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Alte Reben – was ist ihr Geheimnis? Die Weinbauern im Ribera del Duero sind dabei, dieses zu entschlüsseln, indem sie das extreme Klima und die DNA des Terroirs zu Weinen mit tiefen Emotionen verschmelzen lassen. Seit 1982 engagieren sich rund 300 Bodegas um komplexe Weine hoher Qualität mit der geschützten Ursprungsbezeichnung D.O. (Denominación de Origen) Ribera del Duero.

Masterclass Alte Reben des Ribera del Duero mit Master of Wine Cees van Casteren / © Redaktion FrontRowSociety.net

Age makes the difference

Bei genauerem Hinschauen fällt dem Betrachter auf, dass Weinreben und Menschen viele Parallelen haben. Während die Jungen ungestüm vor Kraft strotzend Überschwang produzieren, besinnen sich die wunderlichen Alten auf das Essentielle. Müssen die Jungen im Zaum gehalten und in die richtigen Bahnen gelenkt werden, greifen die Alten auf ihre Erfahrungen zurück und profitieren von ihrem wurzelnden Netzwerk.

Ausbau der vorhandenen Expertise für Wein-Profis auf dem ff.k wein.campus in Frankfurt am Main / © Redaktion FrontRowSociety.net

Daher sind alte Reben gewappnet gegen Trocken- und Schädlingsstress. Ihre Wurzeln reichen Blutgefäßen gleich metertief in den Boden, um an die bestmögliche Nahrung des mageren Bodens zu gelangen. Fest an ihrem Standort verankert, trotzen sie der extremen Witterung. Manch einer sagt: „Wir im Ribera del Duero haben drei Monate Winter und drei Monate Hölle.“ Anschaulicher könnten die aus dem Rahmen fallenden klimatischen Bedingungen nicht beschrieben werden.

Alte Rebstöcke bringen extraktreiches Traubenmaterial hervor, das ausschließlich für hochwertige Weine, teils Nischenweine verwendet wird
Alte Rebstöcke bringen extraktreiches Traubenmaterial hervor, das ausschließlich für hochwertige Weine, teils Nischenweine verwendet wird / © FrontRowSociety.net, Foto: Annett Conrad

Auf lausige Kälte folgt erbarmungslose Hitze. An 150 Tagen herrscht Frost bei Temperaturen bis minus 25 Grad Celsius, die fast übergangslos von hohen Temperaturen um die 40 Grad Celsius abgelöst werden. Hier gilt das Gesetz des Stärkeren. Anpassung ist gefragt, nein, ist unabdingbar fürs Überleben. Den Naturgewalten trotzend stehen sie in Reih und Glied, die alten Reben des Ribera del Duero, und beginnen ihren Lebenszyklus jedes Frühjahr von Neuem, der im Herbst mit aromatischen Trauben seinen Höhepunkt hat.

Trauben von alten Reben sind prall gefüllt mit dem Saft, der als Cosecha, Reserva und Gran Reserva die Herzen seiner Anhänger schneller schlagen lässt / © Redaktion FrontRowSociety.net

Mit Tempranillo durchs Ribera del Duero

Wenn eine Rebsorte markant fürs Ribera del Duero ist, dann Tempranillo. Tinta del País bzw. Tinto Fino ist die Hauptrebsorte des nordspanischen Weinbaugebiets. Innerhalb des D.O. setzt man auf niedrige Quantität mit einer hohen Qualität. Die gewollte Ertragsreduktion wird einerseits durch eine durchdachte Beschneidungs- und Ausdünnungsarbeit erzielt und nicht zuletzt durch die verminderte Traubenproduktion der alten Reben. Immerhin sind in der kastilischen Provinz knapp 30 Prozent der Reben älter als 30 Jahre und zirka 8 Prozent mehr als 80 Jahre alt.

Ribera del Duero – Alte Reben und ihr Potenzial / © Redaktion FrontRowSociety.net

Vier Qualitätsstufen lassen eine Bandbreite von Weinen zu, die von fruchtig-elegant bis hin zu komplex und kraftvoll reicht. Charakterisiert werden sie durch ihre Lagenspezifik sowie durch ihre Reifezeit.

Beginnen wir mit Cosecha Tempranillo. Cosecha steht für den Ausbau im Holzfass. Drei Monate Reife im Eichenfass sind vorgeschrieben, gerne darf es mehr. Wie lange ein Wein nun schlussendlich im Holz verbringt, ist dem Fingerspitzengefühl des Winzers überlassen.

Protos B. Ribera Duero de Peñafiel – Protos ’27 2021

Einer dieser Vertreter ist der Protos ’27 2021 der Genossenschaft Protos B. Ribera Duero de Peñafiel. Von elf Freunden aus Kindertagen 1927 gegründet, ist Protos die erste Genossenschaft der Region. Die Reben dieses Tempranillos sind 50 Jahre alt. Jenem Wein gönnte man 16 Monate im Eichenfass. Nun betört er mit Aromen von reifen Blaubeeren und Brombeeren, die sich am Gaumen in ein samtiges Tanningerüst einbinden.

Protos B. Ribera Duero de Peñafiel – Protos ’27 2021 / © Redaktion FrontRowSociety.net

Viñedos Alonso del Yerro – Alonso del Yerro 2019

Die 35 Jahre alten Tempranillo-Reben des Ehepaars gedeihen auf zwei verschiedenen Parzellen ihrer Weinberge, deren Terroir nicht unterschiedlicher sein könnte. Beide Weinberge werden separat vinifiziert und später zu diesem großartigen Rotwein vermählt, der von Robert Parker 94 Punkte erhielt. Nach 12 Monaten Fassreife vermischt sich in der Nase das typische Blaubeer-Bouquet mit Kräutern Nordspaniens. Reife, dunkle Kirschen und Blaubeeren spiegeln sich erneut am Gaumen. Eine allumfassende Säure sowie eine feste Tanninstruktur komplettieren diesen Rotwein.

Viñedos Alonso del Yerro – Alonso del Yerro 2019 / © Redaktion FrontRowSociety.net

Viñedos Bodegas Áster – Aster Finca el Otero 2019

Der florale Name des Weinguts kommt nicht von ungefähr. Die Aster, die während der Lese blüht, wurde zur Namenspatin des 1990 gegründeten Weinguts. Obwohl auf dem Grundstück alte Rebanlagen vorhanden waren, entsprachen die Trauben nicht den Qualitätsvorstellungen der neuen Besitzer. Daher entstand der erste Jahrgang der 50 bis 80 Jahre alten Reben im Jahr 2000. Der Jahrgang 2019 verbrachte 16 Monate im französischen Barrique. In sein Bouquet von dunklen Beeren mischen sich Noten von Gewürzen und Trockenobst. Am Gaumen zeigt er sich mit einer angenehmen Säure, die von den Tanninen getragen wird. Dichte, Präzision und Länge zeichnen diesen Wein im Besonderen aus.

Viñedos Bodegas Áster – Aster Finca el Otero 2019 / © Redaktion FrontRowSociety.net

Bodegas y Viñedos Neo – Punta Esencia 2020

Dieser Cosecha gehört zu den Top-Weinen von Bodegas y Viñedos Neo. Er entsteht aus den Trauben von 50 Jahre alten Reben, deren Ertrag auf 1500 Kilogramm pro Hektar begrenzt ist. Man gönnt ihm stattliche 32 Monate Reife in neuen französischen Barriques. Das Resultat kann sich sehen lassen! In einem stabilen, vollen Körper verbinden sich intensive Noten von Brombeeren und Trockenpflaumen mit kräftigen Tanninen. Was ihn auszeichnet, ist seine extreme Frische.

Bodegas y Viñedos Neo – Punta Esencia 2020 / © Redaktion FrontRowSociety.net

Weiter geht es mit den Reserva-Weinen. In der D.O. Ribera del Duero müssen Reserva-Rotweine mindestens 36 Monate reifen, davon 12 Monate im Eichenfass und weitere zwei Jahre in der Flasche.

Bodegas Hermanos Pérez Pascuas – Viña Pedrosa 2019

Das Jahr 2019 war ein sehr gutes Jahr. Und in ihren 50 Jahren haben die Tempranillo-Reben sicher schon einige Extreme erlebt. Das Weingut gilt seit geraumer Zeit als Garant für bodenständige, langlebige Weine mit einem enormen Lagerungspotenzial. Wer diesen 24 Monate fassgereiften Reserva erwirbt, wird sich auch in 10 bis 15 Jahren noch an ihm erfreuen können. Doch bereits heute umspielen Noten von Tabak, Vanille, schwarzem Tee und Zimt die Nase. Der gehaltvolle Körper ist mit Brombeeren und dunklen Kirschen gefüllt. Famos sind seine Frische und Länge.

Bodegas Hermanos Pérez Pascuas – Viña Pedrosa 2019 / © Redaktion FrontRowSociety.net

Bodegas La Horra – Corimbo I 2017

Die DNA von La Horra bilden die alten Tempranillo-Reben. Einige von ihnen zählen inzwischen 60 Jahre. Sie sind der Spiegel des Terroirs, jener Symbiose aus Mikroklima und Boden. In diesem intensiv rubinroten Tempranillo zeigen sich seine 16 Monate im Barrique mit dem typischen Duft von Vanille. Brombeeren und dunkle Schokolade sind ebenfalls wahrnehmbar. Vollmundig trifft er auf den Gaumen, samtig zeigen sich hier die Tannine, die mit Noten von reifen Brombeeren und Schokolade einen langen Nachhall bescheren.

Bodegas La Horra – Corimbo I 2017 / © Redaktion FrontRowSociety.net

Selbstverständlich darf die Qualitätsstufe Gran Reserva nicht fehlen. Dieses Prädikat erhält ein Wein, der mindestens 60 Monate reifte, davon 24 Monate und mehr im Holzfass.

Valtoñar – Pago de Entrepuente 2015

Ein eindrucksvolles Beispiel für das Potenzial alter Reben zeigt dieser intensiv kirschrote Tempranillo. Die Trauben für den Pago de Entrepuente gedeihen auf den ältesten Rebanlagen des Weinguts Valtoñar. Zwischen 50 und 80 Jahre alt sind die Reben nunmehr. Ihre Früchte werden per Hand geerntet und behutsam in kleine Obstkisten gelegt. Spontangärung und 28 Monate Reife in selektierten französischen Eichenfässern bringen diesen komplexen, eleganten Rotwein zustande. Schwarze, reife Früchte sowie Tabak in der Nase. Der Gaumen wird mit einer samtigen Fülle belohnt, sauber und klar, kraftvoll mit einem wuchtigen Nachhall.

Valtoñar – Pago de Entrepuente 2015 / © Redaktion FrontRowSociety.net

Alejandro Fernández Tinto Pesquera – Tinto Pesquera Millenium 2018

Der Millenium gehört zu den Flaggschiffen der berühmten Pesquera-Serie. Die Trauben für diesen vielschichtigen Rotwein reifen in den besten Weingärten der historischen Lage Viña Alta. Nur in wirklich sehr guten Jahren entsteht auf dem Familienweingut ein Millenium aus den mittlerweile 60 Jahre alten Reben. Als Single-Vineyard ausgebaut, betört er nach 18 Monaten Fassreife mit vegetabilen Noten, fermentierten Kräutern und dunkler Schokolade. Kräftig und aromatisch präsentiert er sich am Gaumen. Reife Brombeere sowie eine leichte Schärfe werden von samtigen Tanninen und einer feinen Säure getragen.

Alejandro Fernández Tinto Pesquera – Tinto Pesquera Millenium 2018 / © Redaktion FrontRowSociety.net

Weine aus Ribera del Duero von alten Reben sind für Kenner und Genießer gemacht. Und ein großer Schluck kastilischer Lebensfreude schwingt in jedem Gals mit.   

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