Anna macht, dass es schmeckt
Anna Sgroi kam 1984 der Liebe wegen nach Hamburg. Die Liebe ging, aber Anna blieb. Im Nachgang betrachtet ein Glücksfall für alle Feinschmecker die eine gute italienische Küche schätzen.
Auf diesem Gebiet ist Anna wohl unschlagbar. Und dabei hatte Anna Sgroi keine klassische Kochausbildung genossen, wie ihre Sternekollegen. Aber sie kochte schon immer gerne und gut. Kochen war und ist Annas Leidenschaft.
Um ein Gefühl für die Sterneküche zu bekommen, heuerte Anna damals bei dem bekannten italienischen Chefkoch Gualtiero Marchesi, der zwischen 1985 bis 2008 durchgehend mit 3 Sternen von Michelin bedacht wurde, für ein Küchenpraktikum an. Anna kam morgens als Erste und ging nachts als Letzte.
Nach drei Tagen bedankte sich Anna bei 3-Sterne-Koch Gualtiero Marchesi und zog von dannen. Gualtiero Marchesi war recht erschrocken, zumal es eine Ehre war, unter ihm in der Küche tätig zu sein oder gar ein Praktikum in seinem Hause absolvieren zu dürfen. Aber Anna meinte, sie hätte alles gesehen, was sie in einer Sterneküche sehen müsste.
Anna Sgroi mit charismatischer Ausstrahlung
So sind sie, die Sizilianerinnen: Furchtlos und zielstrebig. Denn schon wenige Jahre später wurde Anna, die 1959 in Alcamo auf Sizilien geboren wurde, mit dem ersten Michelin-Stern geehrt. Gualtiero Marchesi gratulierte persönlich, denn so etwas hatte er in seinem bewegten Kochleben auch noch nicht gesehen.
Das 1987 von Anna und ihrem damaligen Lebensgefährten eröffnete Restaurant „Anna e Sebastiano“ hielt diesen verliehenen Michelin-Stern von 1990 bis 1998 durchgehend. Nach einer kleinen Schaffenspause eröffnete die quirlige Sizilianerin mit charismatischer Ausstrahlung 2002 ihr Restaurant Sgroi im Hamburger Stadtteil St. Georg. Dort kreierte sie wieder feine italienische Gerichte und wurde abermals von 2004 bis 2012 mit einem Michelin-Stern geehrt.
Neues Restaurant Anna Sgroi seit 2013 in Hamburg Rotherbaum
Da Anna der Hamburger Stadtteil Rotherbaum besser gefiel, schloss sie das Restaurant in St. Georg und eröffnete 2013 ihr Restaurant in den ehemaligen Räumlichkeiten wo zuvor die Gastwirtschaft „Alt Pöseldorfer Bierstuben“ beheimatet war. Das 1897 erbaute Fachwerkhaus hat mit seiner weißen Außenfassade und schönen hölzernen Fensterläden fast mediterranen Charme.
Blickfang ist die etwas erhöhte Terrasse vor dem Restaurant Anna Sgroi. Hier lässt es sich unter der alten Eibe an warmen Tagen herrlich speisen.
Beim Betreten der Villa aus dem vorletzten Jahrhundert fällt der historische Kachelboden ins Blickfeld. Die Räume teilen sich in einen gekachelten Ensuite-Bereich und einen Hauptbereich mit originalen Holzdielen. Das Restaurant ist schlicht gehalten. Aber es kommt auf das Wesentliche an.
Es kommt auf das Wesentliche an: Anna macht, dass es schmeckt
Es soll schmecken und Anna macht, dass es schmeckt. Der reduzierte Stil passt sehr gut zur Sgroi-Küche.
Und Anna steht auch nicht auf Schnickschnack: „Ein grüner Tropfen hier und ein roter Tropfen da, das mag ich nicht. Und eine nachhaltige und artgerechte Herkunft ist ein wichtiges Thema für mich. So kommen mir auch keine Stopfleber oder Froschschenkel in die Küche. Ich verwende aber gerne hochwertige Produkte und verwandle diese mit meinem traditionsbewussten Kochstil zu etwas Außergewöhnlichem; das macht mir einfach Spaß. Und mein Platz ist in der Küche“, meint die etwas kamerascheue Sizilianerin verschmitzt.
Und ihr Kochstil wird auch wieder erneut von Michelin bestätigt. Denn Anna erhält gleich im Jahr der Eröffnung wieder den begehrten Michelin-Stern.
Der Wein im Sterne-Restaurant Anna Sgroi
Zu feinen und schmackhaften Kreationen der Sterneköchin liegt der Schwerpunkt auf italienischen Weinen. Aber den Gästen darf versichert sein, dass der Sommelier und Restaurantleiter Mirko Volkstädt auch auf eine Vielzahl an Weinen aus den Anbaugebieten Europas wie etwa Frankreich, Spanien, Deutschland oder Österreich zugreifen kann. Und wie es in Gourmet-Restaurants üblich ist, finden sich hier ebenfalls Erzeugnisse von noch unbekannten Winzern, die jedoch für höchste Qualität und Geschmack stehen.
Mirko Volkstädt reist gerne und nutzt auf diesen Reisen immer wieder die Chance den einen oder anderen Winzer vor Ort zu besuchen und sich über den Weinanbau und von der qualitativen Verarbeitung selbst zu überzeugen. So kennt Sommelier Mirko Volkstädt einige schöne und unterhaltsame Geschichten zu den erlesenen Weinen.
Schnickschnack-freies Menü von Anna Sgroi
Ich möchte unseren Lesern nicht das chichi-freie Menü vorenthalten, welches geschmacklich ein wahrer Traum war. Anna, vielen Dank nochmals an dieser Stelle.
Zur Einstimmung gab es einen Spumante Prima Cuvee Monte Rossa, Franciacorta, Lombardia. Ein Cuvée aus Pinot Nero, Pinot Bianco und Chardonnay. Der sehr Feinperlige überzeugt am Gaumen durch Zitrusfrüchte und Süßgebäck. Die gelben Fruchtaromen harmonierten zu dem was jetzt kommen sollte.
Atlantik-Jakobs-, Schwert- und Entenmuscheln
Warmer Salat von Atlantik-Jakobs-, Schwert- und Entenmuscheln mit Passe Pierre war der Einstieg. Eine wirklich deliziöse Muschelvariation. Entenmuscheln sind in der hiesigen Küche kaum bekannt. Sie wachsen an der Küste des Ostatlantiks. Die Ernte ist jedoch nicht ohne Risiko. Gute Entenmuscheln wachsen an schwer zugänglichen Zonen, da wo die Wellen konstant gegen den Fels schlagen. Je wilder die Wellen permanent auf die Felsen einwirken, desto dicker und fleischiger sind die dort gewachsenen Entenmuscheln.
Zur Muschelvariation durfte ich einen 2015er Weißburgunder Mineral vom Weingut Bergdolt aus der Pfalz degustieren.
Spaghettini alla Chitarra mit Seeigel
Die dann folgenden Spaghettini alla Chitarra mit Seeigel waren ebenfalls ein Traum. Davon hätte ich gerne eine Tupper-Dose gefüllt und mit nach Hause genommen. Es war mein erster Seeigel den ich gekostet habe. Als ich die Gabel zum Mund führte, hatte ich mich auf einen salzigen Geschmack vorbereitet; aber weit gefehlt: Seeigel schmeckt süßlich frisch. Zumindest, wenn ihn Anna anrichtet. Zum Seeigel kredenzte Sommelier Mirko Volkstädt einen 2015er Trentenare Fiano di Paestum von Giuseppe Pagano aus Campania. Ein hervorragender aus der Region Kampanien stammender Wein. Städte wie Neapel oder Pompei (Pompeji) haben die Region Kampanien bekannt werden lassen. Die unter der Vulkanasche begrabene Stadt Pompei, am rechten Ufer des Flusses Sarno gelegen, zieht jährlich Millionen von Besuchern an.
Filet vom Steinbutt mit violetten Artischocken
Ein für alle Fischliebhaber sehr empfehlenswerter Gang ist das Filet vom Steinbutt mit violetten Artischocken. Saftig, zart, weich; einfach schmackhaft bis zum letzten Bissen. Dazu ein 2014er Biancosesto von La Tunella aus dem Friaul. Die Trauben gedeihen auf Mischboden von Sandstein und Mergel, der auf friulanisch „ponca“ genannt wird. So entwickelt dieser ausgezeichnete Wein seinen eigenen Charakter.
Zicklein aus dem Ofen
Das Zicklein aus dem Ofen mit Topinambur, Kartoffeln und Perlzwiebeln in Weißwein war das Hauptgericht von Anna. Die Aromen, welche sich im Ofen miteinander verbunden haben, harmonierten perfekt zu einem 2013er Chianti Classico Brolio Bettino vom Weingut Barone Ricasoli aus der Toskana. Barone Ricasoli darf sich als das älteste Weingut Italiens bezeichnen. Der Name der Familie Ricasoli ist seit 1141 mit dem Castello di Brolio und gutem Wein eng verbunden. Von Florenz nur 65 Kilometer Fahrstecke entfernt, lädt das Castello di Brolio nach einer geschichtsträchtigen Städtereise zum Verweilen in der toskanischen Landschaft und zu Gaumenfreuden ein.
Sizilianische Cassata mit Physalis-Kompott
Das Dessert: Gefrorene sizilianische Cassata mit Physalis-Kompott: Die traditionelle Cassata wird aus Ricotta und Pan di Spagna hergestellt.
Ein geschmacklich traumhafter Abschluss, der mit einem 2008er I Capitelli von Anselmi aus Veneto versüßt wurde. Für den Süßwein selektioniert Winzer Anselmi grundsätzlich Garganega-Trauben aus verschiedensten Rebparzellen. Auch Restaurantleiter Mirko Volkstädt ist ein Freund der weißen Garganega-Traube, die in der Region Veneto in der Lombardei oder Umbrien anzutreffen ist.
Ich wünsche allen FrontRowSociety.net-Lesern einen schönen Aufenthalt und genussvolle Stunden im Sterne-Restaurant Anna Sgroi.
Das Kochbuch von Anna Sgroi
Ach ja: Wer die Gerichte von Anna nachkochen möchte, der sollte sich das Kochbuch von Anna Sgrio bestellen. Zu finden sind eine geschmackvolle Küche, denn Anna steht für „vera cucina italiana“. Ob die Zubereitung von Fischen, dem Zicklein aus dem Ofen oder das Steinpilzrisotto mit Blaubeeren. Einfach traumhaft. Und wir vergessen nicht, Anna ist Autodidaktin und bringt sich alles selbst bei.
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