam bereist haben“, sagt Heidrun Gemünden, die das Interesse für Kunst und Kultur mit ihrem Mann teilt. Im Laufe der Zeit entstanden auch Freundschaften mit Künstlern wie dem deutschen Bildhauer Karlheinz Oswald, dessen Skulpturen bereits den Innenhof des Gebäudeensembles schmücken. Beobachtet man das Ehepaar beim Erzählen, erkennt man das Leuchten in ihren Augen – Ausdruck echter Begeisterung. „Man muss dazusagen“, erklärt Dirk Gemünden mit einem charmanten Augenzwinkern, „die Ausstellung ist nicht kuratiert – wir haben alles so hingestellt, dass es gut aussieht.“

Trotz der Fülle an Exponaten ist die Ausstellung übersichtlich / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad
Und natürlich nennt das Ehepaar auch zeitgenössische Kunst sein Eigen / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad

Das trifft es wohl nicht ganz: Eine Tour durch die Sammlung Gemünden gleicht einer Weltreise auf den Spuren des Paares. Der Rundgang beginnt mit Fundstücken aus der Region Mainz und führt durch Räume, die jeweils einem Kontinent gewidmet sind. Im Dachgeschoss erwarten die Besucher ein nordamerikanischer Totempfahl sowie ein ägyptischer Sarkophag, bevor es ins Kabinett mit zeitgenössischer Kunst von Gerhard Richter oder Niki de Saint Phalle geht. Alles andere als langweilig – eine echte Serendipität.

Wer hätte gedacht, so weit draußen auf dem Land, einen solchen Schatz zu finden / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad

Architektur mit Geschichte: Das Weingut als Kunstort

Das Museum befindet sich in einem historischen Weingut aus dem 17. Jahrhundert. Das Ensemble – bestehend aus Wohnhaus, Scheune, Remise und Innenhof – wurde in den Jahren 2020/21 mit großer Sorgfalt restauriert und für die Präsentation von Kunst adaptiert. Dabei legte das Ehepaar besonderen Wert auf den Erhalt der Authentizität des Ortes: Natursteinmauern, freigelegte Balken, historische Dielen und originale Türen stehen in spannendem Kontrast zu zeitgemäßer Lichttechnik und einer bewusst reduzierten Ausstellungsgestaltung. Besonders stolz ist Dirk Gemünden auf die ehemalige Zehntscheune, deren Ursprung bis ins Jahr 1608 zurückreicht – ein Bauwerk, das wie durch ein Wunder Brände und Kriege überstanden hat.

Das uralte Gebälk der einstigen Zehntscheune ist schon Kunstwerk an sich / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad

Warum fiel die Wahl auf Großwinternheim? Eigentlich ist Dirk Gemünden Bauunternehmer. Jahrzehntelang leitete seit 1974 er das Familienunternehmen Karl Gemünden GmbH & Co. KG mit Sitz in Ingelheim am Rhein in vierter Generation und entwickelte das Unternehmen weiter – unter anderem durch den schlüsselfertigen Bau und die Projektentwicklung, insbesondere mit der Übernahme der J. Molitor Immobilien GmbH im Jahr 1989. 2008 übergab Dirk Gemünden die Leitung an seinen Sohn Tim Gemünden und seine Tochter Tina Badrot.

Als Bauunternehmer wühlte sich Dirk Gemünden seit jeher durch den Boden … / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad
… und hob prähistorische Zeugnisse, die im Boden des Rhein-Main-Gebietes schlummerten / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad

Mit dem Kauf des alten Weinguts kehrte die Familie Gemünden jedoch symbolisch zu ihren Wurzeln zurück. Im Taufbuch von 1543 findet sich der Name eines Vorfahren: Krisman von Gemonden. Wie viele Adelige jener Zeit hatte auch er seinen Familiensitz in der Gemeinde. Die Entstehung des Museums wurde anfangs von einigen Anwohnern kritisch gesehen – eine Petition gegen das Projekt wurde sogar gestartet. „Da baut er Wohnungen und hängt drei Bilder an die Wand“, erinnert sich Dirk Gemünden an die Vorurteile. Doch spätestens seit der feierlichen Eröffnung hat die Stiftung Gemünden das Gegenteil bewiesen. Kaum jemand kannte Großwinternheim – doch nun hat der verschlafene Ort das Potenzial, zum Anziehungspunkt für kunstaffines Publikum zu werden.

Schmale Gassen, hohe Fassaden – das zeichnet Großwinternheim aus und fast fährt man an der eher unscheinbaren Einfahrt des Museums vorbei / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad

Mit wechselnden Veranstaltungen soll sich der Innenhof im Sommer regelmäßig in eine Bühne für Konzerte, Lesungen und Performances verwandeln. Geplant ist eine enge Zusammenarbeit mit lokalen Künstlern, Winzern und Initiativen, um – so die Stiftung – „… den Dialog zwischen Kunst, Architektur und Bauen sowie Gesellschaft nachhaltig zu fördern …“. Der Eintritt ins Museum Obentraut3 ist frei, jedoch ausschließlich mit einer Führung nach vorheriger Anmeldung möglich.

Angekommen im Museum zeigt sich direkt die humorvolle Art des Sammlers / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad
Man sollte schon ein paar Stunden Zeit mitbringen, … / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad
… wenn man durch vielen Räume geführt wird / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad
Die Stiftung ist öffentlich, der ist Eintritt frei, … / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad
... jedoch kann man die Ausstellung nur nach vorheriger Anmeldung im Rahmen einer Führung besichtigen
… jedoch kann man die Ausstellung nur nach vorheriger Anmeldung im Rahmen einer Führung besichtigen / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad

Hotelinspiration: Wald.Weit Rheingau Hotel & Retreat

Das Wald.Weit Rheingau Hotel & Retreat ist das erste Hotelprojekt der Familie Gemünden, initiiert von Tim Gemünden und Tina Badrot. Dafür geht es über den Rhein in den Rheingau, nach Kiedrich. Eingebettet in die Natur, verbindet das Haus minimalistisches Design mit maximaler Ruhe. Die Familie entschied sich für den Hotelbetrieb, um einen Ort zu schaffen, der Kunst, Natur und Rückzug harmonisch vereint. Besonders ist die Atmosphäre: stilvoll, persönlich und entschleunigend – ein Refugium für alle Sinne mit Blick fürs Wesentliche.

Das Wald.Weit Rheingau Hotel & Retreat – Reduktion auf das Wesentliche / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad

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