Die Nachtfähre mit dem Malteserkreuz der Reederei DFDS im Schornstein gehört in Oslo und Kopenhagen zum Stadtbild. Die als „Crown of Scandinavia“ (Krone Skandinaviens) gebaute „Crown Seaways“ feierte 2019 ihr 25jähriges Jubiläum.
Im Hafen von Oslo liegt am Fuße der Festung Akershus wie seit 150 Jahren das „Danmarksbåten“ von DFDS. Wo die Reederei ihre Nordsee-Linien von Skandinavien und Deutschland nach England in den letzten Jahren alle eingestellt hat, mutet die Nachtfähre von Oslo nach Kopenhagen fast wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten an, doch im Gegensatz zu ersteren erfreut sich die Hauptstadtverbindung als Gelegenheit zur Minikreuzfahrt ungebrochener Beliebtheit.
In der Sky Bar der „Crown Seaways“ herrscht am Nachmittag vor der Abfahrt nach Kopenhagen Hochbetrieb, genauso in der Mermaid Bar auf Deck 12. Der blaue Himmel über Oslo ist auch einfach zu schön. An Bord an diesem Sommertag: 1.140 Passagiere. „Es könnten immer noch ein paar mehr sein“, sagt der Kapitän, denn die Passagier-Kapazität des Schiffes liegt bei 1.790 Personen. Nur die Autodecks sind heute rappelvoll, sogar die Hängedecks sind in Benutzung.
1994 kam DFDS praktisch wie die Jungfrau zum Kind zu ihrem neuen Flaggschiff. Eine schwedische Reederei hatte zwei Kreuzfahrtfähren in Kroatien in Auftrag gegeben, deren Fertigstellung sich damals jedoch aufgrund der Bürgerkriegswirren verzögerte. Und als das erste Schiff 1992 endlich fertig war, befand sich Schweden in einer tiefen Rezension, so dass das zweite Schiff gar nicht erst für seinen Auftraggeber zum Einsatz kam. Der halbfertige Kasko wurde an DFDS verkauft, die das Schiff als „Crown of Scandinavia“ zu Ende bauen ließ. Seinen aktuellen Namen „Crown Seaways“ erhielt es im Januar 2013, die Linie Kopenhagen – Oslo hat die „Crown“ seitdem außer für Werftaufenthalte nicht verlassen.
Die knapp vierstündige Passage des Oslofjord ist sehenswert, trotzdem hat sich die Mermaid Bar direkt vor dem Schornstein bereits am frühen Abend merklich geleert. Ganz im Gegensatz zur windgeschützten Sky Bar ein paar Decks tiefer. Dort genießt man weiterhin bei Sommerwetter und dänischem Bier die Aussicht auf die bewaldeten Fjordufer. Das Konferenzzentrum auf Deck 10, in der Nebensaison eine der Haupteinnahmequellen der Reederei, hat DFDS dagegen zweckentfremdet. In den Sommermonaten befindet sich hier das „Pirate Island“, eine Erweiterung des Kinderspielzimmers.
Aufmerksamkeit erregt dagegen das Modell der alten „England“ von 1964. Zwischen Kopenhagen und Oslo fuhr dieses Schiff seinerzeit höchstens als gelegentliche Werftvertretung, aber das hält einige Asiaten nicht von einem eingehenden Studium des aufgeschnittenen Schiffsrumpfes ab. Vorhin hatte deren Reisegruppe an der Rezeption noch für einen veritablen Stau gesorgt, doch heutzutage gehören Passagiere aus Südkorea, China und Japan zu den wichtigsten Gruppen an Bord. Viele nutzen die Fährlinie, wenn ihre Europareise in Oslo oder Kopenhagen beginnt oder endet, denn einen norwegischen Fjord will jeder genauso einmal gesehen haben wie die Kleine Meerjungfrau, Schloss Neuschwanstein, die Tower Bridge und den Eiffelturm.
Doch nicht nur die Schiffsmodelle an Bord der „Crown Seaways“ faszinieren. Die reichhaltige Geschichte der über 150 Jahre alten Reederei DFDS wird an Bord sowohl in Form historischer Fotografien von Hafenarbeitern und Bordszenen als auch von Werbeplakaten aus den 1970er Jahren lebendig. Damals hieß „Visit Denmark“ noch „Danmarks Turistråd“, und der dänische König Frederik IX. griff noch persönlich zum Telefonhörer, um am Reedereisitz am Sankt Annae Plads zu erfragen, warum das „Oslobåd“ Verspätung habe. Aber das ist lange her.
Als um 20 Uhr die Sonne allmählich unter- und der Oslofjord in das Skagerrak übergeht, ist es immer noch ruhig auf der „Crown Seaways“. Das Schiff fühlt sich nicht an wie 1.100 Passagiere, eher wie 300. Das „Little Italy“ ist inzwischen gut besucht, ansonsten verteilen sich die Passagiere harmonisch zwischen den Tischen an der Arkade, den übrigen Restaurants und Bars und dem Columbus Club, wo im weiteren Verlauf des Abends Live-Musik auf dem Programm steht. Und natürlich wird auch die „Bubble Zone“ frequentiert, jenes auf Deck 6 vorne etwas abseits gelegene Mini-Spaßbad mit Whirlpools, Sauna und kleinem Wellness-Bereich.
Eine Stunde später beginnt der Troubadour im Navigators Pub bereits sein zweites Set. Kurz darauf wird bei „Living next door to Alice“ das fast obligatorische „Who the Fuck is…“ schon stilecht mitgegrölt, dergleichen auch das „Shalalalala“ bei „Brown Eyed Girl“. Als die Sonne um 22 Uhr endgültig am Horizont verschwunden ist, ist die Stimmung im Pub bei „Whiskey in the Jar“ auf dem Höhepunkt, und auch der Alkohol fließt in Strömen. Zwar kostet hier ein großes Bier 65 DKK (umgerechnet ca. 8,70 €), weshalb sich bereits eine zweitägige Mini-Kreuzfahrt an Bord eigentlich nur Norweger und Dänen leisten können. Aber auch das hat die Reederei erkannt und schließt zumindest in den Sommermonaten das Frühstück bereits im Reisepreis ein. Auf diese Weise sollen mehr Passagiere am Abend vorher in die Restaurants und Bars an Bord gelockt werden.
Das mit dem Frühstück hat am nächsten Morgen allerdings so seine Tücken. Schön, dass DFDS in einem Schreiben auf der Kabine darauf hinweist, dass es morgens um 06:30 Uhr am ruhigsten zugehe im Restaurant. Diesen Zettel haben aber leider auch die Koreaner gelesen, die daher um kurz nach 6 Uhr in kompletter Gruppenstärke vor dem Seven Seas Restaurant antreten. Das allerdings macht zur angekündigten Stunde überhaupt noch nicht auf, sondern zunächst nur das kleinere Blue Riband weiter achtern. Weshalb die koreanische Reisegruppe sowie ein deutscher Seereisen-Journalist brav dorthin pilgern.
Auf der Kommandobrücke haben sie dagegen ganz andere Sorgen. Motorboote und Segelyachten in und abseits der Fahrrinne im Öresund erfordern höchste Konzentration. An manchen Tagen muss das eine oder andere schon mal mit dem Typhon zu Räson gebracht werden. Heute ist das allerdings nicht nötig. Kurz hinter Helsingør grüßt Schloss Kronborg die vorbeifahrenden Schiffe, eine weitere Konstante auf der Traditionsverbindung von DFDS, welche die Reederei schon bei ihrer Gründung 1866 bedient hat. Eine schönere Reisemöglichkeit zwischen Norwegen und Dänemark gibt es auch über 150 Jahre später noch nicht.
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