Die Landstriche Langhe-Roero und Monferrato sind Landschaften in der norditalienischen Region Piemonte, die von der UNESCO für ihre kulturelle Bedeutung als Welterbe geadelt wurden. Auf einzigartige Weise verbinden sie Geschichte, Natur und Kulinarik – ideal für eine genussvolle Auszeit voller Erlebnisse.
Etwa eine Autostunde östlich von Turin liegen die Landstriche Langhe-Roero und Monferrato. Hier verschmelzen Natur und Kultur in außergewöhnlicher Harmonie. Entdecker treffen auf Orte und Menschen mit spannender Geschichte. Und hinter jedem Hügel warten kulinarische Genüsse und großartiger Wein.

Im 10. Jahrhundert wurde das Kastell von Monticello nach verheerenden Angriffen als trutzige Festung zur Verteidigung der damaligen Landesgrenze erbaut. Seit 1376 ist das Bauwerk mit den wuchtigen Türmen im Besitz derselben Familie. „Meine Vorfahren haben das Lehen von den Bischöfen von Asti erlangt, denen sie bei einem entscheidenden Konflikt mit ihrem Heer beigestanden hatten“, berichtet der heutige Besitzer, ein untersetzter Mann um die 60, der uns in Gummistiefeln und Parka vorausstiefelt. Der Landschaftspark und viele Räume des Schlosses können besichtigt werden. Während draußen die Sonne einen der ersten milden Frühlingstage beschert, folgt unsere kleine Gruppe dem Schlossherrn fröstelnd durchs Gemäuer – durch Gänge mit Rüstungen, durch Salons mit Spiegelwänden, durch Küche und Gästegemach.
Logenplätze für die Kinder
Im Wappensaal prangen die Wappen der Ehefrauen an der Decke, die in die Roero-Linie eingeheiratet haben. In nicht allzu ferner Zukunft könnte das Wappen eines Schwiegersohn auf den weißen Grund gepinselt werden. Denn das heutige Grafenpaar hat drei Töchter – und dass adelig geheiratet wird, so deutet die Contessa an, ist eine Tradition, die noch immer hochgehalten wird. Der Raum, an dem der Graf den größten Spaß zu haben scheint, ist nur wenige Quadratmeter groß. Aus einem Abstellraum hat er ein Theater mit zweigeschossiger Logenwand gebaut. „Als unsere Töchter klein waren, haben wir hier Puppentheater für sie gespielt“, erzählt er. Eine kleine Gesellschaft von 20 Kindern könnte in den goldfarbenen Logen auf roten Samtsitzen Platz nehmen. „Damit habe ich wohl das kleinste Theater im ganzen Land“, sagt der Conte und lacht.
Entdeckungen voller Genuss
Eine Reise durch die Landschaften Langhe, Monterrato, Roero, östlich von Turin, zwischen Poebene und Ligurischen Alpen gelegen, ist eine Entdeckertour par excellence. Hinter jedem Hügel warten Orte mit großer Geschichte und kleine Geschichten. Und immer wartet kulinarischer Genuss. Seit 2014 dürfen sich die Langhe, Roero und Monferrato als „Weinlandschaften des Piemont“ mit dem Weltkulturerbe-Prädikat schmücken. Die Anerkennung hebt die außergewöhnliche Schönheit und kulturelle Bedeutung dieser Gegend hervor. Das Zusammenspiel von natürlichen Gegebenheiten und menschlichem Wirken hat zu staunenswerten Resultaten geführt, die sich in Architektur, Handwerkskunst, Kulinarik und in der Weinbautradition zeigen. Auf mehr als 43.000 Hektar erstrecken sich in Langhe Monferrato Roero einige der renommiertesten Weinbaugebiete der Welt. Hier sind der kraftvolle Barolo und der elegante Barbera zu Hause, der feine weiße Arneis und viele weitere Tropfen, die Genießergaumen erfreuen.

Unterirdische Kathedralen für den Wein
Auf einem der Monferrato-Hügel thront Castello di Uviglie. Simonetta Bonzano, aktuelle Besitzerin des Kastells, führt ihre Gäste in den Showroom, wo die flüssigen Produkte des Weinguts perfekt in Szene gesetzt werden. Beispielsweise „Le Cave“, ein Rotwein aus Barbera-Trauben, die von den ältesten Rebstöcken des Weinguts gewonnen werden. Oder „Meridiana“, ein charaktervoller Rosé aus Pinot Nero und Barbera. Ebenso „1491“. Unter diesem Namen firmiert ein Rotwein aus den seltenen Albarossa-Reben, einer Kreuzung aus Barbera und Nebbiolo. Die Ziffern auf dem Etikett würdigen das Jahr, in dem der erste Weinberg von Castello di Uviglie angelegt wurde.

Mit dem Kauf des Schlosses, das in der Vergangenheit so berühmten Familien wie den Cacherano di Bricherasio, den Gründern des Autokonzerns FIAT, gehörte, hat sich die Holzindustriellen-Familie Bonzano einen Traum erfüllt. Neben Wein und Weinverkostungen bietet sie Kochkurse mit anschließendem Gourmet-Menü an. Bevor es an diesem Abend in die Küche und zu Tisch geht, steht ein Besuch der „unterirdischen Kathedrale“ an. Der Ort, zu dem die Gäste mit Golfplatz-Mobilen chauffiert, wird seinem Namen durchaus gerecht. Auf Knopfdruck öffnet sich das Gittertor. Dann schauen die Augen in einen mindesten zehn Meter hohen Gewölbegang, dessen Ende sich nicht erahnen lässt. Jahrhunderte lang haben sich die Menschen in dieser Gegend an der Gestein-Sohle unter ihren Füßen bedient. Aus dem Ton-Kalkstein-Sand-Gemisch haben sie Häuser, Palazzi und Kirchen gebaut. So sind gigantische Hohlräume entstanden. Der stillgelegte Steinbruch sei ein Glücksfall für das Weingut, schwärmt Bonzano. „Ein gigantischer Keller, der weder beheizt noch gekühlt werden muss.“ Ganzjährig herrscht hier eine Temperatur von 14 Grad. „Für das Reifen der Weine ideal.“

Artischockentörtchen, Tagliatelle, Trüffel & Mousse
In der Show-Küche von Castello di Uviglie hat Köchin Gea Mussi bereits alles vorbereitet – Schürzen für alle, auf der Arbeitsfläche ein Mehlhäufchen und ein rohes Ei pro Person. Die Tagliatelle gelingen mit ein paar helfenden Handgriffen durchaus passabel. Nach Artischockentörtchen mit Fondata, geschmolzenem Käse, und Haselnusskrokant gefolgt von einem knusprigem Eigelb auf Kartoffelcreme kommt unsere Pasta „all’uovo al burro e tartuffo“ – mit Butter und schwarzen Trüffeln – auf den fein gedeckten Tisch. Mit Zabaione-Mousse und Vino Passito zum Dessert geht ein erlebnisreicher Tag zu Ende.

Auf nach Asti und Alba
Morgen aber wird unsere Tour durch die UNESCO-Landschaften weitergehen. Sie wird nach Asti führen, wo Türme und Palazzi, Torbögen und Laubengänge von einer großen Vergangenheit als Handels- und Geldverleiher-Metropole des Mittelalters künden. Auch ein Abstecher nach Alba ist ein Muss. Die Stadt gehört zu den reichsten Gemeinden Italiens. Die Straßen des gepflegten Centro Storico sind ein tolles Shopping-Pflaster – egal, ob es um Kulinarisches, um Schuhe oder Textilien geht. Feinschmeckern ist Alba als „Hauptstadt des Weißen Trüffels“ bekannt. Im Herbst lockt die fiera internazionale del tartufo bianco d’Alba Gourmets aus aller Welt. Zu jeder Saison können Interessierte in Albas neuem Trüffelmuseum in die Welt eines der teuersten Lebensmittel der Welt eintauchen, und mit Hochgenuss speisen lässt es sich in der Stadt, die wegen ihrer gastronomischen Verdienste zu den „Creative cities“ der UNESCO zählt, ohnehin an 365 Tagen im Jahr.























































