Weiß, blau, köstlich – Die legendären Bresse-Hühner aus dem Burgund tragen ein Gefieder so weiß wie Porzellan, leuchtend blaue Beine und einen feuerroten Kamm. Kein anderes Huhn in Europa genießt ein solch exklusives Ansehen wie das Bresse-Huhn, oder wie es in Frankreich ehrfürchtig genannt wird Le Poulet de Bresse.
Im Herzen des Burgunds, dort, wo die Landschaft zwischen Wiesen, Wäldern und kleinen Bauernhöfen zur Ruhe kommt, lebt eine Geflügelrasse, die schlichtweg Kultstatus genießt. Das Bresse-Huhn ist kulinarisches Kulturgut, handwerklich gezüchtetes Spitzengeflügel – und das einzige Huhn der Welt mit der geschützten Herkunftsbezeichnung AOC.

Die Ursprünge der berühmten Hühner reichen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Ihren Namen verdanken sie der Region Bresse, einer kleinen Landschaft zwischen den Departements Saône-et-Loire, Ain und Jura. Bereits 1957 erhielten sie als erste und bislang immer noch einzige Geflügelrasse Frankreichs den AOC-Status. Die Auszeichnung Appellation d’Origine Contrôlée ist in Fachkreisen mit dem eines Grand Cru vergleichbar.
Damit ein Huhn sich Bresse-Huhn nennen darf, muss es in exakt definierten Gemeinden mit tonhaltiger Erde aufgezogen werden. Das Gebiet ist klein, die Kriterien streng und genau darin liegt der Schlüssel zu Qualität und Geschmack. Ein echtes Bresse-Huhn erkennt man auf den ersten Blick: Schneeweißes Gefieder, stahlblaue, kräftige Beine, leuchtend roter Kamm – die Farben der französischen Trikolore. Es stammt aus einer der vier geschützten Genetiklinien, „Bresse blanche“, „Bresse noire“, „Bresse griseund“ und „Bresse bleue“, wobei die „Bresse blanche“ die bekannteste und kulinarisch meistgeschätzte ist.

Aufzucht mit Tradition
Die Aufzucht eines Bresse-Huhns dauert bis zu 20 Wochen, rund doppelt so lange wie in der konventionellen Mast. Laurent Marquis hält auf seiner Maison Marquis 19 Tausend Zuchten in 22 Gebäuden. Als amtierender Zucht-Champion kümmert er sich um knapp 1,2 Millionen Bresse-Hühner im Jahr. In den ersten Lebenswochen wachsen die Tiere im Freien auf, wo sie Gräser, Kräuter, Insekten und Körner picken – eine natürliche Ernährung, die ihr Aroma maßgeblich prägt. In den letzten zwei bis drei Wochen vor der Schlachtung ziehen sie in die sogenannte Épinette: eine traditionelle, strohgefüllte Holzbox, in der sich das Tier kaum bewegt. Diese alte Methode der Ruhefütterung, kombiniert mit einer ausgewogenen Ernährung aus Milchprodukten und Getreide, sorgt für die berühmte Fleischstruktur mit feiner Marmorierung, die dem Bresse-Huhn seinen Ruf als das „Kobe-Rind der Geflügelwelt“ eingebracht hat.


Ein kulinarischer Mythos: Warum Gourmets Bresse-Huhn lieben
Das Fleisch ist butterzart, saftig, nussig im Aroma – mit einem feinen Fettanteil, der beim Garen kaum schmilzt. Es bewahrt die Feuchtigkeit, nimmt Gewürze hervorragend auf und ist gleichzeitig so eigen im Geschmack, dass es kaum Beilagen braucht. Berühmte Köche wie Paul Bocuse, der das Bresse-Huhn zur Ikone der französischen Hochküche machte, servierten es klassisch: als Bresse-Poularde mit Morcheln und Crème fraîche, sanft gegart, puristisch, erhaben. Auch heute noch ist das Gericht ein Inbegriff für französische Kochkunst – reduziert aufs Wesentliche, voller Respekt für das Produkt. Wer ein Bresse-Huhn genießen möchte, sollte in Bresse selbst einkehren, zum Beispiel bei einem der traditionellen Gastronomen rund um Louhans oder Bourg-en-Bresse. Alternativ lohnt sich ein Besuch bei französischen Spitzenköchen, die das Hühnchen in seiner ganzen Pracht zelebrieren – möglichst pur, möglichst respektvoll.


Eine Delikatesse, die ihren Preis hat
Ein Bresse-Huhn kostet im Fachhandel gerne dreimal so viel wie ein herkömmliches Bio-Huhn – und das zu Recht. Die kontrollierte Herkunft, die artgerechte Aufzucht, der handwerkliche Anspruch: All das macht das Tier zur Ausnahmeerscheinung in einer Welt, die sonst auf Effizienz und Schnelligkeit setzt. Doch wer einmal in die knusprige Haut gebissen, das zarte Fleisch auf der Zunge gespürt und den vollen Geschmack wahrgenommen hat, versteht: Hier geht es nicht nur um Essen, sondern um ein Stück Kultur.
Einmal im Jahr, kurz vor Weihnachten, wird das Huhn im Burgund zelebriert: Bei der traditionsreichen Les Glorieuses de Bresse, einem Wettbewerb mit über hundertjähriger Geschichte, treten die besten Züchterinnen und Züchter der Region gegeneinander an – mit nichts anderem als ihren Hühnern. Doch hier geht es nicht um Masse oder Größe, vielmehr um ästhetische Perfektion und handwerkliches Know-how der Aufzucht. Die prächtigsten Bresse-Hühner werden für die Jury aufwendig gebunden und kunstvoll drapiert, ganz nach traditionellem Ritual. Die Kriterien sind streng: Fleischfarbe, Fettverteilung, Spannkraft der Haut, Proportionen – jedes Detail zählt. Die Siegerhühner, ausgezeichnet mit einer blauen Schleife und Medaille, gelten als kulinarische Trophäen und erzielen Höchstpreise auf dem Markt. Für viele französische Feinschmecker ist ein prämiertes Bresse-Huhn von der Glorieuse das einzige Fleisch, das zu Weihnachten auf den Tisch kommt. So wird das Huhn, das ohnehin als König seiner Art gilt, einmal im Jahr auch offiziell zur kulinarischen Majestät Frankreichs gekrönt.

Im Burgund begegnet man dem Bresse-Huhn nicht nur auf dem Teller. Man findet es auf Wochenmärkten, in den Gesprächen der Menschen, auf handgemalten Schildern am Straßenrand. Es ist Identität, Stolz und kulinarisches Erbe zugleich. Wer Frankreich verstehen will, tut gut daran, dort zu beginnen, wo man besonders ehrlich ist: auf dem Land, bei den Hühnern und bei einem Gericht, das so schlicht wie vollkommen ist.
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