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Ende September taucht der Herbst die Weinberge der Region Churfranken in ein goldenes Licht. Einige Rebzeilen wurden bereits geerntet. Es befinden sich jene Trauben schon im Gärprozess, aus denen frische, früh trinkbare Weine entstehen sollen. Meist gedeihen sie an flacheren Hängen, die gut zugänglich für die maschinelle Arbeit sind. Klaus Giegerich, Inhaber des gleichnamigen Weinguts in Großwallstadt, erklärt, der Einsatz des Vollernters sei unerlässlich in Zeiten des Klimawandels. Aufgrund steigender Temperaturen nehme auch der Zeitdruck bei der Ernte zu. Die Zeitspanne, in welcher das Traubengut im richtigen Reifestadium gelesen werden könne, werde immer kürzer. Es geht wohl nicht mehr ohne maschinelle Hilfe. Die Handarbeit bleibt den Weinen im höheren Preissegment vorbehalten.

Churfranken – Weinberge und Wälder, wohin man schaut / © Redaktion FrontRowSociety.net

Im Spätburgunder-Land Churfranken haben einige namhafte Weingüter ihren Stammsitz, allen voran das Weingut Fürst, dessen 2019 Hundsrück Spätburgunder mit 98 Parker Punkten geadelt wurde. Gemeinsam mit dem Verein Churfranken e.V. gelten sie als Motor dieser vom Weinbau geprägten Region. Heute vollzieht sich ein Umdenken im Weinbau. Der Generationswechsel wurde in vielen Betrieben für eine Ausrichtung hin zum ökologischen, nachhaltigen Weinbau genutzt. Eine ähnliche Entwicklung vollzog sich auch im Weingut Giegerich.

Noch herrscht Ruhe vor Lese an der Schutzhütte des Weinguts Giegerich / © Redaktion FrontRowSociety.net

Weingut Giegerich in Großwallstadt

Die Vorarbeit für die heutige Philosophie leistete Vater Klaus Giegerich. Sein innovativer Geist sorgte dafür, dass die Weine von hoher Qualität und doch für jedermann bezahlbar sind. Mit dem Projekt „Frank & Frei“ rief er ein Label ins Leben, welches 15 Winzer seit 1996 vereint. Mit den Frank & Frei-Weinen wollen sie die frische, fruchtige Seite Frankens zeigen. Jene Weine sind für den direkten Genuss gemacht. Mit ihnen kommt die erste Frühlingssonne ins Glas, sie sind Begleiter lauer Sommerabende oder unbeschwerter Mittagessen mit Freunden.
 
Klaus Giegerich ist mit Leib und Seele Winzer / © Redaktion FrontRowSociety.net
Mittlerweile stehen die Söhne Philipp und Kilian an vorderster Front. Beide bewirtschaften die 12,5 Hektar Weingärten der Familie, die verteilt an den Südhängen des Mains liegen. Auf den tief zerklüfteten eisenhaltigen Buntsandsteinböden gedeihen Müller-Thurgau, Silvaner, Chardonnay, Sauvignon Blanc und natürlich Spätburgunder. Die unterschiedlichen Lagen verfügen über genügend Vielfalt der Bodenstruktur, um ein spannendes Portfolio an Weinen aufzubauen. Dabei werden die Trauben aus den besten Lagen zu erstklassigen Lagenweinen ausgebaut, die sich garantiert nicht dem Mainstream zuordnen lassen.
 
Keiner kennt das Terroir besser als Klaus Giegerich (li.), hier mit FrontRowSociety-Redakteurin Annett Conrad im Gespräch / © Redaktion FrontRowSociety.net
Für jeden Wein braucht es Fingerspitzengefühl, doch für die Weine im oberen Segment erst recht. Die Arbeit beginnt im Weinberg. Ertragsreduzierung, Begrünungsmanagement, Verzicht auf synthetische Spritzmittel und mineralische Dünger – das fordert jede Menge Zeit und Kontrolle im Weinberg. Im Keller geht es weiter. So ist der Silvaner „Alte Reben“ das Produkt 45 Jahre alter Reben. Der Most wird spontan vergoren und im Betonei ausgebaut, in welchem der Wein auf der Vollhefe reift. Nach der natürlichen Sedimentation kommt er in die Flasche mit dem reduziert gestalteten Etikett.
 
Weine für jeden Anlass und jeden Gaumen / © Redaktion FrontRowSociety.net
Auch der Chardonnay „Kirchstück“ wird spontan vergoren und reduktiv ausgebaut. Der Schalk Silvaner reift hingegen für ein Jahr im großen Holzfass. Gerade hier zeigt sich das winzerische Know-how beider Brüder, das ihnen 2023 den Weg zum „Weingut des Jahres“ in Franken ebnete. In naher Zukunft steht die Bio-Zertifizierung an. Doch bereits jetzt ist die Arbeit im Einklang mit der Natur gelebte Philosophie.
 
Drei Linien vereint das Weingut Giegerich unter seinem Dach / © Redaktion FrontRowSociety.net
Weingut Höflich in Großostheim
 
Der bezaubernde Garten des Weinguts Höflich ist geradezu prädestiniert, um im kühlen Schatten einen edlen Tropfen des Weinguts zu genießen. Hier nimmt die Kunst des Lebens ihren Lauf, sich eine Auszeit vom geschäftigen Alltag zu verschaffen. Und das unweit der Metropole Frankfurt. Von den Anhöhen, auf denen die Weine der Familie Höflich gedeihen, hat man den wohl besten Blick über das Maingebiet. Bereits die Römer schätzten den Nordwesten Frankens als Weinbauland. Wie das Land hat auch das Weingut der Familie Höflich eine wechselvolle Geschichte. Alles begann 1928. Damals wurden die Trauben an die Genossenschaft geliefert. Bis sich Peter Höflich 1987 entschied, unabhängig und eigenständig seine Weine an- und auszubauen.
 
Peter Höflich hat heute längst das Ruder an die nächste Generation übergeben, dennoch ist er im Weinberg aktiv / © Redaktion FrontRowSociety.net
Willkommen beim Weingut Höflich, zu dem auch eine Häckerwirtschaft gehört / © Redaktion FrontRowSociety.net
12 Hektar Rebland mit den unterschiedlichen Bodenprofilen schaffen Raum für ein breites Portfolio. Auch beim Weingut Höflich kam mit den sich veränderten Ansprüchen und dem Generationswechsel das Umdenken im Weinbau. Zwar arbeitet die Familie noch konventionell, nutzt jedoch umweltverträgliche Möglichkeiten, um ihre Weine weitestgehend im Einklang mit der Natur herzustellen. Es wäre doch zu schade, die malerische Landschaft zwischen Odenwald und Spessart zu zerstören. Zwischen den Weingärten stehen seit alters her die winzigen Schutzhütten der Weinbauern. Diese verleihen dem Weinbau eine fast romantische Facette.
 
Peter Höflich sieht eine Aufwertung des deutschen Weinbaus durch die bessere Ausbildung der Winzer beispielsweise in Geisenheim / © Redaktion FrontRowSociety.net
Romantisches churfränkisches Land / © Redaktion FrontRowSociety.net

Verschiedene zukunftsweisende Projekte zeichnen das Weingut Höflich aus. Beispielsweise wird mit PIWI-Sorten experimentiert. Ein anderes Vorhaben ist der „Testemate“ von Frank Höflich, der das Familienweingut seit 2013 führt. Für dieses Herzensprojekt treffen sich vier Freunde aus Deutschland und Italien, allesamt Winzer, und cuvéetieren ihre separat ausgebauten Weine zum besagten Testemate.

Weingut Höflich steht für moderne und innovative Weine / © Redaktion FrontRowSociety.net

Die Steillagen des Weinguts Waigand in Erlenbach

Eine schmale Person steht am Steilhang des Mains in Erlenbach. Es ist Verena Waigand, Jungwinzerin und Mutter von vier Kindern. Kaum vorstellbar, wie sie das Ganze unter einen Hut bringt. Viel Herzblut und Leidenschaft steckt in jedem Wein, der den steil aufragenden Hängen abgetrotzt ist. Auf den Buntsandsteinterrassen huschen Salamander in einen sicheren Unterschlupf und allerhand Insekten tummeln sich in den mit Gräsern und Kräutern begrünten Rebzeilen.
 
Verena Waigand – die Powerfrau des churfränkischen Weinbaus / © Redaktion FrontRowSociety.net
Der Großvater legte jene Terrassen selbst von Hand an. Einige Reben, die der Großvater setzte, stehen heute noch hier. Vor allem gedeihen in den 1,5 Hektar von Verena Waigand Müller Thurgau, Silvaner, Riesling, Portugieser und natürlich Spätburgunder. Damit das Erbe der Region nicht verloren geht, übernimmt Verena hin und wieder Weinberge, die aufgelassen werden sollen. Nicht zuletzt kommt dadurch ein Flickenteppich an Besitz, wie auch an Rebsorten zustande. So kam sie auch zu den wenigen Dornfelder und Cabernet Sauvignon Reben. In den Weingärten mit teils 80 Prozent Neigung geht alles nur von Hand. Und das rund ums Jahr. Hier wächst ihr Winzergold, das sie im Gutsweinsegment mit peppigen Etiketten versieht.
 
Zwischen Bundsandsteinmauern gedeihen die Reben der Familie Waigand in den Steilhängen am Main / © Redaktion FrontRowSociety.net

Der Rotweinwanderweg und die deutsche Weinkönigin

Der Aufstieg zu den Parzellen von Verena Waigand erfolgt über den Fränkischen Rotweinwanderweg. Schautafeln begleiten die Wanderer und führen sie zu magischen Orten des fränkischen Weinbaus. Diese sind mit „terroir f“ gekennzeichnet. Jene Orte bestechen mit Ausblicken über die churfränkische Landschaft, die einen nicht mehr loslassen. Seit 1950 wird in Franken eine Weinkönigin gewählt. Sie hat dann das etablierte Ehrenamt als Fränkische Weinkönigin für ein Jahr inne. 2023 vertritt Eva Brockmann als 65. Fränkische Weinkönigin ihre Heimat, auch die Genussregion Churfranken. Allerdings wurde sie vor kurzem zur 75. Deutschen Weinkönigin gewählt und muss das Ehrenamt in Franken ruhen lassen.

Wandern und bei einer kurzen Rast den QR-Code scannen, schon gibt es Informationen rund um den Fränkischen Rotweinwanderweg / © Redaktion FrontRowSociety.net
Unter anderem führt der Fränkische Rotweinwanderweg zu den reizvollen Aussichtspunkten, genannt
Unter anderem führt der Fränkische Rotweinwanderweg zu den reizvollen Aussichtspunkten, genannt „terroir f“ / © Redaktion FrontRowSociety.net
Gestatten: Eva Brockmann, Fränkische und Deutsche Weinkönigin 2023 / © Redaktion FrontRowSociety.net

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