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Feine Kulinarik mit einer alkoholfreien Begleitung

Am Paul-Lincke-Ufer 44a in Berlin-Kreuzberg sind schon seit 1918 Restaurants beheimatet. Hier soll ausgiebig geschlemmt, gelacht, philosophiert und getrunken worden sein. Als Hotspot für Künstler und Kulturschaffende war die Adresse beliebt bei Joseph Beuys, Andy Warhol, Rainer Werner Fassbinder und Otto Sander. Joseph Beuys hätte ich gerne dazu befragt, denn ihn konnte ich – als junger Mann – 4 Jahre vor seinem Tot persönlich kennen und schätzen lernen. Joseph Beuys war seinerzeit der Stadt Kassel sehr zugetan. Bei der Documenta 1982 in Kassel pflanzte er persönlich die erste von 7000 Eichen gemeinsam mit meinem Patenonkel.

Seit 1918 gehen am Paul-Lincke Ufer 44a die Gourmets schon aus und ein / © Restaurant Horváth

In Anlehnung an den österreichischen Dichter Ödön von Horváth trägt das Restaurant seit 2005 den Namen Horváth. 2010 startete Sebastian Frank als Küchenchef und schon ein Jahr später erkochte Chef de Cuisine Sebastian Frank den ersten Michelin-Stern für das Gourmet-Restaurant.

Mit jetzt 2 Michelin Sternen geehrt, gehört das Restaurant Horváth wohl zu den besten Restaurantadressen in Berlin.

Direkt rechts neben dem Eingang ist der Bartresen zu finden. Dieser ist aber nicht im Einsatz / © Restaurant Horváth

Die hotel- und gastronomieerfahrene Horváth-Geschäftsführerin Jeannine Kessler, welche unter anderem im bekannten Luxushotel Adlon in Berlin ihre Wirkungsstätte hatte, ist seit 2014 – gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Sebastian Frank – Inhaber des Gourmet-Restaurants Horváth.

Von Jeannine Kessler kam auch die Anregung, dass ich mich von einer alkoholfreien Getränkebegleitung überraschen lassen sollte. Für diesen Vorschlag bin ich sehr dankbar.

Aus hausgemachten Gemüsesäften, Teeauszügen und hochwertigen Ölen sowie Reduktionen wurden schmackhafte und auf das jeweilige Menü abgestimmte Kreationen serviert. Und eines vorweg. Die Schöpfungen harmonierten ausnahmslos zum jeweiligen Gang und waren in Kombination ein kulinarischer Hochgenuss. Ich war begeistert.

Etwas ganz Besonderes. Die nicht alkoholische Begleitung harmonierend zum jeweilen Menü / © Restaurant Horváth
Etwas ganz Besonderes. Die nicht alkoholische Begleitung harmonierend zum jeweilen Menü / © Restaurant Horváth

Ungewöhnlich für ein Sterne-Restaurant war mein erster Eindruck beim Betreten des im neu-bürgerlichen Kreuzberger Kiez liegenden Gourmet-Restaurants. Ein gemütlicher, edler  holzvertäfelter Raum mit schöner Stuckzierde und Ornamenten an der Decke, aber keine Tischdecke auf den Tischen. Ich sollte mich aber nicht täuschen lassen und durfte feststellen, dass sich alles nahtlos in das gelebte Konzept des Hauses einreiht. Individualität mit besonderem Charme. Verzichtet wird im Horváth auch bewusst auf kulinarischen Luxus à la Kaviar oder Hummer. Hier soll ausschließlich die hohe Kochkunst von Chef de Cuisine Sebastian Frank im Vordergrund stehen.

Die Decke im Restaurant Horváth ist schön verziert. Stuck und Oranamente bestimmen das Bild / © Restaurant Horváth

So sammelt die Kreuzberger Gourmetküche um Sebastian Frank Titel und Auszeichnungen. Geehrt mit 2 Michelin-Sternen und 17 von 20 möglichen Gault-Millau-Punkten und etlichen Erwähnungen in Feinschmecker-Magazinen kocht der aus Österreich Stammende gerne mit Texturen seiner Heimat. Ausdrucksstark und kreativ sind die Worte, die die Michelin-Inspektoren für seine Kochkünste verwendet haben. Gault-Millau schreibt: „Einer der wagemutigsten unter den deutschen Köchen – und als Umami-Detektiv ungeschlagen.“ Und so erhielt Sebastian Frank auch schon im Jahr 2011 den ersten Michelin-Stern, damals als jüngster Küchenchef in einem Sterne-Restaurant.

Die eleganten Holztische präsentieren sich frei – bewusst verzichtet man im Horváth auf eine Tischdecke / © Restaurant Horváth

Auf seiner Dachterrasse sprießen selbstangebaute Kräuter und Pflanzen, die im Restaurant Verwendung finden. Das ist seine Welt. Im Horváth wird man auch keine exotischen Früchte finden, keine Chilischoten oder argentinisches Rindfleisch. Sebastian Frank zieht es vor, mit Sellerie, Brombeeren und einer Rehkeule aus regionalen Gefilden traumhafte Gerichte zu zaubern. Olivenöl kommt bei ihm auch nicht auf den Tisch oder in die Pfanne. Stattdessen kommen Schmalz bzw. hochwertige Pflanzenöle aus seiner österreichischen Heimat zum Einsatz.

Der 1981 in Mödling – einer zu Niederösterreich gehörenden und 20.000 Einwohner zählenden Stadt – geborene Sebastian Frank absolvierte seine Ausbildung zum Koch im 4-Sterne Hotel Wende in Neusiedl am See. Das Burgenland mit dem Neusiedler See besticht Urlauber und Weinfreunde sowie kulinarische Feinschmecker. Weine vom Neusiedler See sind gefragt.

Weitere Stationen von Sebastian Frank waren in Wien das Hotel Interconti, das Vestibül im Burgtheater auf der Universitätsring oder das Restaurant Gaumenspiel in der Zieglergasse, ebenfalls in Wien.

Nach dem vorzüglichen Menü - kurz vor Mitternacht - in der Küche vom Restaurant Horváth. Sternekoch Sebastian Frank und Herausgeber vom Luxus & Lifestyle Magazin FrontRowSociety.net Andreas Conrad / © Redaktion FrontRowSociety.net
Nach dem vorzüglichen Menü – kurz vor Mitternacht – in der Küche vom Restaurant Horváth. Sternekoch Sebastian Frank und Herausgeber vom Luxus & Lifestyle Magazin FrontRowSociety.net Andreas Conrad / © Redaktion FrontRowSociety.net

Ab 2003 war er Commis de Cuisine Saucier sowie Chef Garde Manger im Wiener 2-Sterne-Restaurant Steirereck im Stadtpark am Heumarkt, ab 2007 dann Sous-Chef im 5-Sterne Interalpen Hotel Tyrol, um 2010 in Berlin im Horváth anzukommen.

Sebastian Frank engagiert sich auch außerhalb seiner Küche. So kochte er Mitte April diesen Jahres auf dem Kochsymposium „Mit vier Händen“ bzw. im Original „A cuatro manos“ in Marbella und stand zusammen mit internationalen Kochgrößen wie Paco Morales, Ferran Adrià, Joan Roca, Dani Garcia, Paco Perez, Daniel Humm und nicht zu vergessen Joël Robuchon hinter den Töpfen. Dem Koch des Jahrhunderts Joël Robuchon war diese Veranstaltung, im spanischen Puente Romano Beach Resport & Spa, gewidmet. Ferner unterstützt Sebastian Frank tatkräftig die Agentur für Spitzenköche namens „Chefservices“. Hier sitzt er ehrenamtlich als Vizepräsident in der Jury und reist quer durch Europa.

Was würde die Küche ohne eine gute Restaurantleitung und ohne Sommelier sein? Hier ist das 2-Sterne-Restaurant Horváth mit Jakob Petritsch – Restaurantleiter und Sommelier – bestens aufgestellt.

Danke für die gute Menü-Begleitung in Form von nicht alkholischen Säften / © Redaktion FrontRowSociety.net
Danke für die gute Menü-Begleitung in Form von nicht alkholischen Säften / © Redaktion FrontRowSociety.net

Bei der Gestaltung der Weinkarte legte Jakob Petritsch seinen Schwerpunkt auf die Länder, welche das Restaurant Horváth charakterisieren, und zwar Österreich, Deutschland und Ungarn. Beim Studium der Karte finden sich auch ausgewählte Tropfen aus Bulgarien, Slowenien und Kroatien wieder. Das sind ausnahmslos Weine, die hervorragend zu den kreierten Speisen vom Maître de Cuisine Sebastian Frank korrespondieren.

Der aus der Steiermark stammende Diplom-Sommelier Jakob Petritsch hat den Fokus darauf gelegt, neben namenhaften Winzern auch jungen und unbekannten Weingütern in der Haut Cuisine einen Platz zu geben.

Und so freute sich meine Begleitung auf das Menü mit Weinreise. Und ich freute mich auf die bereits angesprochene, nicht alkoholische Getränkebegleitung zur Speisenfolge.

Ich freute mich auf die nicht alkoholische Begleitung…Holunderblütenöl, Petersilienwurzelmilch, Fichtennadelhonigessig, Rosengeranie … / © Restaurant Horváth

Zu den einzelnen servierten Gängen wurden kleine Kärtchen gereicht, die das jeweilige Gericht beschrieben.

Zur Einstimmung gab es geschmorte Schwarzwurzel, Apfelmarmelade mit Johannisbeer-Schnaps und geröstete Leinsaat. Damit war ein wunderbarer Start gelungen.

geschmorte Schwarzwurzel, Apfelmarmelade mit Johannisbeer-Schnaps und geröstete Leinsaat / © Redaktion FrontRowSociety.net
geschmorte Schwarzwurzel, Apfelmarmelade mit Johannisbeer-Schnaps und geröstete Leinsaat / © Redaktion FrontRowSociety.net

Es folgte gedünsteter Radicchio, eigelegter Chicorée, gefrorener Kürbiskernmürbeteig und Sud von Gelber Bete.

Zur nicht alkoholischen Getränkebegleitung wurde mir eine Petersilienwurzelmilch mit Estragon und Salz gereicht. Nach dem ersten Schluck wusste ich, dass ich mich richtig entschieden hatte. Auch darf ich erwähnen, dass ich in diesem Monat schon weit über einhundert verschiedene Weine verkosten durfte. Meine Leber freute sich über diese kleine Auszeit.

Zur gedünsteten Radicchio hatte eine Spätlese aus Sachsen – 2014er Grauburgunder Schloss Proschwitz – den Weg in das Glas meines Begleiters gefunden.

Gedünsteter Radicchio, eigelegter Chicorée, gefrorener Kürbiskernmürbeteig und Sud von Gelber Bete / © Redaktion FrontRowSociety.net

Als zweiten Gang wurden eingelegte Grüne Tomaten mit Bratenbutter, Herbsttrompeten, Kompott von gekochter Hühnerhaut und Mirabellenmarmelade serviert. Bei den Tomaten kam mir der gleichnamige Kinofilm „Grüne Tomaten“ der im Jahr 1991 ausgestrahlt wurde, in den Sinn. Ein der Film war ein wirkliches opulentes Werk.

Begleitet wurde mein Gang von einem Kresse-Smoothie mit Holunderblütenöl. Geschmacklich einfach traumhaft. Wenn ich wieder zu Hause bin, würde ich den Thermomix einschalten und all die köstlichen und gesunden Säfte zubereiten….aber da traue ich mir zu viel zu. Denn Chef de Cuisine Sebastian Frank hat viel Zeit damit verbracht, diese außergewöhnlichen Menübegleiter zu optimieren.

Eingelegte Grüne Tomaten mit Bratenbutter, Herbsttrompeten, Kompott von gekochter Hühnerhaut und Mirabellenmarmelade / © Redaktion FrontRowSociety.net

Zur Weinreise wurde ein 2012er Furmint vom Weingut Conrad Fürst & Söhne, Ptuj aus Slowenien eingeschenkt.

Der gedämpfte Rosenkohl mit Kümmel-Zitrone-Paste mit einem Sud von Champignonwasser und Mandelöl passte harmonisch zur Begleitung – oder auch umgekehrt. Ein kalter Auszug von Früchtetee mit Dill, weißer Schokoladenlippe mit Salz.

Ein ungarischer 2014er Harslevelü von Grof Degenfeld aus Tokaj streichelte den Gaumen meines Kollegen zum Gericht des gedämpften Rosenkohls mit der Kümel-Zitronen-Paste.

Gedämpfter Rosenkohl mit Kümmel-Zitrone-Paste mit einem Sud von Champignonwasser und Mandelöl / © Redaktion FrontRowSociety.net

Ich freute mich nun auf die gebeizte Lachsforelle, auf Salz gebackenen Topinambur, Vinaigrette von Kaviar und Leindotteröl sowie gefrorenen Winterspinat mit Rauchschmalz.

Der klare Gemüsesaft mit Röstgemüseöl faszinierte mich ebenso. Mein Begleiter war nach seinem ersten Schluck vom 2014er Chardonnay „Lores“ vom Weingut Reinisch aus der Thermenregion Österreich überzeugt. So unterschiedlich kann man kulinarische Höhepunkte erlebbar machen.

Gebeizte Lachsforelle, auf Salz gebackenen Topinambur, Vinaigrette von Kaviar und Leindotteröl / © Redaktion FrontRowSociety.net
Gebeizte Lachsforelle, auf Salz gebackenen Topinambur, Vinaigrette von Kaviar und Leindotteröl / © Redaktion FrontRowSociety.net

Die Petersilienschaumnockerl in Selchsuppe pochiert, Blutorange-Walnuss Vinaigrette und geröstete Mangoldblätter mit karamellisierter Petersilienwurzel waren ebenfalls ein ganz besonderer Gaumenschmaus. Begleitet mit Rubinette Apfelsaft von Kohl, Malzbier und Zitronenzesten.

Die Weinreise wurde indes fortgesetzt mit einem gelben Muskateller aus 2014 „Privat“ vom Weingut Wohlgemuth aus der Steiermark.

Petersilienschaumnockerl in Selchsuppe pochiert, Blutorange-Walnuss Vinaigrette / © Redaktion FrontRowSociety.net
Petersilienschaumnockerl in Selchsuppe pochiert, Blutorange-Walnuss Vinaigrette / © Redaktion FrontRowSociety.net

Ein kleiner Zwischengang waren die marinierten Gurkenscheiben, geröstete Senfsaat, Gefrorenes von Gurke, Granny Smith und Minze. Dieser Gang durfte ohne flüssige Begleitung auskommen.

Marinierte Gurkenscheiben, geröstete Senfsaat, Gefrorenes von Gurke, Granny Smith und Minze / © Redaktion FrontRowSociety.net
Marinierte Gurkenscheiben, geröstete Senfsaat, Gefrorenes von Gurke, Granny Smith und Minze / © Redaktion FrontRowSociety.net

Denn schon das Schulterscherzel vom Holzkohlegrill, Auszug von Kartoffelsalat, Paprika-Minz-Reduktion und der gebackene Grünkohl durften zusammen mit der Begleitung von
Apfel-Holundersaft von Kohl mit Räucherzwiebel Marinade und Bio-Mandelöl verkostet werden.

Ein 2012er Cabernet Franc vom Weingut Wassmann aus der Region um Villany in Ungarn unterstreicht das Schulterscherzel von meinem Begleiter.

Das Schulterscherzel vom Holzkohlegrill, Auszug von Kartoffelsalat / © Redaktion FrontRowSociety.net
Das Schulterscherzel vom Holzkohlegrill, Auszug von Kartoffelsalat / © Redaktion FrontRowSociety.net

Zum geeister Sauerrahm, einer Reduktion von der Quitte, Schaumbiskuit, Birnen-Pastinaken Crème und Entenschmalz harmonierte in Perfektion der Rosengeraniensirup mit Fenchel, Sellerie und Sprudelwasser. Auch nicht zu verachten war die 2013er Beerenauslese von der Domaine Ciringa aus Slowenien, von welcher ich dann doch degustieren musste.

Geeister Sauerrahm mit einer Reduktion von der Quitte / © Redaktion FrontRowSociety.net
Geeister Sauerrahm mit einer Reduktion von der Quitte / © Redaktion FrontRowSociety.net

Der Fichtennadelhonigessig mit Minze und Carpe Diem Kombucha sollte der perfekte Abschluss zum Schokoladen-Royal, einem Auszug von Dörrbirne und Schinkenspeck, Frischkäse mit Holunderblütenöl und Röstmehl sein. Als alkoholische Alternative war der 2011 Tokaji Aszú vom schon bekannten Weingut Grof Degenfeld aus Ungarn ausgeschenkt worden.

Schokoladen-Royal mit einem Auszug von Dörrbirne und Schinkenspeck / © Redaktion FrontRowSociety.net
Schokoladen-Royal mit einem Auszug von Dörrbirne und Schinkenspeck / © Redaktion FrontRowSociety.net

Ich möchte die Reportage nicht beendet, ohne auf den Göffel, welcher Ende der Achtzigerjahre von der Designerin Bibs Hosak-Robb entworfen wurde, hingewiesen zu haben. Denn mit ihm haben wir die Einstimmung zum Menü genießen dürfen und er ist im Logo des Restaurants Horváth wiederzufinden.

Der Göffel im Logo vom Restaurant HorvathDer Göffel: Eine Kombination aus Gabel und Löffel. Schon lange habe ich dieses Essbesteck nicht mehr in der Hand gehalten; zuletzt vor einigen Jahren, als ich mit Alfred Biolek in Köln im privaten Rahmen gekocht hatte. Der Göffel war ein Geschenk an Bio.

Andreas Conrad und Alferd Biolek vor einigen Jahren in Köln bei einem privaten Kochabend. Als Geschenk erhielt Bio den Göffel / © Redaktion FrontRowSociety.net
Andreas Conrad (li.) und Alferd Biolek (†) vor einigen Jahren in Köln bei einem privaten Kochabend. Als Geschenk erhielt Bio den Göffel / © Redaktion FrontRowSociety.net

Dieser besagte Göffel soll heute nicht mehr angesagt sein. Ich sehe das anders und möchte daher darauf aufmerksam machen, dass im Restaurant Horváth dieser Göffel auch zu erstehen ist. Sozusagen als kleine Erinnerung an den Besuch im Sterne-Restaurant Horváth in Berlin.

Dieses ist ein redaktionell erstellter Artikel, der durch externe Unterstützung möglich gemacht wurde. Die Unterstützung hat jedoch keinen Einfluss auf den hier abgebildeten Inhalt. Es gilt der Redaktionskodex.

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