Da Vittorio – ein wohlklingender Name, der globalreisenden Feinschmeckern ein Begriff sein dürfte. In der Lombardei betreibt Familie Cerea ein wahres Gourmet-Refugium. Ihr malerisch in die Landschaft von Brusaporta eingebettetes Hotel gehört der exklusiven Vereinigung Relais & Chateaux an. Das gleichnamige Restaurant steht unter der Regie der Brüder Enrico und Roberto Cerea und seit 2010 trägt ihre Kochkunst 3 Michelin Sterne.
Für das Rheingau Gourmet & Wein Festival reiste Enrico Cerea nach Hattenheim und vollführte kulinarische Kunststücke zwischen Risotto, Spaghetti und Foie Gras. Er spannte Bögen von klassischen Traditionen und internationalen Komponenten. Seine Küche ist von den Jahreszeiten bestimmt, einhergehend mit den Produkten, die Region und Saison bieten.
Die Langustinen kommen aus Mazara del Vallo und das Fleisch aus dem Piemont. Gemüse und Obst liefern Erzeuger aus dem Umland, denn was in der Küche von Enrico und Roberto Verwendung findet, ist erntefrisch und ausgereift.
Auftritt in Hattenheim – das Cerea Dinner
Drei Sternekoch Enrico Cerea überraschte die genussgewöhnten Gourmets, die alljährlich zum Rheingau Gourmet & Wein Festival pilgern, gleich mit zwei Menüs. Zum Dinner ließ der gestandene Küchenchef nach einer Foie Gras-Kirsche Thunfisch-Spagetti mit Bagna Cauda und Pistaziencrumble servieren. Die für das Crumble verwendeten Pistazien wuchsen in Sizilien am Fuße des Ätnas.
Bagna Cauda ist ursprünglich ein Arme-Leute-Essen, das seine Herkunft im Piemont hat. Aus Sardellen, Knoblauch, Gemüse und Wein wird hierfür eine Sauce hergestellt und zum Dippen für Gemüsestreifen genutzt. Enrico Cerea ist sich eben seiner Wurzeln bewusst.
Und weiter ging die italienische Reise mit Kabeljau, weißer Polenta und Limonenbaiser. Erneut greift Cerea zu althergebrachten Speisen, die inzwischen zum kulinarischen Kulturgut gehören. Polenta – Maisgrieß – gibt es lokale Spezialität in Venetien. Diese Besonderheit nennt sich Polenta bianca und für diesen hellen Grieß verwenden die Veneter geschälte Maiskörner.
Tradition verpflichtet, auch im vierten Gang: Risotto – löste die Frage nach der Beschaffenheit desselben aus. Schlonzig – wie der Hesse sagen würde – muss es sein. Bestenfalls bleibt es fast am Löffel kleben und wartet mit einer Aromenwucht auf, die sich bei jedem Bissen intensiviert. Geradezu ein Paradestück für Cerea, denn mit der Rotweinreduktion, Spinat und Strachitunt – dem Weichkäse aus seiner Heimatstadt – gelang es ihm, die verwöhnten Gourmetgaumen zu überzeugen.
Strachitunt, jener Blauschimmelkäse stammt aus Bergamo, dem Ort, in welchem Vater Vittorio Cerea das erste „Da Vittorio“ am 6. April 1966 eröffnete. Seit 2014 trägt der Strachitunt das DOP-Siegel für die geschützte Herkunftsbezeichnung.
Dieser Rohmilchkäse darf lediglich in einigen lombardischen Gemeinden hergestellt werden, die in einer Höhe von über 700 Meter ü.d.M. liegen. Oberdrein muss ein 90 prozentiger Anteil der Milch von Kühen der Rasse Bruna stammen.
Für den Hauptgang ließ Enrico Cerea einen Blick nach Asien zu. Rinderbrust mit gelben Karottenpüree, Yuzo-Gel und Pak-Choi.
Beim Dessert überraschte er noch einmal, hier mit Würze statt Süße. Die pikant eingelegte Ananas kombinierte der Sternekoch mit Mascarpone-Eis und rosa Pfeffer.
Wein und Genuss
Toskana trifft Rheingau, so dürfte die Headline der Weinbegleitung des Dinners beschrieben werden. Georg Weber, Inhaber des toskanischen Weinguts Monteverro, offerierte einen 2015 Chardonnay sowie seinen Tinata aus den Jahren 2012 und 2014. Diese Cuvée aus Syrah und Granacha ist eine Herzensangelegenheit von Mutter Tina, der Namenspatronin.
Außerdem servierte er das Flagschiff seines Weinportfolios, den Monteverro aus den Jahren 2013 und 2014. Sein Monteverro spielt global in der ersten Liga der Spitzenweine mit. Familie Weber versteht ihren Premier Grand Cru der Maremma als Hommage an die Region.
Das Weingut Prinz von Hessen erntet alljährlich höchste Lorbeeren von renommierten Weinkritikern. Das VDP-Weingut gehört zu den bedeutensten Riesling-Weingütern Deutschlands. Zur Foie Gras suchten sie einen 2016 Dachsfilet Riesling trocken und als klaren Kontrast einen 1989 Johannisberger Klaus Riesling Beerenauslese aus.
In Rüdesheim ist das Weingut Leitz beheimatet und ebenfalls VDP-Mitglied. Dieses Weingut darf durchaus als Garant für Spitzenweine bezeichnet werden, denn die Cru-Lagen bringen Jahr um Jahr mineralische Rieslinge mit einer ausgewogenen Säure hervor. Zu diesen herausragenden Rieslingen gehört der 2014 Rüdesheim Berg Kaisersteinfels Riesling VDP. Große Lage, dessen Trauben in 80 Meter Höhe, sozusagen auf dem Gipfel gedeihen.
Johannes Leitz, Winzer des Jahres 2011, verfügt über Lagen mit alten Reben, die bereits ein fast methusales Alter von zirka 100 Jahren aufweisen. Aus jenen Trauben entsteht der Rüdesheim Berg Rottland Riesling trocken Alte Reben, zum Kabeljau von Enrico Cerea durfte aus dem Jahr 2010 genossen werden.
Lunch mit Entertainment
Auftakt mit Sardellen aus dem Kalabrischen Meer, das uns allen am besten aus dem Wetterbericht bekannt ist, wenn wieder einmal ein Hoch über der Biskaya zu verzeichnen ist. Die Sardellen brachte der Spitzenkoch mit Thunfischsauce und Altamura Brot in Verbindung. Altamura ist ein aus Hartweizengrieß und Sauerteig zubereitetes Brot, welches in der italienischen Küche traditionell mit Olivenöl und Salz gereicht wird.
Das Menü blieb auch im zweiten Gang bleibt regional verhaftet. Zum Thunfisch auf Roggencrackern und Zimtbirnen offerierte man eine Valcalepio-Reduktion. Dieser lombardische Wein entstammt dem Calepio-Tal, das sich vom Alpenvorland bis zum Comer See zieht.
Mit dem dritten Gang, Paccheri alla Vittorio, sorgte der Italiener für Furore und prägte sich ins kollektive Gedächtnis der Festivalteilnehmer ein. Ein übergroßer Topf wurde in den Rheinsaal des Hotels Kronenschlösschen transportiert. Bereits mit heißer Pasta gut gefüllt, rieselte der Parmigiano Reggiano mit dramatischen Gesten über die Pasta.
Für dieses Signatur-Dish des Vaters Vittorio kommen nur die besten Zutaten in Frage. Die Paccheri wurden natürlich selbst hergestellt und für die Sauce werden ausschließlich Marzano-, Datterini- und Ochsenherz-Tomaten verwendet. Das Traditionsgericht gilt für Enrico Cerea als Hymne an die mediterrane Küche.
Fabelhafte italienische Weine
Das im Herzen der Toskana, in Chianti, beheimatete Weingut Rocca di Castagnoli reichte zur Pasta alla Vittorio einen 2016 Chianti Classico. Für den Hauptgang wählte man den 2014 Stielle Chianti Classico Gran Selezione sowie den Super Tuscan Buriano IGT Toscana 2013 und 2014 aus.
Die historische Residenz des Weinguts wurde im 10. Jahrhundert erstmals erwähnt und war im Besitz der Großherzöge der Toskana. Heute wird größtenteils Sangiovese auf den Weinbergen um die mittelalterliche Festungsanlage angebaut. Das Terroir aus Kalksteinboden, gepaart mit dem milden Mikroklima, bringen ausbalancierte, elegante Weine hervor, die sich wegen ihrer stabilen Säurestruktur für eine andauernde Lagerung eignen.
Des Weiteren präsentierte Giovanni Olivini als Vertreter der Familie Olivini das gleichnamige Weingut aus der Weinbauregion Lugana. Er hatte einen Demesse Vecchie Lugana DOC 2016, einen Notte a San Martino 2015 und für das Dessert den 2014 Spurmante Metodo Classico Rosé Garda im Gepäck. Dieser – in klassischer Flaschengärung hergestellte – Sekt reifte 30 Monate auf der Hefe und ist dem Großvater Guiseppe gewidmet, der 1970 den Stein des Premiumweinguts ins Rollen brachte.
Südlich des Gardasees verfolgt die Familie Weinbau in perfecto. Für sie ist jeder Wein etwas Einzigartiges, kein Ergebnis sei wiederholbar. Deshalb bleiben die Macher bei Olivini immer in Bewegung. So werden beispielsweise die Merlot-Trauben für den Notte a San Martino nach der Ernte erst auf Strohmatten getrocknet, bevor sie gepresst werden. Diese aufwendige Prozedur gibt den Cru-Rotwein seine tiefe Komplexität, Aufwand, der sich belohnt.
Zugegen war natürlich auch ein Rheingauer Weingut aus der direkten Nachbarschaft des Hotels Kronenschlösschen in Hattenheim. Das Domänenweingut Schloss Schönborn darf sich als ältestes privatgeführtes Weingut Deutschlands bezeichnen, 1349 wurde es erstmals urkundlich erwähnt.
Zum Thunfisch mit Roggencrackern durfte eine 2014 Alte Reben Riesling Spätlese verkostet werden. Die Reben für jenen Wein können in Tat als alt bezeichnet werden, denn sie wurden 1948, 1952 und 1965 gepflanzt.
Wein und Kulinarik gehen mit dem Genuss immer Hand in Hand und von jedem ist das Beste gerade gut genug.
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