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Die Hecken sind akkurat geschnitten, die Wege fast zu perfekt – und doch weht über allem ein Hauch von Exzentrik. Der Garten der Villa Taranto, hoch über dem Westufer des Lago Maggiore bei Verbania Pallanza gelegen, ist eine Gartenkomposition, die man eher in Schottland erwarten würde als in der lieblicheren Landschaft des Piemont.

Kaum ein Ort vereint Gegensätze so eindrucksvoll wie die Villa Taranto: Üppige Wäldchen mit exotischen Baumraritäten stoßen hier auf streng komponierte Beete und überraschende architektonische Elemente
Kaum ein Ort vereint Gegensätze so eindrucksvoll wie die Villa Taranto: Üppige Wäldchen mit exotischen Baumraritäten stoßen hier auf streng komponierte Beete und überraschende architektonische Elemente / © FrontRowSociety.net, Foto: Birgit Werner

Der Schöpfer: Neil McEacharn

Captain Neil Boyd Watson McEacharn, ein schottischer Offizier, träumte davon, aus einem verwilderten Anwesen ein botanisches Wunder zu erschaffen. Um 1931 begann er Pflanzen aus allen Kontinenten zu sammeln, und arrangierte sie mit einer Liebe zum Detail, die in jedem Winkel des Gartens spürbar ist. Jeder Baum, jede Blüte und jeder Wasserspiegel sollte Teil eines harmonischen Ganzen sein, das den Besucher auf Schritt und Tritt überrascht.

Wäldchen aus Birken, Hortensien, Kamelien und Magnolien wurden angelegt, sorgfältig beschildert und katalogisiert
Wäldchen aus Birken, Hortensien, Kamelien und Magnolien wurden angelegt, sorgfältig beschildert und katalogisiert / © FrontRowSociety.net, Foto: Andreas Bienert

Beim Schlendern über die Wege wird deutlich, wie sehr McEacharn die Pflanzenlandschaft wie ein lebendiges Kunstwerk betrachtet hat. Ursprünglich als Privatgarten angelegt, öffnete er den Garten nach dem Zweiten Weltkrieg für Besucher, um seine Vision zu teilen und anderen die Möglichkeit zu geben, in dieses außergewöhnliche botanische Erlebnis einzutauchen.

Die Pflanzen sind nicht nur da – sie erzählen Geschichten, sie führen die Besucher durch Farb- und Duftwelten, die man so kaum erwartet hätte
Die Pflanzen sind nicht nur da – sie erzählen Geschichten, sie führen die Besucher durch Farb- und Duftwelten, die man so kaum erwartet hätte / © FrontRowSociety.net, Foto: Andreas Bienert

Der Garten im Blütenrausch

Je nach Jahreszeit verändert sich der Garten spürbar. Die Wege mäandern sich vorbei an Rhododendren, deren Knospen sich langsam zu leuchtenden Farbtupfern öffnen, während Kamelien ihren feinen Duft in die Luft legen und ihn wie einen sanften Begleiter über die Beete ziehen lassen. Emsiges Summen von Bienen und andere Insekten ist überall zu vernehmen, als hätten sie ihren eigenen Rhythmus. Über allem liegt das Licht der tiefgrünen Tulpenbäume, das durch die Zweige bricht und helle Muster tanzen lässt. Man bleibt stehen, blickt um sich, spürt die Ruhe und gleichzeitig das lebendige Treiben, und merkt, wie sehr der Garten jeden Moment einlädt, einfach zu staunen und tief durchzuatmen.

Der Garten berauscht mit prächtig-kraftvollen Bepflanzungen und zart blühenden Sträuchern
Der Garten berauscht mit prächtig-kraftvollen Bepflanzungen und zart blühenden Sträuchern / © FrontRowSociety.net, Foto: Andreas Bienert

Victoria cruziana: Giganten im Teich

Folgt man dem Weg Richtung Petalo-Pavillon, dem höchsten Punkt des Gartens, stolpert man fast über riesige tropische Seerosen, die so ungewöhnlich wirken, dass man zweimal hinschaut. Die Victoriacruziana haben in den Gewächshäusern der Villa ihr ursprüngliches Zuhause zurückgewonnen und präsentieren ihre gigantischen Blätter mit aufgestellten Rändern wie überdimensionale Pfannen majestätisch, fast surreal, und irgendwie so, als würden sie sich über die Schwerkraft hinwegsetzen. Langsam schlendernd, den Blick von Blatt zu Blatt wandernd, steigt man vorbei an üppigem Grün und dem leisen Plätschern kleiner Wasserläufe.

Die Victoria cruziana zählt zu den außergewöhnlichsten Pflanzen der Welt. Ihre gewaltigen Blätter erreichen bis zu zwei Meter Durchmesser – stark genug, um das Gewicht eines zehn Kilo schweren Kindes zu tragen
Die Victoria cruziana zählt zu den außergewöhnlichsten Pflanzen der Welt. Ihre gewaltigen Blätter erreichen bis zu zwei Meter Durchmesser – stark genug, um das Gewicht eines zehn Kilo schweren Kindes zu tragen / © FrontRowSociety.net, Foto: Andreas Bienert

Ein kühler, erdiger Duft tropischer Pflanzen zieht mit jedem Schritt mit, während sich die Perspektiven ständig ändern. Von hier oben wirken die Teiche unter einem wie schimmernde Smaragde, und die Seerosen scheinen den Garten für einen Moment in ihre stille Herrschaft genommen zu haben – als hätten sie nur darauf gewartet, dass jemand vorbeikommt, um sie zu bewundern und vielleicht schmunzeln zu müssen über ihre imposante Größe.

Blütenballett der Dahlien

Ab Ende Juli übernimmt die Dahlienparade das Schauspiel. Ein Labyrinth aus Blüten öffnet sich, in dem man immer wieder staunend stehenbleibt. Die unendliche Vielfalt an Farben, von zartem Rosa bis zu leuchtendem Purpur, zieht den Blick wie ein Magnet. Man schlendert durch die verschlungenen Wege, beugt sich vor, um die samtige Oberfläche der Blüten zu berühren, und spürt fast, wie die Sonne in den Blütenblättern tanzt.

Rund 30 Arten gehören zur Familie der Dahlien – prachtvolle Schönheiten, die ihre Wurzeln vor allem in Mexiko haben, aber auch in Guatemala, Kolumbien und den Antillen beheimatet sind
Rund 30 Arten gehören zur Familie der Dahlien – prachtvolle Schönheiten, die ihre Wurzeln vor allem in Mexiko haben, aber auch in Guatemala, Kolumbien und den Antillen beheimatet sind / © FrontRowSociety.net, Foto: Birgit Werner

Das Tal mit der Brücke

Im Botanischen Garten der Villa Taranto am Lago Maggiore gibt es einen besonders malerischen Abschnitt. Das künstlich angelegte Tal, das 1935 von Kapitän Neil McEacharn geschaffen wurde, wird von einer eleganten Steinbrücke überspannt, die sich harmonisch in die Landschaft einfügt. Im Frühling und Sommer zeigt sie sich von ihrer schönsten Seite, wennKletterpflanzen wie Caesalpinia sepiaria aus dem Himalaya und Caesalpiniavernalis aus Hongkong im Mai mit ihren eleganten gelben Blütenbüschelprahlen.

Im Hintergrund überspannt eine Steinbrücke das künstlich angelegte Tal: Valletta
Im Hintergrund überspannt eine Steinbrücke das künstlich angelegte Tal: Valletta / © FrontRowSociety.net, Foto: Andreas Bienert

Villa im Grünen

Während man durch die prachtvollen Gärten der Villa Taranto schlendert, zieht die Villa selbst immer wieder neugierige Blicke auf sich. Das elegante Anwesen erhebt sich leicht zurückgesetzt auf einem Plateau über dem Lago Maggiore, seine Fassade strahlt in sanften Pastelltönen zwischen den üppigen Grünflächen. Zwar ist die Villa nicht für die Öffentlichkeit zugänglich, doch beim Rundgang durch die Gärten eröffnet sich immer wieder ein reizvoller Blick auf ihre Fenster und Terrassen, die fast so wirken, als würde sie den Besucher aus der Ferne beobachten.

Die Villa Taranto, ein elegantes Herrenhaus im Stil der Normandie, wurde um 1880 erbaut und thront heute als Sitz der Präfektur der Provinz Verbano-Cusio-Ossola über dem botanischen Garten
Die Villa Taranto, ein elegantes Herrenhaus im Stil der Normandie, wurde um 1880 erbaut und thront heute als Sitz der Präfektur der Provinz Verbano-Cusio-Ossola über dem botanischen Garten / © FrontRowSociety.net, Foto: Andreas Bienert

Ein lebendiges Botanisches Wunder

Über 16 Hektar erstreckt sich die erstaunliche Vielfalt der Pflanzen: rund 20.000 Arten aus allen Kontinenten begegnen einander hier. Baumfarne aus Tasmanien, die Davidia involucrata, exotische tropische Gewächse und Victoriacruziana sie alle scheinen Seite an Seite zu leben, als hätte die Erde selbst ihren Reichtum in diesen Garten eingeladen. Die Balance aus strenger Ordnung und scheinbarer Wildheit ist McEacharns Meisterstück.

Beschilderungen informieren, doch der Garten lässt sich nicht einfach studieren – man muss ihn erleben, den Duft einatmen, die Blätter berühren, den Wind auf der Haut spüre
Beschilderungen informieren, doch der Garten lässt sich nicht einfach studieren – man muss ihn erleben, den Duft einatmen, die Blätter berühren, den Wind auf der Haut spüren / © FrontRowSociety.net, Foto: Andreas Biener

Italienische Eleganz trifft englische Präzision

Obwohl der Garten englischen Ursprungs ist, fehlen italienische Elemente nicht: Statuen, Brunnen, Wasserfälle und Terrassen ergänzen die Pflanzenszenen und verleihen dem Ort eine feierliche, fast magische Note. McEacharn schuf ein Gesamtkunstwerk, in dem jede Pflanze, jeder Baum, jeder Strauch seinen Platz hat. Das Ergebnis ist ein Ort, der wie ein überlebensgroßes Herbarium wirkt – wissenschaftlich und gleichzeitig poetisch, präzise und dennoch luftig-leicht.

Seinen Namen verdankt der Puttenspringbrunnen den verspielten Knabenskulpturen, die ihn zieren
Seinen Namen verdankt der Puttenspringbrunnen den verspielten Knabenskulpturen, die ihn zieren / © FrontRowSociety.net, Foto: Andreas Bienert

Öffnungszeiten

Die Botanischen Gärten der Villa Taranto sind von Mitte März bis Anfang November täglich geöffnet, im Sommer sogar mit verlängerten Abendzeiten. Am schönsten ist ein Besuch im Frühling zur Blüte der Kamelien und Tulpen oder an warmen Sommerabenden, wenn Dahlien und Seerosen in voller Pracht leuchten.

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