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Mit bald 70 Jahren ist sie das älteste aktive (Motor-)Kreuzfahrtschiff der Welt. Müde wird die kleine norwegische „Nordstjernen“ deswegen aber nicht, im Gegenteil.

Eine Unbekannte ist die „Stjerna“, wie sie von ihren Liebhabern genannt wird, nicht: 56 Jahre war sie auf der innernorwegischen Hurtigrute im Einsatz, seit 2013 geht sie in Nord- und Ostsee auf Kreuzfahrten, die ihre Reederei aber nicht so nennen möchte. Ausgutem Grund.

Klassische Linien und unverkennbar eine Norwegerin – die „Nordstjernen“ im Hafen von Gdans
Klassische Linien und unverkennbar eine Norwegerin – die „Nordstjernen“ im Hafen von Gdansk / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

Denn im Gegensatz zu den großen Kreuzfahrtschiffen unserer Tage ist die „Nordstjernen“ ein Schiff zum Anfassen. Das Vorschiff ist genauso zugänglich wie das Mooring Deck, und wer dem Koch beim Zubereiten der Speisen zusehen möchte, muss dazu nur einen Blick durch das offene Fenster auf dem Promenadendeck werfen. Auch Maschinenraum und Kommandobrücke dürfen besichtigt werden, und das kostenlos.

Ein Schiff zum Anfassen: Auf dem Vorschiff der „Nordstjernen“ dürfen sich die Passagiere zwischen Ladeluke, Kran, Tauen und Zodiacs frei bewegen
Ein Schiff zum Anfassen: Auf dem Vorschiff der „Nordstjernen“ dürfen sich die Passagiere zwischen Ladeluke, Kran, Tauen und Zodiacs frei bewegen / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

Reisen im kleinen Kreis

Überdies reist man an Bord der „Nordstjernen“ im (sehr) kleinen Kreis. 130 Passagiere fasst sie, mitunter liegt ihre Belegung aber auch im zweistelligen Bereich. Seine Mitpassagiere kennt man daher schnell beim Namen; auch deshalb spricht ihre Reederei Vestland Classic von klassischen Schiffsreisen anstatt von Kreuzfahrten.

Reisen im kleinen Kreis: Ein Platz an der Reling ist auf der „Nordstjernen“ immer fre
Reisen im kleinen Kreis: Ein Platz an der Reling ist auf der „Nordstjernen“ immer frei / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

„Klassisch“ ist auch die Einrichtung des 1956 in Hamburg gebauten Schiffes. Die holzgetäfelten Kabinen aus Postschiff-Zeiten sind klein und eng, und geschlafen wird in Stock- statt in Doppelbetten. Gemütlich ist die alte Schiffsdame aber dennoch. Ihre Salons und Restaurants werden regelmäßig renoviert und das ganze Schiff so liebevoll in Schuss gehalten, wie es sich für einen Oldtimer gehört.

Der vordere Salon, früher Salon Erster Klasse, strahlt mit seinen Polstersesseln und -sofas pure Gemütlichkeit aus
Der vordere Salon, früher Salon Erster Klasse, strahlt mit seinen Polstersesseln und -sofas pure Gemütlichkeit aus / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

Gdansk und Karlskrona

Wir gehen nach einem Vormittag des Sightseeings in der Danziger Innenstadt am Fährterminal Westerplatte an Bord. Am Werftkai der polnischen Stadt hat die „Nordstjernen“ traditionell ihr Winterquartier, ehe sie im Frühjahr von dort aus in die Saison startet, die in der Regel von Mai bis Oktober geht.

Die Skyline von Gdansk wird am alten Hafen vom Krantor und den restaurierten Kontoren aus der Hanse-Zeit dominiert
Die Skyline von Gdansk wird am alten Hafen vom Krantor und den restaurierten Kontoren aus der Hanse-Zeit dominiert / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

Am ersten Tag unserer Kurzreise läuft das Schiff das schwedische Karlskrona an, das reich an militärischer und maritimer Historie ist. Die Stadt lässt sich perfekt fußläufig erkunden, und natürlich kann die kleine „Nordstjernen“ mitten in der Altstadt anlegen, ein Empfangskomitee der lokalen Honoratioren inklusive.

Trutzige Mauern der Festungsanlagen der schwedischen Marine dominieren das Stadtbild von Karlskrona
Trutzige Mauern der Festungsanlagen der schwedischen Marine dominieren das Stadtbild von Karlskrona / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

Bornholm

Über Nacht geht es anschließend nach Bornholm. Der Hafen der Inselhauptstadt hat sich in den letzten Jahren stark verändert (nicht zum Besseren), aber zum Glück ist mehr als genug Zeit, mit Fahrrad oder Bus die Insel zu erkunden. Gudhjem z. B., ein kleiner Fischerort an der Nordküste Bornholms, ist der perfekte Kontrast zum quirligen Fährhafen von Rønne oder den Touristenmassen von Gdansk.

Idylle pur. Blick über Gudhjem an der Nordküste Bornholms
Idylle pur. Blick über Gudhjem an der Nordküste Bornholms / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

Rønne selber ist jedoch auch einen längeren Stadtbummel wert. Enge Kopfsteinpflastergassen, bunte Fachwerkhäuser und kleine Handwerksgeschäfte in der Altstadt lassen die Zeit hier wie im Flug vergehen, ehe es am Abend wieder zurück an Bord geht.

Bunte Fachwerkhäuser in der Altstadt von Rønne lassen einen beim Bummeln durch Bornholms Inselhauptstadt schnell die Zeit vergessen
Bunte Fachwerkhäuser in der Altstadt von Rønne lassen einen beim Bummeln durch Bornholms Inselhauptstadt schnell die Zeit vergessen / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

70 Jahre „Nordstjernen“

Auch der Weg nach Warnemünde, dem Endhafen der Reise, ist kurz, andererseits ist die „Nordstjernen“ auch nicht mehr die Schnellste. Das hört man unter Deck auch, je nach Lage der Kabine mal mehr, mal weniger. Auch dies macht die vermeintliche Kreuzfahrt zur klassischen Schiffsreise.

Eine Besatzung mit Herz. Die Farewell-Party auf dem Sonnendeck gehört bei jeder „Nordstjernen“-Reise mit dazu
Eine Besatzung mit Herz. Die Farewell-Party auf dem Sonnendeck gehört bei jeder „Nordstjernen“-Reise mit dazu / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

Verabschiedet wird man dafür beim Von-Bord-Gehen mit einer Umarmung durch die Reiseleiterin und einem kräftigen Händedruck des Kapitäns persönlich. Diese Erinnerungen bleiben, und nächstes Jahr sollen möglichst viele neue Passagiere in denselben Genuss kommen. Dann nämlich wird die „Nordstjernen“ 70 Jahre alt und geht auf ihre Jubiläumsreisen. Neben Destinationen in der Ostsee stehen dann auch die Häfen der Hurtigrute auf ihrem Programm, dort kennt man das Schiff schließlich bereits seit dem Jahr 1956.

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