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Früher war Fliegen ein notwendiges Übel. Man landete mit verspanntem Rücken, Jetlag im Gesicht und dem dringenden Wunsch nach einem heißen Bad. Heute aber ist das Ankommen zur Nebensache geworden – zumindest in der ersten Klasse.

Denn Airlines denken neu. Der Flug ist nicht mehr bloß Mittel zum Zweck, sondern selbst ein Ziel. Und das wird inszeniert wie eine Haute-Couture-Show auf 10.000 Metern.

Neuer Luxus: Understatement statt Goldkante

Die Flywire-Studie vom März 2025 spricht eine klare Sprache: 80 Prozent der befragten Ultra-Luxusreisenden wollen in diesem Jahr noch mehr Geld für exklusive Trips ausgeben. Wer ohnehin mehr als 20.000 Euro pro Urlaub investiert, legt gern noch eine Schippe drauf – wenn das Erlebnis dazugehört.

Erstklassig reisen wird zum Lebensstil: Weltweit definiert die First Class das Fliegen neu – leiser, stilvoller und mit mehr Haltung als je zuvor
Erstklassig reisen wird zum Lebensstil: Weltweit definiert die First Class das Fliegen neu – leiser, stilvoller und mit mehr Haltung als je zuvor / © Foto: Air France

97 Prozent der Befragten planen, im kommenden Jahr zu verreisen, um Stress zu reduzieren, sich zu regenerieren oder schlicht abzuschalten. Es geht nicht mehr um Prestige, sondern um Ruhe. Luxus wird zur Atempause in Seide und Sisley.

Auch Booking.com bestätigt den Wandel: 72 Prozent aller Luxusreisenden suchen heute nicht mehr Sichtbarkeit, sondern Sinn. JOMO statt FOMO. Die erste Klasse wird zum Rückzugsort mit Raumgefühl.

Flugreisen neu erfunden

Der perfekte Moment für neue Ideen. Air France, Lufthansa, Emirates und bald auch Qatar Airways schicken First-Class-Kabinen ins Rennen, die eher an Boutiquehotels erinnern als an Flugzeuge. Keine blinkende Technik, kein lauter Luxus. Stattdessen: Stille, Raum, Design.

Besonders stilsicher: Air France. Die neue „La Première“-Suite wurde im März im Hôtel d’Évreux am Place Vendôme vorgestellt. In historischen Sälen, die einst napoleonischen Empfang dienten, präsentierte die Airline ein Raumkonzept, das den Begriff „Kabine“ hinter sich lässt. „Mit diesem Produkt betreten wir eine neue Dimension der Eleganz und Gastlichkeit, sagte Air-France-Chefin Anne Rigail bei der Vorstellung.

Eleganter Auftakt am Place Vendôme: In den historischen Salons des Hôtel d’Évreux präsentierte Air France die neue Suite – flankiert von Concorde-Erinnerungen, Couture-Uniformen und Pariser Esprit
Eleganter Auftakt am Place Vendôme: In den historischen Salons des Hôtel d’Évreux präsentierte Air France die neue Suite – flankiert von Concorde-Erinnerungen, Couture-Uniformen und Pariser Esprit / © FrontRowSociety.net, Foto: Judith Heede

In einem Saal standen alte Concorde-Sitze neben Seidenuniformen früherer Jahrzehnte, im nächsten Raum warteten Goodie-Bags mit Sisley-Produkten, Champagner und ein in Samt gehüllter Jacquemus-Schlafanzug.

„Le Pyjama“ für Reisende mit Stil: Das exklusive Loungewear-Set von Jacquemus verbindet Komfort mit französischem Understatement – und gehört in der neuen La Première zur Standardausstattung
„Le Pyjama“ für Reisende mit Stil: Das exklusive Loungewear-Set von Jacquemus verbindet Komfort mit französischem Understatement – und gehört in der neuen La Première zur Standardausstattung / © Foto: Air France

Die Suite selbst ist mehr Mini-Apartment als Flugkabine: über 3,5 Quadratmeter, fünf Fenster – eine Exklusivität bei Air France – zwei Bildschirme, Touch-Steuerung, Wolle, Leder, ausziehbares Bett. „Kein Detail wurde dem Zufall überlassen, betonte Benjamin Smith, CEO der Air France-KLM-Gruppe. „Von der Matratzenauflage bis zum Pyjama wollen wir französische Exzellenz spürbar machen – in jedem Moment der Reise.

Auch technisch hebt sich das Konzept ab: Zwei 32-Zoll-4K-Bildschirme – einer vor dem Sitz, einer an der Chaiselongue – Bluetooth-Kopplung für eigene Kopfhörer und ein vollständig steuerbares Raumambiente über ein kabelloses Tablet. „Die Technologie ist allgegenwärtig, aber sie weiß, wann sie sich zurücknehmen muss, so Smith.

Konnektivität mit Contenance: In der neuen La Première läuft das Internet schneller – aber bleibt so diskret wie das Design drumherum
Konnektivität mit Contenance: In der neuen La Première läuft das Internet schneller – aber bleibt so diskret wie das Design drumherum / © FrontRowSociety.net, Foto: Judith Heede

Haute Cuisine zwischen Himmel und Horizont

Und natürlich geht es ums Essen. Oder besser gesagt: um Genuss. Drei-Sterne-Köche wie Emmanuel Renaut, Arnaud Lallement und Anne-Sophie Pic gestalten ab 2025 die Menüs ab Paris. Bouillabaisse, Bresse-Huhn, Trüffel-Butter – serviert mit französischem Wein auf echtem Porzellan.

„Kein Pappbecher, keine Plastikschale, sondern ein kulinarisches Erlebnis mit Niveau, hieß es bei der Präsentation. Die Flywire-Studie bestätigt diesen Anspruch: 92 Prozent der Luxusreisenden sagen, ihnen seien authentische Erlebnisse wichtiger als bloßer Glanz. Auch beim Catering.

Dass Air France Milliarden in neue Sitze, Salons und Services pumpt, ist kein Ausrutscher in der Buchhaltung – es ist ein Signal. „Ein weiteres Milliarde-Investment steht in den nächsten fünf Jahren an, so Benjamin Smith. Der Flug wird zur Destination mit eigener Flughöhe, und wer vorne sitzt, erwartet mehr als Beinfreiheit. Selbst das WLAN wurde überarbeitet – nicht damit man online prahlen kann, sondern damit man mit Stil verschwinden darf. Wer Premium bucht, will heute weniger Lärm, nicht mehr Likes.

Flugkabine war gestern: Die neue Allegris-Suite von Lufthansa erinnert eher an ein fliegendes Salonzimmer als an ein klassisches Bordprodukt
Flugkabine war gestern: Die neue Allegris-Suite von Lufthansa erinnert eher an ein fliegendes Salonzimmer als an ein klassisches Bordprodukt / © Foto: Lufthansa

Von der Hotellobby in die Flughöhe

Der Trend kommt nicht aus der Luftfahrt. Er kommt aus dem Tourismus. Resorts wie Soneva auf den Malediven setzen seit Jahrzehnten auf Nachhaltigkeit mit Anspruch: Zero Waste, Handwerk, Spa statt Show. Sie zeigen: Luxus und Haltung sind keine Gegensätze.

Was in der Hotellerie längst Standard ist – Nachhaltigkeit statt Protz, Handwerk statt Plastik – schwappt nun auch in die Luftfahrt über. Wegwerfgeschirr war gestern. In der neuen First Class wird aufgetischt wie bei Muttern – nur mit mehr Stil, Silber und Sterneköchen. Das Menü kommt auf Porzellan, der Champagner ins Glas – und der Pappbecher bleibt da, wo er hingehört: im Economy-Wagen.

Porzellan statt Plastik: In der neuen First Class wird wieder aufgedeckt – mit feinem Geschirr, glänzendem Besteck und dem Mut zur Langsamkeit
Porzellan statt Plastik: In der neuen First Class wird wieder aufgedeckt – mit feinem Geschirr, glänzendem Besteck und dem Mut zur Langsamkeit / © FrontRowSociety.net, Foto: Judith Heede

Wer fliegt, will spüren

Immer mehr buchen erste Klasse nicht, weil sie ankommen wollen. Sondern weil sie unterwegs sein wollen. Wer zwölf Stunden in einer Suite verbringt, in Jacquemus-Schlafanzug und Sisley-gecremt, der muss in L.A. nicht mehr aussteigen, um das Gefühl von Urlaub zu haben.

Ab Sommer 2025 fliegt Air France mit der neuen „La Première-Kabine zunächst nach New York JFK, dann nach Los Angeles, Singapur und Tokio-Haneda. Lufthansa zieht auf Strecken nach Südamerika und Asien nach. Qatar Airways plant für Anfang 2026 ein eigenes First-Class-Rebranding.

Grandezza mit Geschichte: In den napoleonischen Salons des Hôtel d’Évreux traf französische Diplomatiegeschichte auf das neue Selbstverständnis des Fliegens
Grandezza mit Geschichte: In den napoleonischen Salons des Hôtel d’Évreux traf französische Diplomatiegeschichte auf das neue Selbstverständnis des Fliegens / © FrontRowSociety.net, Foto: Judith Heede

Airlines rund um den Globus zeigen 2025, dass selbst auf 10.000 Metern wieder Haltung einziehen kann. Kein Bombast, keine Belästigung. Dafür Stille, Service, Substanz. Und am Ende vielleicht das schönste Reisegefühl überhaupt: nicht angekommen zu sein – sondern unterwegs.

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