Heidelbergs Ruprecht-Karls-Universität ist eine der ältesten Universitäten Europas. Nachdem 1385 das Gründungsprivileg von Papst Urban VI. erteilt wurde, nahm man nur ein Jahr später den Lehrbetrieb auf. Im Laufe ihrer Geschichte etablierte sich die Universität als zentraler geistiger Mittelpunkt mit zunehmenden internationalem Renommee. Zahlreiche Nobelpreisträger betrieben ihre wegweisende Arbeit an dieser Forschungs- und Lehreinrichtung. Bekannte Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft bereiteten sich in Heidelberg auf ihre Karrieren in den unterschiedlichsten Sparten vor, um die Entwicklung unserer Gesellschaft aktiv mitzugestalten.
Und natürlich waren und sind Studenten keine Kinder von Traurigkeit. Ihre Spuren prägen bis heute Heidelbergs Stadtbild. Immer noch sieht man Mitglieder von Burschenschaften oder Corps in ihren Uniformen durch die Straßen ziehen. Das Ideal jener Studentenvereinigungen, von denen es zirka 1.000 in Deutschland gibt, liegt in der gelebten Gemeinschaft, die in der Regel lebenslange Freundschaften hervorbringt. Die Verbundenheit im Geiste drücken Mitglieder eines Corps mit ihren Farben aus und folgen uralten Ritualen. Es sind gesponnene Netzwerke, von denen jeder Protegé profitiert.
Die Alten Herren jener Verbindungen unterstützen nach wie vor ihre Schützlinge – unter anderem mit Freibier. Ihre Treffen, Kneipe oder Kommers genannt, erfordern Trinkfestigkeit und obendrein eine aufrechte Haltung. Orte ihrer Zusammenkünfte stecken voll geballter Zeugnisse studentischen Lebens und gelten inzwischen als Wahrzeichen Heidelbergs.
Historisches Studentenlokal „Zum roten Ochsen“
Der „Gasthof zum roten Ochsen“ steht seit 1703 an Heidelbergs Hauptstraße Nummer 217. Am 7. September 1839 erwarb Albrecht Spengel das Gebäude und seit jenem Tag befindet sich der „Rote Ochse“ im Besitz der Familie Spengel. Wer diesen Gasthof betritt, wird von dunkel vertäfelten Wänden empfangen, die aus der Zeit gefallen scheinen. Schwarz-weiß Fotografien und Bleistiftzeichnungen umrahmen die alten Buntglasfenster. An der Decke prangen in schillernden Farben die Wappen der Studentenverbindungen.
Wer hier mit seinen Kameraden Bier trank, hat dem Lokal seinen Stempel aufgedrückt bzw. mehr oder weniger Kluges in Wände und Tische geritzt. Diese Kunstwerke stehen in einem historischen Kontext, der die Ideale der vornehmlich im 19. Jahrhundert gegründeten Studentenverbindungen widerspiegelt. Hauptsächlich die Studenten der Burschenschaft ‚Frankonia‘, der Verbindungen ‚Rupertia‘ und ‚Hamburger Gesellschaft‘ sowie jene der „Freien Schweizer Vereinigung“ hatten den „Roten Ochsen“ als ihr Stammlokal auserkoren.
Die Hamburger und Schweizer Jungs wohnten zeitweise über dem Lokal. Es ist die Einmaligkeit der studentischen Schöpfungen, die den „Gasthof zum roten Ochsen“ als Kultlokal in Heidelberg etablierte. Später gaben sich Künstler unterschiedlicher Genre die Klinke in die Hand. Heute ist der Gasthof der Spengels ein Touristenmagnet.
Der ehrenvollen Verpflichtung der „Ochsenwirte“ geht auch die sechste Generation mit Anne und Philipp Spengel tagtäglich nach. Es gilt „Das Alte, das Traditionsreiche zu bewahren und es mit dem lebendigen Geist der Epoche auszufüllen“. Aus gutem Grund findet man auf der Karte bodenständige Gerichte, denen es weder an Geschmack noch an Umfang mangelt. Und selbstverständlich fließt noch immer Heidelberger Bier aus dem Zapfhahn, jenes Bindemittel studentischer Vereinigungen.
Die Freundlichkeit der langgedienten Gastgeberfamilie Spengel ist geradezu ansteckend. So verlässt man von gutbürgerlicher Küche umfassend gesättigt das „Gasthaus zum roten Ochsen“, um eine weitere akademische Hinterlassenschaft unter die Lupe zu nehmen.
Studentenkarzer, der Ungehorsamen Exil
Ein Abstecher im Studentenkarzer steht wohl auf der Liste eines jeden Heidelberg-Besuchers. Der noch einzig verbliebene Karzer befindet sich an der Rückseite der „Alten Universität“ und ist Teil des Universitätsmuseums. Berühmt ist das Gefängnis ungehorsamer Studenten wegen seiner imposanten Graffiti und obendrein ist es besonders sehenswert. Das Vorhandensein des Karzers geht auf die Gründungszeit der Lehranstalt zurück, als diese noch eine eigene Gerichtsbarkeit besaß.
Der museale Karzer Heidelbergs fungierte zwischen 1712 und 1914 als Gefängnis für Studenten, die an der Ruprecht-Karls-Universität immatrikuliert waren. Allerdings entstanden die Inschriften und Konterfeis von Insassen erst in den letzten Jahren der Nutzung. Es war bei den Studenten angesagt, einmal hinter den berühmten Mauern einzusitzen. Je nach Vergehen variierten die Haftstrafen von 24 Stunden bis zu 4 Wochen.
Doch zumeist sorgten ausgiebige Gelage für den Stein des Anstoßes. Mit den feucht-fröhlichen Feierlichkeiten gingen Verstöße gegen die öffentliche Ordnung einher, die sich in nächtlichen Ruhestörungen durch lautes Singen äußerten und in Beleidigungen von Amtmännern gipfelten.
Die Delinquenten durften jedoch das ‚Zuchthaus‘ für ihre Vorlesungen verlassen, der Bildung sollte stets Genüge getan werden. Während die Insassen an den ersten beiden Hafttagen nur Wasser und Brot bekamen – das sollte vielleicht beim Ausnüchtern helfen – wurden sie später von Mitstudenten versorgt, sicherlich auch mit einem ordentlichen Krug Heidelberger Bier.
Wie sie sich – wohlweislich nach Corps-Zugehörigkeit getrennt – die Zeit vertrieben, kann bis heute an den Wänden, Tischen und Bänken in Erfahrung gebracht werden. Jedenfalls bewahrten sie sich immer eine große Portion Humor und waren natürlich dem anderen Geschlecht sehr zugetan.
Der „Studentenkuß“
Der Heidelberger Studentenkuß ist eine edle Süßigkeit mit kulturellem und vielleicht auch mit historischem Wert. Sie wurde Ende des 19. Jahrhunderts von einem geschäftstüchtigen Konditormeister kreiert, als biedere, gesellschaftliche Normen das zwanglose Miteinander beider Geschlechter unmöglich machte. Heute ist der süße Taler längst Heidelbergs schokoladiges Wahrzeichen, an das selbst Monarchen, Staatsmänner und Stars ihr Herz verloren haben.
Alles begann mit den Beobachtungen des Chocolatiers Fridolin Knösel. 1863 gründete er seine Chocolaterie Knösel inmitten der Altstadt von Heidelberg. Er muss ein wahrer Meister seiner Zunft gewesen sein, denn recht bald frequentierten junge Damen aus erlauchten Kreisen und vornehmen Internaten sein Café. Die beständig wachsende weibliche Population im Café sprach sich schnell unter den männlichen Studierenden herum.
Allerdings konnte die Angebetete nicht einfach plump angesprochen werden, denn Gouvernanten wachten über die Tugend der ihr anvertrauten Dame. Fridolin Knösel nutzte die Gelegenheit und erschuf den Studentenkuß. Galant konnte nun der Herzensdame ein Taler überreicht werden, wer konnte da schon ‚Nein‘ sagen. Die Anstandsdamen rechneten nicht mit der Cleverness von Fridolin Knösel, der den Studentenkuß in einer Pappschachtel verpacken ließ, um kleinen Botschaften Platz zu geben.
Noch heute stellt man die Taler von Hand her. Somit führt Familie Knösel die Tradition des Studentenkusses fort, der sich als besonderes Souvenir einen Namen gemacht hat. Regelmäßig wird das Heidelberger Rathaus beliefert, damit internationale Staatsgäste in den Genuss der unikaten Süßigkeit kommen. In der Haspelgasse 16, unweit der Heiliggeistkirche, findet man den Studentenkuß für zu Haus, um lieben Menschen eine Freude zu bereiten.
Das Café Knösel ist leider nicht mehr im Besitz der Familie und einen Besuch diese Cafés können wir auch nicht wirklich empfehlen.
Kostbarkeit Wissen
Auf den Spuren des studentischen Erbes von Heidelberg begegnet man den Mitgliedern der Elite-Universität mit einem Augenzwinkern, aber auch mit einem kritischen Blick. Man trifft auf eigentümliche Rituale oder gar auf befremdliche Gesinnungen. Was nicht mehr zeitgemäß erscheint, wird dennoch gepflegt. Die Verbindungen, in denen heute lediglich 2 bis 3 Prozent aller Studierenden organisiert sind, unterscheiden sich in ihren Prinzipien und politischen Postionen. Manchen dieser Zusammenschlüsse haftet ein altertümliches Profil an, das insbesondere seit den Studentenbewegungen der 1968er ablehnend betrachtet wird.
Wissenschaft und Fortschritt sind eng mit Heidelberg verbunden. Zeuge dessen ist die Bronzeplatte auf dem Universitätsplatz, an die berühmte Heidelberger Disputation erinnernd. Einst stand an dieser Stelle ein Augustinerkloster, in welchem Martin Luther seine 95 Thesen am 26. April 1518 im Hörsaal der Artistenfakultät der Universität Heidelberg verteidigen musste. Keiner war sich damals wohl der historischen Tragweite bewusst, keiner ahnte die bahnbrechenden Veränderungen, die Europa bevorstanden.
Teil der ältesten Universität Deutschlands ist ihre Bibliothek, die scheinbar alles Wissen unter einem Dach vereint. Als älteste Bibliothek unseres Landes gelangte sie bereits nach ihrer Gründung zu Weltruhm. Unter anderem wurden hier die Grundlagen der Bibliotheca Palatina geschaffen, welche während des Dreißigjährigen Krieges dem Vatikan überlassen wurde. Ein kleiner Teil dieser bildungsgeschichtlichen Sammlung wird inzwischen wieder in der Heidelberger Universitätsbibliothek verwahrt. Darunter befindet sich die einzigartige deutsche Liederhandschrift des Mittelalters, der Codex Manesse.
Hotelempfehlung Heidelberg
In Heidelbergs einzigem 5 Sterne Superior Hotel, dem Europäischen Hof, logierten von Beginn an Gäste, die der Universität verbunden waren. Der heutigen Gastgeberin und Geschäftsführerin des Grand Hotels, Dr. Caroline von Kretschmann, wurde 2018 die Würde der Ehrensenatorin an der Ruperto Carola verliehen. Mit dieser Ehrung stärkte man die Verbindung von Wissenschaft und Wirtschaft am Standort Heidelberg.
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