Von Äpfeln, Birnen und Kirschen und Menschen, die auszogen um Wein nicht aus Trauben zu machen
Am Samstag, den 04. März 2017 sollte den Gästen des Lunchs auf dem 21. Rheingau Gourmet & Wein Festival eine Kostprobe von außergewöhnlichen Weinen zu teil werden. Im Restaurant des Kronenschlösschen versammelte sich eine kleine Gruppe von Enthusiasten, um dem Geschmacksgeheimnis von Apfelwein, Cidre und Kirschwein auf die Spur zu kommen.
Drei passionierte Weinbauer waren angetreten, eine Lanze für ihre Fruchtweine zu brechen. Sie kamen aus Frankreich, Dänemark und Deutschland, jeder von ihnen hatte das Beste vom Besten seines Betriebes im Gepäck.
Obsthof am Steinberg – biodynamisch und traditionsbewusst
Andreas Schneider führt seit 1993 den elterlichen Betrieb in der Nähe von Frankfurt und baut auf seinem Obsthof am Steinberg biodynamisch Apfel-und Birnensorten, vom 16. bis zum 21. Jahrhundert erstmalig angepflanzt, an und verarbeitet diese zu hervorragenden, oft prämierten Weinen.
Saft und Cidre von der Ananasrenette aus dem Jahr 2016 war der Einstieg in die Verkostung der Fruchtweine. Hielt man das Glas mit dem Apfelsaft ins Licht, so sah man goldschimmernde Reflexe ohne Trübung. Das stand der Grande Dame der Apfelsorten sehr gut. Wohlschmeckend war nicht nur der Saft, gewonnen aus der historischen Apfelsorte, sondern auch der sortenreine Cidre mit seinen exotischen Aromen.
Chef de Cuisine des Kronenschlösschens, Simon Stirnal, hatte als Vorspeise einen Tatar vom Wolfsbarsch mit Ingwer, Tapioka und Radieschen zubereitet. Andreas Schneider stellte zum exzellenten Tatar zwei Apfelweine vor, einen Sortenreinen und als Gegenpol eine wunderbare Mischung.
Kaiser Wilhelm und Ü70
Der 2015 Ü70 ist nicht etwa der Senior vom Obsthof am Steinberg, er ist ein ganz besonderer, einmaliger Apfelwein. Ü70 bedeutet, der Zuckergehalt des Saftes liegt über 70° Oechsle. Nur besonders süße Früchte von den verschiedensten Apfelsorten dürfen gemeinsam den Weg antreten, um ein gehaltvoller und aromenvielfältiger Apfelwein zu werden.
Kaiser Wilhelm steht mit seinem guten Namen Pate für den althergebrachten Wilhelmsapfel. Man muss Geduld mit dem alten Monarchen haben, so dauert es doch stattliche 15 Jahre, bis ein Baum im vollen Ertrag steht. Vierzig alte knochige Stämme, teilweise 90 Jahre alt, finden sich auf der Obstwiese von Andreas Schneider. Ein unglaubliches Kapital für die Natur und unsere heimische, landwirtschaftliche Kulturlandschaft. Als sortenreiner Apfelwein ist der 2016 Kaiser Wilhelm eine Sensation.
Was ist eigentlich Kikok?
Dass Simon Stirnal virtuos kochen kann, stellte er mit der sous-vide gegarten Kikok-Brust, Sellerie und gebratene Birne unter Beweis.
Kikok-Hähnchen sind seit einiger Zeit in aller Munde, nicht nur verbal. Was ist an diesem Hähnchen anders? Der Phantasiename, der als Wortspiel aus Kikeriki und Coq entstanden ist, erzählt die Geschichte von artgerechterer Tierhaltung. Die Tiere haben in ihren Kleinställen mehr Freiraum mit sogenannten „Beschäftigungsmaterial“ zum picken, scharren, schaukeln und flattern. Sie werden mit nicht genmanipuliertem Getreide gefüttert und haben Zeit zu wachsen, ganz ohne Antibiotika.
Das feste Fleisch des Kikok-Hähnchens schmeckt wie ein Huhn von früher und mit der Birne baut Simon Stirnal eine Brücke zu den nachhaltig bewirtschafteten Obstwiesen in Frankfurt und in der Normandie.
Die Apfelsorte Goldparmäne: ursprünglich aus der Heimat von Eric Bordelet wächst sie nun in der Heimat von Andreas Schneider
Eine Goldparmäne ist eine sehr betagte französische Apfelsorte, wohl 1510 in der Normandie entstanden. Sie fand eine rasante Verbreitung in Europa, ob in Königshäusern oder bei den einfachen Menschen. Der saftige Apfel mit dem nussigen Aroma war über Jahrhunderte bei jedermann beliebt. 2014 hat Andreas Schneider auf seinem Obsthof am Steinberg 141 Patenbäume dieser vornehmen Apfelsorte angepflanzt. Zu degustieren gab es den 2015 Goldparmäne Junge Bäume, welch ein geschmacklich-sinnlicher Apfelwein, der zum Kikok-Hähnchen genossen werden durfte.
Eric Bordelet – der Obstbauer aus der Normandie
Nach seiner Karriere als Sommelier im 3-Sterne Restaurant L’Arpège hat sich Eric Bordelet aus der Normandie mit Haut und Haaren dem biodynamischen Anbau von Äpfeln und Birnen verschrieben. 1992 übernahm er den Obsthof seiner Eltern in Charchigné, um die Familientradition weiterzuleben und Fruchtweine mit besonders hohem Qualitätsanspruch zu produzieren.
Der 2015 Poiré Granite ist ein eleganter Birnencidre mit einem zitronigen, jedoch milden Geschmack. Die 200-300 Jahre alten Birnenbäume wachsen auf Granitböden, ihre Früchte werden per Hand geerntet. Mit Masse hat das nichts zu tun, Qualität statt Quantität ist die gelebte Maxime von Eric Bordelet.
Simon Stirnal war 2015 im Finale bei „Koch des Jahres“
Anfang 2016 hatte der Inhaber des Kronenschlösschens H.B. Ullrich das Glück, Simon Stirnal, bis dahin Küchenchef im legendären Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg, für den vakanten Chefposten in der Küche seines Gourmet-Restaurants zu verpflichten. (Hier geht es zur ausführlichen FrontRowSociety.net-Reportage über das Luxushotel Vier Jahreszeiten in Hamburg)
Kredenzt hat Simon als Hauptgang Iberico-Schweinefilet, Lauch, Kartoffeln und Apfel. Zur Zubereitung seiner Kreation benutzte er den 2015 Sydre Argelette von Eric Bordelet. An diesem Mittag trafen wir Protagonisten, die nicht nur mit Passion, sondern auch mit Innovation ihre Handwerkskunst betreiben.
Ob auf dem Teller oder im Glas, der Apfelwein aus der Normandie ist ein absoluter Hochgenuss. Von der Idee bis zum Produkt – bleibt doch nichts dem Zufall überlassen. Die in Schieferböden verwurzelten Obstbäume bieten den idealen Ausgangsort für den frischen, mineralischen Apfelwein Sydre Argelette.
Frederiksdal: Der einzigartiger Kirschwein aus Dänemark war die Überraschung des Tages
Das ist kein tiefroter Cabernet Sauvignon im Glas. Vielmehr machte ein aufsehenerregender Kirschwein aus Dänemark eine Reise nach Hattenheim. Nielstrupmark 2013 hieß die rote Verführung im Glas, welche alle Erwartungen an einen Kirschwein übertraf.
Frederiksdal – so der Name des einzigen Kirschweingutes in Dänemark. In Harpelunde/Lolland ist es zu finden. Der Landstrich ist ein Günstling der Natur, für die Reifung dieser dänischen „Traube des Nordens“ ideal. Die milden Winter, der zeitige Frühling – er hält hier viel früher Einzug als in anderen Regionen Dänemarks – und natürlich das Meer, dessen Wasseroberfläche die Sonnenstrahlen reflektiert, bilden außerordentlich gute klimatische Bedingungen.
Dieses zu nutzen wussten drei ambitionierte Männer mit der Vision, Wein aus der Stevnsbaer-Kirsche (dänisch: Stevnsbær) herzustellen.
Nun haben wir den elegantesten Kirsebaervin (dänisch: Kirsebærvin) aus dem Hause Frederiksdal in unseren Gläsern. Als ihr Signaturwein wird er von seinen Machern Harald Krabbe, Jan Friis-Mikkelsen und Morten Brink Iwersen bezeichnet. Die Nielstrupmark ist die älteste Plantage auf Gut Frederiksdal und somit prädestiniert für die Herstellung des Flaggschiffs von Frederiksdal.
Als Dessert lies Chef de Cuisine, Simon Stirnal, Belgische Schokolade, natürlich mit Kirschen servieren. Und gerade passend zum Schokotraum hält das dänische Kirschweingut Frederiksdal ausgezeichnete Weine parat.
Frederiksdal: Sur lie und der Vintagewein 2013 als Dessert
Sur lie – der Wein, im klangvollen Französisch nach seinem Herstellungsverfahren benannt, reift etwas länger auf dem Hefedepot. Zwei bis drei unterschiedliche Jahrgänge werden zu einer facettenreichen Geschmackssynfonie komponiert und verzauberten die Feinschmecker dieses Lunchs.
Der Jahrgangswein Vintage 2013 ist sehr fruchtbetont, intensiv nach Kirschen schmeckend, ein wahrer Kontrast zum Sur lie.
Die Kirschweine vom Gut Frederiksdal bewegen sich in einem Spannungsfeld der Gegensätze. Für jeden Geschmack, jeden Anlass und erst recht für weinverwöhnte Gaumen ist ein Kirsebaervin mit entsprechendem Potential dabei. Jeder einzelne Wein ist unnachahmlich und ausnahmslos phantastisch.
Der Spaß kommt auch während der anstrengenden Tage nicht zu kurz
Während des 18tägigen Gourmetfestivals in Hattenheim ist das Team um Küchenchef Simon Stirnal im Ausnahmezustand. Es wird im Akkord geschnitten, gehackt, geputzt, gekocht, gebraten, poliert oder angerichtet. Jedes Teammitglied muss bis an seine Grenzen gehen, um täglich einhundert Prozent zu geben. Und dennoch war jedes Menü mit Bedacht und Sorgfalt kreiert und ausgeführt. Vom ersten bis zum letzten Tag blieb die Qualität große Kunst. Der Spaß der Truppe war immer ungebrochen – Chapeau!
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