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Tatsächlich, es gibt ihn! Einen Ort der Ruhe, mitten in Venedig – wer hätte das gedacht? Direkt neben dem quirligen Bahnhof öffnet sich eine uralte Pforte. Diese führt in den Innenhof des Klosters San Francesco della Vigna, in dem so rein gar nichts an die touristenüberbordende Stadt erinnert. Schließt sich die Pforte hinter dem Rücken, bleibt die Geschäftigkeit draußen. Stille – sagenhaft! Willkommen im mystischen Garten, dem Giardino Mistico dei Carmelitani Scalzi.

Der Giardino Mistico ist ein wahres Kleinod und das direkt neben dem Bahnhof von Venedig / © Redaktion FrontRowSociety.net

Der mystische Garten von Venedig

Ganz ehrlich, nur wenige Touristen schlagen direkt bei der Ankunft in der Lagunenstadt den Bogen zum 800 Jahre alten Karmeliterkloster San Francesco della Vigna ein. Man muss schon ein Faible für Klostergeschichte haben, um in dieser beruhigenden Oase anzukommen. Gottseidank! Die mehrdimensionale Stille ist schier unbegreiflich. Einerseits überrascht die Akustik mit dem Fehlen von Lärm, andererseits legt sich eine mentale Stille über die vereinzelten Besucher des Gartens – eine mystische Stille. Und genauso ist „mystisch“ hier zu verstehen: ein Bewusstsein, das rational nicht erklärbar ist.

Der Garten wurde in Anlehnung an das Buch der Heiligen Teresa gestaltet / © Redaktion FrontRowSociety.net

Die Gestaltung des Gartens fußt auf der Predigt der Heiligen Teresa. Sie gelangte durch das Gebet zur inneren Ruhe, die sie als göttliche Transformation sah. In ihrem Hauptwerk Wohnungen der inneren Burg beschreibt sie sieben Elemente des inneren Gebets, sich Christus im Inneren vorzustellen. Jedes dieser sieben Elemente spiegelt sich in der Anlage des Gartens wider. Die Idee für diesen mystischen Garten entstand im Jahr 2011, sein heutiges Antlitz trägt er seit 2015.

Frati Carmelitani Scalzi Venezia – ein Klostergarten als natürliches Habitat mitten in Venedig / © Redaktion FrontRowSociety.net

Natürlich kann man einfach so durch den paradiesischen Garten schlendern. Doch um ihn wirklich bewusst erleben zu können, bietet es sich an, an einer geführten Tour teilzunehmen. Denn nur dann wird man gewahr, dass man zur anderen Seite des Giardino Mistico laufen muss. Dieser beginnt nämlich an der alten Wasserpforte des Klosters. Und selbst diese hat eine spirituelle Bedeutung: Alles wird nach außen gebracht, aller Ballast bleibt nicht in uns.

Mit Pater Hermano vom Karmeliterorden unterwegs im mystischen Garten / © Redaktion FrontRowSociety.net

Der Sieben-Elemente-Garten der Heiligen Teresa

Die sieben Elemente des Buches der Heiligen Teresa von Ávila beginnen mit dem Wald. Die Bäume stehen in Verbindung mit der christlichen Tradition und symbolisieren die Wildheit, die es in uns zu ordnen gilt. Als zweites Element werden die Olivenbäume benannt. In Anlehnung an die 12 Apostel pflanzte man 12 Bäume für Christus, den Gesalbten. Im dritten Kapitel des Buches geht es um Nächstenliebe und Freundschaft. Für diese steht der Obstgarten. Nun, mit dem vierten Teil des Giardino Mistico, schließt sich der Kreis zum Consorzio Vini Venezia. Denn es geht natürlich um einen Weingarten, Wein als das Blut Christi. Zu diesem gibt es viel zu erzählen, deshalb wenden wir uns den restlichen drei Elementen zu.

Ein Getreidefeld in Venedig – Symbol für das Brot als Teil der mystischen Wandlung / © Redaktion FrontRowSociety.net

Das fünfte Element ist der Nutzgarten. Hier wächst Getreide, symbolisch für das Brot, den Leib Christi. Ihm folgt der Kräutergarten. Die hier gedeihenden Kräuter und Blumen dienen als Lebensmittel, als Duft sowie als Heilkräuter. Diese hüllen die Menschen ein wie ein Kokon. Dieser Teil symbolisiert das Stadium vor der Transformation, kurz bevor aus der Raupe ein Schmetterling wird. Im siebten Garten gipfelt alles in einer grünen Wiese, als Allegorie zur Leere. Jetzt hat uns Gott von allem Bösen befreit, wir sind rein, das Stadium des Schmetterlings ist erreicht.

Mit laienhaften Augen würde man in keinster Weise die Bedeutung der Anpflanzungen erkennen / © Redaktion FrontRowSociety.net
Und dennoch sollte man einfach das Flanieren durch den Garten ausgiebig zelebrieren / © Redaktion FrontRowSociety.net

Nach der Runde mit Pater Hermano sieht man diesen wunderbaren Flecken mit anderen Augen. Noch einmal macht man sich auf den Weg, schlendert über die gepflegten Wege, riecht an verschiedenen Kräutern und lässt das Erzählte Revue passieren. Im Kräuterbeet gedeiht üppig die Melisse, wie seit 300 Jahren schon. Aus diesem aromatischen Kraut stellen die Karmeliter ein wohlriechendes Öl her, das seine Kraft gegen Schmerzen und Stress bei der Nutzung entfaltet. In der Apotheke des Klosters kann es käuflich erworben werden – ein schönes Andenken und ein sinnvolles Souvenir für die Daheimgebliebenen.

Die duftende Melisse gedeiht bereits seit 300 Jahren im Klostergarten / © Redaktion FrontRowSociety.net
Seit jeher nutzen die Mönche des Ordens Melisse als Heilkraut gegen Stress und Schmerzen / © Redaktion FrontRowSociety.net

Giardino Mistico e Consorzio Vini Venezia

Bereits bei der Gründung des jungen Konsortiums entstand die Idee, die Rebsorten Venedigs als historisches Gut in Venedigs ältestem Weingarten zu kultivieren. Unter dem Namen Santa Margherita entstand das Sanierungsprojekt der städtischen Weinberge. In Zusammenarbeit mit den Universitäten Padua und Mailand machten sich Studierende und Forschende auf den Weg, historische Rebsorten in den privaten Gärten der Lagunenstadt zu suchen. Insgesamt konnten 18 verschiedene endemische Rebsorten selektiert werden. So entstand das Projekt Santa Margherita, unter anderem mit Glera und Malvasia, darunter der seltene Malvasia de Sitges, Bianchetta und Manzoni, die Rebunterlage Kober sowie die Rebsorte Terra Promessa, welche von einem Karmeliter genau dort vor hundert Jahren gepflanzt wurde.

Die Wiederbelebung der städtischen Weinberge stellt für Stefano Marzotto eine der wichtigsten Initiativen dar / © Redaktion FrontRowSociety.net
Weingärten waren integraler Bestandteil des Lebens und der Landschaft Venedigs / © Redaktion FrontRowSociety.net

Als Erziehungsform wählten die Agronomen die traditionelle Albarello-Erziehungsmethode in der Längsachse des Gartens. Insgesamt stehen 17 Rebzeilen in Reih und Glied. Dass im Einklang mit der Natur gearbeitet wird, liegt auf der Hand. Zwischen den Reben wachsen üppige, artenreiche Leguminosen und vervollkommnen das Bild des mystischen Gartens. Wie Stefano Marzotto, Vizepräsident des Consorzio Vini Venezia, erklärt, ist die größte Herausforderung bei der Lese, dass jede Rebsorte zu einem anderen Zeitpunkt geerntet werden muss. Daher ist man von Ende August – dann werden die Trauben für den Spumante geerntet – bis Ende Oktober mit der Lese beschäftigt.

San Francesco della Vigna ist eines der letzten Beispiele für Präsenz von Weingärten im historischen Zentrum Venedigs / © Redaktion FrontRowSociety.net

Nach der Lese werden die Trauben direkt gekühlt und sofort weiterverarbeitet. Jede Rebsorte wird getrennt vinifiziert. Anschließend erfolgt das Cuvéetieren, sodass ein Weißwein, ein Rotwein und seit 2022 auch ein Spumante, der Harmonia Mundi, entsteht. Der Ertrag der wenigen Reben beträgt gut 1000 Flaschen pro Jahr. Im Jahr 2018 stellte das Consorzio ihn zum ersten Mal auf der Vinitaly vor. Wer eine Flasche dieses seltenen Tropfens ergattern kann, darf sich glücklich schätzen. Allein der Enthusiasmus, den „Brolo“ wiederzubeleben, zeichnet ihn aus – und erst recht der Hintergrund, in dem mystischen Garten der Heiligen Teresa zu gedeihen.

Salute! Ein Rotwein und ein Weißwein stehen Pate für das Projekt / © Redaktion FrontRowSociety.net

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