Wir halten für unsere Kochbuch-Rezension einen Wälzer mit der Aufschrift „Das kulinarische Erbe der Alpen – Das Kochbuch“ in der Hand und erinnern uns sogleich an die Zeit, als das große Bertelsmann Lexikon noch als unschätzbare Quelle allen Wissens galt.
Nicht nur das Format ähnelt jener im Bücherregal fast vergessenen Enzyklopädien, auch die abgedruckten Erkenntnisse sind von gleichem Wert. In Zeiten der ständig abrufbaren Informationen aus dem Internet empfinden wir beim Blättern der großen griffigen Seiten den Trost einer Konstante.
Das etwas andere Kochbuch
Das Wort „Konstante“ betitelt direkt das Vorwort des Buches. Es geht um regionale Küche und ob der Trend zu homemade und handcrafted von Traditionsgerichten anhält. Auf philosophische Weise erläutert Autor Dominik Flammer die derzeitige Begeisterung an regionaler Saisonküche und schweift dabei in die Geschichte der Ernährung der Alpenländer ab.
Mit beeindruckender Detailgenauigkeit und fundierten Hintergründen beschreibt Flammer den Inhalt der einzelnen Kapitel. Und hier ist dieses Kochbuch erfrischend anders geordnet.
Das kulinarische Erbe der Alpen teilt sich in Themenschwerpunkte. Es geht um Dinkel- und Roggenbrot, Ziegenfleisch und Ziegenkäse, es handelt von Käse in der Bauernküche oder von der Vielseitigkeit der Kohlgewächse. Weiterhin beschäftigt sich das Mehrwert-Kochbuch mit alten Kartoffelsorten, Fisch aus dem Alpenraum, Wildkräutern, Geräuchertem, Mais und Buchweizen und zum guten Schluss verfasst Flammer eine Abhandlung über den Einfluss des Alpenraums auf die Ernährungsgeschichte.
Jedem Thema stellt er eine Köchin bzw. einen Koch an die Seite. Diese verwirklichen jeweils ein kulinarisches Teilgebiet traditionell und innovativ. Beispielsweise gibt die Bäckerfamilie Feichter aus Südtirol Rezepte wie Breatlan mit Brotklee oder Pustertaler Alpen-Cracker preis, während 3 Sterne Koch Andreas Caminada mit Arme-Leute-Zutaten Gerichte, die einst als Notnahrung galten, phantasievoll in Szene setzt.
Freddy Christandl, ein wahrer Connaisseur in Sachen Bergkartoffel, kommt bei diesem Thema nicht nur zu Wort, sondern auf seinem Herd wird Steirischer Backäpfel Salat zubereitet und der schwedische 2 Sterne Koch Mathias Dahlgren zeigt gemeinsam mit Companion Martin Berg den weltweiten Einsatz von alpenländischen Qualitätsprodukten anhand von Gerichten wie gegrillte Lammherzen mit Birnenhonig.
In die Liste der Köche reihen sich noch Martin Real (Fleisch), Ulli Mair (Käse), Stefano Zonca (Kohl), Michael Sicher (Fisch), Virginie Tinembart und Judith Baumann (Wildpflanzen) sowie Jeremias Riezler (Holz und Harz) ein. In jedem Kapitel gibt es erstaunliche Gerichte zu entdecken, die uns quer durch die Alpen führen.
Nachgemacht:
Als Fans der alpenländischen Esskultur entschieden wir uns, die Käsepressknödel bzw. Kaspressknödel von Ulli Mair zu versuchen. Südtirol gehört zu jenen Landstrichen, die sich ihre kulinarische Identität bewahrt haben. Schüttelbrot und Graukäse, Wildkräuter und Vernatsch – Kleinbetriebe kultivieren typische Produkte der Region und bereichern die Traditionsküche durch moderne Interpretationen.
Ulli Mair betreibt mit ihrem Mann Karl das Wirtshaus Pretzhof im Pfitschertal mit eigener Käserei und Hofmetzgerei. Ihr Markenzeichen: Keine Speisekarte, keine gehobene Küche, keine Eventgastronomie – hochgradig bodenständig.
Das Zubereiten der Käsepressknödel (Kaspressknödel) mit Speckkrautsalat ist einfach, unkonventionell und für Köche mit wenig Erfahrung absolut geeignet. In kürzester Zeit steht eine wohlschmeckende und nahrhafte Mahlzeit auf dem Tisch.
Vokabeln und Produzenten
Wer nicht gerade im alpinen Küchenlatein verhaftet ist, schaut auf den hinteren Seiten im Lexikon der alpinen Delikatessen nach. Die entsprechenden Bezugsquellen werden auf den nächsten Seiten genannt. Auch wenn der Online-Handel eine Fülle an Produkten rund um die Uhr verfügbar macht, weiß der Autor um authentische und qualitative Quellen.
Titel: Das kulinarische Erbe der Alpen – Das Kochbuch
Verlag: AT Verlag
ISBN: 978-3-03800-746-3
Erscheinungsjahr: 2013; 2017 2. Auflage
Autoren: Dominik Flammer und Sylvan Müller
Auch unsere Redaktion war bereits mehrere Male der Alpenküche auf der Spur. In diesem Zusammenhang entstanden spannende Geschichten, die über die nachfolgenden Links verfolgt werden können.
Kulinarische Stolpersteine im Ahrntal
Söldens Kulinarik am Berg
Kellerei Andrian – die älteste Winzergenossenschaft in Südtirol
Kräuter und Wildsamen für die Sternegastronomie
Kulinarischer Jakobsweg durchs Paznaun
Larein Alpe: Abseits des kulinarischen Jakobswegs
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