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Elektroautos haben zweifellos viele Vorteile, von geringeren Emissionen bis hin zur Reduzierung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Dennoch stehen Besitzer von Elektrofahrzeugen oft vor Herausforderungen, insbesondere auf langen Reisen oder im Urlaub.

Das Laden unterwegs – und insbesondere im Ausland – kann eine komplexe Angelegenheit sein, die (noch) eine sorgfältige Planung erfordert. Aber nicht nur das elektrische Auftanken im Ausland hat seine Tücken, auch in Deutschland. Unsere Redaktion hat es am eigenen Leibe erfahren.

In weniger als 30 Minuten von 10 % auf 80 % aufladen!
In weniger als 30 Minuten von 10 % auf 80 % aufladen! Elektroautofahren könnte so angenehm sein / © Redaktion FrontRowSociety.net

An einem Tag: 12 Ladesäulen, keine Aufladung möglich

Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) ist für die übergeordnete Strategie und Förderung der Elektromobilität verantwortlich. Es erstellt Masterpläne und Förderprogramme für den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Soweit so gut.

Die Bundesländer sind für die umsetzende Politik im Bereich der Elektromobilität verantwortlich. Sie setzen die Vorgaben des Bundes um und entwickeln eigene Förderprogramme. Sie fördern zum Beispiel den Ausbau von Ladestationen an Autobahnen, in Städten und Gemeinden sowie an Unternehmen. Soweit so gut.

Die Kommunen spielen eine wichtige Rolle bei der Standortplanung und Genehmigung von Ladestationen. Sie können eigene Förderprogramme auflegen und öffentliche Parkflächen mit Ladestationen ausstatten. Soweit, so gut… aber…

… die Kommunen arbeiten mit Energieversorgungsunternehmen und privaten Unternehmen zusammen, um diesen Ausbau der Ladeinfrastruktur voranzutreiben… und ab hier ist nichts mehr gut. Jeder Betreiber koch hier sein eigenes Süppchen, mit eigenen Lade- und Bezahl-Apps & Co. – die mehr oder weniger, meistens weniger, gut funktionieren.

Wer regelmäßig die Option nutzt, seinen Hybrid aufzuladen, der wird insgesamt mit einem geringen Verbrauch belohnt, insbesondere bei Stadt- und Überlandfahrten
Wer regelmäßig die Option nutzt, seinen Hybrid aufzuladen, der wird insgesamt mit einem geringen Verbrauch belohnt, insbesondere bei Stadt- und Überlandfahrten … / © Redaktion FrontRowSociety.net

Es mag mehrere Gründe geben, warum jeder Ladesäulenbetreiber glaubt, sein eigenes Abrechnungssystem und seine eigene App in Umlauf zu bringen, … aber für den Kunden ist es keineswegs von Vorteil.

Eine Aussage lautet: Das Betreiber die Daten ihrer Kunden schützen wollen und sich daher scheuen, diese mit anderen Unternehmen zu teilen, … hm, wohl eher eher ein vorgeschobener Grund.

Es stehen eher kommerzielle Gründe im Fokus. Betreiber können durch eine eigene App ihre Marke stärken und Kundenbindung aufbauen. Die Apps können zusätzliche Dienste anbieten, wie z. B. die Suche nach Ladestationen, die Reservierung von Ladepunkten oder die Bezahlung von Parkgebühren. Und wir können sicher sein, dass Betreiber die durch die App gesammelten Kundendaten nutzen, um ihre Angebote zu verbessern und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, also noch mehr Geld mit den Kundendaten verdienen.

Grundsätzlich sollte sowas wie
Grundsätzlich sollte sowas wie „E-Laden“ doch in hochindustrialisierten europäischen Ländern einfach möglich sein, genormt und konform. Sicherlich gab es bei der EU wieder Wichtigeres, wie die Gurken- und Bananenverordnung 😉 / © Redaktion FrontRowSociety.net

Problemen beim Bezahlen – ein Graus der E-Fahren in Freude hält

Die Fragmentierung der Abrechnungssysteme und Apps führt zu einer unübersichtlichen Situation für E-Fahrer, die verschiedene Ladepunkte nutzen möchten. E-Autofahrer müssen sich bei diversen Anbietern registrieren und verschiedene Apps herunterladen, was die Nutzung erschwert. Eigentlich ein Hohn! Somit ist auch die Transparenz nicht gegeben, so dass es für Nutzer oft schwierig ist, Preise und Konditionen der verschiedenen Anbieter zu vergleichen und am Ende des Monats von X Anbietern Rechnungen zugestellt bekommt.

Trend zu Interoperabilität

Es gibt bereits auch einen Trend zu mehr Interoperabilität zwischen den verschiedenen Abrechnungssystemen. Anbieter kooperieren miteinander und bieten gemeinsame Apps und Ladekarten an. Es werden technische Standards entwickelt, die die Kommunikation zwischen verschiedenen Ladesäulen und Abrechnungssystemen ermöglichen sollen. Schade, dass wir schon im Jahre 2024 sind und sowas nicht ab Start der E-Mobilität möglich war. Aber das ist ja alles für uns Neuland.

IONITY - Ladekarte ans Lesegerät halten und schon fließt der Strom in Hochgeschwindigkei
IONITY – Ladekarte ans Lesegerät halten und schon fließt der Strom in Hochgeschwindigkeit – und das international / © Redaktion FrontRowSociety.net

Tipp – nie ohne Ladekarte unterwegs sein

Wer davon träumt, an den Ladesäulen direkt per Kreditkarte, Geldkarte, Paypal & Co. zu zahlen, hat schnell ausgeträumt. Denn nur ein minimaler Teil der Ladesäulen bietet diese Option an. Aktuell kann man gerade mal an knapp 2% aller vorhanden Ladesäulen in der BRD mit einer Kreditkarte direkt zahlen.

Für E-Autofahrer, die kein eigenes Fahrzeug besitzen und nur ab und zu mit einem E-Mobil unterwegs sind, wird die Suche nach eine Ladestation mit Direktbezahlfunktion per Kreditkarte, Geldkarte, Paypal zur Horrorfahrt. Ohne internationale Ladekarte ist man aufgeworfen.

Internationale Ladekarte

Eine internationale Ladekarte schafft Zugang zu einem breiten Netzwerk von Ladestationen. Eine Karte für alle Ladevorgänge. Als Fahrer eines E-Autos muss man nicht mehr mit mehrere Karten / Apps hantieren und die Konten von verschiedenen Anbietern verwalten, alle Ladevorgänge können mit einer Karte abgerechnet werden. Das erhöht die Transparenz und Kontrolle. Mit einer internationalen Ladekarte hat man jederzeit die Kontrolle über die eigenen Ladekosten.

Viele Anbieter von internationalen Ladekarten bieten ihren Kunden Rabatte und Sonderangebote an. So können Kunden beim Laden Geld sparen. Einige internationale Ladekartenprivider bieten zusätzliche Mobilitäts-Services an, wie z. B. die Navigation zu Ladestationen oder die Pannenhilfe.

Über die App können alle relevanten Daten während des Ladevorgangs abgerufen werden. Auch findet man über die App immer die nächste kostengünstige IONITY Schnellladesäule in seiner Nähe
Über die App können alle relevanten Daten während des Ladevorgangs abgerufen werden. Auch findet man über die App immer die nächste kostengünstige IONITY Schnellladesäule in seiner Nähe / © Redaktion FrontRowSociety.net

Welches sind die vordergründigsten Ängste, die Menschen davon abhalten, ein Elektroauto zu kaufen:

Reichweitenangst

Eine der größten Sorgen von Elektroautobesitzern ist die Reichweite. Insbesondere auf längeren Strecken oder während der Fahrt ins Ausland kann die Angst, mit leerem Akku liegenzubleiben, überwältigend sein. Vor allem dann, wenn – wie oben im Artikel beschrieben – die ersten Ladeversuche erfolglos blieben.

Die mögliche Lösung

Um Reichweitenangst zu minimieren, ist eine sorgfältige Routenplanung unerlässlich. Die Verwendung von Online-Tools und Apps, die Ladestationen entlang der Route anzeigen und die verbleibende Reichweite berechnen, kann helfen, potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen. Aber auch hier ist keine Garantie gegeben, dass die sorgfältige Planung vor einem unfreiwilligen Stopp schützt, da wären nur die defekten Ladesäulen zu erwähnen oder die unterschiedlichen Abrechnungssysteme.

Noch immer sind nicht alle Säulen bzw. deren Abrechnungs- / und Bezahlsysteme kompatibel europaweit
Noch immer sind nicht alle Säulen bzw. deren Abrechnungs- / und Bezahlsysteme kompatibel europaweit / © Redaktion FrontRowSociety.net

Verfügbarkeit von Ladestationen

Nicht alle Regionen verfügen über eine ausreichende Anzahl von Ladestationen, insbesondere in ländlichen Gebieten oder bei der Fahrt ins Ausland, wo das Netzwerk möglicherweise weniger dicht ist.

Die mögliche Lösung

Bevor die Reise angetreten wird, ist es, wie oben schon beschrieben, ratsam, die Verfügbarkeit von Ladestationen entlang der Route zu überprüfen und gegebenenfalls alternative Routen zu planen, die mit ausreichenden Ladestationen ausgestattet sind. Aber auch das ist nur eine Notlösung, wenn man seine Tour nach den verfügbaren Ladestationen ausrichten muss, denn so vergeht unnötige Zeit, die man im Urlaub anders verbringen kann.

Unterschiedliche Steckertypen und Ladeinfrastruktur

Die Vielfalt der Steckertypen und Ladeinfrastrukturen kann zu Verwirrung und Unannehmlichkeiten führen, insbesondere beim Reisen ins Ausland, wo verschiedene Länder unterschiedliche Standards haben.

Die mögliche Lösung

Es ist ratsam, sich im Voraus über die Steckertypen und Ladeinfrastruktur des Ziellandes zu informieren und gegebenenfalls Adapter oder spezifische Ladekarten zu besorgen. Einige Autohersteller bieten auch internationale Ladekarten an, die den Zugang zu einem breiteren Netzwerk von Ladestationen ermöglichen. Ohne diese ist man in der Regel aufgeschmissen. Denn wie schon aufgeführt, verfügen nicht mal 2% der aktuellen Ladesäulen über die Option mit der Kreditkarte direkt zu zahlen.

Die JUICE BOOSTER 3 air ist - selbstredend - mit diversen Connectoren weltweit einsetzbar
Die JUICE BOOSTER 3 air ist – selbstredend – mit diversen Connectoren weltweit einsetzbar – denn noch immer gibt es international ein Durcheinander an Steckertypen / © Redaktion FrontRowSociety.net

Wartezeiten an überfüllten Ladestationen

Besonders während der Ferienzeiten oder an stark frequentierten Reiserouten können Ladestationen überfüllt sein, was zu längeren Wartezeiten führt. Das ist mehr als unangenehm, vor allem dann, wenn teils die Fahrzeuge schon voll getankt sind und die Besitzer sich auf Wanderung befinden. 

Die mögliche Lösung

Eine gute Planung kann dazu beitragen, Stoßzeiten zu vermeiden, indem die Ladestationen außerhalb der Hauptverkehrszeiten genutzt werden. Darüber kann man durch die Verwendung von Apps und Online-Plattformen Echtzeitinformationen über die Verfügbarkeit von Ladestationen erhalten und gegebenenfalls alternative Stationen ansteuern. Aber auch hier vergeht Zeit, die man anderweitig – insbesondere im Urlaub – anders verbringen möchte.

Undurchsichtige Preisgestaltung

Die Preise für das Laden an öffentlichen Ladestationen können stark variieren und sind oft nicht transparent. Darüber hinaus kann es zu Problemen beim Bezahlen mit Ladekarten oder Apps kommen.

Die mögliche Lösung

Leider keine, da die Preise an den Ladesäulen sehr unterschiedlich sind und die Betreiber der „durch Steuergeld geförderten“ Ladesäulen kein Interesse haben, transparent zu sein. So bleibt einem nichts anderes übrig, als sich vom Preis an den angefahrenen Ladesäulen überraschen zu lassen.

Die Ladegeschwindigkeit:

Unterschiedliche Ladegeschwindigkeiten können den Aufenthalt an der Ladesäule stark beeinflussen. Denn die Ladegeschwindigkeit kann je nach Ladesäule und Fahrzeugtyp stark variieren. Hinzukommt auch noch, wie viele Fahrzeuge teilen sich die einzelne Ladesäule.

Die mögliche Lösung

Vor oder während der Fahrt nur die Ladesäulen auswählen, die eine hohe Ladegeschwindigkeit versprechen, also nur die sogenannten HyperCharger anfahren.

Das Laden bei Audi ist ein Kinderspiel… Stecker rein, Audi Charging Card vor den Leser halten und schon fliesst der Ladestrom
300 kw oder mehr sollte das Minimum sein, aber weit gefehlt, es sind auch noch unzählige 11 kw Ladestationen zu finden… / © Redaktion FrontRowSociety.net

Fehlende Annehmlichkeiten

Der Großteil aller Ladesäulen ist aktuell nicht an der Tankstelle oder einem Rastplatz zu finden. Somit ist der Mangel an Toiletten und Einkaufsmöglichkeiten vorprogrammiert. Hinzukommen, dass eine schlechte Beleuchtung vor Ort in der Dunkelheit für Unwohlsein sorgt. Auch wenn man beim Ladenvorgang im Auto sitzend wartet, kann man im Fall des Falles nicht einfach den Gefahrenort verlassen, schlimmer noch, man muss das Fahrzeug erst verlassen, um den Ladestecker zu entfernen.

Die mögliche Lösung

Leider kann man unter diesen Umständen keine wirkliche Lösung anbieten. Eine Vorausplanung kann helfen, nur an Stationen zu laden, die sich im öffentlichen Umfeld, wie einer Rastanlage oder eine Tankstelle befinden. 

Unsitte: Parkende Verbrenner an der E-Ladestation

Es drohen zwar Bußgeld und Abschleppgefahr, aber das scheint viele Fahrer von Verbrennern nicht zu interessieren, vor allem nicht im Ausland.

Seit November 2021 gilt in Deutschland ein einheitliches Bußgeld von 55 Euro für das Falschparken an E-Ladestationen mit Kraftfahrzeugen, die keine Elektrofahrzeuge sind. Dies gilt sowohl für Parkplätze, die ausdrücklich als E-Parkplätze gekennzeichnet sind, als auch für Parkflächen an öffentlichen Ladesäulen. Zusätzlich zum Bußgeld kann das Auto abgeschleppt werden, wenn es den Ladevorgang eines E-Autos behindert. Letzteres Mittel wird aber kaum angewandt.

E-Autos haben - aktuell - noch weitere Vorteile. Da wo Verbrenner Parkgebühren entrichten müssen, parken Elektroautos kostenfrei
E-Autos haben – aktuell – noch weitere Vorteile. Da wo Verbrenner Parkgebühren entrichten müssen, parken Elektroautos kostenfrei, wenn dann nicht gerade sich unerlaubt ein Verbrenner platziert hat / © Redaktion FrontRowSociety.net

Hier noch einmal die Regelungen:

Ist ein Parkplatz mit dem Schild „Elektrofahrzeuge“ (Zeichen 365) gekennzeichnet, dürfen dort nur Elektroautos parken. Auch wenn keine Markierung am Boden vorhanden ist, gilt das Schild. Zu beachten sind auch die maximale Parkdauer an der Ladestation. Sie ist oft durch Zusatzschilder gekennzeichnet.

Unser Fazit zu 

Das Laden von Elektroautos auf Reisen, insbesondere im Urlaub und im Ausland, kann durchaus herausfordernd sein. Eine sorgfältige Planung, die Nutzung von Online-Tools und Apps sowie die Bereitschaft, sich an unterschiedliche Steckertypen und Ladeinfrastrukturen anzupassen, sind entscheidend, um diese Herausforderungen erfolgreich zu meistern. Mit der wachsenden Verfügbarkeit von Ladestationen und der Weiterentwicklung der Ladeinfrastruktur wird das Reisen mit Elektroautos jedoch zunehmend praktikabler und komfortabler. Das hoffen wir zumindest, denn bisher scheint alles noch ein Märchen zu sein.

Hier geht es zu unserer Story: Horror-Szenario: Angefahrene Ladesäulen defekt – Elektroautofahrer gestrandet!