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Nur eine kurze Bootsfahrt trennt die prunkvolle Isola Bella von ihrer stillen Schwester Isola Madre – zwei Welten, die unterschiedlicher kaum sein könnten.

Die Isola Madre zeigt sich weitläufig, üppig und beinahe verwunschen. Statt strenger Formen prägt seit dem 19. Jahrhundert der englische Landschaftsstil das Bild der Insel. Er setzt auf geschwungene Wege, überraschende Perspektiven und Pflanzungen, die wirken, als hätte die Natur selbst Regie geführt.

Blühende Bögen und duftende Wege

Schon beim ersten Schritt empfängt die Scala dei Glicini die Besucher wie ein lebendiges Farbenmeer. Rund 18 Wisterienarten ranken sich die Treppe hinauf, ihre Blüten hängen schwer und tauchen den Weg in ein sanftes, schimmerndes Licht. Jeder Schritt auf den Stufen wird zu einem sinnlichen Erlebnis, das Auge und Seele gleichermaßen fesselt.

Nur wenige Meter weiter öffnet sich das Piano delle Camelie, ein Reich aus rund 150 Arten und Hybriden. Von der klassischen Camellia japonica über elegante Teekamelien bis hin zur spätblühenden Camellia sasanqua entfalten die Blüten Formen und Farbnuancen, die verzaubern. Einige Exemplare sind über 150 Jahre alt, stille Chronisten der Gartenkunst, die Geschichte, Zeit und Schönheit in sich tragen. Wer durch diese Wege wandelt, spürt die Sorgfalt der Planung, die Liebe zum Detail und die Magie eines Gartens, in dem die Natur in ihrer prächtigsten Form gefeiert wird.

An diesem wohltemperierten Ort entfalten Pflanzen aus allen Klimazonen ihre Pracht und wachsen harmonisch Seite an Seite
An diesem wohltemperierten Ort entfalten Pflanzen aus allen Klimazonen ihre Pracht und wachsen harmonisch Seite an Seite / © FrontRowSociety.net, Foto: Andreas Bienert

Exotik in voller Pracht

Wenn man tiefer in den Garten eintaucht, offenbart sich ein Panorama tropischer Schätze. Baumfarne und Bananenstauden, Bougainvillea und Proteas, Magnolien, Lotus und Wasserlilien. Diese Vielfalt verleiht der Insel etwas Märchenhaftes und macht jeden Spaziergang zu einer Entdeckungsreise. Der Viale Africa, die Hauptachse der Insel, führt vorbei an Lorbeerhainen, Bitterorangen und Aloe, ein Vorgeschmack auf die subtropische Vielfalt, die das milde Mikroklima begünstigt.

Im künstlichen Teich am Fuß der Treppe gedeihen Seerosen und hohes Zypergra
Im künstlichen Teich am Fuß der Treppe gedeihen Seerosen und hohes Zypergras / © FrontRowSociety.net, Foto: Andreas Bienert

Ein Paradies für Pflanzenliebhaber

Nahezu die gesamte Insel ist einem der ältesten botanischen Gärten Italiens gewidmet. Zwischen Glyzinien und Hibiskus entfalten auch seltene Schätze wie die Kaschmir-Zypresse oder die Südafrikanische Zuckerbuschpflanze ihre Wirkung. Die Wege schlängeln sich geschickt zwischen Terrassen, Beeten und Baumgruppen. Immer wieder erhascht der Blick überraschende Perspektiven. Weiße Pfauen stolzieren gemächlich über die Pfade. Während chinesische Fasane im Unterholz glitzern.

Die tierischen Bewohner verstärken das Gefühl, sich in einem lebendigen Gartenkunstwerk zu bewegen
Die tierischen Bewohner verstärken das Gefühl, sich in einem lebendigen Gartenkunstwerk zu bewegen / © FrontRowSociety.net, Foto: Andreas Bienert

Geschichte in Stufen

Die Isola Madre, ebenfalls von der Adelsfamilie Borromeo im 16. Jahrhunderterworben, entfaltet ihren Charakter wie ein gelebtes Porträt. In ihren Linien spiegeln sich Spuren der Eiszeit ebenso wie die Geschichten vergangener Zeiten, als hier im 16. Jahrhundert noch Olivenhaine das Bild prägten. Ab 1710 formte der Architekt Filippo Cagnola das Inselbild entscheidend: Pergolen, Treppen und Terrassen gaben dem Gelände neue Strukturen, die noch heute das Eiland gliedern. Jede Stufe eröffnet neue Perspektiven – auf den glitzernden Lago Maggiore oder auf verborgene botanische Kostbarkeiten – und lässt die englische Gartenkunst in ihrer ganzen Klarheit erkennen. Abwechslungsreiche Höhen, gezielt gesetzte Baumgruppen und harmonische Übergänge zwischen offenen Flächen und dichten Pflanzungen machen die Isola Madre zu einem Ort, der sowohl überrascht als auch in seiner stimmigen Ordnung fasziniert.

Schon vom See aus sichtbar: In die Mauern eingelassene Blumentöpfe leuchten in Farbkompositionen, darüber thronen Aloen und Agaven über dem Felsenufer
Schon vom See aus sichtbar: In die Mauern eingelassene Blumentöpfe leuchten in Farbkompositionen, darüber thronen Aloen und Agaven über dem Felsenufer / © FrontRowSociety.net, Foto: Andreas Bienert

Palazzo im Grünen

Neben der imposanten, 160 Jahre alten Kaschmirzypresse, erhebt sich der Palazzo dell’Isola Madre – klar in der Form, voller Geschichte. Der Bau aus dem 16. Jahrhundert erzählt von der Vergangenheit der Insel und setzt einen ruhigen Kontrapunkt zur üppigen Vegetation. Durch klug angelegte Sichtachsen erscheint er immer wieder im Blickfeld und wird zum stillen Zentrum des Gartens, das den Rundgang durch Terrassen und Baumgruppen ordnet und ihm Leichtigkeit verleiht.

Ein Orkan entwurzelte 2006 die Kaschmirzypresse, die 1862 als Setzling gepflanzt worden war. Dank aufwendiger Pflege und stabiler Stahlseile konnte der imposante Baum jedoch gerettet werden
Ein Orkan entwurzelte 2006 die Kaschmirzypresse, die 1862 als Setzling gepflanzt worden war. Dank aufwendiger Pflege und stabiler Stahlseile konnte der imposante Baum jedoch gerettet werden / © FrontRowSociety.net, Foto: Andreas Bienert
Der Blick aus dem Fenster auf die Kapelle der Isola Madre ist beeindruckend
Der Blick aus dem Fenster auf die Kapelle der Isola Madre ist beeindruckend / © FrontRowSociety.net, Foto: Andreas Bienert

Kapelle der Borromeos

Wer den Pfad um die Villa herum folgt, entdeckt die kleine Familienkapelle der Borromeos, versteckt zwischen uralten Bäumen und exotischen Pflanzen. 1858 erbaut, steht sie dort, wo einst die Kirche des Heiligen Viktor war. Hier gibt es keine Grabstätten, nur Stille und Andacht, eingebettet in die Schönheit der Natur.

Ein kreisrunder Brunnen vor der Kapelle spiegelt Lotus und Seerosen, während Frösche und Libellen das Bild beleben
Ein kreisrunder Brunnen vor der Kapelle spiegelt Lotus und Seerosen, während Frösche und Libellen das Bild beleben / © FrontRowSociety.net, Foto: Andreas Bienert

Die beste Zeit, die Isola Madre zu besuchen, ist von März bis Oktober, wenn der botanische Garten in voller Blüte steht und subtropische Pflanzen sowie exotische Tiere wie weiße Pfauen und Papageien ihre Farbenpracht entfalten.

Zwei Inseln, zwei Charaktere

Isola Bella und Isola Madre erzählen von der Kunst, Natur zu formen. Hier barocke Strenge, dort poetische Wildheit. Wer beide besucht, nimmt nicht nur Bilder mit, sondern den Duft von Glyzinien, das Rascheln exotischer Blätter und das leise Rufen der Pfauen – Eindrücke, die lange bleiben.

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