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Nördlich von Athen, an der Ostküste Attikas, liegt die historische Gemeinde Marathon, die mehr als nur Namensgeberin des populären Langstreckenlaufs ist.

Marathon, eine Region im Dornröschenschlaf

Bis in den späten Herbst hinein flimmert die Sonne über der Ebene von Marathon. Hat man Athen erst einmal hinter sich gelassen, wird es still. Am Horizont verschwimmt die Bergkette in deren Schutz sich weite, fruchtbare Flächen erstrecken.

Die Landwirtschaft ist die Haupteinnahmequelle der Einwohner. Uralte Olivenbäume wachsen verteilt im grünen Grasland. Felder mit Zucchini und Auberginen bilden einen kleinen Flickenteppich und am Wegesrand grast hier und da ein Esel.

In der Region um Marathon dominiert die Landwirtschaft, jetzt soll die touristische Infrastruktur entwickelt werden / © Redaktion FrontRowSociety.net

Der Kontrast zur Hauptstadt Athen könnte nicht größer sein. Außerhalb der Großstädte ist Griechenlands Landschaft ursprünglich. Kleine Steinmauern und Zeugnisse der Vergangenheit durchbrechen nicht die authentische Naturkulisse, sondern verstecken sich eher in ihr.

Immer wieder stößt man auf Mauerreste aus längst vergangenen Tagen, wie hier aus dem 2. Jahrhundert / © Redaktion FrontRowSociety.net

An Marathons Strandpromenade Nea Makri tummeln sich weder angesagte Boutiquen, noch aufdringliche Verleiher von Wassersportausrüstungen. Hier am Golf von Euböa genießt man das pure Badevergnügen im gemäßigt warmen Klima. Große Liegewiesen bieten am Brexiza Beach ausreichend Platz und der sanfte Übergang ins Meer ist ideal für Familien.

Am Stand in Nea Makri wird man nicht vom Jet-Ski Lärm oder windigen Verkäufern gestört / © Redaktion FrontRowSociety.net
Marathon ist noch ein Geheimtipp für Kulturinteressierte und Reisende, denen Authentizität wichtiger ist, als die Rundumversorgung eines All-Inclusiv-Resorts / © Redaktion FrontRowSociety.net

In den kleinen Bistros und Cafés findet man noch landestypische Gerichte mit einer Atmosphäre, die authentischer nicht sein könnte. Am Ende der Promenade steht die kleine Kapelle Agia Kyriaki, ein Monument der wechselvollen Geschichte der Region Marathon, das heute besonders beliebt bei Hochzeitspaaren ist.

Die kleine orthodoxe Kirche (Αγία Κυριακή) wird gern für Trauungen genutzt / © Redaktion FrontRowSociety.net

Der Tourismus und seine Infrastruktur stecken in der Gemeinde Marathon noch in den Kinderschuhen. Jetzt soll die Präfektur entwickelt werden, was der gesamten Region Attika Aufschwung bescheren würde. Bleibt zu hoffen, dass Marathon sich seine Identität bewahren kann und den lauten Tourismus den angestammten Hochburgen überlässt. Allerdings würden Gelder aus der Reisebranche auch dem Denkmalschutz zugute kommen. Das würde für ein breiteres Publikum den Blick in die Vergangenheit bewahren, mit dem man die Gegenwart gestaltet und Weichen für die Zukunft stellen könnte.

Marathon geriet zwischen die Mahlsteine von Pauschalurlaub und Massentourismus. Mitherausgeberin Annett Conrad (mi.) ist mit Vertreterinnen des Tourismusverbandes und Archäologinnen unterwegs, welche ihr die noch ursprüngliche Region mit all ihren historischen Schätze nahebrachten / © Redaktion FrontRowSociety.net

Zurück in die Vergangenheit

Das gegenwärtige Marathon ist ein Mekka für ein historisch interessiertes und gut gebildetes Klientel. Menschenmassen verlaufen sich in diese Abgeschiedenheit nicht, allzu unspektakulär wäre das Schlachtfeld aus der Zeit der Perserkriege, wo es keinen Shop mit unnötigem Nippes gibt.

Wer seinen Blick über das Aussengelände des „Archäologischen Museums Marathon“ schweifen lässt, kann vielleicht mit viel Phantasie Bilder der herannahenden persischen Truppen heraufbeschwören / © Redaktion FrontRowSociety.net

In der Ebene von Marathon fand im Jahre 490 v.Ch. jene prägende Schlacht zwischen Athenern und Persern statt, die zu den 15 entscheidenden Schlachten der Weltgeschichte gehört und die damaligen Machtverhältnisse zugunsten Athens verschob. In Agios Panteleimon fand man einen Grabhügel, in welchem die 192 gefallenen, athenischen Krieger dieses Kampfes bestattet wurden.

Unscheinbar versteckt sich das „Archäologische Museum Marathon“, dabei hält es doch viele epochale Fundstücke in seiner Ausstellung vor / © Redaktion FrontRowSociety.net

In diesem Zusammenhang weihte man 1975 das „Archäologische Museum Marathon“ ein, worin ein breites Spektrum an Funden aus prähistorischer bis spätrömischer Zeit ausgestellt wird.

Keramikkrüge aus der mittleren (2.000-1.600 v. Chr.) und späten helladischen (1.600-1.100 v. Chr.) Periode aus den Vrana-Gräbern / © Redaktion FrontRowSociety.net

Funde aus dem neun Meter hohen Tumulus, dem Hügelgrab, wie der Kopf des Herodes Atticus, Grabreliefs, Statuen oder Keramiken aus der Jungsteinzeit aus der Höhle des Gottes Pan, die sich oberhalb von Oinoe im Tal des Flusses Chandakas befindet, stehen als stumme Relikte Pate für menschliche Siedlungsgeschichte.

Ein großes Relief von Pans Höhle beeindruckt im ersten Raum des Museums. Nach dem Sieg über die Perser in der Schlacht von Marathon etablierten die Athener in der Höhle das Heiligtum des Gottes Pan, um seine Unterstützung in jener Schlacht zu würdigen / © Redaktion FrontRowSociety.net
Trinkgefäße aus dem 6. Jahrhundert v.Ch. / © Redaktion FrontRowSociety.net

In dem heute überdachten Grab von 11 Platänern wandelt man zurück in die Vergangenheit und schaut auf Überreste von Waffen, Keramiken und Skeletten aus einer weit zurückliegenden Epoche. Menschliche Tragödien zwischen Kampfeswillen und Siegestaumel, zwischen Leben und Tod spiegeln sich greifbar wider.

Über einzelne, glasbedeckte Ausschnitte wird das Innere des Tumulus sichtbar / © Redaktion FrontRowSociety.net
Fund im Grabhügel der 11 platänischen Krieger / © Redaktion FrontRowSociety.net

Die ägyptisierende Statue, die einst vor dem Tor des Heiligtums der ägyptischen Götter und römischen Badehauses in Brexiza stand und sich nun im Museum befindet, macht neugierig, dieser heiligen Stätte aus dem 2. Jahrhundert einen Besuch abzustatten.

Die ganzen Pracht des Heiligtums in Brexiza wird im Museum sichtbar. Die Statue der Göttin Isis (hinten rechts) überdauerte die Jahrhunderte, wie auch die Standbilder des Gottes Osiris (vorn links) und des Politikers Herodes Atticus (vorn rechts), die sich gegenüber stehen / © Redaktion FrontRowSociety.net
Das Heiligtum der ägyptischen Götter und Badehaus des Herodes Atticus waren von üppigen Marmorarbeiten und Statuen gekennzeichnet. Auf den Überresten stellte man eine Kopie des Standbildes von Isis, der Gattin Osiris auf. Sie ist die ägyptische Göttin der Geburt und Herrin des Lebens / © Redaktion FrontRowSociety.net

Es grenzt an ein Wunder, das Heiligtum zu finden. Im Sumpfgebiet von Brexiza überwuchern Gräser und Sträucher den heiligen Ort. Erbaut wurde die Anlage von Herodes Atticus (101 – 177 n.Ch.), einem Politiker aus Marathon. Der mystische Ort befand sich damals auf einer der Küste vorgelagerten Insel und sollte das Nildelta darstellen.

Das einstige Heiligtum im Sumpfgebiet von Brexiza ist auch heute noch ein mystischer Ort / © Redaktion FrontRowSociety.net

Selbstbewusst orientierte sich Atticus an Hadrians Serapeion in Tivoli. Die Eingänge flankierten riesige Statuen von Isis und Osiris, die heute als Kopien einen lebendigen Eindruck vermitteln.

Osiris – Herrscher der Unterwelt und unterirdischer Fruchtbarkeitsgott. Er repräsentiert die Unsterblichkeit, welche sich im jahreszeitlichen Zyklus der Pflanzen ausdrückt. Die originale Statue befindet sich im „Archäologischen Museum Marathon“. Im Heiligtum von Brexiza steht eine Kopie / © Redaktion FrontRowSociety.net

Dichtung und Wahrheit

Wir alle kennen den Marathonlauf. Sein Name sowie die Distanz soll auf ein Ereignis zurückgehen, das sich nach der besagten Schlacht angeblich abgespielt haben soll. Vom Schlachtfeld in Marathon soll der vom Kampf gezeichnete Soldat Pheidippides rund 40 Kilometer bis nach Athen im Laufschritt zurückgelegt haben, um die Siegesnachricht zu überbringen. Direkt nach der Verkündigung sei er tot zusammengebrochen. Hundertprozentig kann dieses Ereignis nicht belegt werden, doch es ist eine nachvollziehbare Geschichte, in der vielleicht ein Fünkchen Wahrheit steckt.

Alljährlich findet der Marathonlauf weltweit Millionen Anhänger und seit 1896 ist er Teil der olympischen Spiele. Jedoch ist es für die Läufer aufgrund der Geschichte vom Siegesboten etwas ganz Besonderes, am legendären Athen-Marathon teilzunehmen, um diese historische oder doch eher sagenhafte Strecke einmal zu bewältigen.

Der Athen-Marathon findet seit 1983 statt und ist mit 16 Tausend Zieleinläufern der größte Marathonlauf Südeuropas. Er beginnt in Marathon an einer eher unspektakulären Markierung. Der Grabhügel der 490 v.Ch. gefallenen Athener wird symbolisch umrundet. Im Athener Panathinaiko-Stadium (Panathinaiko-Stadion) befindet sich der Zieleinlauf / © Redaktion FrontRowSociety.net

Den ersten olympischen Marathonlauf gewann bezeichnender Weise ein Grieche, der nicht einmal Leistungssportler war. Spyridon Louis verdiente bis dahin seinen Lebensunterhalt als Wasserträger. Die Spiele fielen in seine Militärzeit. Sein vorgesetzter Offizier lies ihn zwei Wochen vor den Spielen an einem Probelauf teilnehmen und er qualifizierte sich spontan für den Wettkampf. Nach seinem Sieg avancierte er zum Nationalhelden Griechenlands.

Bei den Spielen in London 1908 forderte das britische Königshaus, dass die Strecke vom Schloss Windsor zum White-City-Stadion zur königlichen Loge zurückgelegt werden musste. So erweiterte sich die Distanz um knapp 3.000 Meter auf 42,195 Kilometer. Im Jahr 1924 wurde diese dann offiziell als Distanz eines Marathonlaufs festgelegt.

Der Amerikaner John Hayes gewann 1908 diese Goldmedaille, als zum ersten Mal bei einem Marathonlauf eine Distanz von 42,195 Kilometern überwunden werden musste / © Redaktion FrontRowSociety.net

Nicht in Griechenland, sondern in der Schweiz etablierte man den Hauptsitz des Internationalen Olympischen Komitees. Die Hintergründe der Spiele können im Musée Olympique am Genfersee interaktiv entdeckt werden.

Das olympische Feuer der Antike brannte wahrscheinlich bis 393 n. Ch. 1.500 Jahre später begannen die Spiele der Neuzeit. Den Marathonlauf der ersten Spiele 1896 gewann der Grieche Spyridon Louis / © Redaktion FrontRowSociety.net

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