Kamp-Lintfort kann sich glücklich schätzen. Bundesweit findet hier die einzige Landesgartenschau in 2020 statt. Auf dem weitläufigen Areal von insgesamt 40 Hektar können auch große Besucherströme unter Berücksichtigung der Hygieneregeln koordiniert werden. Die Gartenschauen in Überlingen und Ingolstadt wurden bis auf Weiteres ins nächste Jahr verschoben.
Die LAGA 2020 als Bindeglied
Wie für die meisten Zechen im Ruhrgebiet kam auch für das Bergwerk Friedrich Heinrich in Kamp-Lintfort zwangsläufig das Aus. Seit 2012 baut hier kein Kumpel mehr Steinkohle ab. Geblieben sind Schachtanlagen, Industriebauten und jede Menge Nostalgie. Der Strukturwandel folgte der prägenden Bergbau-Ära, die dem Ruhrgebiet und seinen Menschen einen unverkennbaren Stempel aufdrückte.
Während des Aufbruchs ins Neuland transformierte sich das ehemalige Zechengelände in einen Naherholungspark. Nach der Landesgartenschau 2020 werden sich die Industriebauten in ein hippes Quartier verwandeln. Es soll eine Symbiose aus modernem Wohnraum, ergonomischen Arbeitswelten, einer Bildungsplattform der Hochschule Rhein-Waal sowie anspruchsvollen Freizeitmöglichkeiten werden.
Diesem Anspruch räumten die Landschaftsarchitekten bei der Gestaltung der LAGA ausreichend Platz ein. Die Grundlagen für den Fortbestand der Anlage und deren Weiterentwicklung sind somit gesichert. Die Landesgartenschau versteht sich als nachhaltiges Projekt, welches dem Stadtbild auf Sicht zugute kommt.
Einst trennte das Zechengelände soziale Schichten. Direkt hinter dem Gelände schloss sich die Bergarbeitersiedlung an. Auf der anderen Seite, gegenüber imposanter Fassaden der Industriearchitektur des frühen 20. Jahrhunderts, befanden sich die Villen der Führungskräfte und Industriellen.
Nun verbindet eine 25 Hektar große grüne Oase beide Siedlungen, in deren Mitte sich heute die Besucher der Landesgartenschau tummeln und sich in Zukunft urbanes Leben abspielen wird. Hauptsächlich verknüpft die LAGA in Kamp-Lintfort den Wandel von Arbeits- und Lebenswelten mit den jeweiligen Standorten. Der Zechenpark steht für den Wandel vom Bergbau- zum Hochschul-Hotspot, während man im Kamper Gartenreich am Kloster Kamp noch ein Stück weiter in der Geschichte zurückgeht.
Zechenpark – zwischen Großer Goorley und Friedrich- Heinrich-Allee
Ursprünglich sollte die Landesgartenschau mit Pauken und Trompeten am 17. April 2020 in Kamp-Lintfort eröffnet werden. Jedoch fiel der Startschuss etwas leiser erst am 5. Mai. Rund 560 Tausend Besucher werden bis zum 11. Oktober erwartet. Ende Juli verzeichneten die Veranstalter bereits 200 Tausend Besucher. Es bestehen also berechtigte Hoffnungen, das Soll trotz schwieriger Bedingungen zu erreichen.
Im ausgedehnten Grün des Zechenparks kann die Pandemie für einen kurzen Augenblick vergessen werden. Vom Großen oder Kleinen Fritz, den künstlich angelegten Hügeln, genießt man im Sommerwind eine Verschnaufpause auf einem Liegestuhl.
Doch zuvor sind die Besucher im Reich der Gartenträume angekommen. Richtung Innenstadt ziehen sich die Themengärten, die eindrucksvolle Gestaltungsbeispiele für Hausgärten geben.
Man trifft auf Landschaftsgärtner oder Landwirte, auf Inspirationen für Freizeitgärten oder Bepflanzungen für kleine, urbane Räume.
Wer Richtung Bahnhof unterwegs ist, passiert unwillkürlich die große Blumenhalle. Ein beständiger Wechsel garantiert nicht nur thematische Veränderungen der Ausstellung, sondern auch jahreszeitliche. Um dann seine Eindrücke zu Hause umsetzen zu können, kann im gegenüberliegenden Gärtnermarkt alles Nützliche und Schöne käuflich erworben werden.
Park sowie Ausstellungen sind für Jung und Alt konzipiert. Während sich die Kleinen über Wasserspiele, einen Forschergarten sowie einen Spielplatz mit Streichelzoo freuen, kann die ältere Generation vom kostenlosen Verleih der Mobilitätshilfen profitieren. Die LAGA in Kamp-Lintfort steht per se im Zeichen der Bewegung. Und auch nach der Ausstellung sollen Inline-Skater und Radfahrer die Promenade nutzen, welche nach einer gemeinnützigen öffentlich-rechtlichen Universalbank benannt wurde.
Wandelweg und Kamper Gartenreich
Mobil geht es zum zweiten Standort, dem Kamper Gartenreich. Der gut beschilderte Wandelweg verbindet über 2,7 Kilometer beide Bereiche entlang der Großen Goorley und des Stephanswäldchen. Zu Fuß oder mit dem Rad ist das alte Zisterzienserkloster binnen kurzer Zeit erreicht. So mancher Besucher nimmt auch den kostenfreien Shuttle-Bus.
Das auf dem Kamper Berg gelegene Kloster wurde 1123 gegründet und beeindruckt mit seiner barocken Gartenarchitektur. Zuerst empfangen Obstbäume sowie ausladende Staudenbeete die Besucher, denn der Rundgang beginnt am Obstgarten. Weiter geht es durch den Alten Garten und schließlich den Abteiberg hinauf durch die Paradiesgärten.
Die Zisterziensermönche sorgten im Mittelalter für die Verbreitung des Weinbaus in ganz Europa. Beispielsweise legten sie die zum UNESCO Welterbe gehörenden Weinterrassen von Lavaux am Genfersee an oder gründeten 1136 das im Rheingau befindliche Kloster Eberbach, welches heute eines der renommiertesten Weingüter Deutschlands ist. So ist es wenig verwunderlich, dass zur Klosteranlage auch ein Weingarten gehört. Er befindet sich am Hang des Abteibergs. Als kurze Rast kann ein Wein direkt am Berg verkostet werden.
Gartenträume statt Fernweh
Staycation – Urlaub zu Hause, in diesem Jahr geht es der eigenen Heimat auf die Spur. Die Beschränkungen der Pandemie lassen neue Blickwinkel zu. Tagesausflüge oder Aktivitäten in der Natur werden forciert, um mit möglichst viel Abstand besondere Erlebnisse zu schaffen. Die Landesgartenschau in Kamp-Lintfort kann sich zu einem solchen Abenteuer für die ganze Familie entwickeln, immer spannende Entdeckungen bereithaltend.
Bei der Neuentdeckung der Heimat sucht man sein Glück nicht wie vielleicht gewohnt am anderen Ende der Welt, sondern lernt die Exotik der Ruhe und Gelassenheit des Grüns vor der eigenen Haustür kennen.
Buch-Tipp: „Bin im Garten“ von Meike Winnemuth
Der eigene Garten erfuhr gerade in diesem Jahr eine neue Wertigkeit. Vom lästigen Unkrautproduzenten wurde er zur Oase der Glückseligkeit, zum neuen Terrain sich auszutoben, ja sogar zu einem geheimnisvollen Ort, der eine ganze Schar an Hobbygärtnern mit ausladenden Gemüsebeeten hervorbrachte.
Autorin Meike Winnemuth verfasste ihr persönliches Gartenerlebnistagebuch mit dem Titel „Bin im Garten“. Dieses Buch ist randvoll gespickt mit Wortwitz und persönlichem Schlagabtausch. Es ist ein überaus unterhaltsames Buch, quasi eine Anleitung zum Glücklichsein. Die Autorin schreibt greifbar über ihre hochfliegenden Pläne, über ihre Unvernunft und über ihren Wandel. Mit der Gestaltung ihres ersten Gartens erfüllt sie sich in der zweiter Lebenshälfte einen bis dahin unvorstellbaren Traum.
Bei jeden geschriebenen Wort bangt man als empathischer Leser mit der Autorin. Ihr Experiment „Garten“ wird fast zum eigenen. Bereits beim Lesen überlegt man, ob ihr Tun wohl so richtig sein kann. „Bin im Garten“ – die geschrieben Worte zwischen diesen Buchdeckeln laden zu einem kurzweiligen Ausflug ein. Auf gehts zu einer neuentdeckten Gartenleidenschaft.
Sind erst einmal Schaufel und Gießkanne beiseite gestellt, wartet die Gartenliege und ein gutes Buch. Von der Arbeit im Garten ist man wohlig erschöpft und gleichzeitig geerdet. Meike Winnemuths in Worte gefasstes Gartenprojekt sorgt für heiter entspannenden Genuss unter freiem Himmel nach getaner Arbeit.
Titel: Bin im Garten Verlag: Penguin Verlag ISBN: 978-3-328-60045-9 Erscheinungsjahr: 2019, 3. Auflage Autorin: Meike Winnemuth
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