Wenn die Sommersonne die Colli Orientali del Friuli in allen Facetten von Grün erstrahlen lässt, zeigt sich das Anwesen des Weinguts Perusini von seiner bezaubernsten Seite. Die historischen Gebäude sowie der Weinkellerturm Torre di Zucco vermitteln ein Gefühl von endlosem Sommer im Belpaese.
Im Schatten der alten Bäume sitzend, einen Ribolla Gialla genießen und dabei über die sanfte Hügellandschaft blicken – was braucht man mehr zur Glückseligkeit?
Tenuta Perusini – Tragödie und Aufstieg
Das Leben spielt seine ganz eigene Melodie. Jedes Konzertstück wird von unterschiedlichen Tonarten und Tempi getragen – nur so ist es vollkommen. Genauso verhält es sich mit Familiengeschichten. Manchmal mündet eine Zäsur in Fortschritt und Eigenständigkeit. Einen solchen Einschnitt erlebte die Familie nach einem Erbstreit unter Brüdern. Doch heute blickt Carlo de Pace, der Enkel von Gianpaolo Perusini, gelassen auf den damaligen Eklat zurück. Er führt das Weingut gemeinsam mit seinen beiden Brüdern Michele und Thomas. Alle drei arbeiten auf Augenhöhe miteinander, jedoch kümmert sich jeder um einen anderen Bereich.
Als der Familienbesitz zu drei Vierteln an den Malteserorden vererbt wurde, musste Carlos Großvater Gianpaolo ganz von vorne beginnen. Seine Familie zog auf das heutige Anwesen in Gramogliano. Heute bewirtschaften sie 24 Hektar Rebfläche – biologisch, nachhaltig, im Einklang mit der Natur. Laut Carlo ist das im Friaul gar nicht anders möglich, es sei die DNA der Region.
Nun mag sich der aufmerksame Leser fragen, weshalb man ein Weingut, das quasi erst in dritter Generation geführt wird, in die kleine, aber feine Liga der historischen Weingüter Italiens aufnimmt. Dafür müssen wir noch einmal in der Familiengeschichte zurückgehen – zum Schloss Rocca Bernarda. Über Generationen hinweg residierte die Familie dort inmitten ihrer Weinberge mit Blick auf die Abtei Rosazzo. Heute leben sie auf einem ebenfalls historischen Gut, einem ehemaligen gräflichen Sitz, erbaut im Jahr 1603.
Vorsichtig nimmt Carlo ein abgegriffenes Buch zur Hand. Es sind die Aufzeichnungen seines Urgroßvaters Giacomo Perusini. Mit Stolz erzählt er von dessen Verdienst um die Rekultivierung der autochthonen Rebsorte Picolit. Aus dieser Sorte wurde der gleichnamige Wein hergestellt, der im 18. Jahrhundert in keinem guten Hause fehlen durfte. Doch Moden wechseln, und der friulanische Süßwein geriet in Vergessenheit. Dank Giacomos Leidenschaftsprojekt erlebt der Picolit seither eine Renaissance.
Perusini – Weine im Zeichen des Torre di Zucco
Die Familie setzt auf internationale Rebsorten wie Chardonnay, Pinot Grigio und Merlot. Doch sie wären nicht Teil der historischen Weingüter Italiens, wenn in ihren Weingärten nicht auch autochthone Rebsorten zu finden wären. Wie bereits erwähnt, pflanzte Carlos Urgroßvater Picolit. Sein Großvater Gianpaolo rekultivierte Refosco, Friulano und Ribolla Gialla – letztere sowohl als Schaumwein als auch als stillen Wein. Während sich die Weinreben um das Anwesen in einer flachen Landschaft ausbreiten, ziehen sich die Terrassen der Cru-Lagen steil den Berg San Biagio hinauf.
In diesen hohen Lagen profitieren die Weine vom Mikroklima sowie vom besonderen Boden, dem Ponca. Dessen komplexe Mineralität erlebt man beispielsweise beim Verkosten des Pinot Grigio Ramato. Seine fast kupferne Farbe lässt bereits die Maischestandzeit vermuten. Fünf Tage gönnt man den Trauben, um aus den Schalen Tannine und Struktur zu ziehen, bevor die Gärung bei 5 bis 7 Grad Celsius unter Ausschluss von Sauerstoff beginnt. Jene reduktiven Noten sowie Aromen von kandierten Äpfeln und überreifen Weinbergpfirsichen machen diesen Grauburgunder zu einem Wein, der im Gedächtnis bleibt.
Der Drang zur Pionierarbeit scheint der ganzen Familie im Blut zu liegen. Im Jahr 2000 setzten sie ein ungewöhnliches Bauvorhaben um. Nach Entwürfen des Architekten Augusto Romano Burelli entstand auf dem Anwesen der Torre di Zucco. Mit diesem Weinkellerturm aus Terrakotta und Harz schuf man ein experimentelles Refugium für den alten, von Carlos Urgroßvater aus Frankreich mitgebrachten Merlot-Klon, den Carlos Mutter Teresa auf dem Anwesen fand. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit der Fakultät für Architektur der Universität Venedig konnte der Turm, dessen Abschluss eine hölzerne Decke bildet, realisiert werden. Am Boden des Barrique-Kellers schwingt ein 13,5 Meter langes Foucaultsches Pendel durch den Raum. Einmal täglich vollführt es über dem Zifferblatt, das der Turmuhr von Schaffhausen nachempfunden ist, die Erdumdrehung. Drumherum stehen die Fässer aus französischer Eiche, in denen unter anderem der Chardonnay Riserva für ein Jahr reift.
Auch die Schaumweine des Weinguts Perusini können sich sehen lassen. Natürlich stehen ein Sparkling Ribolla Gialla sowie ein Blanc de Blancs und ein Blanc de Noirs auf dem Programm. Letzterer durchlief 36 Monate lang die zweite Gärung in der Flasche. Obwohl die Verkaufsschlager Pinot Grigio und Ribolla sind, hängt das Herz der Familie an Picolit. Es handelt sich um einen Passito, dessen Trauben nach der Lese auf Strohmatten getrocknet werden. Der geringe Ertrag an Most ergibt maximal 1000 Flaschen pro Jahr.
Tenuta Perusini – dem Friaul verbunden
Das historische Anwesen ist der Dreh- und Angelpunkt des Weinguts Perusini. Darüber hinaus engagiert sich die Familie de Pace für den Erhalt der Kulturlandschaft der Colli Orientali del Friuli. Insgesamt haben sie elf leerstehende Bauernhäuser erworben, die jetzt als Ferienhäuser vermietet werden. Zudem widmen sie verbuschte Flächen der Anlage neuer Terrassen und Weinberge. Mit Zuversicht blicken die drei Brüder in die Zukunft, verbunden mit ihrer Heimat und deren Traditionen.
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