Der Kulinarische Jakobsweg hat auf den ersten Blick so rein gar nichts mit dem UNESCO Welterbe, dem Camino de Santiago, zu tun. Aus religiösen Beweggründen pilgern auf diesem Pfad seit über Tausend Jahren Christen zum Grab des Heiligen Jakobus in Santiago de Compostella. Wohingegen der Kulinarische Jakobsweg eine ganz eigene Mission in sich trägt und sich ausschließlich durch das malerische Paznaun zieht. Denn er führt Wanderer zu fünf ausgesuchten Hütten, die mit besonderer, von bekannten Sterneköchen kreierter Kulinarik locken.
In wie weit sich jeder Einzelne auf seinen Wanderungen zu diesen fünf Hütten einer höheren Macht nahe fühlt, bleibt der persönlichen Spiritualität vorbehalten. Entlang der Trisanna, von dem Örtchen See über Kappl und Ischgl bis nach Galtür gibt es sicherlich manch wunderbaren Moment, der uns die Naturschönheit dieses Tals begreifen oder “Mein Gott, ist das schön!“ ausrufen lässt.
Hintermänner
Zwei Protagonisten spielen beim Kulinarischen Jakobsweg eine tragende Rolle: Eckart Witzigmann und Martin Sieberer. Beide Akteure setzen seit Jahren Akzente in der Kochszene und haben ihre Fußabdrücke nachhaltig auf kulinarischem Boden hinterlassen.
Ohne den kreativen Geist von Eckart Witzigmann würden wir heute liebgewonnene Produkte in der Alltagsküche vermissen. Ohne ihn würde die deutsche Sternelandschaft weniger leuchten oder etablierte Konzepte noch gar nicht geboren sein.
Martin Sieberer, das Gesicht hinter der Küche des 5 Sterne Superior Hotels Trofana Royal in Ischgl, koordiniert und organisiert seit 2008 in Zusammenarbeit mit Eckart Witzigmann sowie dem Tourismusverband Ischgl den Kulinarischen Jakobsweg. Er schuf mit Beharrlichkeit ein Netzwerk an erstklassigen Produzenten im eigenen Tal, denn „regional“ ist nicht zwangsläufig ein Qualitätsindiz. Sukzessive entwickelte sich im Paznaun eine vielfältige Genusswelt, die für viele weitere Regionen Österreichs beispielgebend war.
Wie alles begann
Wie muss Eckart Witzigmann das kulinarische Angebot der Almhütten seines Geburtslandes Österreich vorgekommen sein, nachdem er von den besten französischen Köchen lernte, Produkte von bester Qualität zu schätzen. Hüttenwirte begegneten dem Ansturm der Touristen – besonders während der boomenten Wintersaison – mit Convenience. Einige Hüttenbesitzer setzten gar auf Globalisierung in Form von Nasi Goreng aus der Großpackung.
Damit musste Schluss sein. Der Gast darf durchaus Tirol auch auf dem Teller vorfinden. Lokale Erzeuger lieferten bereits hochwertige Produkte und schließlich kann man auch im Alpenstaat stolz auf seine traditionellen Gerichte sein. Hilfe zur Selbsthilfe sollte von internationalen Sterneköchen kommen. Einmal im Jahr pilgern nun fünf jener besternten Häupter ins Paznaun und bringen je ein Rezept mit. In jeweils einer Hütte wird das Gericht des Starkochs einen Sommer lang zubereitet.
Am Tag der Eröffnung des Kulinarischen Jakobswegs wandern diese Köche gemeinsam mit den Gästen des Paznaun auf „ihre“ Hütte. In Bewegung kommt man ins Gespräch und kann mit dem Mann vom Herd über Küchenlatein fachsimpeln und schlussendlich am Ziel dessen besondere Kreation genießen.
Der Kulinarische Jakobsweg ist ein symbolischer Weg. Das Ziel ist nicht das Gebet an den Gebeinen des Apostels Jakobus oder der Freispruch von allen Sünden. Es geht vielmehr um eine gastronomische Mission. Ein Gast, der sich die herbe Natur der Bergwelt der Silvretta oder Samnaungruppe erwandert, soll diese Unverwechselbarkeit ebenfalls hoch oben auf der Berghütte vorfinden.
Die Missionierung ist ein langsamer Prozess. Viel Überzeugungsarbeit gehört dazu, doch Ausdauer wird belohnt, man schaue zum Heiligen Jakobus.
2019 – die 11. Mission
Auch in diesem Jahr war der Auftrag der fünf Berufenen klar: Hüttenkulinarik der Extraklasse. Dafür hielt man nach Spitzenköchen im In- und Ausland Ausschau. Fündig wurden die Paznauner in Großbritiannien, den Niederlanden, Deutschland, Frankreich und natürlich im eigenen Land, in Österreich.
Laut Eckart Witzigmann braucht keine Alpenhütte Sterneküche, sondern bodenständige Sattmacher. Doch wie so oft sind die Besten ihrer Zunft Taktgeber für neue Impulse, die zuerst in der Haute Cuisine angewandt werden, um dann die Straße zu erobern; oder halt die Paznaunern Hütten. Deshalb lautet der Auftrag an die Köche, sich in die Kulinarik des Tals hineinzudenken, mit regionalen Produkten zu arbeiten, saisonal, nachhaltig und ökologisch.
Leckeres von See bis Galtür
2 Sternekoch Onno Kokmeijer auf der Ascherhütte
Fährt man von Landeck ins Paznaun, ist See die erste der vier Gemeinden des Tals, die der Kulinarische Jakobsweg streift. Auf der Ascherhütte bei See darf in diesem Sommer Schmackhaftes aus den Niederlanden gekostet werden. Onno Kokmeijer, Küchenchef des 2 Sterne Restaurants Ciel Bleu, reiste als Botschafter des guten Geschmacks zur Eröffnung nach Ischgl.
Das renommierte Gourmetrestaurant befindet sich im 23. Stockwerk des 5 Sterne Hotels Okura in Amsterdam und zählt zu den besten Adressen der quirligen Hauptstadt des Königreichs der Niederlanden. Dieses Leading Hotel of the World gehört zur japanischen Okuragruppe. Ein Grund für Onno Kokmeijer, mit seinem Gericht den Bogen nach Japan zu schlagen.
Neben Graukassuppe, Topfen mit Heidelbeerschmarren oder Paznauner Marend ist die Ascherhütte um eine kulinarische Attraktion im Sommer 2019 reicher: Wagyu Short Rib, Schalotten, gesalzene Zitrone mit Trappeur Gewürz.
Nun sagt wahrscheinlich der aufmerksame, kritische Leser: von wegen regional. Wagyu Short Rib kommt niemals aus dem Paznaun. Doch weit gefehlt, denn ein ambitionierter Hotelier, Gastronom und Landwirt züchtet diese edlen Tiere bereits in der F2 Generation. Peter Zangerl betreibt unter anderem den Maashof. Hier setzt auch er neue Impulse für nachhaltige sowie tierfreundliche Viehzucht, die mit Sicherheit die Zukunft der Viehwirtschaft sein wird.
Den Sommer verbringen seine Wagyus im fast unberührten Lareintal. Hier genießt das liebe Vieh „Sterneküche“ in Form von saftigem Gras und würzigen Kräutern. In Peter Zangerl 5 Sterne Hotel Silvretta sowie seinem Gourmetrestaurant Stiar wird das medikamentenfreie Fleisch von Haubenkoch Gunther Döberl zu wahrhaften Leckerbissen verwandelt.
2 Sternekoch James Knappett im Almstüberl
Nächster Ausgangspunkt einer kulinarischen Wanderung ist Kappl. Mit der Bergbahn geht es zuerst auf zirka 2.000 Meter Höhe zur Bergstation Dias. Nach einer einstündigen Wanderung erreicht man das Almstüberl und darf sich auf fantastische Ausblicke und ein Gericht von James Knappett freuen.
Der Brite verfolgt in London ein schier unkonventionelles Konzept und das mit großem Erfolg. Sein „Kitchen table“ at Bubbledogs ist über Monate im Voraus ausgebucht. Obwohl ihn mehrere Stationen durch die gehobene Gastronomie führten und er sich als Schüler von Gordon Ramsey bezeichnen darf, fühlt er sich sichtlich wohl in seinem casual Hot Dog & Champagner Kosmos.
Champagner mit Hot Dogs zu servieren, war übrigens die Idee seiner Frau. Ausschließlich Reserva Champagner von kleinen, unikaten Chateaux werden in seinem, mit 2 Michelin Sternen dekorierten Restaurant ausgeschenkt und für seine Hot Dogs verwendet James Knappett nur die besten Zutaten, wie es sich fürs Fine Dining gehört.
Für das Sommermenü im Almstüberl entschied er sich für Damhirsch, weil er seit Kindertagen Wildfleisch mit den Alpen in Verbindung bringt. Diesen Hirsch kombiniert er mit Selleriepüree, in Tee getränkten Pflaumen und on top kommen Raspeln von 100 prozentiger Schokolade.
2 Sternekoch Tristan Brandt auf der Heidelberger Hütte
Durch das pittoreske Fimbatal wird der Weg zum Ziel, obwohl die Kochkunst von 2 Sternekoch Tristan Brandt hungrige Wanderer erwartet. Neben teils noch schneebedeckten steilen Berghängen säumen Rinder und Pferde den Weg zur Hütte des Deutschen Alpenvereins der Sektion Heidelberg.
Am Fuße des Fluchthorns steht diese Hütte bereits auf Schweizer Boden, da die Staatsgrenze quer durch das Fimbatal verläuft. Diese Hütte wird als Ausgangspunkt für einzigartige Wanderungen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden genutzt. Zu Fuß kann die Silvretta- und Samnaungruppe durchwandert und der Piz Tasna überwunden werden. Über das Ritzenjoch gelangt man in das Lareintal, um auf der Larein Alpe vielleicht hausgemachten Käse und frische Milch von Familie Zangerl zu genießen.
Pate des Sommergerichts auf der Heidelberger Hütte ist Tristan Brandt. Er verantwortet nicht nur die Küche im prestigeträchtigen 2 Sterne Restaurant OPUS V in Mannheim, sondern er ist der führende Kopf hinter dem gastronomischen Konzept des Unternehmens Engelhorn, einem Kaufhaus der Superlative, dessen Herz zwischen Rhein und Neckar in Mannheim schlägt.
Obwohl Tristan Brandt mehrere gastronomische Konzepte managt, im Feinschmecker-Restaurant OPUS V hinter dem Herd steht und beständig neue Ideen umsetzt, nimmt er sich die Zeit, den Kulinarischen Jakobsweg zu begleiten. Seine Bereicherung besteht aus Kalbsbäckchen, einer althergebrachten Speise in den Alpentälern. Dazu kombiniert der ambitionierte Küchenchef Süßkartoffel und Ingwer. Asiatischen Aromen prägen seine Küche, seit er seine Kenntnisse in China vertiefte.
Man verlässt Ischgl Richtung Galtür, um beispielsweise ab Mathon auf die Friedrichshafener Hütte zu gelangen. Während der zweistündigen Tour über den „Kurzen Weg“ geht man beständig auf der Sonnenseite und genießt die Aussicht auf das Tal, als auch auf die Silvrettagruppe.
Auf der Friedrichshafener Hütte baute Paul Ivić seine Station auf, um in diesem Jahr sein Gericht den Wanderern schmackhaft zu machen. Aufgewachsen in Fis Serfaus ist der Österreicher ein Kind aus der direkten Nachbarschaft des Paznaun. Seit 2011 macht er mit seinem Wiener Restaurant Tian von sich Reden. In seiner Küche finden biologisch erzeugte Produkte einen Platz, die mit Respekt vor unseren Ressourcen erzeugt wurden. Er zeigt täglich aufs Neue, dass vegetarische Kost alles andere als eintönig ist, sondern vielmehr kreativ und innovativ.
Die Inspektoren des Guide Michelins honorierten seine Arbeit mit einem Stern. Doch maßgeblich ist für Paul Ivić das Aufspüren ursprünglicher Produkte wie beispielsweise alte Getreidesorten. Diesen Anspruch setzte er in seinem Hüttengericht direkt um. Aus seinen Kochtöpfen entstammt das Kasmuas von der Fisser Gerste mit geschmortem Lauch und Birnen Vinaigrette.
2 Sternekoch Jean-Georges Klein auf der Jamtalhütte
Seit Ende des 19. Jahrhunderts steht die Jamtalhütte fest verankert über Galtür auf fast 2.200 Metern. Die stattlichen Bergmassive der Silveretta schließen die moderne Hütte ein, was geradezu ideal für Wanderungen jedes Schwierigkeitsgrads ist. Von der Scheibenalm ausgehend, überwindet man auf 7 Kilometern 600 Höhenmeter, um das Ende des Jamtals zu erreichen.
Eine Herausforderung für Jean-Georges Klein, für hungrige Wanderer eine unkomplizierte Genussvariante zu kreieren. Der im Elsass ansässige Franzose entschied sich dabei für ein Traditionsgericht seiner Heimat, einen pikanten Elsässer Flammkuchen. Für Jean-Georges steckt die Vielfalt eines ganzen Menüs in einem Flammkuchen, der herzhaft oder süß, je nach Gusto oder Verfügbarkeit der Zutaten, verspeist werden kann.
Seit 2015 kocht der spätberufene Jean-Georges Klein in Wingen-sur-Moder in seinem 2 Sterne Restaurant Villa René Lalique. Dabei stellt er lokale Produkte in den Fokus und sieht seine Passion in der Weiterentwicklung klassischer Speisen und das Bewahren ihrer Tradition. Bemerkenswert, dass sich Jean-Georges Klein sein Wissen und Können eigenständig aneignete. Inspirieren ließ er sich vom Mitbegründer der Molekularküche Ferran Adria sowie von der Nouvelle Cuisine des Pierre Gagnaire.
Relaxen im Trofana Royal in Ischgl
Die zentrale Figur des Kulinarischen Jakobswegs war von Anfang an Martin Sieberer. Seine Wirkungsstätte – das 5 Sterne Superior Hotel Trofana Royal – bietet Gäste über den Genuss hinaus ebenfalls luxuriöse Erholungsmöglichkeiten. Schwimmen im In- sowie Outdoor Pool, relaxen im Royal Spa oder sich verwöhnen lassen mit royalen Beauty-Treatments, stets entspannt man im Trofana stilvoll mit den Vorzügen eines Luxushotels.
Im Paznaun entdeckt man seine Wurzeln neu und schafft damit die Grundlagen für ein selbstbewusstes Genussnetzwerk. So entwickelte sich insbesondere Ischgl als kulinarisches Drehkreuz mit 7 Top Restaurants und mit einer Haubendichte, die bestenfalls in Großstätten zu finden ist.
Mit der Initiative des Kulinarischen Jakobsweg wird die Authentizität des Tals weiter gestärkt und rückt das gastronomische Selbstverständnis weiter in den Fokus – ein absoluter Mehrwert für den Gast.
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