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Die Tenuta Corte Pavone in Montalcino ist eines der drei biodynamischen Weingüter der Familie Loacker. Ihre Weinbiografie begann 1979 mit dem Schwarhof bei Bozen. Später folgten die beiden Standorte in der Toskana, Corte Pavone im Brunello Gebiet und Valdifalco in der Maremma. Seither ist ihre Geschichte von der Dynamik bestimmt, der Welt ein Stück voraus zu sein. Mit dem Projekt „7 Dynamic Brunello Crus“ betrat Hayo Loacker Neuland im Weinbau.

Die Definition der 7 dynamischen Cru-Lagen beruht auf intensiven Beobachtungen und Studien
Resultate aus Fleiß und Ehrgeiz: 4 Weine der 7 dynamischen Brunello Crus v.l.n.r. Vigna Poggio Molino al Vento 2014, Foir del Meliloto 2015, Campo Marzio 2015, Fior del Vento 2015
Resultate aus Fleiß und Ehrgeiz: 4 Weine der 7 dynamischen Brunello Crus v.l.n.r. Foir del Meliloto 2015, Vigna Poggio Molino al Vento 2014, Campo Marzio 2015, Fior del Vento 2015 / © Redaktion FrontRowSociety.net

Vom Glück des Unglücks

Eigentlich war der Lebensweg von Gründer Rainer Loacker vorbestimmt. Vater Alfons Loacker hatte seine 1925 gegründete Konditorei in Bozen zu einem stattlichen Familienunternehmen ausgebaut. Der bereits überregional agierende Waffelhersteller sollte auch Rainer Loackers berufliche Zukunft navigieren. Wie er bei unserem Treffen berichtete, verschlechterte sich in den 1970er Jahren sein Gesundheitszustand, was auf den übermäßigen Genuss von Zucker zurückzuführen war.

Ein Umdenken der Lebensweise war gefragt. Die radikale Ernährungsumstellung symbolisierte den Beginn eines Weges, welcher mit der intensiven Beschäftigung von Zusammenhängen wertvoller Nahrung, körperlicher Gesundheit und nachhaltiger Lebensweise einher ging. Daraus resultierte schlussendlich die Entscheidung, statt Waffeln Wein zu produzieren und das auch noch verträglich für Mensch und Natur.

Die gleiche Sorgfalt, mit der die Reben versorgt werden, übertragen die Loackers auf alle Lebensbereiche. Werden Verkostungen auf Corte Pavone von Speisen begleitet, sind diese ernährungsphysiologisch wertvoll und nachhaltig produziert / © Redaktion FrontRowSociety.net

Rainer Loacker setzte seine Idee von biologischem Weinbau in die Tat um und krempelte damit das Leben seiner Familie gleich mit um. Unter den neuen Kollegen der Südtiroler Weinwelt galt er – nach eigener Aussage – als Spinner. Seine Pionierleistung von damals und alles was noch folgte, sind Meilensteine in der Entwicklung des Weinbaus. Heute genießt er auf Corte Pavone seinen Lebensabend. Jeden Morgen dreht er seine Runde durch die Weinberge, die Sohn Hayo Loacker mit der gleichen Passion zum Erblühen bringt.

Happiness is waking up to a sunrise in tuscany / © Redaktion FrontRowSociety.net

Wie der Vater, so der Sohn

Hayo Loacker scheint genau wie sein Vater Rainer, seiner Zeit voraus zu sein. Grundlage seiner Philosophie bildet eine ganzheitliche Arbeitsweise, die sich durch alle Lebensbereiche der Familie zieht. Nach dem Studium der Önologie in Dijon, das er mit Auszeichnung abschloss, sammelte er Erfahrungen in Südafrika und Frankreich. Es waren die Cru-Lagen des Burgund, die ihn inspirierten, auch Brunelli lagenspezifisch auszubauen.

Hayo Loacker prägte die biodynamische Arbeit seines Vaters und die namhafter Weingüter im Burgund / © Redaktion FrontRowSociety.net

Das Leben des Hayo Loackers spielt sich im Reigen der Jahreszeiten ab, immer im Spagat zwischen den drei Standorten. Auf insgesamt 48 Hektar ist der Besitz angewachsen. Das ist eine stattliche Menge an Weinreben, die betreut werden wollen. Dabei ist die biodynamische Bewirtschaftung anspruchsvoll und kleinteilig. Die Bedürfnisse von Boden und Reben werden quasi individuell behandelt. Dazu bedarf es genauer Kenntnis der Strukturen und Prozesse, Forschungsarbeit und Organisationstalent.

Vom Weingut Valdifalco in der Maremma sind Vermentino-Trauben eingetroffen – Hayo Loacker und Mitherausgeberin Annett Conrad in der Traubenempfangshalle auf Corte Pavone / © Redaktion FrontRowSociety.net

Seine Brüder Franz Josef und Hannes sind ebenfalls Teil der Loacker Wine Estates. Jeder der Brüder betreut unterschiedliche Resorts. Während Hayos Verantwortung beim Wein liegt, kümmern sich die Brüder um die Geschäftsführung bzw. den Vertrieb. Die Arbeitsteilung trägt Früchte. Zirka 250.000 Flaschen werden jährlich abgefüllt, die global ihre Liebhaber finden.

Neben den dynamischen Crus entstehen ein Corte Pavone Brunello di Monatlciono sowie ein Corte Pavone Rosso di Montalcino. Dazu kommen Weine aus Südtirol und dem Weingut Valdifalco / © Redaktion FrontRowSociety.net

7 Dynamic Brunello Crus

Als sich Rainer Loacker in den 1990er Jahren in Bozen auf sein Fahrrad setzte und Richtung Toskana fuhr, hätte er wohl niemals geglaubt, dass er sich in einen Wein verlieben würde. Sein erstes Glas Brunello besiegelte sozusagen den Kauf eines Weinguts in Montalcino. 1996 erwarb er Corte Pavone und sukzessive wuchs das Gut auf seine heutige Größe. Hier führte er die Arbeit nach biodynamischen Richtlinien weiter und Hayo Loacker vervollkommnet des Etablierte mit einem ambitionierten Projekt.

Rainer Loackers erstes Glas Brunello besiegelte das Vorhaben, einen eigenen Wein in Montalcino zu machen. Inzwischen ist das toskanische Weingut Corte Pavone ein Inbegriff hochqualitativer, biodynamischer Rotweine / © Redaktion FrontRowSociety.net

7 Dynamic Brunello Crus – diese Idee nahm vor 10 Jahren Gestalt an und lässt Brunelli entstehen, die keine Vergleiche finden. Das oft bemühte Wort Pioniergeist mag hier wohl zutreffend erscheinen, doch sind die sich ständig verändernden Cru-Lagen das Ergebnis genauer Beobachtungen. Mithilfe von technischen und wissenschaftlichen Methoden legt Hayo Loacker empirische Studien an. Drohnen und Infrarotkameras zeichnen mehrmals im Jahr den Zustand der Weingärten auf. Werden nun diese Beobachtungen übereinander gelegt, entsteht ein bewegtes Bild.

Vegetationskarten Corte Pavone Cru-Lagen Analyse über 3 Jahre
Vegetationskarte Corte Pavone: Cru-Lagen-Analyse über 3 Jahre – ein Gebiet verändert sich von Jahr zu Jahr / @ Animation FrontRowSociety

Innerhalb einer auf Corte Pavone festgeschriebenen Cru-Lage variieren die Versorgungszustände der Sangiovese-Reben. Und diese bleiben nicht gleich, sondern jedes Jahr mischt die Natur die Karten neu. Im Laufe der Zeit arbeitete Hayo Loacker ein Schema heraus und definierte 5 Wachstumszonen in jeder Lage. Jenes Schema teilt Rebtypen von extrem schwach bis sehr stark ein. Und das hat Auswirkungen auf die Bearbeitung des Weinbergs.

Während Hayo Loacker auf der ersten Plattform des Cru-Wegs über das umfassenden Konzept „Dynamic Brunello Crus“ erzählt, schaut man auf die Lage Terra di Ginestra; deren ausladende Ginsterpopulation im Frühjahr in leuchtenden Gelbtönen blüht / © Redaktion FrontRowSociety.net

Die einzelnen Cru-Lagen mit ihren lebendigen Wachstumszonen rufen die Mitarbeiter auf Corte Pavone über eine App auf, die eigens für die Arbeit im Berg programmiert wurde. Zielgerichtet kann nun jede Zone auf Basis der Biodynamie gepflegt werden. Das beginnt im Frühjahr mit der Aussaat der Begrünung zwischen den Rebzeilen. Hierdurch entstehen unterschiedliche Mikroklimata, die über eine unglaubliche Diversität an Kleinstlebewesen verfügen. Dieser Umstand beeinflusst wiederum das Wachstum.

Auf jedem der drei Weingüter der Familie Loacker wird ohne den Einsatz von Chemie gearbeitet. Darüber hinaus kommen den Weinbergen homöopathische Essenzen zugute / © Redaktion FrontRowSociety.net

Wie die einzelnen Reben in der jeweiligen Wachtumszone behandelt werden, legt Hayo Loacker vorher fest. Rebschnitt, Laubarbeit, Pflanzenschutz, um nur drei Parameter zu nennen, werden nach festgeschriebenen Muster vollzogen.

Dennoch darf nicht unerwähnt bleiben, dass nichts absolut ist. Sich verändernde klimatische Bedingungen erfordern eine ständige Anpassung. Die Augen müssen also offen bleiben, damit die Spezifität jeder Lage mit diesem enormen Tiefgang bearbeitet werden kann. Zudem reduziert man den Ertrag auf 500 bis 1.000 kg pro Hektar.

Gesunde Sangiovese-Trauben durch die Symbiose von Natur und Hightech / © Redaktion FrontRowSociety.net

Dynamic Cru – Vielfalt in jedem Tropfen

Corte Pavone profitiert von der Höhenlage. Auf 500 Metern Seehöhe staut sich im Sommer nicht die Hitze wie im Tal. Hier oben werden die heißesten Lagen vom Scirocco beeinflusst. Wohingegen jener Wüstenwind für die älteste Lage, Campo Marzio, keine Rolle spielt.

Die Sangiovese-Reben in der Lage Campo Marzio, deren Ausläufer sich rechts vom Castello Romitorio erstrecken, wurden bereits vom Vorbesitzer gepflanzt / © Redaktion FrontRowSociety.net

Jede Lage weist eine hohe Vielfalt an Bodenstrukturen auf. Selbst Geologen überraschten die Variablen der steinigen, wasserdurchlässigen Böden. Manche Parzelle ist von grauen Schieferböden mit teils kalkhaltigen Einschlüssen dominiert. Der dunkle Schiefer Galestro verleiht dem Wein der Cru-Lage Fior del Vento seine Salzigkeit. Der Erstausgabe „Brunello di Montalcino Fior del Vento 2013“ attestierte Robert Parker ohne Umschweife 95 Punkte.

Die Bodendiversität jeder Cru-Lage lässt Weine mit unterschiedlichen Facetten entstehen. Galestro, der schwarze Schiefer, ist der wohl edelste Bodenschatz in der Lage Fior del Vento. Hayo Loacker und Annett Conrad in den Weinbergen von Corte Pavone / © Redaktion FrontRowSociety.net
Der 2015er soll noch besser sein als der 2013er, verkünden einschlägige Bewertungsportale. Punkte hin oder her, dieser Brunello di Montalcino aus der Cru-Lage Fior del Vento zählt zu den daseinsverschönernden Dingen des Lebens / © Redaktion FrontRowSociety.net

Die Konsequenz in der biodynamischen Arbeit zieht sich wie ein roter Faden durch Corte Pavone. 70 Prozent der Selektion für den Ausbau der dynamischen Crus erfolgt bei der Lese. Bis dahin zeigt sich, wie gut die Vorarbeit gewesen ist. Um den richtigen Zeitpunkt für die Lese zu bestimmen, werden manuelle sowie technische Prüfmechanismen angewendet. Partiell, aber nicht zufällig werden die Trauben zur Probe gesammelt. Mit Fingerspitzengefühl gilt es den maximalen Reifezustand der Trauben zu finden und darüber hinaus das Wettergeschehen im Auge zu behalten.

Versierte Mitarbeiterinnen sammeln einzelne Beeren an zuvor festgelegten Abschnitten, um den Reifegrad zu bestimmen / © Redaktion FrontRowSociety.net

Hayos Expertise war die Grundlage für den Bau des Weinkellers. Trauben und Saft werden lediglich mittels Schwerkraft bewegt. Selbstredend kommen eigene Hefen zum Einsatz, die sozusagen dem Weinberg entstammen. Penibel achtet man im Keller darauf, das es zu keinen Verunreinigungen durch ungewollte Hefestämme kommt. Den Ansatz der eigenen, vorhandenen Hefen bewahrt man in sterilen Behältern auf. Die Gärung beginnt spontan, dann erfolgt die „Impfung“ des Saftes mit dem Hefeansatz.

In der „Traubenankunftshalle“ sind bereits Anfang September die ersten Trauben aus der Maremma eingetroffen / © Redaktion FrontRowSociety.net
Nach dem Kauf von Corte Pavone legten die Loackers den Gutskeller nach Hayos Vorstellungen an / © Redaktion FrontRowSociety.net
Während der Maischgärung bedient man sich einer besonders schonenden Methode des Überpumpens. Um zu verhindern, dass der Tresterhut den Kontakt zum Most verliert, wird am Boden Most abgezogen und über den Hut gegossen. Zu Beginn der Maischgärung erfolgt dies mehrmals am Tag, natürlich per Hand.
 
Erste Prozesse der Transformation Traube -> Wein / © Redaktion FrontRowSociety.net
Hayo Loacker: Vorreiter oder gar Wegbereiter dynamischer Cru-Lagen / © Redaktion FrontRowSociety.net
Die Regularien für den Ausbau eines Brunello sind in Stein gemeißelt. Dennoch bleibt Hayo Loacker ein wenig Spielraum für Experimente. In seinem Keller angekommen, überfällt ihn eine fast jungenhafte Freude. War ihm die Begeisterung für sein Handwerk bereits zwischen den Reben anzumerken, potenziert sich sein Vergnügen inmitten all dieser Fässer. Sichtlich ist er mit sich und seinem Schaffen zufrieden.
 
Reifeprüfung: Man sieht Hayo Loacker sichtlich die gespannte Freude an, seine Brunelli bis zur Perfektion zu führen / © Redaktion FrontRowSociety.net
Wer einen seiner dynamischen Cru-Brunelli verkostet, wird zu der Überzeugung kommen, dass sein Ehrgeiz mit grandiosen Weinen belohnt wird. Zufrieden darf er sich also fühlen.

Tenuta Corte Pavone in Montalcino

Beeindruckt steht man vor dem überdimensionalen, eisernen Tor und schaut gespannt den Hügel hinauf. Die Sichtachse der schier endlos wirkenden Zypressenallee erinnert an Hollywood-Traumstoff. Und vielleicht hat man jene Allee schon einmal gesehen, denn die BBC rückte hier schon mit Kameras an.
 
Nichts fängt die Toskana-Romantik besser ein als endlos erscheinende Zypressenalleen – der Weg zum Weingut Corte Pavone / © Redaktion FrontRowSociety.net
Geht man mit Hayo Loacker über die malerischen Weiten von Corte Pavone, erscheint alles still und friedlich. Unsichtbar bleibt die mühevolle Arbeit und das Know-how. Die natürliche und gleichzeitig wissenschaftliche Methodik ringt jedem Spieler im Team Loacker eine Menge Herzblut ab. Aufwand der sich lohnt, für die Natur, für den Menschen und für den Genuss.
 
Es gilt genauer hinzuschauen. Auf dem Rundgang durch die Cru-Lagen genießt man Einblicke in die Philosophie der Loackers und natürlich stimmungsvolle Ausblicke über die Weingärten. Hier an der zweiten Plattform des Cru-Wegs schaut man auf die Lagen Molino al Vento und Fior di Meliloto / © Redaktion FrontRowSociety.net
Das Tor des Weinguts steht zu den üblichen Geschäftszeiten jedem Besucher offen. Für Führungen und Verkostungen ist eine Reservierung empfehlenswert. Unstrittig ist, es sollte genügend Zeit eingeplant werden, den Spirit von Corte Pavone zu genießen und die Weine aus Südtirol sowie der Maremma ebenfalls zu verkosten.
 
Zu den üblichen Geschäftszeiten öffnet sich die Tür zur Verkostung aller Weine der Loacker Estates / © Redaktion FrontRowSociety.net
Zum Artikel über Montalcino und seinen berühmten Wein, den Brunello di Montalcino, geht über den blauen Pfad. Ein weiterer blauer Pfad führt zu einer Reportage über die Reise mit dem Fiat 500X Sport in die Toskana.
 
Blick zurück: Zirka 2 Kilometer Luftlinie trennen die mittelalterliche Stadt Montalcino und das Weingut Corte Pavone. Es ist das einzige Gut im gesamten Gemeindegebiet auf dieser Höhe, fast gleich auf mit der historischen Altstadt / © Redaktion FrontRowSociety.net

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