Geschichte und Wandel des besten Restaurants der Welt:
„Eleven Madison Park“ ist der Name des Restaurants, welches der Geburtsort eines der wohl bedeutendsten Köche unserer Zeit ist. Das Restaurant im Herzen der Stadt, die niemals schläft, ist jedem global reisenden Verfechter der Haute Cuisine bekannt.
Im Big Apple, dem Dreh- und Angelpunkt der modernen Zeit, haben Küchenchef Daniel Humm und Restaurantleiter Will Guidara ein Refugium der Sinnesfreuden geschaffen. Es ist ein Ort, der von der Metropole New York City und ihrer Atmosphäre geprägt ist und genau wie die Stadt selbst, beständig vom Fortschritt bestimmt wird.
Denn wie schon Frank Sinatra sagte: „If I can make it there [New York], I’ll make it anywhere”, galt New York im Auge der Zeit immer eine besondere Bedeutung. Bereits zur Eröffnung des Eleven Madison Park war die Intention des perfektionistischen Duos, dieses einzigartige Restaurant im historischen „Flatiron District“ zu einem der besten Rückzugsstätten für Genießer aus aller Welt zu machen. Mit diesem Anspruch legten sie den Grundstein für ihren Aufstieg entgegen aller Regeln und Werte.
Vom Aargau in die Zukunft
In Zeiten, in welchen Köche der Haute Cuisine einen steigenden Bekanntheitsgrad erlangen und wie Virtuosen glorifiziert werden, findet sich auch Daniel Humm in immer mehr Magazinen, Interviews und Dokumentationen wieder.
Jeder möchte seine Geschichte erfahren, möchte wissen, wie der Junge aus dem Schweizer Aargau sich in dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten beweist und den allseits bekannten amerikanischen Traum lebt.
Die Kochausbildung kennzeichnete den Beginn dieses Traums. Der 1976 in Strengelbach geborene Daniel Humm begann seine Ausbildung eigentlich wegen eines Schulverweises. Auch half er auf Bauernmärkten, woraus sich seine tiefe Verbundenheit zu frischen Produkten entwickelte.
So verarbeitete er authentische und ausschließlich frische Produkte in den verschiedenen Restaurants, in denen er tätig war. Während seiner Ausbildung ging das Ausnahmetalent zum ersten Mal wahrhaftig auf und absolvierte als Jahrgangsbester der Schweiz die Lehre als Koch. Neugier und Leidenschaft zugleich ließen den damals jungen Koch das mit 3 Michelin Sternen ausgezeichnete Restaurant „Le Pont de Bret“ in der Nähe aufsuchen.
Unter harten Bedingungen lernte er dort Perfektion und Disziplin, was ihm rückblickend über sich hinaus wachsen ließ. Mit fortführender kulinarischer Expertise und seinem ersten Posten als Küchenchef in dem kleinen „Gasthof zum Gupf“ auf der Schweizer Seite des Bodensees, wurde das Talent des damals 24jährigen rasch vom Guide Michelin erkannt und fortan mit einem Stern ausgezeichnet.
Doch den Spitzenkoch sehnte es nach mehr, der eine Stern in der kleinen Gemeinde Rehetobel war dem jungen Küchenchef zu wenig. Es war zu früh, sich hier zur Ruhe zu setzten. So führte ihn das Schicksal 2003 in die Vereinigten Staaten; ohne die Englische Sprache zu beherrschen. In San Francisco verliebte er sich in die Mentalität der Menschen, die Verfügbarkeit sowie die Frische der Produkte. Und lediglich 3 Jahre später fand der Sternekoch einen ungeschliffenen Rohdiamanten im Herzen Manhattans: Eleven Madison Park.
Zu Anfang ein unbeschriebenes Blatt, doch mit viel Herzblut und der scheinbar endlosen Kreativität, platzierte Daniel diesen Findling im ehemaligen Metropolitan Life North Building binnen fünf Jahren zu einem mit 3 Michelin Sternen bedachten Gourmet-Restaurant.
Tief im Herzen wusste der gebürtige Schweizer, dass er seine Leistung jedoch noch übertreffen konnte und behielt seinen Drang nach Perfektion des einzigartigen Genusses und übertraf vorherige Meriten.
Über Jahre führte Daniel Humm mit dem Eleven Madison Park die Liste von San Pellegrino The Worlds 50 Best Restaurants an. Um dem ewigen Fluch der Menschheit – dem Vergessen – zu entfliehen, schrieb der beste Koch der Welt eine wohl selektionierte Auswahl an Rezepten des Eleven Madison Park nieder und hielt diese in einem Kochbuch für das Äon fest.
Eleven Madison Park – die Geschichte des besten Restaurants der Welt, erzählt durch seine Speisen
In dieser Schatzkammer der sinnlichen Erhabenheiten finden sich Gerichte, welche den Gaumen durch das Plancksche Universum der Konstellationen verschiedenster Viktualien und Aromen schweifen lässt. Es soll gesagt bleiben, diese faszinierende Reise sollte ausschließlich mit Kocherfahrungen und einer gut ausgestatteten Küche angetreten werden. Die wohl durchdachten Rezepte spiegeln das Verständnis Daniels Humms zu 100 Prozent wider. Es sind teils Symphonien, die mit Respekt und Achtung zu lesen sind. Sie wurden von einem Mann niedergeschrieben, der wie kein zweiter sein Handwerk lebt und sich auf seine Geschmacksknospen verlassen kann.
Vom Aufbau
Neben dem Vorwort des früheren Besitzers des Restaurants – im unteren Bereich des Metropolitan Life North Building – finden sich zwei umfassende, mit Sorgfalt geschriebene Biographien beider Geschäftspartner und Besitzer des Eleven Madison Parks, Daniel Humm und Will Guidara. Der Leser erfährt nicht nur von der klassischen Vita, sondern auch Philosophie, Ambitionen, Träume und Ziele der ausnahmslosen Individualisten kennen.
Die mit Tinte festgehaltene Schatztruhe des wohl besten Restaurants der Welt beginnt säuberlich nach Ingredienzien und Jahreszeit sortiert. Dass der gebürtige Aargauer eine rein saisonal betonte Küche betreibt, bedeutet stetig wechselnde Gerichte. Dank der kompromisslosen Umsetzung dieser Philosophie, bereichert Humm sein Menü mit lokalen und optimal ausgereiften Zutaten in bestmögliche Qualität.
Durch die Strukturierung anhand der einzelnen Jahreszeiten wird das Kochbuch zum saisonalen und kulinarischen Wegweiser. Wir erleben einen frischen, genussreichen Sommer oder einen kalten Winter, mit Gerichten, die Dank ihrer Geschmackskompositionen nicht nur das Herz, sondern auch den Gaumen wohlig warm umhüllen.
An erster Stelle einer neuen Jahreszeit – jede der vier Jahreszeiten regt ein neues Kapitel des Buches an – finden sich jeweils 28 Viktualien, auf die sich der geneigte Gourmet in den folgenden Seiten mit stetig wachsender Neugierde freuen darf. Anbei gibt es zur jedem neu eingeleitetem Kapitel eine kleine Anekdote aus dem Leben des Großmeisters des Kochens.
Des Weiteren beschreibt der Avantgardist im Auftakt jedes Kapitels, seine Impressionen und Memoiren der entsprechenden Jahreszeit. Der Genießer erfährt die Entstehungsgeschichten seiner Gerichte sowie seine Inspiration, Kindheitserinnerungen und die Verbindung zu wichtigen Menschen in seinem Leben ein. Die sehr persönlichen Details machen Spannung und den Arbeitsaufwand vor dem großen Showdown fast greifbar.
Bei Humm sind es letztlich die kleinen Dinge, die nicht nur seine Gerichte, sondern auch sein Kochbuch einzigartig machen. Eleven Madison Park – The Cookbook gibt den kulinarischen Ideenreichtum eines der kreativsten Köpfe der Gastroszene wieder.
Nachgekocht: Garnele – Pochierte Garnelen mit Butternusskürbis und Speck
Wir entschieden uns für den Kürbis, die typische Frucht im herbstlichen Kleiderwechsels der Flora. Gerade der Herbst ist für den Schweizer Spitzenkoch von größerer Bedeutung. Nicht nur wegen seines farbenverliebten Spieles, wenn die Bäume des Madison Square Parks in kräftige Töne gehüllt werden, nein – auch die kulinarische Wende des Jahres fasziniert den Visionär.
Die Speisen wechseln von frischen, knackigen und süßen Viktualien des lebensfrohen Sommers zu sich den kühlen Temperaturen anpassenden, wohlig warmen und erdigen Gerichten. Dabei liegt der Fokus stets auf der Philosophie des Eleven Madison Parks und Humms ausgezeichneter Küche.
Mit der Idee „weniger ist mehr“ reduziert das Ausnahmetalent einzelne Komponenten und vertraut die Betonung des Gerichtes einem Hauptakteur an. Somit forciert Humm das Augenmerk auf ein bestimmtes Lebensmittel und kann dieses somit in verschiedenen Varianten präsentieren.
So beginnen die Vorbereitungen unseres kulinarischen Projektes und stoßen das Gericht, welches die komplette Tagesplanung übernehmen wird, in eigenem Tempo an. Das Gericht allein, ohne verteilte Küchenposten oder den Platz einer professionellen Küche zu perfektionieren, ist eine Aufgabe, an der es zu wachsen gilt. Aber mit der exakten Planung und den richtigen Vorbereitungen ist die Umsetzung des Rezeptes eine Reise, die sich am Ende auszahlt.
Beginnend mit den Coco-Bohnen: die Nacht verbrachten sie im Wasserbad und jetzt finden sich die eingeweichten Bohnen gemeinsam mit einem Bouqeut garni in einem mittelgroßen Topf wieder. Dank des ausgeschnittenen Backpapiers, welches auf die mit Wasser bedeckten Bohnen gelegt wird, werden diese angenehm gedämpft.
Als knackig, saure Komponente reicht Humm einen eingelegten Butternusskürbis. Zur Herstellung wird der genannte Kürbis in feine Rauten geschnitten und mit einer aufgekochten Essiglösung aus weißem Balsamessig, Honig, Gewürznelken und Pfefferkörnern aufgegossen. Jener Kürbis darf hierin bis zum Servieren ruhen.
Für die knusprigen Speckchips wird doppelt geräucherte Speckschwarte – vom Metzger des Vertrauens – in sehr feine, ca. 2 mm dünne Scheiben geschnitten. Solch feine Scheiben erhält man, wenn die Speckschwarte tiefgefroren an einer Aufschnittmaschine bearbeitet wird. Ausgelegt auf einem Backblech, werden die Speckschwarten bei 163°C im Ofen bis zur goldbraunen Perfektion geröstet.
Bei gleicher Hitzekur finden sich auch die Kürbiskerne im Ofen wieder. Jene werden bei 175°C gebacken und anschließend mit Salz abgeschmeckt.
Rückkehrend zum Hauptakteur des Gerichtes, dem Butternusskürbis. Diese Kürbisart zeichnet sich vor allem durch seine Süße aus. Als Protagonist der Speise wird der Kürbis in vier kreativen Varianten komplett neu vorgestellt und zieht somit die ganze Aufmerksamkeit des Genießers auf sich.
Neben den vorbereiteten, eingelegten Butternusskürbis-Rauten serviert der New Yorker Koch in einem Dampfbad sanft gegarte Kürbisspalten, welche abgerundet die gleiche Form wie die Tiefseegarnelen annehmen. Kurz vor dem Anrichten des Tellers, werden diese Kürbisspalten mit etwas Öl in einer Schwenkpfanne gleichmäßig erhitzt und mit Röstaromen verwöhnt.
Einen weiteren geschmacklichen Volltreffen stellt das Butternusskürbis-Püree dar. Hierzu wird der Butternusskürbis kurz angeschwitzt um später mit etwas Thymian und Wasser zart gegart zu werden. Anschließend wird der weiche Kürbis püriert und mit kalter Butter langsam aber stetig verfeinert. Für die perfekte Konsistenz streicht man die Masse noch einmal durch ein Sieb. Da die Größe von Kürbissen variieren kann, ist die Mengenangabe von „1/4 geschältem Butternusskürbis“ recht wage. Aber unser Endergebnis kann sich dennoch sehen lassen.
Als letzte Variation des Genussbotschafters, wird der Hobbykoch mit einer kräftig aufgeschäumten Butternusskürbis-Bisque überrascht.
Die Bisque ist im Grunde recht klassisch gehalten. Die Aromaten – hier Butternusskürbis, Fenchel und Ingwer – werden in Butter angeschwitzt, mit Mehl angedickt und anschließend mit Cognac, Wermut, Tomatensaft und Hummer- oder Krustentierfond abgelöscht. Nachdem die Flüssigkeit stark reduziert wurde, wird der Bisque-Grund abgeseiht auf hoher Stufe püriert sowie mit einer feinen Mischung aus Creme fraîche, Hummerrogen und Limettensaft komplettiert.
Im letzten Schritt, kurz vor dem Anrichten und Servieren, darf man sich letztlich an die Tiefseegarnelen wagen. Der Zubereitungsprozess besteht hierbei allerdings aus einem Zweiteiler. So muss vorab eine Beurre Blanc hergestellt werden. Diese schafft man durch das wiederholte reduzieren von Weißwein, Orangensaft und Sahne. Wenn die Flüssigkeit ihren gänzlichen Geschmack auf einen winzigen Rest konzentriert hat, kann die Butter langsam in der Flüssigkeit zerlassen werden. Der Koch wird belohnt mit einer kräftigen, immer noch flüssigen Beurre Blanc.
Damit die Garnelen auf den Punkt gegart werden können, muss die Beurre Blanc eine exakte Temperatur von 53°C haben.
Wenn die oben genannte Bedingung erfüllt ist, können die Garnelen in der geschmackvollen Beurre Blanc pochiert werden. Hier beginnt der bekannte Übergang, die Garnelen ändern ihre Farbe in ein appetitliches Orange-Rot.
Nach insgesamt 8 Stunden Arbeit, dürfen die Einzelkomponenten kombiniert werden. Das Anrichten des Tellers scheint therapeutisch zu wirken. Arbeitsstunden, Mühen und Vorbereitungen eines ganzen Tages auf dem Teller zu vereinen, hat etwas Spirituelles. Hochwertige Zutaten, traditionelle und zugleich innovative Zubereitungsarten sowie ein Forum an verschiedenen Aromen finden alle zusammen und können in einer kleinen Gemeinschaft genossen werden.
Das letzte Wort
Daniel Humms Eleven Madison Park: The Cookbook ist wahrlich eine Schatztruhe der raffinierten Genüsse. Bei einem Buch, welches mit einer solchen Hingabe und Bandbreite an variablen Gerichten geschrieben wurde, ist es schon beinahe nebensächlich, ob man jene Gerichte in wahrer Gänze oder nur einzelne Komponenten nachkocht, vielleicht lediglich durchstöbert.
Das Buch ist für alle drei Möglichkeiten konzipiert. Bis auf die oben genannte Ausnahme sind die Gerichte penibel genau aufgeschrieben. Obendrein gibt es ein ausführliches Nachschlagwerk, sowie mehrere gut gefüllte Kapitel mit Grundstöcken, Gels, Streusel, Pürees und Eingelegtem. Letzteres lädt natürlich zu Ausprobieren ein. Doch auch die mit Liebe geschriebenen Biografien, die weit ins Detail gehenden Beschreibungen zum Stil, zur Inspiration des Restaurants Eleven Madison Park machen aus dem Kochbuch ein Lesebuch.
Der Plan der Speisekammer und der Küche, die Erklärung der Küchenposten und Serviceaufgaben, die Darlegung eines kompletten Tages im Elven Madison Park, all diese Elemente machen das reine Durchstöbern dieses Kochbuches spannend. Auch ohne gut ausgestattete Küche oder mit nur wenig Kocherfahrung kann man so seinen ganz eigenen Teil vom Eleven Madison Park – The Cookbook mitnehmen.
Nachhaltig mit dem Pacojet
Für unserer Gericht war die Menge an Bisque eindeutig zu viel. Die restliche Masse haben wir im Pacojetbecher eingefroren und je nach Bedarf portionsweise mit dem Pacojet 2 Plus pacossiert.
In Kombination mit gegrillten Lachs und dessen Kaviar ist diese Bisque sehr zu empfehlen. Wie das funktioniert, ist in unserer Reportage über den Pacojet 2 Plus als Innovation in der Küche nachzulesen. Eine weitere Reportage stellt den Pacojet vor beschäftigt sich mit den Grundlagen des Arbeitens mit dem Pacojet 2 Plus.
Geschrieben und Nachgekocht: Noris F. Conrad
Titel: Eleven Madison Park: The Cookbook
Verlag: Matthaes
ISBN: 978-3-87515-072-8
Erscheinungsjahr: 2012
Autor: Daniel Humm, Will Guidara