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Nachdem das rote Band zerschnitten wurde, soll nun ab dem 5. Oktober 2019 die erste Ausstellung im neuen Gebäude des Musée cantonal des Beaux-Art – kurz MCBA – eröffnet werden. Unter dem Titel „Kartografie des Schenkens“ ist diese erste Exposition den Wohltätern des Museums gewidmet.

FrontRowSociety – The Magazine hatte eine Einladung erhalten, das neue Museum zu inspizieren, bevor es seine Tore für Besucher öffnet. Als erstes deutsches Magazin trafen wir Museumsdirektor Bernard Fibicher drei Wochen vor der Eröffnung der neuen Plateforme 10. Baufahrzeuge und Handwerker prägten bei unserer Ankunft das Bild, fast unvorstellbar, dass in einigen Tagen der Komplex fertiggestellt sein sollte.

General Manager und Museumsdirektor Bernard Fibicher traf sich mit Annett Conrad, Mitherausgeberin des Magazins drei Wochen vor der Eröffnung der neuen Plateforme 10
General Manager und Museumsdirektor Bernard Fibicher (li.) traf sich mit Annett Conrad, Mitherausgeberin des Magazins FrontRowSociety – The Magazin drei Wochen vor der Eröffnung der neuen Plateforme 10 / © Redaktion FrontRowSociety.net

Dennoch wird jenes Bild noch eine Weile Teil der neuen Plattform sein, bis ein weiteres Heim für Kunst fertiggestellt ist. Dann werden auch das Musée de Design et d’arts appliqués contemporains – kurz mudac – sowie das Musée de l’Elysée in einem zeitgemäßen Gewand ihre Kunstschätze einem breiten Publikum zugänglich machen können.

Drei Wochen bevor die neue Herberge des MCBA feierlich eröffnet werden soll, waren wir mit General Manager Bernard Fibicher (re.) im Museum unterwegs. Mit Hochdruck wurde an der Fertigstellung der Ausstellungen gearbeitet, so dass der Kurator persönlich immer wieder bei der exakten Platzierung der Exponate behilflich sein musste / © Redaktion FrontRowSociety.net

Städteplanung mit Ästhetik

Wir stehen mit Bernard Fibicher vor dem verglasten Modell der Plateforme 10 und schauen uns die Timeline an. Es ist die Geschichte eines langwierigen Entstehungsprozesses, der 2009 mit dem Kauf des Grundstücks seinen Anfang nahm. Seit dem ersten Spatenstich im Jahr 2016 soll diese Plattform nicht nur einem Museum Raum geben, sondern in direkter Nachbarschaft zum Bahnhof und zur City von Lausanne einen ganzen Museumskomplex aufleben lassen.

Blick vom Obergeschoss des MCBA: An der Plateforme 10 führen die Schienen vorbei, auf den heute immer noch Menschen und Güter transportiert werden. Im Hintergrund sind der Genfersee sowie die französischen Alpen zu erblicken / © Redaktion FrontRowSociety.net

Beim ausgeschriebenen Wettbewerb gewannen zwei ambitionierte italienische Architekten, die ihr Büro in Barcelona unterhalten. Fabrizio Barozzi und Alberto Veiga sehen städtischen Raum und Bauwerke im Kontext, so dass die Historie des Platzes den Übergang in die Zukunft beschreibt. Auf seinem Fundament soll sich nun Lausannes urbanes Leben mit Kunst und Genuss der Moderne abspielen.

Im betont schlichten Foyer erschafft das Sonnenlicht stündlich neue Kunstwerke / © Redaktion FrontRowSociety.net

Die strukturgebenden Arkaden, einst verbaut und als Eisenbahndepot genutzt, werden in Zukunft durch Handel und Gastronomie belebt, so die Ausführungen von General Manager Bernard Fibicher. Den klaren Kontrast zwischen dem avantgardistischen Museumsneubau und den historischen Arkaden verbindet eine raumgebende Piazza, die Schienen als Zeitzeugen tragend, nun Museumsbesucher rangiert.

Das neue MCBA – Musée cantonal des Beaux-Art

Der massive graue Klinkerbau beeindruckt bereits durch sein Äußeres. Verschiedene Grautöne verbinden das Innere mit dem Äußeren, werden immer wieder aufgegriffen und geben in klarer Nüchternheit der Kunst einen zurückhaltenden Rahmen.  

Am Eingang positionierte man die auffällige, grüne Schöpfung aus Stahlplatten „La Crocodile“. Es ist das Werk von Xavier Veilhan und Olivier Mosset, welches an eine bekannte Lokomotive der SBB erinnert und somit eine Brücke zur Historie des Platzes schlägt.

Die von den Künstlern Xavier Veilhan und Olivier Mosset aus Stahlplatten geschaffene „La Crocodile“ empfängt Besucher am Eingang
Das von den Künstlern Xavier Veilhan und Olivier Mosset aus Stahlplatten geschaffene Objekt „La Crocodile“ empfängt die Besucher am Eingang / © Redaktion FrontRowSociety.net

Abgeschirmt vom Sonnenlicht zeigt Kurator Bernard Fibicher eine kostenfrei erlebbare Dauerausstellung auf der rechten Seite seines Museums, dass nun jeglichen zeitgemäßen Ansprüchen genügt. Wechselnde Ausstellungen beleben die linke Seite der 3.200 Quadratmeter umfassenden Ausstellungsfläche.

Zudem bietet der progressistische Quader in dem Café, der Lounge, dem Museumsshop oder den ausladenden Treppenstufen Besuchern Treffpunkte oder im Auditorium Raum für die unterschiedlichsten Zusammenkünfte.

Ausladende Treppenstufen sollen Treffpunkte für Besucher sein, auf denen man verweilen kann
Ausladende Treppenstufen sollen Treffpunkte für Besucher sein, auf denen man sich austauschen kann / © Redaktion FrontRowSociety.net

Im Foyer empfängt ein Nussbaum die Besucher und weist gleichzeitig auf das Thema der ersten Ausstellung des neuen MCBA hin. Diese 15 Meter große Installation aus Bronze von Giuseppe Penone vermachte die Galeristin und Mäzenin Alice Pauli dem MCBA.

Nussbaum aus Bronze: Das 15 Meter hohe Objekt vermachten Giuseppe Penone und Alice Pauli dem MCBA
Nussbaum aus Bronze: Das 15 Meter hohe Objekt von Giuseppe Penone überlies Alice Pauli dem MCBA / © Redaktion FrontRowSociety.net

Kartografie des Schenkens

Mit dieser Ausstellung drückt Bernard Fibicher seinen Dank an die Gönner des Museums aus. Laut Fibicher steht jährlich ein Etat für Neuerwerbungen zur Verfügung, doch ohne die großzügigen Schenkungen und das Wohlwollen passionierter Sammler würde das Museum heute nicht im Besitz von über 10.000, teils bedeutenden, Kunstwerken sein.

Die berühmte Skulptur von Auguste Rodin „Mann mit der Schlange“ wartete bei unserem Besuch noch auf ihren rechtmäßigen Platz / © Redaktion FrontRowSociety.net

Den Aufbau der Kartografie hat Fibicher seit einem Jahr im Kopf. Hierbei stehen die Werke nicht in historischer Beziehung zueinander, jeder Saal widmet sich einem Thema. Musik, Schmerz, Weltkarten oder Terra incognita, um nur einige der 11 Themen aufzuführen, versinnbildlichen Szenen unterschiedlicher Epochen und Perioden.

Zum Thema Karte der Zärtlichkeiten wird das Stelldichein eines jungen Paares vom Schweizer Künstler Charles Giron gezeigt / © Redaktion FrontRowSociety.net
Kontrast zur Thematik Wald, eine Ausstellung die polarisiert / © Redaktion FrontRowSociety.net

Die Szenarien wechseln von vergnüglich bis dramatisch, grenzenlos darf nach Verbindungen gesucht werden, der eigenen Intuition folgend. Es ist eine unterhaltsame Demonstration, die sich an epochalen Gegensätzen reibt und dem Trivialen wie dem Großartigen Ausdruck verleiht.

Die Flucht Karl des Kühnen von Eugène Burnand nimmt übergroße Dimensionen im Saal mit dem Thema Geschichte ein
Die Flucht Karl des Kühnen von Eugène Burnand nimmt übergroße Dimensionen im Saal mit dem Thema Geschichte ein / © Redaktion FrontRowSociety.net

Ganz klar setzt man mit Schweizer Künstlern Akzente. Félix Vallotton ist des Museums wichtigster Künstler, doch auch Arbeiten des französischen Künstlers Pierre Soulages – er feiert dieses Jahr am 24. Dezember seinen 100. Geburtstag – finden hier ihre Bühne.

Der Schweizer Félix Vallotton ist der wichtigste Künstler des Museums / © Redaktion FrontRowSociety.net
Félix Vallottons Werk „Nackte Frau streichelt den Silenus“ kann zum Thema Karte der Zärtlichkeiten betrachtet werden / © Redaktion FrontRowSociety.net
Gelenkte Längsrichtungen kennzeichnet das Polyptychon von Pierre Soulages aus seiner „schwarzen“ Periode, eine Schenkung von Alice Pauli / © Redaktion FrontRowSociety.net

Kunst als zentraler Fixpunkt

Der Neubau wurde von den Lausanner Bürgern nicht mit offenen Armen aufgenommen, eher skeptisch, ja sogar spöttisch beäugt. Doch die Plateforme 10, deren Null die Drehscheibe des ehemaligen Lokdepots symbolisch darstellt, bringt der sich betont zeitgemäß gebenden Stadt einen urbanen Kunstdistrikt.

Mit dem gelungen Spiel aus Raum und Licht erschufen die Architekten ein der Epoche genügendes Zuhause für die Schätze des MCBA.

Licht erzeugt Stimmungen. Die Oberlichter können je nach Lichtintensität geschlossen bzw. geöffnet werden / © Redaktion FrontRowSociety.net

Weitere Impressionen der Kartografie des Schenkens

Themen wie die Karte der Zärtlichkeiten werden aufgegriffen … / © Redaktion FrontRowSociety.net
… oder man widmet sich dem Thema Schmerz / © Redaktion FrontRowSociety.net
Der Mann mit der Schlange von Auguste Rodin wurde im Kabinett zum Thema Schmerz platziert / © Redaktion FrontRowSociety.net
Das Thema Fluidität vereint stille und reißende Wildbäche / © Redaktion FrontRowSociety.net
Weiterhin beeindruckt eine Fotoarbeit über den Genfersee / © Redaktion FrontRowSociety.net
Musik wird in der Kartografie des Schenkens plastisch dargestellt / © Redaktion FrontRowSociety.net
Die Kartografie des Schenkens ist eine Ausstellung die uns Denkanstöße gibt … / © Redaktion FrontRowSociety.net
… unsere Sinne fordert … / © Redaktion FrontRowSociety.net
… und Raum für eigene Interpretationen lässt / © Redaktion FrontRowSociety.net

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