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Murals und Street Art zeigen Chicagos ungeschminkte Seite. Diese lebendige Galerie drückt der Windy City ihren Stempel auf. Großflächig werden aus grauen Häuserwänden strahlend bunte Kunstwerke, die noch dazu so viel zu sagen haben. Jedes dieser nicht kommerziellen Kunstwerke ist eine verspielte Kommunikation zwischen den Künstlern mit ihrer Stadt, deren Menschen und Besuchern. Street Art projiziert die Gefühle von Kunstschaffenden auf die Fassaden Chicagos und lässt Verbindungen entstehen, in denen sich wohl jeder Einwohner wiederfindet.
 
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Rund 30 „Greetings from…“ haben Victor Ving und Lisa Beggs geschaffen. Greetings from Chicago an der Milwaukee Avenue war jedoch der erste Gruß / © FrontRowSociety.net, Foto: Jessica Conrad

Die Big City am Lake Michigan ist die Heimat unzähliger begabter Künstler, die jedoch weitestgehend unbekannt sind. Street Art ist eine recht junge Form der Kunst, die erst Mitte des 20. Jahrhunderts entstand. Als Urvater und Erfinder der Street Art gilt Gérard Zlotykamien. Er war der erste Künstler, der Kunst im öffentlichen Raum schuf. Anfangs wurden seine Arbeiten direkt entfernt, doch Kunstkenner und Wissenschaftler erkannten den kunsthistorischen Wert seiner Arbeit. Chicagos Street-Art-Künstler teilen dieses Schicksal. Allerdings sind inzwischen viele der Murals nicht mehr aus dem Stadtbild wegzudenken. Sie huldigen Ikonen, lehnen sich gegen Rassismus auf, ehren Helden und kämpfen für Gleichheit. Wie auch in New York entstanden die Murals in Chi-Town zuerst in den ärmeren Stadtteilen. Nach und nach eroberten sie große Teile Chicagos. Ein Paradebeispiel ist der 2013 gegründete Wabash Arts Corridor, der als lebendige, urbane Leinwand im wahrsten Sinne des Wortes gesehen wird.

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Ein farbenfrohes Spektakel zieht sich durch ganz Chicago City / © FrontRowSociety.net, Foto: Jessica Conrad

Offbeat Street Art Tour

Es ist der sprichwörtliche Blick hinter die Kulissen, den die Street Art Tour bietet. Jeden Samstag werden Chicagos Murals zur Bühne, um die Facetten der Stadt aus einem anderen Blickwinkel zu erleben. Wer jetzt denkt, hier tummeln sich lediglich ein paar Touristen, der irrt. Zahlreiche Einwohner Chicagos gönnen sich die geführte Tour. Denn Murals begleiten sie täglich auf ihren Wegen, dennoch weiß jeder viel zu wenig über die Kunstwerke und ihre Schöpfer. Organisiert vom Stadtmarketing „Choose Chicago“ konnten wir einzigartige Werke bestaunen, zu welchen uns die Offbeat Street Art Tour führte. 
 
Menace Two und Resa Piece mit ihrem Werk „Ziggy Stardust“ – ein David Bowie Tribut für „The Concord Rock Walls“ ersteckt sich am Studio 2020 in Chicago / © FrontRowSociety.net, Foto: Jessica Conrad
Alles begann in Buenos Aires, wo die Initiatoren von Offbeat eine ähnliche Tour unternahmen. Ihnen gefiel die wertschätzende Lebendigkeit der Street-Art-Szene, die sich prinzipiell in einer Grauzone bewegt. Ihre Idee transportierten sie in die Windy City und geben seither innerhalb von zwei Stunden den Künstlern, die sich zwischen Legalität und Illegalität bewegen, eine Stimme. Ungefiltert erzählen die Kunstwerke, was sich in den Köpfen der Künstler abspielt, sei es nun ein Auftragswerk oder ein aus einer spontanen Laune heraus gestaltetes Gemälde.
 
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Die Tour startet in West Down mit einem Mural von dem in Chicago geborenen Herbu Brantley „Marathon“ / © FrontRowSociety.net, Foto: Jessica Conrad
Vor dem überdimensionalen Wandgemälde von Robin Williams stehend, erzählen die Initiatoren von Offbeat: „Unser Ziel ist es, besonders jene aufzuklären, die das Übersehene, Unterschätzte oder Missverstandene zu schätzen wissen“. Der in Chicago geborene Hollywood-Star Robin Wiiliams ist auf einem Street-Art-Gemälde von „Ginis“ aus Disneys „Aladdin“ umgeben, die über sein Vorhaben lachen, sich das Leben zu nehmen. Die Künstler Jerkface und Owen Dippie erstellten es in nur 10 Tagen. Heute gilt es als eines der wichtigsten Werke der Chicagoer Street Art, unter anderem weil es das Tabuthema Suizid zur Sprache bringt. Robin Williams beginn am 11. August 2014 Selbstmord.
 
Ein Meisterwerk „We miss you, Robin“ des Duos Jerkface und Owen Dippies – zu sehen an der North Milwaukee Avenue / © FrontRowSociety.net, Foto: Jessica Conrad

Den Street-Art-Künstlern zugeschaut

Unweit des Logan Square treffen wir einen jungen Künstler, der gerade mit der Erstellung seines Murals beginnt. Er ist vermummt und möchte unerkannt bleiben, es handelt sich wohl nicht um eine Auftragsarbeit. Er erzählt, dass er beim „Sprayen“ bereits vorhandene Gemälde anderer Künstler abklebt, um diese nicht zu beschädigen. Jeder Street-Art-Künstler zollt den Kunstwerken von Kollegen Respekt. Denn jeder Einzelne erzählt seine Sichtweise auf die Stadt oder auf bestimmte Ereignisse. Die unterschiedlichen Darstellungsformen und Farben zeigen die Bandbreite der Möglichkeiten des künstlerischen Ausdrucks. Mit Street Art erwacht das Herz der Stadt in Bildern und gleichzeitig prägt Street Art das Bild einer Stadt. 

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Bei unserer Offbeat Tour begegneten wir unerwartet einem Künstler (re.), der eine graue Häuserwand in Street Art verwandeln wird / © FrontRowSociety.net, Foto: Jessica Conrad
Dieser Eingangsbereich kann sich doch sehen lassen. Allerdings stört das Graffity links und rechts, womit Street Art keineswegs verwechselt werden sollte / © FrontRowSociety.net, Foto: Jessica Conrad

Wer eine Reise nach Chicago plant, sollte sich keinesfalls diese ungewöhnliche Tour zur Seele der Stadt entgehen lassen. Jeder darf sich eingeladen fühlen, unter dem Hashtag #chicagohome sein Lieblingskunstwerk der Chicagoer Street-Art-Szene zu posten und es mit Freunden zu teilen.

In Bucktown fand FrontRowSociety Redakteurin Jessica Conrad ein weiteres eindrucksvolles Mural von Menace Two und Resa Piece „Woodie Guthrie“ / © FrontRowSociety.net, Foto: Jessica Conrad

Chicago ist zu jeder Jahreszeit eine Riese wert. Doch wer Mitte November an Thanksgiving in Chi-Town unterwegs ist, kann sich in Weihnachtsstimmung auf dem Magnificent Mile Lights Festival sowie mit der Christmas Tree Lightning Ceremony versetzen lassen. Hingegen kann im Museum of Ice Cream die pinke Seite von Chicago erlebt werden. 

Dieses ist ein redaktionell erstellter Artikel, der durch externe Unterstützung möglich gemacht wurde. Die Unterstützung hat jedoch keinen Einfluss auf den hier abgebildeten Inhalt. Es gilt der Redaktionskodex.

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