Während die Gäste der vornehmen Hotels am Ufer des Genfersees sich noch einmal gemütlich im Bett umdrehen, zieht ein Fischerboot bereits seine Runden über den See. Dieses Boot gehört Patrice Brugger. Mehrmals täglich fährt er hinaus, legt seine Netze aus und schaut Stunden später nach seinem Fang.
Begleitet wird er von seiner Frau und einem Mitarbeiter, der die Barsche und Rotaugen aus den Netzen pult. Patrice entstammt einer alteingesessenen Fischerfamilie. Von Kindesbeinen an fuhr er mit seinem Vater bzw. Großvater auf den See hinaus und bewegte sich im Einklang mit der Natur.
Seefahrer
Entfernt man sich mit Patrice auf seinem Boot vom Ufer, eröffnen sich neue Perspektiven. Der Trubel der quirligen Städte am Nordufer des Genfersees rückt buchstäblich in die Ferne. Vor uns liegt das Blau des Sees und des Horizonts eingerahmt von einem alpinen Panorama.
Während wir uns mit Patrice am späten Vormittag auf den See begeben, waren er und seine Frau bereits in der Morgendämmerung unterwegs, um die Netze auszulegen. Die zirka 130 Berufsfischer am Genfersee haben ihre Reviere abgesteckt. Den schweizer Fischern ist es erlaubt bis zur französischen Grenze auf Fischgang zugehen.
Je nach Jahreszeit ändert sich das Gebiet, in welchem es die größte Ausbeute gibt, um private Kunden sowie die Gäste der umliegenden Luxushotels zufrieden zu stellen. Mit den Jahren ist das immer schwieriger geworden, erzählt uns Patrice, während er die Fischreste des Morgens an die uns folgenden Möwen füttert.
Wie die Ozeane kämpft auch der zweitgrößte europäische See auf seinen 580 Quadratkilometern mit Verschmutzung durch Plastikmüll und chemische Substanzen der intensiven Landwirtschaft. Stickstoff und Phosphor lassen Algen wachsen, die den Fischfang behindern und den Sauerstoffgehalt im Wasser abnehmen lassen.
Die Bedingungen haben sich für die Fischer in den letzten Jahren radikal geändert. Der drastische Rückgang der Bestände ließ viele Fischer ihren Beruf aufgeben. Patrice ist noch der einzige von ihnen in Vevey – der stille Held.
Harter Job auf spektakulärer Bühne
Wir fahren dicht am Ufer entlang, langsam zieht Vevey an uns vorüber bis wir wenig später die Weingärten von Lavaux erblicken. Seit dem 12. Jahrhundert von Menschenhand geschaffen und 2007 zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt, profitiert der Wein auf den Terrassen vom gemäßigten Kontinentalklima, das der wasserreichste See Mitteleuropas mildert.
Vor dieser Kulisse dürfen die Bruggers tagtäglich ihrer Arbeit nachgehen. Patrice steuert das Boot, seine Frau legt Netze aus oder zieht diese hoffentlich gefüllt wieder an Bord. Über die Jahre wurden beide zu einem eingespielten Team, jeder Handgriff sitzt.
Heute tummeln sich Hechte, Rotaugen, Seeforellen, Felchen und Flussbarsche im Genfersee. Bis ins frühe 20. Jahrhundert konnten noch endemische Féra und Gravenche gefangen werden. Jedoch sind beide Arten auf Grund von Überfischung und veränderten Lebensbedingungen ausgestorben.
Wer mit Patrice zum Fischen auf den See fährt, bleibt nicht untätig an Bord sitzen. Kurzerhand werden Gummistiefel und Fischerschürze angezogen und schon wird an Reusen und Netzen gearbeitet. Dabei muss erst einmal der Rhythmus gefunden werden. Madam Brugger ist hierbei behilflich und ordnet die eingeholten Netze nach einem vorgegebenen Muster.
Ständige Begleiter sind die Seemöwen. Immer auf Beute aus umkreisen sie das Boot. Manchmal gelingt ihnen ein Fang, was so mancher Artgenosse dem Erfolgreichen neidet.
Während der Fischer und seine Frau Reusen und Fang kontrollieren, dürfen die Mitfahrer sich mit der Angel versuchen. Glücklicherweise ist der eine oder andere Fisch bereits ins Netz gegangen, so dass der Mittagstisch nicht leer bleibt.
In ihrer Baracke am Hafen filetieren die Bruggers ihren Fang und die Liebhaber von frischem Fisch warten bereits auf die Ware. Direkt vom See kommt der Wasserbewohner in die Pfanne. Frischer geht es nicht, ein Umstand, den man schmeckt.
Mehrwert
Das Boot der Bruggers liegt in Vevey, im Nordosten des Genfersees, unweit des Grand Hôtel des Trois Couronnes. Hin und wieder nimmt Patrice Gäste des Leading Hotels mit auf große Fahrt und fängt mit ihnen den persönlichen catch of the day. Anschießend werden die gefangenen Prachtstücke von Lionel Rodriguez, dem Küchenchef des mit einem Michelin Stern bedachten Restaurants Trois Couronnes, im Hotel zubereitet.
Ob man bei dem Ausflug mit Patrice tiefe Einblicke in die Arbeit eines Fischers bekommt – sicherlich nicht tief genug; doch so manchem Stadtmenschen wird vor Augen geführt, dass der Fisch nicht in der Gefriertruhe des Supermarktes aufwächst.
Diese Tour ist ein ganz besonderes Erlebnis, die mitnichten zum Beschäftigungsprogramm des Massentourismus gehört.
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