Die historischen Weinterrassen des Lavaux im Schweizer Kanton Waadt begleiten viele Superlative und das zurecht. In dieser malerischen Kulisse entstehen charaktervolle Weine auf 805 Hektar Land, dass die Menschen der Natur über Jahrhunderte abgerungen haben.
Entstehung einer Kulturlandschaft
Vor 20.000 Jahren bedeckte der Rhonegletscher das Gebiet der heutigen südwestlichen Schweiz. Nach der kältesten Periode der letzten Eiszeit schmolz der Gletscher sukzessive ab und formte das Gebiet des Genfersees. Die Erosionskräfte schnitten tiefe Furchen in die unter den Eismassen begrabene Landschaft, was heute an den steil aufragenden Felswänden des Lavaux noch gut sichtbar ist.
Bereits zu Zeiten des Römischen Imperiums verbanden Handels- und Militärrouten Rom und Germanien, die durch das Rhonetal vorbei an Genf und Lausanne führten. Schon damals soll hier Weinbau betrieben worden sein. Doch erst die Mönche der Benediktiner sowie Zisterzienser Orden verliehen dem Lavaux sein heutiges Antlitz.
In der Spätantike verbreitete sich das Christentum in dieser Region. Es entstanden nach und nach Klöster, die die Entwicklung des Landes begünstigten. Im 12. Jahrhundert legten die ersten arbeitssamen Mönche des Zisterzienser Ordens Terrassen für den Weinbau an. Zu diesem Zweck schufen sie kilometerlange Steinmauern, um die steilen, unwirtlichen Hänge urbar zu machen.
Das Erbe der Mönche übernahmen ambitionierte Winzer, die über Generationen die Terrassen mit ihren Stützmauern sowie den Weinbau pflegten. Bis heute blieb diese einzigartige Kulturlandschaft erhalten und wurde 2007 zum Weltkulturerbe der UNESCO deklariert.
Wandern im Lavaux
Im größten und sicherlich reizvollsten Weinbaugebiet der Schweiz sind zahlreiche ausgeschilderte Wanderwege vorhanden. Entlang der gutausgebauten Straßen können die mittelalterlichen Orte mit Leichtigkeit entdeckt werden. Schautafeln geben allerhand Informationen zur Geschichte, Geologie und natürlich zum Wein preis.
Mit der Schweizerischen Bundesbahn, kurz SBB, gelangen Wanderer und Spaziergänger an der Montreux-Rivera entlang zu den verträumten Orten des Lavaux. Von Vevey bietet sich die Fahrt bis Chexbres-Village an, um beispielsweise einen Spaziergang von Chexbres über Rivaz nach Saint-Saphorin zu unternehmen.
Das grandiose Panorama, das der Genfersee mit den Schweizer sowie Französischen Alpen im Hintergrund bildet, ist bei jedem Schritt allgegenwärtig. Über 40 Ebenen schlängelt sich insgesamt 400 Kilometer Mauerwerk, das die fast 10.000 Terrassen bildet, auf denen zumeist Gutedel, hier Chasselas genannt, gedeiht.
Kleine und größere Vinotheken oder die Winzer selbst, laden zu Verkostungen ein. In den charmanten Orten warten hervorragende Restaurants auf ihre Gäste, mit unkomplizierten, jedoch köstlichen Gerichten.
Die Weinberge an den steilen Felsen mit ihren kleinen Häuseransammlungen scheinen in eine andere Epoche zu gehören oder als Filmkulisse zu taugen. Saint-Saphorin gehört zu jenen pittoresken Orten.
Schmalen Gassen winden sich durch das knapp 400 Einwohner zählende Dorf. Es gehört zu den kleinsten Gemeinden im Kanton Waadt und nicht ohne Grund ist Saint-Saphorin Mitglied im Verband „Die schönsten Dörfer der Schweiz“. Dieses malerische Örtchen war bereits zu Zeiten der Römer besiedelt. Jedoch fiel diese frühe Siedlung dem Tsunami zum Opfer, den der Tauredunum-Erdrutsch im Jahre 563 auslöste.
Später baute man eine neue Siedlung und errichtete um 560 die erste katholische Kirche des Lavaux. Die heutige protestantische Kirche stammt aus dem Jahr 1520. Die Überreste der antiken Siedlung sowie das Interieur aus katholischer Zeit sind wichtige Zeugen der Vergangenheit, die eine Besichtigung wert sind.
Rastplatz
Das Restaurant Auberge de l’Onde ist nicht weniger bekannt als das Lavaux selbst. Charlie Chaplin liebte es, sonntags durch die Weinterrassen zu spazieren; die Auberge de l’Onde gehörte zu seinen Lieblingsrestaurants. Das Leben des Charlie Chaplin darf in Chaplin’s World in Corsier-sur-Vevey entdeckt werden.
Gegenüber des plätschernden Dorfbrunnens steht das Haus aus dem Jahr 1730, das in jeder Hinsicht zu den schönsten Plätzen Saint-Saphorins gehört. In der Brasserie wird bodenständige Küche offeriert wie Thunfischtatar oder Perlhuhn, während in der Rôtisserie im Obergeschoss bestes Fleisch an edel gedeckten Tischen serviert wird.
Wie nicht anders zu erwarten, kann sich die Weinkarte sehen lassen. Hauptaugenmerk liegt auf Schweizer Weinen, der nirgends sonst auf der Welt in solcher Vielfalt genossen werden kann, als in der Schweiz selbst.
Der unkonventionelle Sommelier Jérôme Aké Béda wuchs an der Elfenbeinküste auf, besuchte dort die Hotelfachschule und fand nach mehreren Stationen seine Wahlheimat zwischen den Chasselas Reben im Lavaux. Gäbe es ein besseres Zuhause für einen Sommelier, als zwischen Winzern in den Weinbergen zu leben und zu arbeiten, mitnichten.
Winzer und Wein
Die Terrassen an den steil aufragenden Felsen um Saint-Saphorin und Dézaley legten die Mönche des Klosters Hauterive vor mehr als 800 Jahren an. Heute zählen die Rebberge um die Gemeinden zu den Cru-Lagen und besitzen einen AOC-Status. Weine mit dieser geschützten Herkunftsbezeichnung dürfen den Ortsnamen auf dem Etikett führen.
Neben Saint-Saphorin besitzen die Gemeinden Calamin und Dézaley – die als absolute Grand Cru-Lagen gelten – aber auch Chardonne, Epesses, Lutry, Montreux, Vevey und Vilette das AOC-Prädikat.
In der flächenmäßig kleinsten Weinbaugemeinde Rivaz besuchen wir Monsieur Chappuis. Seine Familie ist seit dem 14. Jahrhundert am Genfersee ansässig und er betreibt in der 21. Generation Weinbau im Lavaux. Insgesamt 5 Hektar Rebfläche besitzt Christophe Chappuis. Seine Reben sind über verschiedene Terrassen verteilt, auch in den Grand Cru Lagen.
Zu 80 Prozent hat er seine Flächen mit Gutedel, also Chasselas bepflanzt, der seinen besonders fruchtbetonten Charakter dem Terroir verdankt. Pino Noir ist seine wichtigste Rotweinsorte, dennoch verfügt er über einen kleinen Bestand Merlot, Shiraz und den für die Region typischen Gamay, die gemeinsam die hervorragende Cuvée Ambroisie ergeben.
Auch wenn die Landschaft zu den schönsten der Schweiz zählt, hat die Arbeit im Weinberg nicht viel mit Romantik zu tun. Der Einsatz von Maschinen verbietet sich durch die Steillage, übers ganze Jahr wird händisch gearbeitet.
Im Schutz der Stützmauern pflanzte Christophe Chappuis seine Rotweinreben. So profitieren die empfindlichen Pinot Noir Trauben von der Wärmeabstrahlung der Steine, auf denen sich tagsüber Lurche sonnen.
Wer mit Monsieur Chappuis einen Termin vereinbart, ist eingeladen seinen Keller zu besichtigen und mehr über den Zyklus des Weins von der Rebe bis zur Flasche zu erfahren. Sein ältestes Holzfass aus Schweizer Stieleiche ist 200 Jahre alt, das auch mit einem Fassungsvermögen von 7000 Litern auftrumpft.
Um die aufwendige Arbeit in Berg und Keller zu veranschaulichen, bietet er eine Lavaux-Experience an. Nach der theoretischen Unterweisung darf im Weinberg mitgearbeitet werden. Anschließend wird die körperliche Anstrengung mit einer Verkostung belohnt. Das gemeinsame Abendessen in der Auberge de Rivas beschießt den Tag voller persönlicher Einblicke. Zu Hause darf dann der Chasselas genossen werden, für den das Lavaux im Besonderen bekannt ist.
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