Es gibt gute Nachrichten für alle Gourmets: Wer das Atelier Moessmer in Bruneck einmal besucht, wird schnell feststellen – einmal reicht nicht. „Mindestens vier Mal im Jahr sollte man kommen“, sagt Norbert Niederkofler, 3-Sterne-Koch und kreativer Kopf hinter dem Konzept Cook the Mountain. „Nur dann kann man erleben, wie jede Saison ihre eigene Geschichte erzählt.“

Seit Juli 2023 empfängt das Atelier Moessmer seine Gäste in einem besonderen Ambiente: der ehemaligen Direktorenvilla der traditionsreichen Moessmer Tuchfabrik, die seit 1894 Lodenstoffe von Weltruf produziert. Was früher Wohnsitz, später Schriftstellerhaus und zuletzt Leerstand war, ist heute ein Ort für feinsinnige Genussreisen – und für eine Philosophie, die weit mehr ist als ein Küchenstil.

Cook the Mountain – Kochen mit dem Rhythmus der Berge
Cook the Mountain bedeutet für Niederkofler: 100 Prozent regional, 100 Prozent saisonal, und das ohne Kompromisse. Keine exotischen Gewürze, kein Zitronensaft aus Übersee, keine importierten Meeresfische. Stattdessen konzentriert sich der Meister auf das, was die Alpen im Jahreslauf hervorbringen: Kräuter und Pilze aus den Wäldern, Gemüse aus kleinen Gärten, Fleisch von regionalen Bauern, und fermentierte oder eingelegte Produkte, um die Wintermonate zu überbrücken.


„Es ist nicht nur eine Küche, es ist eine Haltung“, betont Niederkofler. „Wir wollen zeigen, dass Genuss, Nachhaltigkeit und Regionalität Hand in Hand gehen.“ Das brachte ihm nicht nur drei Michelin-Sterne, sondern auch den Grünen Stern für besondere Nachhaltigkeit ein.

Ein Haus voller Geschichten
Bevor Niederkofler das Atelier Moessmer eröffnete, prägte er über zwei Jahrzehnte das legendäre St. Hubertus im Hotel Rosa Alpina in San Cassiano. Dort reifte seine Philosophie Cook the Mountain, die ihm 2018 den dritten Michelin-Stern einbrachte. Als das Hotel 2021 an Aman Resorts überging und sich neu positionierte, nutzte er die Gelegenheit für einen Neuanfang – an einem Ort, der seine Werte noch kompromissloser verkörpert.

Diesen Ort fand er in Bruneck, in der denkmalgeschützten Direktorenvilla der traditionsreichen Moessmer Tuchfabrik. Ein Gebäude mit wechselvoller Geschichte, das heute wieder mit Leben gefüllt ist. Der Umbau stellte das Team vor große Herausforderungen: Originale Wände mussten erhalten bleiben, und der Denkmalschutz ließ wenig Spielraum. Kreativität war gefragt – und so entstanden viele der besonderen Details, die heute zum Charme des Hauses beitragen.



Innenarchitekt Walter Angonese kombinierte historische Elemente mit moderner Leichtigkeit. Lodenstoff aus eigener Fabrikation findet sich an Wänden und Empfangstresen, in den Westen des Servicepersonals und sogar im Anzug des Restaurantleiters. Kleine, charmante Lösungen – wie Stoffspulen aus der Fabrik, die nun Trockenblumen halten – sind zum Markenzeichen geworden.

Der Abend im Atelier Moessmer beginnt nicht einfach am Tisch: Gäste werden mit einem Aperitif im Garten oder im stimmungsvoll gestalteten Aperitifraum empfangen, bevor sie bei einer kurzen Führung Küche und Weinkeller erkunden. Erst dann geht es weiter zum Platz – ob im Hauptraum, am Chefs Table, auf der Veranda oder im privaten Eventraum für bis zu acht Personen. Jedes Detail des Hauses erzählt von der Verbindung zwischen Tradition und Gegenwart – und vom Anspruch, Gästen das Gefühl zu geben, angekommen zu sein. „Welcome Home“ ist hier mehr als ein Gruß – es ist das Leitmotiv.

Ein Garten als Zeitzeuge
Zum Atelier Moessmer gehört ein 5.000 Quadratmeter großer Garten – ebenfalls unter Denkmalschutz und so geschichtsträchtig wie das Haus selbst. Manche Bäume hier sind älter als die Tuchfabrik, deren Name das Restaurant trägt. „Wenn ein Baum gefällt werden muss, braucht es einen neuen Aufforstungsplan“, erklärt Restaurantleiter und Sommelier Lukas.

Der Garten ist weit mehr als Kulisse. Im Sommer ist er Empfangsraum unter freiem Himmel, der Duft von Kräutern und Blumen begleitet den Aperitif, während der Blick über alte Baumkronen schweift. Im Winter liegt ein fast märchenhafter Zauber über den verschneiten Wegen, und das sanfte Knirschen unter den Schuhen kündigt den Beginn eines besonderen Abends an.

Für Niederkofler ist dieser Garten ein stiller Mitspieler in seiner Philosophie: Er verkörpert Beständigkeit und Wandel zugleich, spiegelt die Jahreszeiten wider – genau wie die Gerichte, die später auf den Tellern landen. Hier draußen beginnt für viele Gäste jene Reise, die sich im Menü fortsetzt: eine Entdeckung der Natur, Schritt für Schritt, Bissen für Bissen.

Positionierung: Für Entdecker, nicht nur für Sternejäger
„Früher kamen fast ausschließlich Hotelgäste“, erzählt Christof Plankensteiner, Niederkoflers rechte Hand. Heute reisen Feinschmecker aus aller Welt an, viele angelockt durch den Guide Michelin, andere als treue Stammgäste. Manche sind passionierte Sterne-Esser, doch viele kommen vor allem wegen des Konzepts – und weil Cook the Mountain erklärungsbedürftig ist. „Wir nehmen uns Zeit, um zu erzählen, warum wir etwas so und nicht anders machen“, sagt uns Christof Plankensteiner über den Tresen hinweg.

Das Team ist jung, im Schnitt Mitte 20. Viele stammen aus der Hotelfachschule Bruneck, die eng mit dem Atelier zusammenarbeitet. Praktikanten erleben hier nicht nur Sterne-Service, sondern auch, was es heißt, mit maximaler Saisonalität zu kochen – und dabei Zero Waste ernst zu nehmen.

Engagement für die nächste Generation
Niederkofler geht es nicht nur um seine Gäste, sondern auch um die Zukunft der Kulinarik. Er hat den Bachelor-Studiengang „Food“ mitentwickelt, der an der Universität Bozen gelehrt wird. Jedes Jahr hält er rund 30 Stunden Vorlesungen, organisiert Besuche bei Gemüsebauern oder in einer Pastamanufaktur und lädt Studenten ins Restaurant ein. „Wenn wir wollen, dass Nachhaltigkeit in der Gastronomie wirklich ankommt, müssen wir die nächste Generation dafür begeistern“, sagt der Visionär Niederkofler.

Das große Ganze
Das Atelier Moessmer ist kein Ort für ein schnelles Dinner, sondern für eine Reise durch die Jahreszeiten, durch Aromen, Texturen und Geschichten. Wer hier speist, begibt sich auf eine mehrstündige Erkundung, bei der jeder Gang ein Mosaikstein ist. Der Anspruch ist hoch, doch die Atmosphäre bleibt herzlich – kein Chichi, keine Starallüren. „Am Ende wollen wir, dass die Leute satt und glücklich sind, und mit einem Lächeln nach Hause gehen“, so Niederkofler.

Mit dem im Mai 2025 eröffnenden Hotel Ansitz Häfler – ebenfalls ein denkmalgeschütztes Haus mit zehn Zimmern – können Gäste das Erlebnis bald als Paket buchen: Ankommen, Cook the Mountain genießen, übernachten und vielleicht noch am nächsten Morgen durch Bruneck bummeln.

Wer die Philosophie versteht, weiß: Jeder Besuch ist ein Unikat. Ein Menü im Frühling wird nie das gleiche sein wie im Herbst. Die Zutaten, die Geschichten, die Farben auf dem Teller – alles ist im Fluss. Und genau das macht den Reiz aus.

So schließt sich der Kreis: vom ersten Aperitif im Garten, vorbei an den historischen Wänden der Moessmer-Villa, durch ein Menü, das den Rhythmus der Alpen atmet, bis zum letzten Bissen. Ein Abend im Atelier Moessmer ist kein banales Essen – es ist eine Einladung, die Berge mit allen Sinnen zu erleben. Wer einmal hier war, weiß, warum vier Besuche pro Jahr eigentlich das Minimum sind.
Lust auf eine Gourmet-Reise bekommen? Hier sind ein paar kulinarische Impressionen des Frühlingsmenüs:



























Cook the Mountain für daheim – hier geht’s zur Rezension des Kochbuchs von Norbert Niederkofler Cook the Mountain – The Nature Around You.
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