Das weltweit größte Automuseum steht im französischen Mulhouse und beherbergt mehr als 400 seltene und wertvolle Fahrzeuge. Zu verdanken ist die außergewöhnliche Sammlung zwei Kollektoren namens Fritz und Hans Schlumpf.
Die Anfänge der Sammelleidenschaft
Die Geschwister teilten eine große Leidenschaft für Automobile, wobei vor allem die Marke Bugatti ihre Herzen höherschlagen ließ. Dabei eilte dem Hersteller damals nicht der beste Ruf voraus. Das Fahrgefühl sei zwar einsame Spitze, aber die Bremsen ließen zu wünschen übrig, lauteten einige der Kundenstimmen. Herrn Bugatti störte das kaum, schließlich waren seine Autos zum Fahren gemacht, nicht zum Anhalten. Und so kaufte sich Fritz sein erstes Modell im zarten Alter von 22 Jahren, doch es sollte bei weitem nicht das letzte sein.
Das nötige Kleingeld für die immer größer werdende Obsession stammte unter anderem von dem Umsatz einer Spinnerei, die die Schlumpf-Brüder Mitte der 1950er Jahre übernahmen. Kam Fritz zu Ohren, dass irgendwo ein Bugatti zum Verkauf stand, reiste er durch ganz Europa und kaufte oft den ganzen Fuhrpark auf, darunter viele der damals bereits als Klassiker geltenden Marken wie Mercedes-Benz, Rolls-Royce und Ferrari. Als Garage diente die Spinnerei, doch nur ein enger Kreis wusste von der exzessiven Sammlung. Niemand ahnte, dass die neu eingestellten „Textilarbeiter“ in Wahrheit Restauratoren und Mechaniker waren, die sich unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit um die Reparaturen der Kollektion kümmerten. So blieb der Fuhrpark bis in die späten 1970er Jahre ein gut gehütetes Geheimnis.
Wirtschaftliche Schwierigkeiten und der große Aufschrei
Zu diesem Zeitpunkt geriet ihre primäre Einkommensquelle zunehmend unter wirtschaftlichen Druck. Monatelang erhielten die Arbeiter erst keinen Lohn und wurden dann noch entlassen. Das ruft nach einem Streik, dachten sie sich, und besetzten kurzerhand die Fabrik. Als sie in dem Rahmen den riesigen Fuhrpark entdeckten, war der Aufschrei groß. Ursprünglich sollte die Demonstration der Gekündigten nur einen Tag lang andauern, doch die Angestellten blieben ganze zwei Jahre und forderten nun, dass die Schlumpf-Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Provisorisch wurde ein Museum eröffnet.
Der Wandel zur öffentlichen Ausstellung
Als es die Runde machte, das die Spinnerei bankrott war und massig wertvolle Autos in den Räumlichkeiten parken, kamen Investoren von nah und fern, um gleich die gesamte Kollektion aufzukaufen. Doch das wusste die Stadt zu verhindern, indem sie die Fahrzeuge unter Denkmalschutz stellte. Kurzum gründete der Franzose Jean Panhard im Jahre 1981 einen Verein und kaufte der Stadt die Sammlung für 44 Million Franc ab. Viel zu wenig, wütete Fritz Schlumpf aus der Ferne, denn mittlerweile befand er sich im Exil in der Schweiz.
Erinnerungen eines Zeitzeugen
Ein Zeitzeuge, der gar nicht genug Worte über die nervenaufreibenden Geschehnisse verlieren kann, ist Jean-Paul Fischesser. Als die Spinnerei noch florierte, spielte er als kleiner Junge auf dem Fußballplatz keine 700 Meter weiter weg. Als die Arbeiter streikten, war er vor Ort und staunte nicht schlecht über die versteckten Fahrzeuge. Auch als das Museum 1982 offiziell seine Pforten öffnete, war er mit großer Begeisterung dabei. Heute, an seinem Geburtstag, gibt der Rentner seine 1561. Führung durch das Musée National de l’Automobile. Es ist schon lange seine zweite Heimat geworden und er weiß weit mehr über die Fahrzeuge, als man den dreisprachigen Schildern entnehmen kann.
Er lotst Autoliebhaber durch die heiligen Hallen, die nunmehr aus drei Teilen bestehen. Ein Bereich behandelt die Geschichte des Automobils von 1878 bis heute, in einer weiteren Abteilung liegt der Fokus auf historischen Rennwagen. Ein besonderes Highlight der schönsten Autos aus den 30er Jahren, zu finden in der Ausstellung „Chefs-d’Oeuvre“, sind Modelle des Bugatti Royale, von denen weltweit nur sechs existieren.
Erweiterung der Sammlung
Die Grundlage des Museums bildet nach wie vor die private Sammlung der Brüder Schlumpf, über die Zeit sind jedoch auch andere Fahrzeuge hinzugekommen. Eine Zuordnung ist recht einfach, wenn man den Trick kennt: Haben die Autos noch ein Kennzeichen, wurden sie nicht von Fritz Schlumpf gekauft. Denn der Sammler hat alle Nummernschilder, bis auf sein eigenes, das immer gleichblieb, stets entfernt.
Aktuelle Sonderausstellung
Derzeit gibt es im Musée National de l’Automobile in Mulhouse die Sonderausstellung „Von Monaco nach Mulhouse“, die eine Auswahl an Fahrzeugen aus der Sammlung von Prinz Albert II. zeigt. Der einstige Bolzplatz von Jean-Paul Fischesser ist einem Autodrom gewichen, auf dem Testfahrten mit ausgewählten Oldtimern möglich sind. Fritz Schlumpf würden die Neuerungen sicher gefallen. Er kam allerdings nur noch ein einziges Mal zurück zu seinen Schätzen, als 1990 alle der sechs produzierten Bugatti Royale gleichzeitig im Museum ausgestellt wurden.
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