Tristan Brandt, 35 Jahre, 2 Michelin Sterne und Chef von 130 Mitarbeitern, pendelt zwischen Küche und Sitzungsraum, zwischen Europa, Asien und Amerika. Sein Tagespensum ist so voll gepackt, das selbst 24 Stunden kaum ausreichen. Es scheint, er tanze auf jeder Hochzeit, doch wenn er sich einer Sache widmet, dann mit voller Konzentration.
Talent und Ehrgeiz
Der gelernte Koch ging in die Schule namhafter Lehrmeister wie Harald Wohlfahrt, Jean George Klein, Christian Bau. Auslandsaufenthalte folgten und brachten Brandt, den gleichsam Talentierten wie Ehrgeizigen, mit dem Geschäftsführer eines großen Modehauses zusammen. Was sich recht durchschnittlich anhört, war in Wirklichkeit das Treffen zweier Menschen, die in der Lage waren, aus geschmiedeten Plänen, Erfolgsgeschichten zu machen.
Nun ist Tristan Brandt bereits seit 7 Jahren nicht nur Koch oder Küchenchef, sondern Impulsgeber des gesamten gastronomischen Konzepts beim Kaufhausgiganten „engelhorn Mode im Quadrat“ in Mannheim. An der kulinarischen Speerspitze des Modehauses engelhorn steht das 2 Sterne Fine Dining Restaurant „OPUS V“. Das ebenfalls im Modehaus engelhorn beheimatete Restaurant „le Corange“ trägt einen Michelin Stern.
Darüberhinaus obliegt ihm die Leitung drei weiterer engelhorn-Restaurants. Obendrein veranstaltet er Küchenpartys und ein Gourmetfestival, gibt Kochkurse und konzipiert vom Burger bis zu Taube-Artischocke-Tomate jedes Gericht, das bei engelhorn über irgendeine Theke geht.
Selbst am Vorabend seines 35. Geburtstages trafen wir den rastlosen Tausendsassa in Hattenheim. Er kochte mit einigen Mitgliedern seines Teams vom 2 Sterne Restaurant „OPUS V“ beim 24. Rheingau Gourmet & Wein Festival und begeisterte dabei mit einem 5 Gang Menü.
Kulinarische Reise voller Leichtigkeit
Zu Beginn offerierte Tristan Brandt Toro-Gurke-Rettich. Die kalte Vorspeise bestach mit einem auffallend feinen Säurespiel und machte durch ihre Leichtigkeit Lust auf mehr. Den Thunfisch flämmte das OPUS V Team ab, was – noch durch den Sesam verstärkt – Röstaromen dem Gericht beifügte.
Nach dem gelungenen Einstieg folgte Chicorée-Topinambur-Lauch. Der gebackene Chicroée wurde von Topinambur-Schaum umgeben und überzeugte erneut mit leichter Säure und dem Aroma des Lauchöls. Herrlich fügten sich dazu würzige Topinambur-Chips. Topinambur, die Indianerkartoffel, kam 1612 nach Europa und erlangte in Frankreich als unkomplizierter Sattmacher bereits im 17. Jahrhundert große Popularität.
Für die Weinbegleitung griff man zu Altbewährtem von der Mosel, der Nahe und aus dem Rheingau. Das VDP Weingut Dönnhoff gehört sicherlich zu den namhaftesten Weingütern der Nahe. Zum Thunfisch gesellte sich ein 2018 Roxheimer Höllenpfad Riesling trocken Erste Lage, ein ausdrucksstarker, mineralischer Weißwein. Die alten Rieslingreben gedeihen auf rotem Sandstein in einer absoluten Steillage, die komplett nach Süden ausgerichtet ist.
Ein waschechter Rheingauer, der 2013 Schloss Johannisberger Riesling Silberlack GG aus der Doppelmagnum, begleitete den zweiten Gang, während das Weingut Maximin Grünhaus von der Mosel jeweils einen vinophilen Begleiter für die ersten beiden Gänge stellte.
Eine 2018 Herrenberg Riesling Spätlese durfte zu Brandts Thunfisch genossen werden. Teil der Einzellage Herrenberg ist der einstige Weinberg der Familie Marx, deren Sohn Karl Marx zu den bedeutendsten Philosophen der Neuzeit gezählt wird.
Auf einer weiteren Einzellage, dem Abtsberg, gedeiht Riesling auf einer nach Süden ausgerichteten Hanglange. Der 2017 Abtsberg Riesling GG darf ruhig noch etwas im Keller schlummern, da Weine dieser Lage für ihre Langlebigkeit bekannt sind.
Mannheimer Küche und spanische Weine
Für den ersten Fleischgang wählte der Mannheimer Sterne Koch Taube. Ganz wie sein Lehrmeister Harald Wohlfahrt greift Tristan Brandt auf die bewährte Qualität von Taubenzüchter Théo Kieffer zurück. Die auf den Punkt gegarte Taube drapierte er auf einem Bett aus Pilzen und stellte dem Ganzen einen Selleriering an die Seite: Taube-Sellerie-Pilze.
Ein doppeltes Dreigestirn präsentierte sich im zweiten Fleischgang. Dem kross gebratenen Rinderrücken standen kleine Häufchen von geschmortem Spitzkohl gegenüber, welche großzügig mit schwarzem Trüffel bestreut wurden: Rind-Spitzkohl-Trüffel.
Telmo Rodriguez, ein Name, der nicht nur gestandenen Weinenthusiasten ein Begriff sein dürfte, sorgte für die Untermalung der beiden Hauptgerichte des Dinners von Spitzenkoch Tristan Brandt. Er gilt als einer der erfolgreichsten Weinmacher Spaniens. Nach seinem Önologie-Studium in Frankreich sammelte Telmo Rodriguez die besten Lagen in ganz Spanien mit dem Hintergrund, auch in Regionen, in denen die Weinbautradition scheinbar vergessen war, wiederzubeleben.
Er hat es sich zum Ziel gemacht, die Perfektion eines Terroirs unverfälscht im Wein widerzuspiegeln. Nun besitzt er in neun spanischen Weinbaugebieten Weingüter unterschiedlicher Größe mit regionstypischen Schwerpunkten.
Einen kleinen Querschnitt seines Könnens zeigten an diesem Abend Weine aus der Rioja, den Weinbaugebieten Ribera Del Duero sowie Valdeorras, dem östlichsten Anbaugebiet Galiciens.
Die Kunst des Pâtissiers
Nach all den Genüssen kommt die Stunde der Pâtisserie, die zum guten Schluss noch einmal mit Kreativität und Aromenvielfalt auftrumpfen muss. Es ist dieser Balanceakt zwischen eigener Handschrift und Kompatibilität zum Menü, den es zu meistern gilt. Fast frühlingshaft kam das Dessert aus der Brandt’schen Küche daher: Tamarinde-Mango-Kefir.
Tamarinde findet zumeist in der afrikanischen, asiatischen oder südamerikanischen Küche Verwendung. Dabei unterstützt sie Speisen mit einem süß-sauren bis sauren Geschmack. Im abendlichen oder fast nächtlichen Dessert fügte sie sich nahtlos ein und komplettierte Mangotupfen, Kefirperlen und Erdnussbett.
Wein-Stories
Die Beerenauslese wurde 1775 im Schloss Johannisberg zufällig entdeckt, als die Benediktiner noch die Erlaubnis zur Lese vom Bischof in Fulda benötigten. Angeblich soll der Bote von einer attraktiven Dame aufgehalten worden sein, während die Mönche ihren Trauben im Weinberg langsam bei der Fäulnisbildung zusehen mussten. Als der Bote endlich mit dem begehrten Schreiben eintraf, waren die Trauben ausgiebig mit Botrytis behaftet. Dennoch ernteten die Mönche die Trauben und so ward die köstliche, edelsüße Beerenauslese geboren.
Neben dieser kleinen Anekdote hatte der Leiter des Weinguts Schloss Johannisberg, Stefan Doktor, eine 2011 Riesling Rosa-Goldlack Beerenauslese im Gepäck. Vom Weingut Dönnhoff durfte die 2012 Niederhäuser Hermannshöhle Riesling Auslese verkostet werden.
Für die Gäste ging ein unterhaltsamer Abend an reich gedeckten Tischen zu Ende, für Tristan Brandt begann der neue Tag mit Champagner und einem Toast auf seinen 35. Geburtstag.
Der umtriebige 2 Sterne Koch hält indes seine eigene Edition vor. In seinem Kochbuch „Restaurants in Mode“ veröffentlicht er einerseits spannende Rezepte der jeweiligen engelhorn-Restaurants, andererseits erfahren Hobbyköche Interessantes über die Macher und Konzepte des engelhorn-Modehauses.