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Auf dem Kronplatz, wo zwischen 1961 und 1986 die alte Bergstation der Seilbahn stand, befindet sich heute ein Museum, das die Geschichte und Entwicklung der Bergfotografie auf besondere Weise erfahrbar macht: Das LUMEN

Es widmet sich der weltweiten Geschichte fotografischer Auseinandersetzungen mit der Bergwelt – von den frühen Expeditionen des 19. Jahrhunderts bis zu zeitgenössischen Positionen, die Technik, Wahrnehmung und Natur neu befragen. Erstes Muss: Den Aufzug nutzen, denn dies symbolisiert einen Aufstieg auf den Berg, der zugleich sinnbildlich für das Hinaufsteigen in die Welt des Sehens steht.

Karg und archaisch wie die Bergwelt selbst ist die Architektur des LUMEN – Museum of Mountain Photography / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad
Erlebbare Geschichte des Alpinismus anhand historischer Fotografien / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad

Das Haus versteht sich als privates, von einer Stiftung getragenes Museum mit wissenschaftlichem und künstlerischem Anspruch. Der künstlerische Beirat, bestehend aus Kurator:innen, Fotograf:innen und Gestalter:innen, begleitet die inhaltliche Ausrichtung und entwickelt regelmäßig neue thematische Schwerpunkte. Etwa vier bis fünf Ausstellungen pro Saison zeigen historische und zeitgenössische Arbeiten aus Archiven, privaten Sammlungen und internationalen Kooperationen. Zahlreiche Drucke stammen aus den Werkstätten der Brixner Firma Durst, dem Hauptsponsor des Hauses. Das Traditionsunternehmen, seit Jahrzehnten führend in der Fototechnologie, unterstützt das Museum nicht nur finanziell, sondern auch durch experimentelle 3D-Drucke und Reproduktionen, die historische Bildbestände in neuer Form zugänglich machen.

Um ihre empfindliche Oberfläche zu schützen, werden einige historische Fotografien im Archiv aufbewahrt. Stattdessen werden ihre Reproduktionen als Drucke in der Ausstellung gezeigt / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad
Beton, Glas und Holz schaffen den Rahmen für die Ausstellung / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad

Architektur als Transformation

Das Gebäude, das in seiner Grundstruktur aus der Zeit der alten Seilbahn stammt, wurde behutsam transformiert. Die Architekten behielten die robuste Gestalt des Bestands bei und öffneten sie zugleich für Licht, Raum und Aussicht. Sichtbeton, Glas und Holz sind die bestimmenden die Materialien; sie verankern das Haus in seiner Umgebung, ohne den Blick auf die Landschaft zu verstellen. Wo einst Maschinen standen und Gondeln ankamen, entstehen heute Räume für Bilder, deren Betrachtung und den Austausch darüber.

Zwischen all den Exponaten lassen die bodentiefen Fenster die Räumlichkeiten mit der Natur verschmelzen / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad
Wer fotografierte mit welchen Mittel unter welchen Bedingungen – eine spannende Retrospektive / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad

Die Verbindung von Techniken und Kunst zieht sich als roter Faden durch das Museum. Die Firma Durst ist hier mehr als Patron – sie steht exemplarisch für die Entwicklung der fotografischen Reproduktion. Von den analogen Vergrößerungsgeräten der Mitte des 20. Jahrhunderts bis zu hochauflösenden Digitaldrucken und 3D-Oberflächen reicht die Spannweite jener Technologie, die den Wandel des fotografischen Bildes überhaupt erst ermöglicht hat. In diesem Sinne bietet das LUMEN einen Raum, an dem Fotografie als Prozess verstanden wird – zwischen Handwerk, Wissenschaft und künstlerischem Experiment.

Kunst und Technik – das LUMEN ist ein interaktiven Museum … / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad
… das zum Entdecken und Staunen einlädt / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad

AlpiNN – Food Space & Restaurant

Zum architektonischen Ensemble des Hauses gehört auch das Restaurant AlpiNN – Food Space & Restaurant, das von 3 Sternekoch Norbert Niederkofler, Paolo Ferretti und Martino Gamper konzipiert wurde. Es verbindet mit der „Cook The Mountain-Philosophie“ von Niederkofler regionale Kochkunst mit dem Gedanken nachhaltiger Kulinarik und ist zugleich Teil des Ausstellungserlebnisses. Das Restaurant öffnet sich über Panoramafenster zur Berglandschaft hin und bildet zudem eine atmosphärische Erweiterung des Museums – als Refugium, an dem sich das Thema Regionalität und Wahrnehmung auf kulinarische Weise fortsetzt.

Markant ragt der Bau aus Beton, Glas und Stahl des AlpiNN – Food Space & Restaurant über die Landschaft / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad
Grenzenlosigkeit – wenn die Kulisse des Draußen den Herzschlag des Drinnen bestimmt / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad

Ausstellungserlebnis LUMEN

Die vier Ebenen des Museums bieten eine Abfolge von Räumen, die das Thema Fotografie sinnlich und intellektuell zugleich erfahrbar machen. Das Ausstellungskonzept umfasst sowohl klassische Präsentationen von Drucken als auch interaktive Formate wie digitale Bildarchive oder installative Medienräume. Über eine VR-Brille wird ein Flug über die Dolomiten simuliert, der sicherlich umweltfreundlichste Hubschrauberflug über die Bergwelt.

Das LUMEN ist mit allen Sinnen erlebbar … / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad
… beeindruckend sind die Videoinstallationen / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad
Ein besonders eindrucksvoller Raum ist der sogenannte Spiegelsaal. Seine reflektierenden Wände vervielfachen die Fotografien und Videoinstallationen zu einem mehrdimensionalen Gesamterlebnis. Hier verschwimmen Wahrnehmung und Motiv, sodass der Akt des Sehens Teil der Ausstellung wird. Der nächste Höhepunkt wartet im ehemaligen Gondelraum. Wo einst Technik und Bewegung dominierten, herrscht heute Stille. Berg und Maschine, Natur und Mensch stehen in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen. Diese Dialektik prägt das Selbstverständnis des Hauses: Das LUMEN erzählt nicht nur von den Bergen, sondern auch vom Blick auf sie – einem Blick, der sich im Laufe der Zeit technisch verfeinert, aber nie vollständig objektiviert hat.
 
Doch erst der sogenannte Spiegelsaal lässt die Dimensionen von Videografie und Wirklichkeit verschwimmen … / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad Screenshot
… und zeigt atemberaubend Bilder als künstlerische Performance / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad Screenshot
Den architektonischen Höhepunkt bildet der große, bewegliche Verschluss, der „Shutter“, der sich nach außen öffnet und den Blick auf das Panorama freigibt. Diese Geste ist mehr als Symbolik: Sie übersetzt den fotografischen Moment in ein Bild der Gegenwart. Sehen wird hier zu einem bewussten Akt, zu einem Übergang zwischen Innen und Außen, Bild und Realität.
 
Der Shutter – hier kamen einst die Bergbahnen an und nun wird an der überdimensionalen Blende die Geschichte der Bergfotografie viodeografisch dargestellt, … / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad
… am Ende, nach dem im Video die historischen Bergbahnen angekommen sind, öffnet sich die Blende und es zeigt sich das Bergpanorama, jenen Blick, den die Gäste damals hatten / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad

Themenausstellungen und Events

Neben wechselnden Themenausstellungen zeigt das Museum auch Arbeiten von Künstlerinnen und Künstlern aus der Region. Zur Zeit führen druckgrafische Arbeiten von Peter Senoner den Dialog zwischen Fotografie und Malerei fort. Das Zusammenspiel aus reproduzierter Fotografie und handwerklichem Druck verweist auf die gemeinsame Wurzel beider Medien – das Spiel von Licht, Material und Oberfläche.

Im Erdgeschoss des LUMEN sind die wechselnden Ausstellungen etabliert, … / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad
… zur Zeit werden Arbeiten des Südtiroler Künstlers Peter Senoner gezeigt / © FrontRowSociety.net; Foto: Annett Conrad

Das LUMEN versteht sich allerdings nicht als abgeschlossene Sammlung, sondern als offenes System. Neben dem regulären Museumsbetrieb ist das Haus auch für Veranstaltungen zugänglich und kann exklusiv gemietet werden. Damit wird der Gedanke der Begegnung, der das Museum prägt, über den Ausstellungsraum hinausgetragen.

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