Da denkt man doch glatt: Man ist in Münster! Gerade haben wir unsere Heimat – das Münsterland – verlassen, und direkt rollen zig Radfahrer an uns vorüber. Dabei befinden wir uns doch im wunderschönen Ferrara! Dass so viele Biker um uns herum schwirren, ist unter anderem dem Umstand geschuldet, dass Ferrara die höchste Dichte an Fahrrädern in Italien vorweisen kann. Einerseits sind die Einheimischen auf zwei Rädern unterwegs, andererseits laden zahlreiche Leihstationen die Touristen dazu ein, umweltfreundlich die Stadt und ihre Umgebung zu erkunden.
Warum ist Ferrara so attraktiv für Fahrradfahrer?
Ferrara ist bekannt als „Stadt der Fahrräder“. Mit über 80 Kilometern Radwegen und einem autofreien Zentrum ist die City ideal für Entdeckungstouren auf dem Drahtesel. Das flache Terrain macht das Fahren mit dem Rad besonders attraktiv. Denn ohne all zu große körperliche Anstrengung verkürzt man die Strecken zwischen den einzelnen Sehenswürdigkeiten. Zwar liegen alle historischen Highlights in der Altstadt recht nah beieinander, dennoch sind die kurzen Fahrten mit dem Rad eine willkommene Abwechslung. So weht eine frische Brise zwischen den Besichtigungen des Palazzo Schifanoia, der Kathedrale San Giorgio und des Castello Estense einem um die Nase und verschafft müden Füßen eine Verschnaufpause.
Ein weiterer Pluspunkt fürs Stadtradeln ist die gute Infrastruktur mit Bike-Stationen und Reparaturwerkstätten. Zudem finden das ganze Jahr über verschiedene Veranstaltungen statt, darunter Radrennen, Festivals und geführte Radtouren. Doch nicht nur innerhalb des historischen Zentrums ist das Rad das Fortbewegungsmittel der Wahl. Parks und Gärten sind auf diese Weise schnell erreicht. Ihr Grün lässt ein Durchatmen zu, um bereit zu sein zum Pläneschmieden sowie für das weitere Sammeln von Eindrücken.
Obwohl Ferrara nicht offiziell als fahrradfreundliche Stadt deklariert ist, bietet sie aufgrund ihrer gut ausgebauten Infrastruktur, der autofreien Innenstadt und ihrer fahrradfreundlichen Kultur ausgezeichnete Bedingungen für Biker. Mit Initiativen zur Förderung des Radverkehrs wie etwa „Ferrara Bike“, „Ciclovia del Po“ oder „Giornata della Mobilità Senza Auto“ setzt die City auch weiterhin auf sanften Tourismus. Und vielleicht reiht sich die „Stadt der 1000 Fahrräder“ doch einmal in die Liste der 10 fahrradfreundlichsten Städte Europas ein.
Kultur und Geschichte auf zwei Rädern entdecken
Kleine Gruppen von Touristen schlängeln sich zwischen den üppigen Marktständen des quirligen Piazza Trento e Trieste. Sie folgen ihrem Guide, der mal nach rechts, mal nach links zeigend die historischen Stätten des UNESCO-Weltkulturerbes erklärt. Frauen, deren Taschen prall gefüllt mit Einkäufen sind, stehen plaudernd vor dem Eingang einer der vielen Boutiquen, die glücklicherweise keine weltbekannten Namen tragen. Diese authentischen Geschäfte machen das Shoppingerlebnis genauso rund wie der Genuss eines Espressos in einem der vielen Straßencafés, von deren gemütlichen Sitzplätzen das bunte Treiben amüsiert beobachtet werden kann.
Nun geht es einmal runter vom Sattel, denn in der Altstadt bietet es sich an, den Drahtesel zwischendurch zu schieben. Entlang der Denkmäler aus dem Mittelalter und der Renaissance kommt man unweigerlich zum Castello Estense. Die Burg wurde im 14. Jahrhundert erbaut und war Residenz der Familie Este, der Herzöge von Ferrara. Heute beherbergt sie ein Museum mit Kunstwerken, Waffen und Rüstungen. Prächtig sind der Innenhof und die Dachterrasse der Burg, aber auch die ehemalige Hofküche.
Hier war im 16. Jahrhundert der Wirkungsbereich von Cristoforo di Messisbugo. Der Hofkoch gilt bis heute als Rezeptvater der Stadt. Seine Rezeptsammlung „Banchetti, Composizioni di Vivande e Apparecchio Generale“ ist legendär; die jüngste Ausgabe stammt aus dem Jahr 2021! Opulente Bankette richtete der Zeremonienmeister aus und verewigte seine Rezepturen für Coppia Ferrarese oder Salama da Sugo, die bis heute in den Familien sowie in den Restaurants weiterleben.
Mit dem Rad führt der Weg unweigerlich hinaus aus der Altstadt. Wo einst der Po floss, radelt man heute entlang der Stadtmauern. Mit insgesamt 9 Kilometern umhüllen sie fast ganz Ferrara. Gesäumt wird das Mauerwerk von malerischen Rad- und Gehwegen, die bereits viele Radfahrer und Spaziergänger für sich entdeckt haben. Die Radtour dauert offiziell eine Stunde. Doch wer will schon hetzen? Anhalten, den Blick über die herrliche Landschaft und über die Silhouette der Stadt schweifen lassen, Platz nehmen, auf einer Bank oder das Rad durch den Botanischen Garten schieben – während dieser Radtour gibt es genügend Sehenswertes, das dem Auge und dem Herzen gefällt.
Ferrara – städtische Entschleunigung
Ein Städtetrip gleicht nahezu immer einer geballten Ladung an Erlebnissen. Oft überbordend, kaum fassbar. Doch in Ferrara drehen sich die Zahn’Räder‘ etwas langsamer. Nicht, dass es an Sehenswürdigkeiten oder Menschen mangelt, im Gegenteil! Ferraras Atmosphäre hat allerdings etwas Beschauliches. Hier ist keine Eile geboten, eher Dolce Vita. In aller Ruhe flaniert man zwischen damals und heute. Man reist zurück in die Renaissance oder radelt gemütlich durch das weite Grün der Umgebung.
Einkehren nach Lust und Laune, und ob! Viel kann man nicht falsch machen, denn die Kulinarik in der Provinz Ferrara ist üppig und einfach lecker. Man ordert „un caffè“ und studiert währenddessen die Speisekarte. Wenig später stehen dampfend köstliche Cappellacci samt Parmigiano Reggiano und Panpepato auf dem Tisch. Dazu serviert der freundliche Kellner einen Bianco oder Fortana del Bosco Eliceo DOP. Im Schatten sitzend genießen wir prickelnd „un pizzico di fortuna“, ein Quäntchen Glück, bevor es mit dem Rad weitergeht.
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