Das Brot – kaum ein anderes Lebensmittel prägt unsere Ernährung so sehr. Brot herzustellen, ist tief in unserer Kultur verwurzelt. Es verbindet Menschen und transportiert eine uralte Tradition in die Gegenwart. Es wandelt durch die Zeiten, einmal als bloßer Sattmacher, ein anderes Mal als trendiges Hipster-Food.
Brot im Feinkunsthaus zu Münster
Vier Tage stand das Thema Brot im Fokus des Feinkunsthauses zu Münster. Im Rahmen der Präsentation des Buches „Gutes Brot“ wurde gesprochen, gebacken und genossen. Brot war das allgegenwärtige Medium, dessen Facettenreichtum in Gänze beleuchtet wurde. Neben den Autoren des jetzt in deutscher Sprache beim DK Verlag erschienenen Brotbuchs, versammelten die Organisatoren Nicole Scharte, Joerg Lehmann und Matthias Grenda weitere Akteure im Feinkunsthaus von Nicole Scharte. Gemeinsam brachen sie eine Lanze für handwerklich hergestelltes Brot, ob in einem Vortrag oder in der Backstube.
Ihr Feinkunsthaus ist zudem der passende Rahmen für ein Buch, dessen Inhalt sich mit dem Nichtalltäglichem beschäftigt. Ebensolche sorgsam ausgesuchten Dinge sind bei Nicole Scharte zu finden. Jedes zum Verkauf stehende Produkt erzählt eine Geschichte. Beispielsweise greift sie mit ihrer eigenen Schmucklinie die Historie des Bergbaus in Münster auf.
In dem ehemaligen Blumenladen schlägt Nicole Scharte mit schönen Einzelstücken eine Brücke zum Genuss für alle Sinne. Die Palette reicht von Kunst, Design, Schmuck bis zu edlen Feinkostprodukten aus kleinen Manufakturen.
Gleich daran grenzt das Lemperhaus. In dem denkmalgeschützten Gebäude wurde einst mit Saatgut gehandelt. Und heute leitet Nicole Scharte Events und Kochkurse in dem 300 Jahre alten Haus, welches sich einmal im Besitz der Familie von Ute Lemper befand.
Körnige Vielfalt
Zirka 11.000 Jahre liegt es zurück, als unsere Vorfahren in der Jungsteinzeit erstmals Getreide anbauten. Man begann Emmer und Einkorn zu kultivieren und im Laufe der Jahrhunderte gesellten sich unzählige Neuzüchtungen hinzu. Maßgeblich wurde der Getreideanbau von der Machtverteilung in Europa bestimmt. Neue Züchtungen sollten schließlich den Hunger einer stetig wachsenden Bevölkerung stillen. Seit der Industrialisierung und der Verfügbarkeit synthetischer Dünge- bzw. chemischer Pflanzenschutzmittel beschränken wir uns auf den Anbau weniger Sorten.
Das Thema Biodiversität spielt in punkto Ernährung der Zukunft eine immer größere Rolle. Alte Sorten wieder in die Nahrungskette einzubringen, scheint unerlässlich. Zudem überzeugen sie im Geschmack. Ullrich Schulze von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen beschäftigt sich seit Jahren mit pflanzengenetischen Ressourcen, also mit der Frage: Sind alte Sorten noch gebrauchsfähig?
In diesem Zusammenhang ergaben sich Projekte mit Landwirten, Müllern, Bäckern sowie der Universität Geisenheim. Beispielsweise werden auf kleinen Flächen Binkel- und Perlweizen angebaut. Simon Hoberg, Inhaber der Brotmanufaktur „Herr von Myra“ in Soest, verarbeitet beide Sorten zu erstklassiger Broten, natürlich traditionell von Hand mit langer Teiggare.
Alte Gerstensorten, unter anderem die Land- oder Chevallier-Gerste, sind bei Craft Beer Brauereien aufgrund ihres hohen Eiweißgehalts gefragt. So wird in Steinfurt das Friedensreiter Bräu ausschließlich aus historischen Getreidesorten gebraut. Die Rohstoffe werden in Bio-Qualität geliefert und das Wasser für den traditionellen Brauprozess entspringt in einem Naturschutzgebiet. Das beschert uns Biere mit fast vergessenen Aromen und lenkt die Aufmerksamkeit auf die nötige natürliche Vielfalt.
Netzwerk Brot
Wenn es einen Mann gibt, der von sich behaupten kann, die besten Bäcker Europas zu kennen, dann ist das Food-Fotograf Joerg Lehmann. Gemeinsam mit Daniel Leader, Inhaber von „Bread Alone“, machte er sich auf die Suche nach Bäckern, die ihr Brot auf traditionelle Weise backen. Beide wurden fündig und vereinen jene Backhandwerker samt Philosophie und Rezepten in ihrem Buch „Living Bread“, welches nun auch in deutscher Sprache mit dem Titel „Gutes Brot“ erschienen ist.
Daniel Leader – der Bio-Bäcker aus New York
Drei Protagonisten des Brotbuchs bereicherten die Genussveranstaltung in Münster und buken mit leidenschaftlichen Hobbybäckern Brot. Den Anfang machte Daniel Leader aus New York. Der gelernte Koch betreibt dort seit vielen Jahren seine Bäckerei „Bread Alone“. Das nötige Rüstzeug lernte er von den traditionellen Bäckern Frankreichs und transportierte dieses Know How in seine Heimat. Inzwischen verteilen sich die Standort von „Bread Alone“ im gesamten Hudson Valley.
Nun war er im Feinkunsthaus zu Gast, um einerseits sein inzwischen sechstes Buch zu präsentieren und gleichzeitig Brot zu backen. Gemeinsam mit Heidi Schlautmann, der Brotfee aus Soest, teilte er sein Wissen und Können interessierten Kursteilnehmern mit.
Als Heidi Schlautmann ihre Liebe zum Brotbacken entdeckte, war sie hauptberuflich noch in der IT-Branche tätig. Nicht im geringsten dachte sie daran, eines Tages eigene Backkurse zu geben. Jedoch waren Freunde so sehr von den Künsten der Autodidaktin überzeugt, dass sie nun schon seit 3 Jahren ihre Leidenschaft anderen Hobbybäckern vermittelt. Gemeinsam mit Daniel Leader führte sie durch den Brotkurs im Feinkunsthaus zu Münster, der viele Facetten des beliebten Nahrungsmittels beleuchtete.
Arnd Erbel – Freibäcker aus Dachsbach
Ein weiterer Hauptdarsteller des „Guten Brots“ ist Arnd Erbel. Der Freibäcker aus Dachsbach lehnt seine Überzeugung an die des französischen Philosophen René Descartes. „Ich backe, also bin ich“, heißt seine Devise. Und diese ist mindestens genauso tiefsinnig wie das Original: „Cogito, ergo sum – Ich denke, also bin ich“.
Arnd Erbel ist nach seiner Auffassung als Freibäcker frei von allem, was ihn einengt. So wie sich die historischen Freibäcker nicht dem Zwang ihrer Zunft unterwarfen, so wenig macht sich der passionierte Bäcker aus dem Frankenland abhängig von industriellen Prozessen. Er vollbringt kleine Wunder aus Mehl, Wasser, Salz und Sauerteig, dem einzigen Triebmittel, das ihm in die Backstube kommt. Ganz Profi zeigte er den Kursteilnehmern, wie man Rezepte individuell anpasst und auch improvisiert perfekte Brote backen kann – getreu nach seinem Motto: „Wenn ich die Regeln kenne, darf ich sie auch brechen“.
Rodolphe Landemaine – der vegane Bäcker aus Paris
In Paris stellt ein ambitionierter Bäcker das klassisch französische Backhandwerk auf den Kopf. Die Bäckereien von Rodolphe Landemaine verteilen sich über ganz Paris, an fünf Standorten wird komplett vegan gebacken. Das kommt einer Revolution gleich, wenn man bedenkt, dass die französische Landwirtschaftskammer erst 2005 Foie Gras zum nationalen und gastronomischen Kulturerbe erklärte.
Er hielt im Lemperhaus einen flammenden Vortrag über die Notwendigkeit des Umdenkens bei der Herstellung von Lebensmitteln. Mit seinen Idealen einer veganen Lebensweise möchte er seinen Beitrag leisten, unseren Planeten auch nachfolgenden Generation in seiner Vielfalt zu erhalten. Mit Fug und Recht kann er als Pionier der veganen französischen Backkunst bezeichnen werden. Zudem verfolgt er mit seinem Unternehmen eine Mission, auf deren Weg er nicht nur jeden seiner 400 Mitarbeiter mitnimmt, sondern auch Menschen, die er allein mit dem Geschmack seiner veganen Backwaren überzeugt.
Eine Liebeserklärung an den Genuss
Brot ist das Ergebnis aus vier Zutaten, Leidenschaft und Zeit. Wer selbst Brot backt, kennt die Vorfreude, die von Stunde zu Stunde steigt, um dann endlich einen Bissen des ofenfrischen Brots genießen zu können. Genuss bedeutet nicht Verschwendung oder Extravaganz, vielmehr entsteht durch Genussfähigkeit Wertschätzung. Laut dem ebenfalls anwesenden Prof. Guido Ritter wird Brot auch in Zukunft ein wichtiger Bestandteil unserer Ernährung sein. Für Brotisten muss das beliebte Nahrungsmittel natürlich von Hand mit Herz und Passion entstehen.
Neugierig auf das Buch „Gutes Brot“ geworden? Dann geht es über den blau markierten Link zu unserer Rezension: Gutes Brot – ein Buch von Bäckern und ihrem Handwerk.
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