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Das malerische Värmland in Schwedens westlicher Mitte ist für seine lieblichen Hügel, Wälder und tausende Seen bekannt. Eine abwechslungsreiche Landschaft, die vielen Gewässer und charmanten Städte bieten optimale Voraussetzungen für zahlreiche Aktivitäten wie Bootstouren, Baden, Angeln, Radfahren, Wandern und spannende kulturelle Erlebnisse. Natur und Kultur gehen auf vielfältige Weise eine harmonische Symbiose ein.

In dem ehemaligen Bergwerk Tilas Stol aus dem Jahr 1767 wurden einst Erze und andere Mineralien gewonnen
In dem ehemaligen Bergwerk Tilas Stol aus dem Jahr 1767 wurden einst Erze und andere Mineralien gewonnen / © FrontRowSociety.net, Foto: Carola Faber

Mineralogen-Mekka

Ein kalter Luftzug ist zu spüren. Er entströmt einer langen, dunklen Röhre. Die stark bewachsene Öffnung zeigt zum Ufer eines glitzernden Sees. Es wirkt ein wenig unheimlich, aber am Ende des etwa 25 Meter langen Tunnels ist zartes Licht zu sehen. Wer den Weg durch den Schacht gegangen ist, wird auf jeden Fall belohnt. Es ist der Anblick einer fantastischen, zauberhaften grünen Welt. Schlingpflanzen und Farne umwuchern morsche Holzbalken und die steinernen Wände von „Tilas Stoll“. In dem ehemaligen Bergwerk aus dem Jahr 1767 wurden einst Erze und andere Mineralien gewonnen. Die Anlage gehört zu den rund 15 Grubenlöchern im Naturschutzgebiet Högbergsfältet. Eine landschaftlich reizvolle Wanderung führt durch diese besondere, geschichtsträchtige Bergbau- und Kulturlandschaft.

Auf einem etwa einstündigen Rundweg sind zahlreiche weitere Gruben und Relikte zu entdecken. Wo heute Schafe und Kühe friedlich grasen, befand sich einst ein Zentrum mühsamer Bergarbeit. Mit etwas Fantasie wird aus dem zarten Plätschern kleiner Wassertopfen ein lautes Bohren und rhythmisches Hämmern auf festen Stein. Die harte Arbeit im Bergwerk ist für wenige Augenblicke präsent bevor der Blick auf friedlich grasende Schafe zwischen seltenen Orchideen abgelenkt wird.  

Nicht weit entfernt befindet sich der Aussichtsturm der Hill Bill Lodge. Wer nach einem köstlichen Mahl mit Wildschweinfrikadellen in der familienbetriebenen Lodge die fast 100 Stufen bis zur obersten Plattform erklommen hat, wird mit einem fantastischen Blick über eine unendlich weite Seen- und Waldlandschaft belohnt.

Bereits im 16. Jahrhundert wurde in Långban mit dem Abbau von Eisenerz und der Eisenherstellung begonnen
Bereits im 16. Jahrhundert wurde in Långban mit dem Abbau von Eisenerz und der Eisenherstellung begonnen / © FrontRowSociety.net, Foto: Carola Faber

Nur rund 15 Kilometer weiter befindet sich das Industriedenkmal Långbans Gruvby. Bereits im 16. Jahrhundert wurde in Långban mit dem Abbau von Eisenerz und der Eisenherstellung begonnen. Ende des 19. Jahrhunderts erfolgte der Abbau von Manganerz und Dolomit. Das gewonnene Eisen wurde unter anderem für den Bau des Eiffelturms, für Eisenbahnschienen oder für Kanonen verwendet. Der Bergbaubetrieb wurde 1972 schließlich eingestellt. „Heute gilt dieser Ort als ein Mekka für Mineralogen, denn hier wurden mit mehr als 350 verschiedenen Sorten die weltweit längste Liste standortspezifischer Mineralien geführt“, freut sich Daniel Olsson, der das Ensemble betreut, über den Superlativ.

Eindrucksvolles ist beim Industriedenkmal Långbans Gruvby zu erleben
Eindrucksvolles ist beim Industriedenkmal Långbans Gruvby zu erleben… / © FrontRowSociety.net, Foto: Carola Faber
Ausstellungen gezeigt werden
… und wo Ausstellungen gezeigt werden / © FrontRowSociety.net, Foto: Carola Faber

Das Bergbaudorf besteht aus mehreren Gebäuden, in denen sich Mineraliensammlungen, wechselnde Ausstellungen, Installationen und Svens Kino befinden. Dort werden in einem nostalgischen 50er-Jahre-Ambiente, aber mit moderner Bestuhlung, historische oder aktuelle Filme gezeigt. In der anschaulichen Umgebung werden während des Besuchs interessante Geschichten zur Produktion sowie Erinnerungen an alte Zeiten schnell lebendig. Die Minen von Långban sind heute mit Wasser geflutet. Internationale Tauchexperten unternehmen jedes Jahr mehrere Tauchgänge in ihren Tiefen. Die währenddessen aufgenommenen Videos der magischen Unterwasserwelt werden ebenfalls in Långbans Gruvby gezeigt.

Die charmante Kleinstadt Kristinehamn erlebte ihre Blütezeit im 18. und 19. Jahrhundert
Die charmante Kleinstadt Kristinehamn erlebte ihre Blütezeit im 18. und 19. Jahrhundert / © FrontRowSociety.net, Foto: Carola Faber
Die charmante Kleinstadt Kristinehamn erlebte ihre Blütezeit im 18. und 19. Jahrhundert
Häuschen wie im Bilderbuch / © FrontRowSociety.net, Foto: Carola Faber
Die charmante Kleinstadt Kristinehamn erlebte ihre Blütezeit im 18. und 19. Jahrhundert
Historische Ansichten, …  / © FrontRowSociety.net, Foto: Carola Faber
Die charmante Kleinstadt Kristinehamn erlebte ihre Blütezeit im 18. und 19. Jahrhundert
… und charmante Gebäude wohin man sieht / © FrontRowSociety.net, Foto: Carola Faber

Weltmarkt für Eisen

Noch präsenter wird die Geschichte um das Eisen bei einem Stadtrundgang in Kristinehamn mit Christina Skan. Sie schlüpft in die Rolle der Witwe Regina Nordenfeldt (1750-1781) und erklärt anschaulich, warum die Kleinstadt im 18. und 19. Jahrhundert so bedeutend war, wie heute die Wall Street in New York. „Auch wenn zu der Zeit hier nur 2000 Menschen lebten, strömten einmal jährlich, als der Weltmarktpreis für Eisen verhandelt wurde, rund 20.000 Menschen in die Stadt“, sagt die Einheimische. Regina Nordenfeldt ließ sich nach dem frühen Tod ihres Mannes aber nicht einschüchtern. 1771 baute sie am Marktplatz ein Steinhaus auf. „Hier kamen die Menschen zum Weltmarkt. Es wurde gefeiert und gehandelt. In dem Stadthafen vor meinem Haus lagen die Schiffe dicht nebeneinander“, seufzt Christina Skan als Regina Nordenfeldt und führt fort: „Einige Häuser sind leider verschwunden. Aber das quadratisch angeordnete Ensemble aus Holzhäusern im historischen Zentrum sieht noch genauso aus, wie zu der Hochzeit der Eisenproduktion.“

Bei einem Stadtrundgang durch Kristinehamn schlüpft Christina Skan in die Rolle der Witwe Regina Nordenfeldt (1750-1781)
Bei einem Stadtrundgang durch Kristinehamn schlüpft Christina Skan in die Rolle der Witwe Regina Nordenfeldt (1750-1781) / © FrontRowSociety.net, Foto: Carola Faber

Der Name Kristinehamn stammt von Königin Kristina, die der Stadt 1642 die Stadtrechte verlieh. Da die Stadt strategisch günstig am nördlichen Ende des Sees Vänern, dem drittgrößten See Europas, liegt, wurde von dort im 18. und 19. Jahrhundert das Eisen in viele Länder der Welt exportiert.

Heute punktet die hübsche Kleinstadt neben ihrer Historie mit einer Vielfalt an Aktivitäten in der weitläufigen Natur. Zahlreiche Boote haben ihre Liegeplätze im Sund gefunden. Die Ufer sind von schmucken Holzvillen, Badestellen, Spazier- und Radwegen gesäumt. Einer der schönsten Abschnitte direkt am Wasser auf dem 640 Kilometer langen Vänerleden-Radweg führt in zirka 30 Minuten vom Zentrum direkt bis zur berühmten Picasso-Skulptur “Jacqueline”. Sie gilt seit Jahrzehnten als Publikumsmagnet.

Die weltweit größte Sulptur von Pablo Picasso ist 15 Meter hoch
Die weltweit größte Skulptur von Pablo Picasso ist 15 Meter hoch / © FrontRowSociety.net, Foto: Carola Faber

Das Kunstwerk wurde 1965 eingeweiht und befindet sich an exponierter Stelle bei der langen Einmündung zum See. „Diese monumentale, weltweit größte Sulptur Picassos ist 15 Meter hoch. Die Säule hat einen Durchmesser von 1,65 Meter und die Flügel wiegen jeweils etwa acht Tonnen“, erklärt Christina Skan und ergänzt: „Das Werk besteht aus natürlichem Beton, wobei flüssiger Weißzement in eine mit einer Steinmischung gefüllte Form gespritzt wurde. Das künstlerische Dekor wurde dann von dem norwegischen Künstler Carl Nesjar sandgestrahlt. Angeblich soll die harte Oberfläche 2.000 Jahre lang halten.“ Dass die Skulptur ausgerechnet in Kristinehamn steht, sei Bengt Olson zu verdanken, einem ansässigen Künstler und Verehrer Picassos. Als er hörte, dass Picasso einen geeigneten schönen und für jeden zugänglichen Platz in der Natur suchte, hat er die Stadt zur Kontaktaufnahme mit dem Künstler angeregt. Picasso schickte daraufhin 1964 eine Fotomontage zurück, in der ein Modell der Skulptur in eine Landschaft hineinkopiert war mit dem einzigen Wort „Qui“.

Im Nobelmuseum in Karlskoga ist Spannendes über Alfred Nobel zu erfahren
Im Nobelmuseum in Karlskoga ist Spannendes über Alfred Nobel zu erfahren / © FrontRowSociety.net, Foto: Carola Faber
Ein Wachsfigur von Alfred Nobel befindet sich in seinem ehemaligen Labor im Nobelmuseum in Karlskoga
Ein Wachsfigur von Alfred Nobel befindet sich in seinem ehemaligen Labor im Nobelmuseum in Karlskoga / © FrontRowSociety.net, Foto: Carola Faber
Alfred Noel schlief immer mit einer Waffe unter dem Kopfkissen
Alfred Noel schlief immer mit einer Waffe unter dem Kopfkissen / © FrontRowSociety.net, Foto: Carola Faber

Immer eine Waffe unter dem Kissen

Eine weitere Berühmtheit ist eng mit der Region verbunden. Im Nobelmuseum in Karlskoga ist Spannendes über Alfred Nobel, den Erfinder, Industriellen, Stifter und Begründer der Nobelpreise, zu erfahren. In dem Gutshof Björkborn verbrachte Alfred Nobel mehrere Sommer. In der Nähe des Gutshofs baute er ein Labor, in dem er seine Forschungen auf Gebieten wie Treibstoffe und künstlicher Kautschuk fortsetzte. Bis heute ist das Labor erhalten geblieben. Es sind auch Möbel und Familienfotos ausgestellt. Zu den Exponaten gehören ein Foto der langjährigen Geliebten Sofie Hess und eine Pistole. Alfred Nobel schlief immer mit einer Waffe unter dem Kopfkissen. Nicht aus Angst vor ungebetenen Gästen, sondern zur Information der Angestellten, denn die Pistole war nur mit Platzpatronen gefüllt. Auf einem Foto ist ein Pferd zu sehen. „Pferde sind in der Nobel-Geschichte wichtig. Bei den langwierigen Erbauseinandersetzungen fand ein französischer Anwalt heraus, dass das Zuhause eines Mannes dort sei, wo seine Pferde im Stall stehen. Die Pferde von Alfred Nobel, der in mehreren Ländern Häuser besaß, standen in Schweden. Ohne dieses rechtskräftige Argument wäre die Realisierung der Stiftung, der die Finanzierung des Nobelpreises zu verdanken ist, wahrscheinlich nicht möglich gewesen“, erklärt Museumsmitarbeiterin Petra Hybinette bei dem Rundgang durch das Nobelmuseum.

Seit 1991 werden beim Nobeldinner in Stockholm die Tafeln mit Tischwäsche der Leinenweberei Klässbols Linneväveri gedeckt
Seit 1991 werden beim Nobeldinner in Stockholm die Tafeln mit Tischwäsche der Leinenweberei Klässbols Linneväveri gedeckt / © FrontRowSociety.net, Foto: Carola Faber
In der Weberei Klässbols Linneväveri erfolgt ein Großteil der Produktion in Handarbeit
In der Weberei Klässbols Linneväveri erfolgt ein Großteil der Produktion in Handarbeit / © FrontRowSociety.net, Foto: Carola Faber

Eng verbunden mit der jährlichen Nobelpreisverleihung ist das Värmlander Familienunternehmen Klässbols Linneväveri. Seit 1991 werden beim Nobeldinner die Tafeln mit Tischwäsche der Leinenweberei gedeckt. Die eleganten Tischtücher und Servietten werden nach alter Technik, aber in modernem Design gewebt. Bei einer Führung durch den Betrieb ist zu erfahren, dass der Entwurf für diese besondere Tischwäsche von Ingrid Dessau stammt. Sie sieht grobes, silbergraues Leinen erster Güte vor. „Das gewebte Schachbrettmuster wird sichtbar, weil die Kett- und Schussfäden das Licht unterschiedlich reflektieren. Die Servietten sind in Damast gewebt, und zwar mit dünnerem, halbgebleichtem Leinen, was das Relief der Nobelmedaille hervorhebt“, berichtet Familienmitglied Stefan Johansson. Besucher können sich auf Wunsch die Betriebshallen mit den verschiedenen Webstühlen ansehen. Das schwedische Familienunternehmen wurde im späten 19. Jahrhundert gegründet. Heute wird es in der vierten Generation geführt. Da seit den 1970er-Jahren das schwedische Königshaus von Klässbols Linneväveri beliefert wird, darf es sich königlicher Hoflieferant nennen. Qualität ist oberstes Gebot. Zahlreiche Designpreise zeugen von einer ausdrucksstarken, kreativen Formensprache.

Stefan Johansson gehört zur Familie der Klässbols Linneväveri
Stefan Johansson gehört zur Familie der Klässbols Linneväveri / © FrontRowSociety.net, Foto: Carola Faber

Was es 26 heimische Apfelsorten und 8 Hütten am See auf sich hat sowie weiter Informationen zum Värmland gibt es über den blauen Link zu erfahren.

Zauberhaftes Värmland – auch für Naturburschen und Romantiker / © FrontRowSociety.net, Foto: Carola Faber

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