Streift man durch ein Museum, blickt man nicht nur auf Kunstobjekte, sondern erfasst das Lebensgefühl einstiger Generationen. Durch 800 Jahre Menschheitsgeschichte wandeln die Besucher im niederländischen Rijksmuseum und betrachten dabei die Veränderung des Seins durch die Augen der Kunst.
Das Rijksmuseum in Amsterdam
Das Rijksmuseum ist nicht nur das berühmteste Museum Amsterdams bzw. der Niederlande, es zählt auch zu den weltweit bedeutendsten Museen. Seine Popularität liegt wohl in der Ausstellung von Werken begründet, die während des Goldenen Zeitalters der Niederlande entstanden. Insbesondere „Die Nachtwache“ von Rembrandt van Rijn (Wikipedia – Die Nachtwache) zieht ein Millionenpublikum an. Auf einer Ausstellungsfläche von 14.500 Quadratmetern befinden sich zirka 8.000 Objekte in der ständigen Ausstellung sowie in wechselnden, thematischen Expositionen. Um dies zu realisieren, kann das Museum aus einem Fundus von über einer Millionen Exponaten schöpfen.
Bereits das Gebäude am Amsterdamer Museumsplein demonstriert Würde. Ab 1877 begann man mit dem Bau des Museums im Stil der niederländischen Renaissance nach Plänen von Pierre Cypers, der maßgeblich den Historismus in den Niederlanden prägte und darüber hinaus für den Bau des Amsterdamer Bahnhofs verantwortlich war. Acht Jahre später – 1885 – konnte die Sammlung der damaligen Nationalen Kunstgalerie in das neue Gebäude einziehen. Die Sammlung von Kunstschätzen niederländischer Statthalter wurde 1800 als Nationale Kunstgalerie in Den Haag gegründet. Zwischen 1806 und 1810 brachte man sie nach Amsterdam und legte somit den Grundstein für das Rijksmuseum und sein heutiges Prestige.
Im Zuge kleinerer Renovierungsmaßnahmen gingen die üppigen Wandmalereien im Innenbereich des Museums verloren. Diese kamen glücklicherweise bei der letzten, zehn Jahre andauernden kompletten Restaurierung des Gebäudes wieder zum Vorschein. In den zehn Jahren des Umbaus – 2003 bis 2013 – katapultierten die Architekten Cruz und Ortiz das Museum technisch ins 21. Jahrhundert. Zudem schufen sie eine breite Durchfahrt für Radfahrer, deren Art der Fortbewegung zur Stadtkultur Amstderdams gehört.
Zu beiden Seiten der ausladenden Passage, die das Museum in zwei Blöcke teilt, befinden sich die Ein- und Ausgänge. Und direkt darüber ist die Ehrengalerie lokalisiert. Die Meisterwerke des niederländischen Goldenen Zeitalters schweben sozusagen über den Köpfen der Passanten.
Die Ehrengalerie mit ihren niederländischen Meistern
Den Mittelpunkt des Museums bildet die Ehrengalerie. Von der ‚Großen Halle‘ ausgehend verläuft die gerade Achse dieser Galerie bis zum Höhepunkt des Museums, der Nachtwache. In der imposanten Halle mit dem Kuppelgewölbe beeindrucken insbesondere die Buntglasfenster. Jedes dieser Fenster steht symbolisch für eine der Künste. Im Spiel von Licht und Schatten sind somit Darstellungen der Malerei, Architektur und Bildhauerei zu sehen. Die Fresken und Gemälde an den Wänden sowie entlang der Rundbögen schuf der Historienmaler Georg Sturm.
Angekommen in der Ehrengalerie befindet man sich mitten im Goldenen Zeitalter der Niederlande, dessen begriffliche Nutzung heute umstritten ist. Die zirka 100 Jahre andauernde Periode umschreibt das 17. Jahrhundert, als die Niederlande die führende See- und Handelsmacht noch vor England und Spanien war. Mit dem Wohlstand entwickelte sich auch das künstlerische Schaffen exponentiell. Zeitweise solle es mehr Maler bzw. Bildhauer gegeben haben, als Bäcker oder Metzger. Künstler wie Jan Vermeer, Frans Hals, Jan Steen, van Ruisdael und nicht zuletzt Rembrandt schufen Werke von historischem Wert in einer Epoche, die sich für das kleine Land an der Nordsee nie mehr wiederholte.
Entlang des Gangs können sich die Augen der Betrachter ganz auf die Werke konzentrieren, die in ihrer Einmaligkeit die Nischen der Galerie bereichern. Hier trifft man unter anderem auf „Die fröhliche Familie“ von Jan Havicksz. Steen, die um 1668 entstand oder „Die Milchmagd“, die Vermeer 1660 schuf.
Die Nachtwache – Rembrandts wohl bekanntestes Werk
Auch wenn das großzügige Museum enorme Besucherströme lenken kann, versammelt sich doch immer eine Traube von Menschen vor dem berühmtesten Werk Rembrandts. Einige von ihm geschaffene Exponate sind bereits in der Ehrengalerie zu sehen, doch diesem unnachahmlichen Kunstwerk wurde ein eigener Raum gewidmet. Die größte und berühmteste Leinwand Rembrandts stellt einen Wendepunkt seines Schaffens dar. 1642 verwirklichte er diese Auftragsarbeit für die Amsterdamer Stadtwache. Das Besondere an dieser Arbeit ist die Tatsache, dass die Personen auf dem Gemälde in Bewegung sind, als wäre die Szene mit einer Kamera aufgenommen.
Ebenfalls für die Stadtwache in Amsterdam fertigten Bartholomeus van der Helst sowie Frans Hals und Pieter Codde weitere Gemälde an. Beide überdimensionalen Bilder flankieren heute in der Nachtwachen Galerie Rembrandts Vermächtnis. Die Nachtwache, einst mit dem Titel „Miliz des Distrikts II unter dem Kommando von Kapitän Frans Banninck Cocq“ entstanden, transportiert wie kaum ein anderes Werk Lebendigkeit. Man meint, die Schüsse der sich ausbildenden Gardisten zu hören. Fasziniert von dem gekonnten Einsatz des Lichts und den damit herausgearbeiteten Details folgt man dem Pinselstrich des Malers.
Auf dieser Spur sind auch die wissenschaftlichen Mitarbeiter des Rijksmuseum, allerdings zu Forschungs- und Konservierungszwecken hinter Glas. Um hinter die Geheimnisse des Gemäldes zu kommen und dieses für die Nachwelt zu erhalten, wurde die Operation Nachtwache ins Leben gerufen. Am 8. Juli 2019 startete dieses Projekt. Hier werden die Arbeiten am Gemälde vor den Augen der Besucher durchgeführt, eine weitere Unverwechselbarkeit des Rijksmuseums.
Sammlungen von unschätzbarem Wert
Für das Rijksmuseum in Amsterdam sollte man sich den ganzen Tag Zeit nehmen oder bestenfalls am Tag darauf den Rundgang fortsetzen. Die überbordenden Exponate erfordern viel Aufmerksamkeit. Jede eingehende Betrachtung bedarf Zeit und Muse, man wird schließlich von einem Schatz zum nächsten geführt. Juwelen, klerikale Artefakte und natürlich holländisches Porzellan werden in Schaukästen ausgestellt. Chronologisch folgt man den Ausstellungsobjekten vom Mittelalter im Erdgeschoss bis zur Moderne in den dritten Stock.
Kunstvoll gefertigte Möbel mit aufwendig gearbeiteten Intarsien aus der Zeit der Aufklärung, eine stattliche Anzahl von Puppenhäusern, Waffen, Münzen oder Kunst europäischer Höfe können in Augenschein genommen werden. Des Weiteren widmet sich ein Teil der Ausstellung Kunst aus den Kolonialgebieten. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Geschichte der Niederlande als Seemacht. 1.600 Marinemodelle werden im Rijksmuseum gezeigt. Inzwischen entflammen immer wieder Diskussionen um jene Epoche, die von territorialen Eroberungen einhergehend mit der Versklavung der Ureinwohner geprägt war.
Spezialsammlungen, Philips Flügel, Bibliothek
Sehr außergewöhnliche Objekte werden in Spezialsammlungen gezeigt. Miniatursilberarbeiten, Musikinstrumente, Relikte, Edelsteine, magische Laternenrutschen oder Mode begeistern jährlich 2 Millionen Besucher. Hochkarätige Ausstellungen, in denen eigene Objekte mit teils internationalen Leihgaben einem breiten Publikum zugeführt werden, realisiert das Museum im Philips Flügel.
Innerhalb der Museumsmauern ist die Cuypers Library als größte und gleichzeitig älteste kunsthistorische Bibliothek der Niederlande etabliert. Der Lesesaal dieser Bibliothek zählt sicherlich zu den schönsten seiner Art. Er entstand Ende des 19. Jahrhunderts und taugt heute noch als filmreife Kulisse. Seit 1885 versammelt man hier Bücher, Skripte, Periodika oder Zeitschriften, die gegenwärtig nicht nur Wissenschaftlern oder Studenten zur Verfügung stehen, sondern ebenfalls kunstinteressierten Menschen.
Zum guten Schluss sollte ein Abstecher in den asiatischen Pavillon unternommen werden. Hierin befindet sich eine umfangreiche Sammlung asiatischer Kunst aus China, Japan, Indonesien, Indien, Vietnam und Thailand aus der Zeit zwischen 2000 v. Chr. bis 2000 n. Chr.
Übernachten in Amsterdam, im 5 Sterne Hotel Okura
Digitaler Rundgang durchs Rijksmuseum
Die Bilder entstanden vor der Corona-Pandemie und zeigen daher Menschen ohne Mund-Nasen-Schutz. Wer sich jetzt erst recht an den Exponaten begeistern möchte, empfehlen wir den digitalen Rundgang auf der Website des Rijksmuseums.
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