Victor Hugo, der für die Franzosen eine ähnliche Bedeutung hat wie Goethe für uns Deutschen, musste Frankreich nach dem Staatsstreich von Louis Napoleon Bonaparte im Dezember 1851 verlassen. Nach Aufenthalten in Belgien und auf Jersey kam er schließlich 1855 in Saint Peter Port auf Guernsey an. Dabei liegt die zu Großbritannien gehörende Kanalinsel nur 44 Kilometer Luftlinie von der Küste der Normandie entfernt. Also ist es lediglich ein Steinwurf bis zu seiner Heimat Frankreich.
Hauteville House – my home is my castle
Das schicke weiße Stadthaus lässt sich schon von der Bucht von Havelet ausmachen. Doch möchte man es besuchen, geht man die Rue Hauteville hinauf, bis man vor der Nummer 38 steht. Bereits beim Betreten wähnt man sich in einem Bühnenstück, ein Eindruck, der sich während der Führung noch verstärkt. In diesem staunenswerten Haus wimmelt es vor Symbolik. Es ist nicht nur die Kreativität, sondern auch die Tiefgründigkeit sowie der Seelenzustand des Schriftstellers, die in wirklich jedem Winkel zu spüren sind.
Den Empfangsraum dominiert ein Billardtisch, während an den Wänden die gesamte Familie Hugo versammelt ist. Hier wird deutlich, dass Victor Hugo viele familiäre Schicksalsschläge erleiden musste. Die recht düster wirkenden Räume in der unteren Etage spiegeln die Sammelleidenschaft sowie den Hang des Schriftstellers zur Opulenz wider. Hauteville House wird als eigenes Kunstwerk des Schriftstellers gesehen. Teilweise erscheint es so skurril und abstrakt, dass man sich schwer vorstellen kann: in diesen Räumlichkeiten wurde der Familienalltag verbracht.
Victor Hugo konnte dieses Haus im Mai 1856 erwerben, weil ihm die Veröffentlichung des Werks „Les Contemplations“ ein anständiges Honorar einbrachte. Es hatte bis dahin lange leer gestanden, denn es hieß, in diesem Haus würde es spuken. Hugo füllte das Geisterhaus mit Leben, dass sich zwischen von ihm entworfenen Artefakten abspielen sollte, die seiner Lebensphilosophie sowie seiner Weltanschauung Ausdruck verleihen. So steht beispielsweise im Esszimmer ein Stuhl, der immer für eines der verstorbenen Kinder reserviert war. Die Eichengalerie – Galerie de chêne – umfasst ein mit sakralen Elementen ausgestattetes Schlafzimmer, welches nie als solches benutzt wurde, sowie ein Kabinett. Das wiederum lehnt sich an den großen Saal des Justizpalastes von Paris an, der auch Schauplatz seines Werkes „Der Glöckner von Notre Dame“ war.
Der Garten von Hauteville House ist nicht nur für Botaniker ein Erlebnis. Der wohl durchdacht gestaltete Garten zählt mit seiner Vielfalt an Pflanzen zu den schönsten Plätzen auf Guernsey. Von hier aus blickt man über die Bucht von Havelet, über Saint Peter Port und an klaren Tagen ist ebenfalls die französische Küste zu sehen.
In Gedenken an den Sturm auf die Bastille pflanzte Hugo am 14. Juli 1870 in seinem Garten eine Eiche, die Europa-Eiche. Der Visionär prophezeite, dass es in 100 Jahren weder Krieg noch den Papst geben würde, stattdessen die Vereinigten Staaten von Europa. Wenigstens hat er mit dem letzten Teil recht behalten.
Victor Hugo änderte seine politische Haltung. Seine Entwicklung vollzog sich vom Royalisten zum Republikaner. Dennoch blieb er immer seinen Idealen und denen der französischen Revolution treu: „Ändere deine Meinungen, aber bleibe deinen Prinzipien treu; ändere deine Blätter, aber behalte deine Wurzeln“.
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Guernsey – Insel mit gelebten Traditionen
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