Der Duft von frischem Gebäck zieht durch die Altstadt von Novara. Etwas versteckt in einer Seitengasse befindet sich die Biscotteria Camporelli. Dort werden seit 1852 die berühmten „Biscottini di Novara“ gebacken. Genau wie damals wird das Gebäck nur aus Mehl, Eiern und Zucker zubereitet und unter genauer Beobachtung zweimal gebacken. „Täglich backen wir mehr als 70.000 Kekse. Damals gab es in diesem Viertel zahlreiche Feinbäckereien. Heute zählen wir zu den ältesten und den wenigen, die sich noch dieser besonderen Backkunst widmen“, schmunzelt Inhaber Ambrogio Fasola während er kleine Kostproben anbietet. Seine Waren werden inzwischen in viele Länder exportiert, aber immer wieder finden Liebhaber dieser süßen Verführung den Weg zu der italienischen Feinschmeckeradresse. „Ich wohne inzwischen in München, aber wenn ich meine Familie in Novara besuche, komme ich immer in die Biscotteria Camporelli“, schwärmt eine Einheimische. Es ist gut nachvollziehbar, warum in den Cafés oder Hotels der Stadt die knusprigen Biscottini angeboten werden.
Italienisches Dolce Vita, Kunst, Kultur und Kulinarik sind in Novara auf harmonische Weise vereint. Die geschichtsträchtige Stadt, die bereits in der Antike gegründet wurde, ist geprägt von einem charmanten Stadtbild, von Kunst, Kultur und Kulinarik. Prachtvolle Kirchen, Palazzi, bedeutende Museen und ein reiches Kulturangebot sorgen für ein pulsierendes Leben in Novara. Vom Mittelalter bis zum zeitgenössischen Kunst können sich die Besucher auf eine abwechslungsreiche Zeitreise begeben. Malerische Plätze und ruhige Innenhöfe locken mit ihren Cafés und Restaurants. Empfehlenswert für den Abend ist das Ristorante Antica Osteria Ai Vini. Im historischen Ambiente und mit der typisch italienischen Gastlichkeit wird der Genuss regionaler Speisen noch potenziert. Schon der Vorspeisenteller begeistert mit den lokalen Käse- und Wurstvariationen. Über die Zwiebel in Käsecreme, Ravioli, Ragout und Filet wird bis zum Schokoladendessert in dem feinen Restaurant eine schmackhafte Reise durch die Provinz Novara geboten. Dazu mundet ein fruchtbetonter, weicher 2018 Colline Novaresi Croatina 2018 von Davide Carlone. Dieser Biowein gilt als Geheimtipp, wie so viele Regionen der Stadt und Provinz Novara, denn nur wenige Kilometer hinter den Stadtmauern beginnt Europas größtes Reisanbaugebiet.
Köstliche Reiskammer
Erstklassiger Reis in sämtlichen Facetten und kurze Wege bis zum Konsumenten: das Piemont birgt eine ungewöhnliche Speisekammer. Seit Jahrhunderten spannt sich dort in der Provinz Novara ein ausgeklügeltes Netz aus Kanälen und Entwässerungsgräben über eine Fläche von etwa 200.000 Hektar. Entworfen wurde dieses System im 15. Jahrhundert von Leonardo da Vinci am Hof von Ludovico il Moro im rund 50 Kilometer entfernten Mailand. Reisanbau im größeren Stil ermöglichte in den 1860er Jahren Graf Camillo Benso di Cavour, indem er den etwa 90 Kilometer langen Kanal Cavour, der bis heute die Flüsse Po und Ticino verbindet, anlegen ließ. Heute ziehen über diesem Vogelparadies Reiher, Kormorane und Ibisse ihre Kreise. Unterbrochen ist das Landschaftsbild mit den grün leuchtenden Reisfeldern, meist nur durch Pappelalleen, Wassergräben, kleine Dörfer und Cascine, einsame landwirtschaftliche Großbetriebe, die ehemals mit Mühle, Ställen, Heuschobern und Arbeiterwohnungen ausgestattet waren. Saisonarbeiterinnen, so genannte Mondine, pflanzten bis in die 1940er Jahre die Setzlinge, jäten Unkraut und befreiten die zarten Pflanzen vom Ungeziefer.
Heute wird die einst mühevolle Handarbeit von großen Traktoren übernommen. Aber nicht nur die Bewirtschaftungsart hat sich verändert. Die Norditaliener setzen auf besondere Qualitäten und Sorten, die sich gut für Reisspezialitäten eignen. Für Risotto sind es Sorten wie Arbori, Vialone oder Carnaroli. Auch auf Biodiversität wird inzwischen größter Wert gelegt. Mit der Gründung von Razza 77 durch Domenico Bernascone und Silvio Nai Oleari aus Tornaco sowie Fabrizio Rizzotti aus Vespolate erfuhren exklusive Reissorten nicht nur eine Wiederbelebung sondern stehen gleichbedeutend für die spezifische Identität der Region. Dieser besonderen Reiskammer sind die vielen Variationen rund um den Reis auf den Speisekarten der Restaurants in Novara zu verdanken.
Vielfalt Novara
Weiter nördlich erscheint das Landschaftsbild zunehmend lieblicher. Eichenwälder, grüne Täler und sanfte Hügel mit mittelalterlichen Gehöften, Schlössern und Klöstern wechseln sich ab. Ab und zu kündigen in der Ferne Türme von prachtvoll ausgeschmückten Kirchen kleine Dörfer an. So lohnt ein Besuch der Benediktinerabtei San Nazzaro Sesia aus dem 11. Jahrhundert, eins der bedeutendsten Zeugnisse der romanischen Kunst in Oberitalien. Eine ungewöhnliche Perspektive auf Kirchen bietet nur wenige Kilometer weiter in Casalbeltrame das Restaurant mit Hofladen „Pane Amore… Poderia“: Von der Scheune des ehemaligen Hofes aus dem 17. Jahrhundert öffnet sich ein romantischer Blick gleich auf fünf Kirchen. Sie werden nicht nur als sakrale Räume, sondern auch als Museum oder Galerie genutzt. In dem Restaurant können Gäste einige Zutaten der Gerichte aus der Speisekarte mit nach Hause nehmen.
Gleich von mehreren lokalen Produzenten verarbeitet Küchenchef Stefano Rodolfi den Reis. Sehr köstlich gelingt Risotto mit Gorgonzola und Rosmarin. Unterstützt wird die cremig-duftige Speise von einem frischen und trockenen Cantinoteca dei Prolo Vesporosè. Der Duft und die Geschmeidigkeit des Schaumweins ergänzen sich hervorragend mit dem Reis, der seinen Pfiff durch zarte Zitrusnoten erhält. Der Respekt vor Rohstoffen ist Küchenchef Stefano Rodolfi bei jedem Gang anzumerken.
Die Rolle der Zwiebel
In einem malerischen Landschaftsrelief schmiegen sich die Weinfelder von Francesco Brigatti an die Hügel. Der Winzer aus dem kleinen Dorf Suno bewirtschaftet insgesamt sechs Hektar und produziert jährlich zirka 30.000 Flaschen aus autochthonen Rebsorten, wie Erbaluce und Uva Rara – alles in Handarbeit. Zu seinen herausragenden Produkten mit seiner typisch charakterstarken Handschrift zählen auch die Weine aus den Sorten Vespolina, Barbera und Nebbiolo. Nur wenige Kilometer entfernt befindet sich der romantisch gelegene Agriturismo-Betrieb „La Cappuccina“.
Dort stehen neben den Weinen von Francesco Brigatti auch die eigenen Weine des Betriebs Opera 32, Faren und Novarina auf der Weinkarte, die mit fast 600 Etiketten hervorragend sortiert ist. Das charmante Anwesen bietet eine gelungene Symbiose aus Wohnen, Entspannen und Speisen. Mit einem traumhaften Blick in den gepflegten Garten und bei Kerzenschein können Gerichte aus Produkten der hauseigenen Landwirtschaft, wie Wein, Obst, Gemüse, Fassone-Rinder, Saanenziegen, Hühner, Enten und Gänse genossen werden. „Ein besonderes Anliegen ist für uns die blonde Zwiebel. Sie ist für uns eine Art Botschafterin“, berichtet Raffaella Zanetta, Inhaberin von La Cappuccino.
Die Zwiebel nimmt eine entscheidende Rolle in der Region ein, denn rund um Cureggio und Fontaneto d’Agogna wird eine traditionelle Zwiebelsorte angebaut, die durch ein besonders mildes Aroma hervorsticht und seit 2013 in die Slow-Food-Liste aufgenommen wurde. „Die klimatischen Bedingungen und der Boden sind hier für die Zwiebel ideal. Während die hügeligen Gebiete traditionell für den Weinbau genutzt wurden, widmete man sich in den flachen Gebiete neben der Produktion von Futtermitteln hauptsächlich dem Anbau von Kartoffeln und Zwiebeln“, bestätigen Carlo Masseroni und Eraldo Teruggi vom Slow Food Präsidium die ungewöhnliche kulinarische Bereicherung.
Jährlich werden Messen zum Thema Zwiebel veranstaltet, eigene Kochbücher „Il Cipollario“ werden herausgegeben und Restaurants beteiligen sich mit Rezepten und Gerichten an den Gourmettagen rund um die Zwiebel. Dazu bauen auch immer mehr Landwirte, wie beispielsweise Luigi Platini oder Carla Galli Zwiebeln an“, ergänzt Präsident Carlo Masseroni. Ein weiterer kulinarischer Höhepunkt ist Gorgonzola. Die Firma Palzola stellt seit Jahrzehnten und ganz in Handarbeit diese exzellenten Produkte aus regionaler Milch her. „Alles wird hier noch streng von Hand gemacht. Wir verbinden hier fortschrittlichste Methoden mit den ältesten Techniken und Milchgeheimnissen“, verrät Geschäftsführer Sergio Poletti.
Aromen der Tradition
Eine Oase der Tradition und kulinarischen Eroberung finden die Gourmets in Borgomanero. Hinter dem Namen Trattoria Dei Commercianti befindet sich ein engagierter Familienbetrieb. Lucia und Mauro Agazzone kochen mit echter Leidenschaft. Auf die Verbindung von Gastlichkeit und Kochkunst wird dort noch großer Wert gelegt. „Ich werde oft nach meiner geheimen Zutat gefragt. Es ist für mich die Liebe zu meinem Beruf. Und es genügt nicht alte Rezepte aufzufrischen. Wir müssen weiter gehen, von der Suche nach Rohstoffen bis zur endgültigen Präsentation auf dem Teller. Unsere Küche ist eine echte Reise in die Tradition, insbesondere die unserer Region, unter unseren Spezialitäten stechen die Novarese Paniscia, die Borgomanero Tapulone und die Gnocchi mit Castelmagno hervor …“, erzählt Chefkoch Mauro Agazzone. In einem Haus aus dem 16. Jahrhundert verarbeitet er nach klassischen Rezepten hochwertige, frische, regionale Zutaten zu Delikatessen. Dazu steht eine Auswahl von mehr als 350 Etiketten italienischer, meist lokaler Weine zur Verfügung.
Als herausragendes Beispiel des Menüs stellt sich das Eselragout an Polenta heraus. Untermalt ist der Genuss von einem 2015 Gattinara DOCG Riserva „Borgofranco“ der Cantina del Signore. Der elegante Wein aus 100 Prozent Nebbiolo überzeugt mit seinen zahlreichen Nuancen. Lebendige Säure, perfekt eingebundener Alkohol und eine langer Abgang betören.
Zeichen der Pracht
Schon seit jeher bezaubert der Lago Maggiore im Norden der Provinz mit seinem Charme. Umgeben von einem abwechslungsreichen Bergpanorama leuchtet der See in einem tiefen Blau. Zahlreiche Schiffe kreuzen, hinterlassen für eine kurze Zeit ihre weichen weißen Spuren auf der Wasserfläche.
„Verbania, ein Garten am See“ lautet der Name für die größte Stadt am Westufer des Sees. Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts ließen sich Schriftsteller, Maler und Dichter vom Anblick des Sees inspirieren. Die Pracht ist geblieben. Heute lockt dieses Paradies mit imposanten Villen und malerischen Landschaftsgärten. Aber auch eine Tour zu den Bergdörfern oder in die Seitentäler lohnt sich.
Von Verbania führt eine abwechslungsreiche Strecke am verträumt wirkenden Lago di Mergozzo und am Ufer des Flusses Toce durch steinerne Dörfer, an einer Teeplantage vorbei bis nach Vogogne, eins der schönsten Dörfer Italiens. Auf dem Weg ist viel über die Kultur und die Geschichte der Region zu erfahren. „Heute werden noch wie damals in meiner Kindheit bei der Bäckerei Il Fornaio die typischen Kekse Fugascina gebacken“, freut sich die Einheimische Elena Lusetti, die inzwischen Touristen aus aller Welt zu den Schönheiten des Lago Maggiores führt über eine ganz besondere Tradition. Seit Jahrzehnten bringen immer am 4. Juli die Familien des Ortes ihre rohen Keksteige zu der Bäckerei von Giordano und Patrizia Pavesi. Dort werden sie fertig gebacken. Der Erlös aus dem Verkauf wird immer für die Kirche Santa Elisabetta gespendet.
Auch der Bildhauer Giuseppe Lusetti gilt in Mergozza im Ossola-Tal als Berühmtheit. Schließlich hat er 2011 mit 29,3 Metern die längste Steinkette der Welt aus nur einem einzigen riesigen Steinblock geschaffen. Er wurde damit nicht nur im Guinnessbuch der Rekorde verewigt, sondern erhielt auch eine Einladung zur Biennale in Venedig.
Seit Jahrhunderten wurde weißer Granit und rosa Marmor in den Steinbrüchen des Tals abgebaut, um später in großen Bauwerken, wie dem Mailänder Dom Verwendung zu finden. Damals war das ein sehr aufwändiges Unterfangen, denn es konnte manchmal Jahre dauern, bis der Stein über diverse Wasserwege am Ziel angekommen ist. Unweit der Strasse wird auch eine groß angelegte Teeplantage passiert. Baumschulbetreiber Paolo Zacchera, der den Teeanbau zunächst als ein Experiment begonnen hat, ist überzeugt von den hervorragenden Wachstumsbedingungen des grünen Tees, etwas oberhalb des Lago Maggiores.
Vogogna schließlich ist die einzige Gemeinde in der Provinz Verbano-Cusio-Ossola, in der die mittelalterliche Architektur des 14. Jahrhunderts erhalten blieb. Unterhalb der mächtigen Burg winden sich malerische Gassen mit Kopfsteinpflaster durch den kleinen geheimnisumwobenen Ort. Über den verwunschenen Bergort, wo Patrizia und Claudio Abbiamo ihre Töpferwaren herstellen und Safran anbauen, geht es nach Verbania Intra in das Käseparadies „La Casera“ von Affineur Eros Buratti. Der exzellente Käseveredler sammelt über die Grenzen Italiens hinaus beste Käsesorten. In seinem Ladengeschäft mit einer riesigen Auswahl an Delikatessen können die Gäste passende Weine aus einer Karte mit mehr als 1000 Etiketten wählen.
Glanz der Belle Epoque
Fast gegenüber von Verbania befindet sich Stresa. Von dort bietet sich ebenfalls ein traumhafter Blick über den See und seine Inseln bis zum Monte Tamaro im Norden. Das reizvolle Hinterland um den Mottarone machten Stresa schon früh zu einem beliebten Treffpunkt für Künstler und Dichter, den Adel und die Politik. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts entstanden die großen Jugendstilhotels, die bis heute den Glanz der Belle Epoche ausstrahlen.
Im Herzen von Stresa lohnt das Ristorante Piemontese Bistrot 76 einen Speisegenuss. Diese intime und gemütliche Traditionsadresse gilt es als beliebter Treffpunkt Schriftsteller, Künstler, Musiker und Schauspieler. Betrieben wird es von den drei Brüdern Pierangelo,Orazio und Emilio Bellossi, die als Köche und Sommelier schon weit über die Grenzen des Lago Maggiores hinaus im Land bekannt sind. Köstlich zubereitete Gerichte, eine ausgezeichnete Weinbegleitung verbunden mit einem hervorragenden Service überzeugen mit jedem Detail.
Inselzauber
Ein besonderer Zauber geht von den Borromäischen Inseln aus. Lohnenswert ist eine Rundtour zu den Inseln Isola Bella, Isola dei Pescatori und Isola Madre. Seit dem 16. Jahrhundert gehören die Inseln dem Adelshaus Borromeo. Umgeben ist der Palast auf der Isola Madre von einem einzigartigen romantisch angelegten Landschaftsgarten mit einer Vielzahl exotischer Pflanzen zwischen denen weiße Pfauen und Goldfasane umher spazieren.
Die quirlige Insel dei Pescatori ist die einzige Insel, die bewohnt ist. Hier locken hübsche Gassen und ein kleiner Markt mit lokaler Handwerkskunst. Der imposante Palazzo Borromeo auf der Isola Bella ist schon von weitem zu sehen. Neben dem prachtvoll eingerichteten Bauwerk entstanden auf der Isola Bella auch wunderschöne Gartenanlagen nach englischen und italienischen Vorbildern. Einen genussvollen Augenblick können die Gäste auf der Terrasse des Restaurant „Elvezia“ erleben.
Dort werden neu interpretierte traditionelle Gerichte der italienischen Küche, wie auch innovative Kreationen mit überraschenden Geschmacksmomenten serviert. Exzellente lokale Produkte aus dem Lago Maggiore und den Ossola-Tälern werden vom Küchenchef persönlich ausgewählt. Betörend: Zitronenkuchenvariation (inspiriert von der Isola Pescatori) mit einem Passito La Giribaldina.
Wenn langsam das Abendrot über dem See die Orte am Festland und das dahinterliegende Bergpanorama in ein gelb-rot-violettes Licht hüllt, wünscht man sich, der Augenblick würde noch lange bleiben.
Dieses ist ein redaktionell erstellter Artikel, der durch externe Unterstützung möglich gemacht wurde. Die Unterstützung hat jedoch keinen Einfluss auf den hier abgebildeten Inhalt. Es gilt der Redaktionskodex.