Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten

‚NoMad‘ steht für ‚North of Madison Square Park‘ und verkörpert den Lebensfrohsinn des bekannten Broadways von einst. Hier, inmitten eines baufälligen Distriktes, legten die Pioniere und Koryphäen Daniel Humm und Will Guidara – mit ihrem scheinbar endlosen Ideenreichtum – den Grundstein für eines der wohl atypischsten Grandhotels der Welt.

Das NoMad-Kochbuch von Daniel Humm und Will Guidara / © Redaktion FrontRowSociety.net
Das NoMad-Kochbuch kommt edel gebunden mit goldener Aufschrift daher. Es ist beinahe so, als würde man eine kleine Schatztruhe öffnen / © Redaktion FrontRowSociety.net

Man stelle sich ein klassisches Grand Hotel vor. Welche Merkmale machen es unverkennbar? Welche Servicewerte werden dem Gast vermittelt? Wie ist die Speisekarte aufgestellt? Und welches Flair strahlen die Zimmer aus? 

In der Tat keine leichte Aufgabe, wohl gewählte Antworten auf diese Fragen zu finden. Doch letztlich weisen alle Grandhotels Gemeinsamkeiten auf, welche aufgrund traditioneller Unbeweglichkeit oder des Glanzes der alten Schule nicht aufgegeben werden. Und das war es, was beide Akteuere wollten. Ein Hotel zu schaffen, welches die typischen Merkmale eines Grandhotels aufweisen.

Grandhotels prägen ganze Stadtviertel. Auch das Leading Hotel Kämp in Helsinki zählt zu den prägenden Häusern / © Redaktion FrontRowSociety.net

Wie ein Hotel ein New Yorker Viertel prägt

Genau wie der Distrikt, ist das The NoMad Hotel New York etwas Aufregendes, ja Glamouröses. Dank des französischen Stardesigners Jacques Gracia, glänzt das Design im Pariser Charme. Aufzuzählen sind hier die Bronzekuppel, welche an alte Gemäuer aus Florenz erinnert und eine Bar, die aus rein ästhetischen Zwecken mit zwei pompösen Holzelefanten besticht.

Das The NoMad Hotel New York hebt sich in vielerlei Hinsicht hervor und ist ein weiterer Beweis, dass Daniel Humm und Will Guidara entgegen jeder Norm und Regel, ein Kronjuwel der Gastfreundschaft erschaffen haben.

Das Schwesterprojekt des Eleven Madison Park, welches ganz der Inspiration der Rolling Stones folgt, wurde mehrfach ausgezeichnet und ist durch seine klare Abgrenzung sowie stetiges Bemühungen, dem Gast einen perfekten Aufenthalt zu bescheren, aus dem Schatten des großen Eleven Madison Parks getreten.

Am Hotel strahlen 5 Sterne. Das Restaurant ziert ein Stern des Guide Michelin; drei Sterne hat die New York Times vergeben und obendrein ist es mit dem James Beard Award ausgezeichnet.

Im ehemals bekannten Broadway-Viertel strahlt das The NoMad Hotel New York Extrovertiertheit aus. In diesem Hotel werden keine Grenzen gesetzt und genau dies verkörpert auch das ‚Kochbuch Nomad‘.

Daniel Humm auf der Chefsache 2019 über seine Restaurants und Ihre Konzepte / © Redaktion FrontRowSociety.net
Daniel Humm auf der Chefsache 2019 über seine Restaurants und Konzepte / © Redaktion FrontRowSociety.net

Neue Familienmitglieder

Die Gerichte aus diesem Buch stammen, nicht anders zu erwarten, von der Schweizer Kochkrone Daniel Humm höchstpersönlich. Sie spiegeln einen Mix aus seinen gesammelten Eindrücken in der Schweiz, Kalifornien und New York wider.

In jedem Gericht kann man einen Hauch der großen Schwester Eleven Madison Park spüren, dennoch bestechen die Rezepte durch eigene Energie und Raffinesse.

Dies begründet sich durch simplere Zubereitungsmethoden und intuitiv angerichtete Speisen. Seine Gerichte strahlen eine gewisse Schwerelosigkeit aus; das Restaurant im The NoMad Hotel New York hat nicht den Anspruch das beste Restaurant der Welt zu werden.

Es soll der reine Genuss im Fokus stehen – und das in jeder Beziehung. Das NoMad ist letztlich das Gefäß für die Reinkarnation der Rolling Stones. Das Restaurant ist offen und groß, die Musik soll tatsächlich gehört werden und nicht nur unterschwellig zur Grundstimmung beitragen.

Das Essen ist nicht zu kompliziert, es soll ein ungezwungener Genuss sein. An der Bar darf es laut sein. Hier können auch ein paar Drinks zu viel genossen werden, ohne das es anrüchig wäre. Der Plan, dem Eleven Madison Park eine laute Schwester zu verschaffen, ist mit diesen Konzept in die Realität umgesetzt worden, jedoch mit einer eigenen Identität.

Hähnchen, Foie Gras, Trüffelfüllung, klassisches Gericht von Daniel Humm und Will Guidara Das Hähnchen im Ganzen gebraten gibt es bereits seit der Eröffnung des NoMad-Hotels und ist seither ein wohl bekannter und gerne verspeister Klassiker / © Redaktion FrontRowSociety.net
Das Hähnchen im Ganzen gebraten gibt es bereits seit der Eröffnung des The NoMad Hotel New York und ist seither ein wohl bekannter und gern verspeister Klassiker / © Redaktion FrontRowSociety.net

Das Kochbuch „NoMad“

Das Buch ist aufgeteilt, wie ein legerer Abend in jenem Hotel. Der Gast kann zur Einstimmung einen leichten Snacks genießen, im lichtdurchfluteten Atrium einen ersten Gang wählen oder einen Cocktail aus dem hauseigenen Cocktailbuch kreieren.

Nach ‚Genuss‘ des Buches ist der Leser, genau wie der Gast im Hotel, wunschlos glücklich und reich an neuen Eindrücken. Wie von den beiden Gastronomie-Ikonen zu erwarten, liefern sie mit diesem edlen Kochbuch eine Geschichte. Jene Geschichte, die hinter dem The NoMad Hotel New York, der Idee, dem Konzept, dem Viertel, der Umsetzung, schlussendlich hinter dem gesamten Team steht.

Es ist ein Rundum-Paket, welches den Leser in den Bann zieht und ihn näher an das Geschehen und die Gerichte kommen lässt. Letzterer Zaubertrick ist Will Guidara zu verdanken, der mit seinem emotionalen Schreibstil jedem Kochbuch von Daniel Humm eine persönliche Note verleiht.

Daniel Humm zählt weltweit zu den angesagtesten Köchen - auf jeder Bühne ist er gern gesehener Gast
Daniel Humm zählt weltweit zu den angesagtesten Köchen – auf jeder Bühne ist er gern gesehener Gast / © Redaktion FrontRowSociety.net

Nachgekocht: Ein Kultgericht – Hähnchen im Ganzen gebraten, mit Linsen und Rosenkohl

Diese Hähnchen ist ein Gericht, welches sich seit der Eröffnung des The NoMad Hotel New York in seinem außergewöhnlichen Restaurant stets als wahre Gaumenfreude für das Äon präsentierte.

Unverkennbar beweist Daniel Humm im Eleven Madison Park Stil, wie variabel der Geschmack einzelner Zutaten in Kombination mit verschiedenen Zubereitungsmethoden sein kann.

Zwiebeln, Rosenkohl und Linsen in variierenden Ausführungen: Das Hähnchen wird mit einer Brioche-Trüffelfüllung verfeinert und findet sich – ganz der Küchenphilosophie Humms anschmiegend – mit saisonal wechselnden Beilagen auf dem Teller des Gourmets wieder.

Das gefüllte ganze Hähnchen samt Butterkleid bekommt eine Hitzkur von 220° Grad im Konvektomaten verschrieben / © Redaktion FrontRowSociety.net
Das gefüllte ganze Hähnchen samt Butterkleid bekommt eine Hitzekur von 220° Grad im Konvektomaten verschrieben / © Redaktion FrontRowSociety.net

Das Geheimnis des irreal sukkulent wirkenden Huhns ist die Mischung aus der ‚unter die Haut gegebenen‘ Füllung von Butter, schwarzem Trüffel, Brioche-Streusel und marinierter Foie Gras. Zusammen mit einer Zitronen-Thymian-Füllung wird das ganze Hähnchen im Butterkleid bei 220° Grad im Konvektomaten goldig braun veredelt.

Alsbald das Hähnchen eine appetitliche gold-braune Farbe annimmt, ist es an der Zeit den Gang zu servieren / © Redaktion FrontRowSociety.net
Sobald das Hähnchen eine appetitliche gold-braune Farbe annimmt, ist es an der Zeit, den Gang zu servieren / © Redaktion FrontRowSociety.net

Passend für die Herbstaromen findet sich Rosenkohl in zweierlei Ausführung. Während der blanchierte Rosenkohl dank des Butter-Hähnchenfond Mantels eine wohlig schmelzende Konsistenz erreicht, so besticht der gebratene Rosenkohl mit feinen Röstaromen und krossen Salzflocken.

Der gebratene Rosenkohl nimmt langsam Farbe und köstlich riechende Röstaromen an / © Redaktion FrontRowSociety.net
Der gebratene Rosenkohl nimmt langsam Farbe und köstlich riechende Röstaromen an / © Redaktion FrontRowSociety.net

Die Zubereitung der Hülsenfrüchte, in Form von Linsen, gestaltet sich ein wenig komplexer:

Vorab werden die grünen und schwarzen Linsen im klassischen Stil mit Schalotten, Knoblauch, Thymian, Rosmarin und Bohnenkraut aufgekocht. Das weitere Köcheln sorgt sodann dafür, dass der bunte Linsenmix den würzigen Geschmack der Kräuterzugaben annimmt und samtig weich wird.

Die Linsen werden den gewünschten aromatischen Viktualien ergänzt und bis zur samtig-weichen Vollendung bei schwacher Hitze köcheln gelassen / © Redaktion FrontRowSociety.net
Die Linsen werden von den gewünschten aromatischen Viktualien ergänzt und bis zur samtig-weichen Vollendung bei schwacher Hitze köcheln gelassen / © Redaktion FrontRowSociety.net

Im nächsten Schritt finden sich die bereits abgekühlten Linsen mit fein geschnittenen Rosenkohlblättern, Butter, Hähnchenfond und Apfelessig in einem kräftigen, seichten Linsen-Kräuter-Ragout wieder. Dank der Viktualien fügt sich das Ragout harmonisch in das Gesamtbild eines herzerwärmenden Herbstabendmahls.

Eine leicht säuerlichen Note wird durch die eingelegten Perlzwiebeln in Yuzu-Saft geschaffen. Auch wenn der Großteil durch den Honig in der Marinade abgefangen wird, birgt die frische Säure eine nette Überraschung, welche uns auch an die schönen Herbsttage erinnert – denn auch wenn der Herbst Vorbote des kalten Winters ist, so dürfen wir die letzten Sonnenstrahlen im Jahr ebenfalls genießen.

Eine Sauce aus Zwiebel, Knoblauch, Hähnchenfond und Weißwein
Das Zwiebel-Jus wird mit verschiedensten Kräutern, Knoblauch, geschwärzten Zwiebeln, Weißwein sowie Hähnchenfond angesetzt und anschließend langsam köcheln gelassen / © Redaktion FrontRowSociety.net

Abgerundet wird das Gericht mit einem kräftigen Zwiebel-Jus. Jenes Jus wird durch stundenlanges Köcheln von geschwärzten Zwiebeln, Knoblauch, Thymian, Rosmarin, Weißwein, Hähnchenfond sowie Apfelessig kreiert.

Man verrät nicht zu viel, wenn man durchsickern lässt, dass sich Aufwand und Zeit in jeder Hinsicht auszahlen. Die feine Säure des trocken Weißweins und des zum Abschmecken genutzten Apfelessigs reihen sich in perfecto an die eingelegten Perlzwiebeln und vollenden das Gericht zu einer Wohlfühloase der Geschmacksknospen.

Die tranchierte Hähnchenbrust wird mit der Variation von Rosenkohl, eingelegten Perlzwiebeln, Linsen-Kräuter-Ragout und einem kräftigen Zwiebel-Jus serviert
Die tranchierte Hähnchenbrust wird mit der Variation von Rosenkohl, eingelegten Perlzwiebeln, Linsen-Kräuter-Ragout und einem kräftigen Zwiebel-Jus serviert / © Redaktion FrontRowSociety.net

Der Beste Weg das Mahl ausklingen zu lassen

Wenn eine Sache durch frequentierte Barvisiten deutlich wird, dann ist es jene, dass eine gute Bar vor allem eines kann: gute Drinks. Doch nur wenige schaffen den Absprung und distanzieren sich durch Originalität und blindes Verständnis für dieses alte Handwerk vom Mainstream.

Die Kunst der Bar zu revolutionieren und seine Gäste mit penibel abgemessenen Cocktails zu beeindrucken, erfordert Basiswissen und den ständigen Drang nach perfektionistischer Evolution.

Der Clover Club zählt sicherlich zu den Klassikern unter den den Cocktails / © Redaktion FrontRowSociety.net

Nur mit diesen Attributen kann man selbst die ältesten Klassiker mit einem frischen Hauch und dem gebührenden Respekt der Traditionen servieren.

Als Koryphäe auf diesem Gebiet beweist sich Leo Robitschek, der leitende Bartender, welcher in der NoMad Bar die Verantwortung trägt. Seit je her war dem ehemaligen Medizinstudenten bewusst, sein wahrhaftiger Traum ist die Eröffnung einer old fashioned Bar im zeitgenössischen Stil, in welcher die genussverwöhnten Gäste neben altbekannten Klassikern auch experimentelle Cocktails genießen dürfen.

Bevor die Gäste Platz im Signal Restaurant nehmen, empfiehlt sich ein Drink an der Signal Bar
Eine Bar kann so viel mehr sein, als nur der Start oder das Ende eines großartigen Abends. Mit der richtigen Wertschätzung und einer gut ausgestatteten Cocktailkarte lassen sich die wohl besten Momente erleben / © Redaktion FrontRowSociety.net

Bereits hinter der Bar des Eleven Madison Parks hatte Barkeeper Leo Robitschek die Bedeutung der Verbindung zweier Genusswerkstätten entdeckt: Küche und Bar.

Nur durch die Zusammenarbeit mit den talentierten Köchen und dem geschulten Gaumen des unangefochtenen Küchenchefs konnten neue Geschmackskompositionen von Grund auf in Form von verschiedenen Sirups oder eingelegten Spirituosen kreiert werden.

Diese bedeutsame Verbundenheit wird auch durch die gemeinsame Präsentation der Bücher symbolisiert. Denn tief im NoMad-Kochbuch versteckt findet sich das Juwel des Barvirtuosen, ohne jenes wäre die Schatulle nur unvollständig.

NoMad Cocktailbuch von Leo Robitschek und Daniel Humm
Tief im Inneren versteckt: Leo Robitscheks Schatztruhe der flüssigen Gaumenfreuden / © Redaktion FrontRowSociety.net

Dank dieser gewachsenen Zusammenarbeit schaffte es der Studienabbrecher Leo, die im rustikalen, alten New Yorker Stil aufgebaute NoMad Hotelbar als eine der besten Bars der Welt zu etablieren.

Die mehrfach ausgezeichnete, aus Mahagoni-Holz erbaute Theke, hinter der Robitschek seine flüssigen Kunstwerke erschafft, findet sich zur Zeit (2019) auf der Liste der „The World’s Best Bars“ auf Platz 4 wieder.

Um selbst ein Stückchen New Yorker Flair zu verspüren, präsentiert der gewiefte Bartender in dem kleinen, aber feinen Cocktailbuch 200 seiner Favoriten, gepaart mit vielen Tipps zur Kreation eigener Cocktails mit Grundlagenrezepturen sowie seine persönlichen (Erfolgs-) Geschichten.

Diese kleine Inspiration besitzt allein aufgrund ihrer hochkarätigen Informationen einen unvorstellbaren Mehrwert und ist auch für Kochfans mehr als nur einen Blick wert.

Geschrieben und Nachgekocht: Noris F. Conrad

FrontRowSociety Radakteur Noris Conrad (li.) rezensiert Kochbücher von Sterneköchen, so auch vom besten Koch der Welt, Daniel Humm (re.) Vom gesamten Globus erreichen Noris Kochbücher und die Chefs sind ganz gespannt auf die ausführlichen Rezensionen; denn Noris kocht einzelne Gerichte authentisch nach
FrontRowSociety Redakteur Noris Conrad (li.) rezensiert Kochbücher von Sterneköchen, so auch vom besten Koch der Welt, Daniel Humm (re.). Von allen Kontinenten erreichen Noris Kochbücher und die Chefs sind ganz gespannt auf die ausführlichen Rezensionen, denn Noris kocht einzelne Gerichte authentisch nach / © Redaktion FrontRowSociety.net

Titel: NoMad – Das Kochbuch
Verlag: Matthaes
ISBN: 978-3-87515-414-6
Erscheinungsjahr: 2016
Autor: Daniel Humm, Will Guidara