Um den Zauber eines Ortes oder – in diesem Fall – eines Getränks zu erleben, muss man einfach vor Ort sein. Bourbon war für mich – zu – lange nur eine weitere Flasche in meiner Hausbar oder eine Zutat für Cocktails.
Seit meiner Reise nach Kentucky weiß ich: Bourbon ist weit mehr als das. Er ist Kultur, Handwerk und Geschichte in einem Glas. Und nirgendwo kann man das besser spüren als in Kentucky, der Heimat des Bourbons.
Die Seele des Bourbons
„Der Bourbon ist nicht nur ein Getränk, er ist eine Lebenseinstellung“ sagte schon Mark Twain. Und wenn jemand den Kentucky Bourbon so treffend beschreibt, dann muss doch etwas Wahres daran sein. Kentucky gilt aus mehreren Gründen als die Heimat des Bourbons, die sowohl mit den natürlichen Gegebenheiten als auch der Geschichte des Staates zusammenhängen.
Zum einen liegt Kentucky auf einer Kalksteinschicht und das Wasser, das durch diesen Kalkstein gefiltert wird, ist besonders reich an Mineralien und frei von Eisen. Was wiederum perfekt für die Bourbon-Produktion ist, da es den Geschmack beeinflusst und den Fermentierungsprozess fördert.
Zum anderen ist das Klima Kentuckys ideal für die Bourbon-Reifung. Denn die Temperaturschwankungen sorgen dafür, dass der Whiskey im Holzfass expandiert und kontrahiert, was ihn intensiver mit dem Holz interagieren lässt und den typischen Geschmack entwickelt.
Bourbon hat tiefe Wurzeln
Gleichzeitig hat der Bourbon tiefe, geschichtliche Wurzeln, die jedoch nicht ganz eindeutig belegt sind: Ende des 18. Jahrhunderts siedelten viele schottisch-irische Einwanderer in der Region und brachten ihre Brenntraditionen mit. Sie begannen, Mais anstatt Gerste als Hauptzutat für Whiskey zu verwenden, da dieser in Kentucky reichlich vorhanden war. Elijah Craig war ein baptistischer Prediger aus Kentucky.
Der Legende nach war er der Erste, der seine Whiskeys in ausgebrannten Eichenfässern lagerte, was den typischen Geschmack und die Farbe des Bourbons prägte. Dr. James C. Crow war ein Chemiker und Brenner. Er verbesserte die Qualität und die Konsistenz, indem er den „Sour Mash“-Prozess (eine Fermentationsmethode) einführte, der heute noch in der Bourbon-Herstellung verwendet wird. Und dann gibt es noch Evan Williams, aber dazu komme ich später.
Whiskey statt Whisky
Obwohl Bourbon überall in den USA hergestellt werden darf, gelten strikte Vorschriften, die sicherstellen, dass er zu mindestens 51 Prozent aus Mais besteht und in neuen, ausgebrannten Eichenfässern gelagert wird. Da diese Regeln maßgeblich in Kentucky entwickelt wurden, gilt der Staat als die „Bourbon Hauptstadt“.
Um sich vom schottischen Whisky abzugrenzen, begannen die Siedler, ein „e“ hinzuzufügen – aus Whisky wurde Whiskey. Damit wollten sie die Qualität ihres Whiskeys hervorheben und deutlich machen, dass ihr Produkt anders sei. Mission accomplished.
Erster kommerzieller Bourbon-Brenner
Mein Bourbon-Trail beginnt in Louisville, einer Stadt, die auf den ersten Blick nichts mit Whiskey zu tun hat – bis man sich in die Altstadt begibt und den Hauch von fermentierendem Mais und Eichenholz in der Luft riecht. Gleich mein erster Besuch bei der Evan Williams Bourbon Experience bringt mich zum Staunen. Evan Williams war einer der ersten kommerziellen Bourbon-Brenner und die Tour durch seine Destillerie ist weniger ein einfacher Rundgang, sondern vielmehr eine interaktive Geschichtsstunde, gespickt mit Geschichten von Pionieren und Legenden.
Hier erfahre ich, dass Evan Williams nicht nur ein Name auf einer Flasche ist, sondern der Mann, der 1783 das Fundament für das legte, was heute die amerikanische Bourbon-Kultur prägt. Und als ich schließlich den ersten Schluck eines perfekt gereiften Evan Williams Bourbon trinke und mir dabei das Zitat von Bessie Smith, einer der größten Blues-Sängerinnen – „It´s a long old road, but I know I´m gonna find the end“ – durch den Kopf geht, wird mir klar, warum dieser Drink seit Jahrhunderten Menschen in seinen Bann zieht.
Kentucky Bourbon Trail
Der Weg führte mich weiter nach Bardstown, dem Herzstück des Kentucky Bourbon Trails. In der Bardstown Bourbon Company treffe ich auf eine moderne Interpretation dieses traditionellen Handwerks. Schon beim Betreten der Destillerie spüre ich den Innovationsgeist, der hier weht. Diese Destillerie ist nicht nur für ihre hochwertigen Bourbons bekannt, sondern auch für die Art und Weise, wie sie Besucher in den Herstellungsprozess einbindet.
Die Möglichkeit, Cocktails zu mixen, verschiedene Fässer zu probieren und den Brennprozess hautnah mitzuerleben, gibt mir das Gefühl, ein Teil der Bourbon-Geschichte zu sein. Und als ich meinen ersten selbst gemixten Cocktail trinke, denke ich an Mark Twain.
Eine weitere Station, die mich besonders beeindruckt, ist Lux Row Distillers. Diese Brennerei, ebenfalls in Bardstown gelegen, zeigt, dass Bourbon eine Kunst ist, die über Generationen weitergegeben wird. Lux Row setzt auf Authentizität und Handwerkskunst. In einer der Führungen erfahre ich, dass jedes Fass mit der gleichen Sorgfalt behandelt wird, als wäre es ihr einziges.
Die Teilnahme an der Cocktail-Class dort ist ein Highlight meiner Reise – nicht nur wegen der Drinks, sondern auch wegen der Leidenschaft, die ich in jeder Erklärung spüre. Es ist erstaunlich zu sehen, wie unterschiedlich Bourbon schmecken kann, je nachdem, wie er hergestellt und gelagert wird. Bei Lux Row ist dies in jedem einzelnen Tropfen spürbar.
Lexington – Die frische Seite des Bourbons
In Lexington angekommen, begegnet mir eine ganz neue Seite des Bourbons. Die Fresh Bourbon Distilling Co. bringt mich dazu, über die Zukunft des Bourbons nachzudenken. Hier wird die traditionelle Bourbon-Herstellung auf eine frische Art und Weise interpretiert, die zeigt, dass Innovation und Tradition Hand in Hand gehen können.
Die Leidenschaft des Brennmeisters ist ansteckend – er spricht über seine Vision, Bourbon auf eine moderne Art zu präsentieren, und ich kann nicht anders, als mich mitreißen zu lassen. Der Geschmack des Fresh Bourbon ist etwas völlig Neues: Ein mutiger, aber ausgewogener Bourbon, der zeigt, dass auch in einer altehrwürdigen Branche wie der Bourbon-Herstellung immer Platz für Neues ist.
Maßgeschneiderter Genuss bei Bespoken
Eine ganz andere Herangehensweise finde ich in der Bespoken Distillery. Hier dreht sich alles um „maßgeschneiderten“ Geschmack. Bespoken ist bekannt für seinen Ansatz, den Reifeprozess zu beschleunigen, indem moderne Technologien verwendet werden, um die Aromen gezielt zu beeinflussen und dennoch einen komplexen Bourbon zu kreieren.
Als ich das erste Mal davon höre, bin ich skeptisch – wie kann man jahrelange Fassreifung einfach ersetzen? Doch nach der Verkostung ist klar: Diese Technik funktioniert, und das Ergebnis ist erstaunlich. Jeder Schluck hat eine Tiefe, die ich nicht erwartet habe, und die Möglichkeit, einen personalisierten Bourbon zu schaffen, macht dieses Erlebnis einzigartig.
Von 0 auf Bourbon
Meine Reise nach Kentucky hat meine Einstellung zu Bourbon völlig verändert. Was als einfacher Besuch einer Destillerie begann, wurde schnell zu einer Liebesgeschichte mit diesem alteingesessenen und doch vielfältigen Getränk. In den Worten von Hunter S. Thompson: „I don’t drink much Bourbon, but when I do, I drink the best.“ Kentucky hat mir gezeigt, was dieser „beste“ Bourbon sein kann.
Jeder Tropfen erzählt eine Geschichte – sei es von den Pionieren wie Evan Williams oder den Innovatoren wie Bespoken. Am Ende dieser Reise bleibt mir eine Erkenntnis: Bourbon ist nicht nur ein Getränk, es ist ein Erlebnis. Ein Erlebnis, das man mit jedem Schluck wieder neu entdeckt. Und eines weiß ich mit Sicherheit: Meine neue Liebe zum Bourbon wird mich noch lange begleiten.
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