Angelo Gaja gehört wohl zu den bekanntesten Männern Italiens. Auf seinem Weingut im Piemont bringt er famose Weine hervor, die in einem Atemzug mit den großen Franzosen genannt werden. Nicht minder prestigeträchtig als ihre namhaften französischen Mitstreiter, gehören die vinophilen Erzeugnisse der Familie Gaja zur Upper Class der Weinwelt. So avancierten Gaja Weine zum Statussymbol, schließlich weiß jeder Kenner in welchem Preissegment man sich hier bewegt.
Gestatten: Gaia Gaja
Gaia Gaja, sympathisch und charismatisch, ist inzwischen das Gesicht der Familie, die ihre Heimat in der Gemeinde Barbaresco hat. Gemeinsam mit ihrer Schwester Rossana Gaja leitet sie seit 2010 das Weingut in fünfter Generation, wobei Vater Angelo sich keineswegs im Ruhestand befindet.
Erstmals war Gaia Gaja nach Hattenheim gereist. Den Grund gab das 23. Rheingau Gourmet & Wein Festival. Im Rahmen dieses Festivals finden in der Georg Müller Stiftung alljährlich Wine-Tastings ausgesuchter Produzenten statt. Der Name Gaja lockte wahrlich eine stattliche Zahl an Interessierten ins Rheingau. Denn eine Verkostung dieser Weine, von der Inhaberin persönlich präsentiert, bekommt man in der Mitte Deutschlands nicht jeden Tag geboten.
Wenn Gaia Gaja mit leuchtenden Augen von ihrer Heimat, der Familie und dem Weinbau erzählt, ist ihre Passion spürbar. Sich nicht auf den Lorbeeren früherer Generationen, insbesondere denen des Vaters, ausruhend, sieht sie die Menschen der Langhe als hart arbeitende Bauern, Landwirte oder Ökonomen. Hört man Gaia Gaja zu, scheint es nichts Spannenderes auf unseren Planeten zu geben, als sich mit Weinbau zu beschäftigen.
Wein im Fokus
Zwei Weißweine des Jahres 2017 sowie sechs Rotweine aus dem Jahr 2014 galt es verkosten. Auch wenn die Familie Gaja ihren Stammsitz in Barbaresco hat, darf sie doch erste Lagen im Barolo-Gebiet sowie in der Toskana ihr Eigen nennen.
Die Reben des ersten Weins Vistamare – einer Cuvée aus Vermentino, Viognier und Fiano -genießen den Ausblick aufs Meer und wurden im Geburtsjahr von Gaia Gaja gepflanzt. Es ist verführerischer Wein mit dem würzigen Duft der Toskana. Für den Rossj-Bass, einer Cuvée aus Chardonnay und Sauvignon Blanc – in der Langhe herangereift – ist Angelos jüngste Tochter Rossana Namenspatronin.
Dritte Kostprobe und erster Rotwein des Tastings: Barbaresco. Die Nebbiolo-Trauben von vierzehn Weinbergen in Barbaresco finden sich in diesem Wein, dessen Name Programm ist.
Als ersten Einzellagenwein durfte an diesem Nachmittag der Costa Russi verkostet werden. Die Nebbiolo Trauben gedeihen auf einem fast 50 Jahre alten, 4,5 Hektar umfassenden, sonnenverwöhnten Weinberg. Sorì Tildin, ein weiterer finessenreicher Lagenwein, dessen Bezeichnung an den Kosenamen von Gaias Großmutter angelehnt ist, spiegelt die perfekte Südlage (Sorì) an der Spitze des Berges wider.
Beide Weine sind eine Assemblage aus 95 Prozent Nebbiolo und 5 Prozent Barbera. Weiter ging es mit einem 100 prozentigen Nebbiolo, dem Lagenwein Sori San Lorenzo. Er zählt zu den kraftvollsten Rotweinen aus dem Hause Gaja, der 12 Monate in Barriques und weitere 12 Monate in großen Fässern aus slawonischer Eiche reift.
Schon neigten wir uns dem Ende der Verkostung. Zwei außergewöhnliche Rotweine standen noch aus und jeder war fasziniert, fast berauscht von den Ausflügen in die Toskana und ins Piemont. Conteisa und Sperss, Wohlklänge in den Ohren von Barolo Liebhabern, bildeten den Abschluss des Tastings.
Beide Weine gehören zu den Paradeweinen des Weinguts Gaja und gelten als vollendete Baroli. Im Anschluss an die Verkostung untermalte ein Sperss des Jahrgangs 1991 das Hauptgericht des Dinners von 3 Sterne Koch Christian Bau.
Ein Weingut, eine Geschichte
Wine-Tastings geben immer wieder Freiräume für eigene Experimente, lassen Spielraum, persönliche Vorlieben herauszufinden und sind nicht zuletzt bestens geeignet, großartige Entdeckungen zu machen. Für Weinbegeisterte, die gern hinter die Kulissen schauen möchten, hatte Gaia Gaja ein Werk von Edward Steinberg im Gepäck. In „Sorì San Lorenzo – Die Entstehung eines großen Weins“ beschreibt er den Aufstieg eines Weinguts, ja einer Region in die internationale Spitzenklasse der Weine.
Sorì San Lorenzo ist Lektüre zum genießen, vielleicht mit einem Glas Sorì San Lorenzo aus dem Jahr 2011, der Robert Parker 96 Punkte wert ist.