Das subarktische Städtchen Churchill gilt als Hauptstadt der Polarbären. Das liegt daran, dass die Hudson Bay an dieser Stelle als erstes zufriert und dieses Eis zwingend benötigt wird, um auf Beutezug zu gehen. Zwischen Oktober und Dezember strömen jedes Jahr Hunderte der majestätischen Raubtiere aus den umliegenden Gebieten in die Region und warten geduldig auf den Wetterumschwung. Ist das Eis fest genug, um die bis zu 1.000 Kilogramm schweren Tiere zu tragen, verschwinden sie bis so lange auf den Schollen, bis das Treibeis gegen Ende der Sommermonate schmilzt und sie wieder an Land kommen müssen.
Ab diesem Zeitpunkt gehen die Bären bis zum nächsten Wintereinbruch auf Diät und tauchen unter, um Energie zu sparen. Das Zeitfenster, in dem man die XXL-Polarbären sehen kann, ist also relativ klein. Dennoch sind sie in der ein oder anderen Form das ganze Jahr über in ihrem Lieblingsdorf präsent.
Sea Walls Murals
Zu sehen sind sie unter anderem auf einem Kunstprojekt namens Sea Walls, das von der Kanadierin Kal Barteski und PangeaSeed Foundation ins Leben gerufen wurde. Insgesamt 18 Wandmalereien wurden von einem internationalen Team geschaffen. Sie erzählen von den Folgen des Klimawandels, regen zum Schutz der Ozeane an und beschäftigen sich mit der Historie der Kleinstadt. Zu finden sind sie entlang der der Hudson Bay, zwischen dem Port of Churchill und dem Northern Studies Center.
Itsanitaq Museum
Während in Kanada rund 5 Prozent der Menschen indigenen Völkern angehören, sind es in der Region um Churchill ganze 65 Prozent. Das kleine Museum im Stadtkern befasst sich in erster Linie mit Artefakten der Inuit. Bei der Eröffnung im Jahre 1944 hieß es noch Eskimo-Museum, später wurde es dann in Itsanitaq-Museum umbenannt.
Beim Eintreten fällt sofort der Polarbär ins Auge. Weil die Haut der imposanten Tiere im Vergleich zu Rentieren sehr schwer ist, wurde sie genutzt, um Sohlen zu produzieren und Fäustlinge zu verstärken. Für Halsschmuck wurden die Zähne genutzt. Trug eine Inuit-Frau ein solches Amulett zwischen den beiden Lagen ihrer Kleidung, würde das ihren Sohn beschützen. Die Krallen hatten hingegen einen Einfluss auf ein langes Leben und eine gute Verdauung.
Polar Bears International
Das Polar Bears International ist eine gemeinnützige Organisation, die sich auf den Schutz und das Überleben der Eisbären und ihres Lebensraums in der Arktis spezialisiert hat. Bei einem Vortrag von leidenschaftlichen Forschern erfährt man, dass Meereis die Grundlage der gesamten arktischen Nahrungskette bildet. Wenn es gefriert, entstehen darin Algen, die von Krebsen gefuttert werden, was besonders den arktischen Kabeljau erfreut. Der wird wiederum gerne von Robben verspeist, der Hauptmahlzeit von Eisbären. Je kürzer die Hudson Bay zugefroren ist, desto weniger Zeit haben die Jäger, sich ihre lebenswichtigen Fettreserven anzueignen. Während sie in den 80er Jahren im Schnitt 107 Tage auf Nahrung verzichten mussten, waren es zwischen 2005 und 20015 bereits 130 Tage. Nach 180 Tagen an Land wird es kritisch.
Polar Bear Holding Facility
Die Umgebung in und um Churchill ist in drei Zonen aufgeteilt. Weit außerhalb der Stadt dürfen sich die Eisbären frei bewegen. In Zone 2 stehen sie unter strenger Beobachtung. Kommt jedoch eins der Tierchen auf die Idee, durch die bewohnten Straßen zu schlendern, kommen die „Bear Bangers“ zum Einsatz. Das ist ein Knallkörper, der den Eindringling erschrecken und zum Weglaufen veranlassen soll. Handelt es um ein besonders stures Exemplar, das immer wieder zurückkommt, wird es – ohne über Los zu gehen – ins Kittchen verfrachtet. Dafür werden zylindrische Bärenfallen mit Robbenfleisch aufgestellt. Tappt der hungrige Streuner in die Falle, wird er im Anschluss ins Eisbärengefängnis transportiert, wo er bis zu 30 Tage bei Wasser und Stroh ausharren muss. Früher ähnelte die Polar Bear Holding Facility eher einem 5-Sterne-Hotel, in dem es ein schmackhaftes Buffet für die Inhaftierten gab. Doch die Ranger haben schnell erkannt, dass der Lerneffekt dabei nicht sehr groß war und die Zahl der Wiederholungstäter eher stieg, als den gewünschten Effekt zu erzielen.
Augen auf beim Stadtrundlauf
Churchill hat weniger als 1000 Einwohner und ein Straßennetz, dass sich lediglich über 30 Kilometer erstreckt. Dennoch ist es keine gute Idee, sich die Gegend zu Fuß anzusehen, wie die zahlreichen Schilder unterstreichen. Neben Eisbären gibt es nämlich auch Grizzly- und Schwarzbären in der Gegend. Wagemutige sollten sich den folgenden Spruch hinter die Ohren schreiben: If it’s brown lay down, if it’s black fight back, if it’s white goodnight.
Problematisch könnte diese Strategie allerdings bei Hybriden werden. Denn Churchill bringt auch solche hervor. Hier gibt es Pizzly-Bären, die das Resultat einer Liebschaft aus einem männlichen Eisbären und einer Grizzly-Dame sind. Die Nachkommen eines männlichen Grizzlybären und einer weiblichen Eisbärin werden hingegen als Grolar-Bären bezeichnet, was die Sache auch nicht besser macht. Pro-Tipp: Immer schön im Auto bleiben. Denn auch außerhalb der Saison kann es passieren, dass man einen weißen Stein sieht, der plötzlich zum Leben erwacht.
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