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Kreuzfahrten nach Südnorwegen gibt es zuhauf, doch eine Fahrt bis nach Spitzbergen ist ein ganz besonderes Erlebnis. Wir fuhren mit der “Costa Deliziosa” über Bergen und Tromsø bis auf 79 Grad nördlicher Breite.

Die COSTA DELIZIOSA im Geirangerfjord
Die COSTA DELIZIOSA im Geirangerfjord / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

Mit der “Costa Deliziosa” zum Polarkreis und darüber hinaus

Die erste Etappe der Reise führt über die Nordsee (Seetag) nach Bergen und Geiranger. Richtig sommerlich ist das Wetter da allerdings schon nicht mehr. Irgendwo zwischen Bohrinseln und dänischen Frachtfähren auf dem Weg nach England macht die “Costa Deliziosa” 18 Knoten Fahrt bei Windstärke 5, während das Thermometer nicht über 13 Grad klettert, und das Ende Juli – ein kleiner Vorgeschmack auf Nordnorwegen. Darüber hinaus fällt auch der Besuch von Bergen am nächsten Tag buchstäblich ins Wasser. Natürlich ist die Stadt für ihr schlechtes Wetter bekannt, aber dass ausgerechnet wir einen Sommertag erwischen, an dem die Temperaturen nicht über 18 Grad klettern und an dem man selbst vom Hausberg Fløyen (400 m) nichts als dicke Nebel- und Regenschwaden sieht, schlägt dann doch auf die Stimmung.

Bergen gilt als eine der regenreichsten Städte Europas und kann auch im Hochsommer mit dicken grauen Wolken und Temperaturen weit unter 20°C überraschen
Bergen gilt als eine der regenreichsten Städte Europas und kann auch im Hochsommer mit dicken grauen Wolken und Temperaturen weit unter 20°C überraschen / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

Wenig später liegt Südnorwegen hinter uns, traurig ist aber niemand an Bord darüber. Das Wetter kann eh nicht mehr schlechter werden, dafür freuen sich alle bereits auf das Nordkap und auf Spitzbergen. Das gilt auch für die Besatzung, wie der Hotel Manager erzählt. Denn gerade für die Nautiker seien sowohl die Fjorde mit ihren engen Kurven und steil aufragenden Wänden als auch die Polarregion noch immer eine große Herausforderung. So sind z. B. Wettervorhersagen für das Nordpolarmeer praktisch sinnlos, so schnell und oft änderten sich Winde, Temperaturen und Eisverhältnisse.

Das nordnorwegische Honningsvåg ist ein idyllisches Fischerdorf, wären da nicht die großen Kreuzfahrtschiffe, die den Pier als Sprungbrett für Bus-Ausflüge zum Nordkap nutzen
Das nordnorwegische Honningsvåg ist ein idyllisches Fischerdorf, wären da nicht die großen Kreuzfahrtschiffe, die den Pier als Sprungbrett für Bus-Ausflüge zum Nordkap nutzen / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

Der nördlichste Punkt Europas überrascht uns dann mit gutem Wetter, endlich. Auf dem Weg von Honningsvåg zum Nordkap hält sich die Sonne noch hinter Wolken versteckt, doch pünktlich beim Erreichen der Nordkaphalle und der berühmten Gitter-Weltkugel taucht sie die kargen Felsen ringsherum und das Nordpolarmeer vor uns in strahlende Farben. Doch die Zeit ist kurz. Wer die Aussicht genießen, Fotos machen, sich in der Nordkaphalle sowohl den Kinofilm „Die vier Jahreszeiten am Nordkap“ als auch die Dauerausstellung ansehen und dann auch noch dem riesigen Souvenirshop einen Besuch abstatten will, muss sich sogar beeilen, seinen Ausflugsbus zurück nach Honningsvåg zu bekommen. Dabei bietet auch die Busfahrt selber Sehenswertes – nicht nur atemberaubende Fjord- und Fjell-Landschaften links und rechts der engen und kurvigen Landstraße, sondern mitunter sogar direkt am Straßenrand das eine oder andere Rentier – Norwegen wie aus dem Bilderbuch also.

Das Ende der Welt, jedenfalls was den europäischen Kontinent betrifft. Ein Foto mit dem stählernen Globus am Nordkap gehört in jedes Fotoalbum
Das Ende der Welt, jedenfalls was den europäischen Kontinent betrifft. Ein Foto mit dem stählernen Globus am Nordkap gehört in jedes Fotoalbum / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

Am Abend ist die “Costa Deliziosa” schon wieder unterwegs. Doch wo andere Schiffe umkehren, um zurück nach Kiel, Hamburg oder Amsterdam zu fahren, nimmt unser Schiff Kurs auf Spitzbergen. Mit an Bord ab heute: zwei norwegische Eislotsen und ein Wildhüter, die nun bis zu unserer Rückkehr in die Zivilisation ständig Meer, Wind, Wetter und Tierwelt im Auge behalten, um dem Schiff eine sichere Fahrt nach Spitzbergen zu ermöglichen.

Wo die Sonne niemals untergeht. Nördlich des Polarkreises kann man im Sommer auch nachts stundenlang bei Mitternachtssonne an Deck oder auf dem Balkon der Kabine sitzen
Wo die Sonne niemals untergeht. Nördlich des Polarkreises kann man im Sommer auch nachts stundenlang bei Mitternachtssonne an Deck oder auf dem Balkon der Kabine sitzen / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

Das Nordpolarmeer ist groß, und was auf der Karte aussieht, als liege es nur eine kurze Schiffsreise nördlich von Honningsvåg, ist in Wirklichkeit selbst mit einem vergleichsweise schnellen Schiff wie der “Costa Deliziosa” anderthalb Tagesreisen entfernt. Den Passagieren steht also ein weiterer Seetag bevor, ehe morgen der Magdalenenfjord und mit dem 79. Breitengrad dann der nördlichste Punkt der Reise erreicht wird. Einzige Attraktion bis dahin: die Bäreninsel – so benannt, weil ihr Entdecker Willem Barents dort 1596 zufällig einen Eisbären an der Küste erblickte. Davon kann aber heute keine Rede sein, denn genau genommen sieht man überhaupt nichts von der Insel. Dicker Nebel umgibt das felsige Eiland, das wir deswegen auch nur mit gehörigem Sicherheitsabstand und mit Nebelhorn passieren.

Am nächsten Morgen ankert die “Costa Deliziosa” schließlich im Magdalenenfjord, wo die Tenderboote für eine Fahrt zum Gletscher und zu einer kleinen Halbinsel in der Bucht ausgesetzt werden. Doch ungefährlich ist der Aufenthalt dort nicht, denn die Gegend ist Brutgebiet der arktischen Küstenseeschwalbe, und die verteidigt ihre Gelege ziemlich kompromisslos gegen Eindringlinge aller Art, selbst wenn diese auf zwei Beinen und in knallbunten Thermo-Jacken daherkommen. Und zwar indem sie sich unangekündigt von oben auf Köpfe und Mützen stürzt – also Vorsicht! Doch letztere ist auch in den engen Tenderbooten geboten, wo jeder einen Blick auf den Gletscher und die beiden Mini-Eisberge erhaschen will, die in der Bucht treiben. Unvergessliche Erinnerungen – an eine Landschaft, die mit ihren noch immer in Nebel getauchten Bergmassiven und Felsküsten seltsam mystisch und unwirklich erscheint.

Mit dem Waggonwaybreen mündet ein sieben Kilometer langer und an seiner Abbruchkante über 30 Meter hoher Gletscher in den Magdalenenfjord
Mit dem Waggonwaybreen mündet ein sieben Kilometer langer und an seiner Abbruchkante über 30 Meter hoher Gletscher in den Magdalenenfjord / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

Als die “Costa Deliziosa” am nächsten Folgetag am Kai in Longyearbyen liegt, dem größten Ort Spitzbergens, hat die Sonne endlich wieder ein Einsehen und beschert uns einen geradezu frühlingshaft milden Tag ohne Nebel und Regen. Dafür wirkt das riesige Costa-Schiff wie ein Eindringling inmitten der Beschaulichkeit von Holzhäuschen, Segelyachten und einer Landschaft, die von schneebedeckten Bergen und felsigen Ufern bestimmt wird. Als dann jedoch bei der Ausfahrt aus dem Isfjord die niedrig stehende Sonne herrliche Lichtspiele auf besagte Berggipfel zaubert, ist die Magie der anbrechenden Polarnacht perfekt.

Ausfahrt aus Longyearbyen. Die bergige Landschaft Spitzbergens ist zusammen mit dem Lichtspiel der Mitternachtssonne spektakulär
Ausfahrt aus Longyearbyen. Die bergige Landschaft Spitzbergens ist zusammen mit dem Lichtspiel der Mitternachtssonne spektakulär / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

Mit der Bäreninsel haben wir auf der Rückfahrt nach Norwegen mehr Glück als auf der Hinfahrt. Diesmal sind es nur noch dünne Nebelschwaden, die die Insel umgeben, so dass sich unser Schiff wie im Bordprogramm angekündigt der Küste bis auf 1,5 Seemeilen nähern kann. Die Insel selber macht das nicht schöner, doch allein die Vogelwelt ist faszinierend. Viele Seeschwalben, Möwen und Lummen kommen im Flug in unmittelbare Nähe des Schiffes und lassen sich fotografieren. Außerdem beschert uns das Nordpolarmeer am Nachmittag einen riesigen Regenbogen über dem Horizont, dessen Schönheit keine Digitalkamera der Welt einfangen kann. Als dann noch am Abend in unmittelbarer Nähe des Schiffes Wale auftauchen, sind alle an Bord glücklich. Keine riesigen Vertreter zwar, die mit ihrer Fluke majestätisch abtauchen und wie im Fernsehen mit einer langen Fontäne wieder an die Oberfläche zurückkommen. Doch immerhin solche, die in Form einer größeren Schule gen Spitzbergen ziehen. Ein weiterer unvergesslicher Anblick.

Bei gutem Wetter kann sich die „Costa Deliziosa“ der Bäreninsel im Nordpolarmeer bis auf anderthalb Seemeilen nähern
Bei gutem Wetter kann sich die „Costa Deliziosa“ der Bäreninsel im Nordpolarmeer bis auf anderthalb Seemeilen nähern / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

In Tromsø gehen die beiden Eislotsen und der Ranger wieder von Bord, der polare Teil unserer Kreuzfahrt ist damit beendet. Doch die Stadt gilt nicht umsonst als Norwegens Tor zur Arktis. Es bietet mit „Polaria“ eine Attraktion, die Aquarium und Museum in einem ist. Und das seine eigenen Stars hat, die kein anderes Aquarium der Welt bieten kann: zwei ausgewachsene Bartrobben, drei Meter lange Vertreter ihrer Art, die ausschließlich in der Nordpolarregion vorkommt und die durch ihre gigantischen weißen Barthaare unverwechselbar ist.

Ein letzter Gruß aus dem Nordpolarmeer. Die Bartrobben im Aquarium von Tromsø sind die einzigen ihrer Art in Gefangenschaft
Ein letzter Gruß aus dem Nordpolarmeer. Die Bartrobben im Aquarium von Tromsø sind die einzigen ihrer Art in Gefangenschaft / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

Dass uns am Ende auch im südnorwegischen Olden wieder der bereits aus Bergen und Geiranger bekannte Regen erwartet – geschenkt. Die Fahrt hinauf nach Spitzbergen war ein „Once in a Lifetime“-Erlebnis – Mitternachtssonne, Gletscher, Schnee, Eis und unberührter Natur inbegriffen. Was will man mehr?

Im südnorwegischen Olden zeigt sich das Land mit kleinen Holzhäusern, Kirchen und nebelverhangenen Bergen noch einmal wie aus dem Bilderbuch
Im südnorwegischen Olden zeigt sich das Land mit kleinen Holzhäusern, Kirchen und nebelverhangenen Bergen noch einmal wie aus dem Bilderbuch / © FrontRowSociety.net, Foto: Kai Ortel

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