Als Teil der US-Kultur zieht die Route 66 Nostalgiker, Touristen und Car Guys gleichermaßen in ihren Bann. Wir sind mit dem Hyundai Santa Cruz die „Mother Road“ von Santa Fe nach Santa Monica abgefahren. Ein cooler Roadtrip durch den heißen Südwesten der USA.
Wer leicht auf Temperatur kommt, sollte diese gottverlassene Gegend lieber meiden. Wir sind in Santa Fe, gut 2000 Meter über dem Meeresspiegel und es ist brutal heiß. Morgens um acht zeigt das Thermometer in unserem Display bereits 25 Grad, staubtrockene vierzig haben sie für heute angesagt. Unser Plan ist nicht so verwegen, wie damals, als die ersten Siedler hier mit ihren Planwagen ankamen, aber irgendwie ein Jugendtraum. Wir wollen auf Achse hoch Richtung Santa Monica, immer eine Handbreit neben der legendären Route 66. Ein Roadtrip durch vier Bundesstaaten des wilden Südwestens.
Unser Pferd hört auf den Namen Hyundai Santa Cruz. Eine seltene Züchtung. Der Mischling ist vorne SUV und hinten Pick-Up, abgeleitet vom Tucson, gebaut in Alabama. Im Santa Cruz von Santa Fe nach Santa Monica. Hat doch schon fast was von der heiligen Dreifaltigkeit.
Los geht es in Santa Fe, der ältesten Hauptstadt der USA, bereits 1609 war die ehemalige Indianersiedlung Regierungssitz des Gouverneurs der Provinz Nuevo Méjico. Ganz korrekt heißt die Stadt „La Villa de la Santa Fe de San Francisco de Asis. Die königliche Stadt des heiligen Glaubens. Eingebettet in die Ausläufer der über 3000 Meter hohen Sangre de Christo Mountains prägen Spanisch-mexikanische, indianische und angloamerikanische Einflüssen den Baustil von Santa Fe. Der Reiseführer nennt als Highlights die große Plaza, die Kathedrale von 1869 mit der ältesten hölzernen Madonnenfigur der Welt sowie die vielen Kunstgalerien. Über 200 sollen es sein. Es gibt ein Opernhaus und Sommerfestivals der Kammermusik. Durch die winkligen Gassen der Altstadt schlürfen Touristen im Spargang. Wie gesagt, es ist brutal heiß und die Luft flirrend dünn.
Wir satteln die Hühner und unser Gaul für den rund 1500 Kilometer langen Trip durch „das Land der Verzauberung“. Unter das verschließbare Rollverdeck der Ladefläche (1,32 m) passen Koffer und Taschen sowie die obligatorische Kühlbox. Ein Fach im Ladeboden bietet weiteren Stauraum und innen gibt es dank üppigen drei Meter Radstand genug Platz für Fünf. Ein cleveres Konzept, angelehnt an den legendären El Camino aus den 60ern. Doch wie beim klassischen Chevrolet ist auch der Erfolg des Santa Cruz überschaubar. In den USA verkaufte Hyundai im vergangenen Jahr knapp über 36.000 Stück vom gerade aufgefrischten Pritschen-Tucson – und verschwendet keinen Gedanken daran, diesen Karosserie-Zwitter auch nach Deutschland zu bringen.
Unser Tagesziel heißt Flagstaff. Auf Höhe Albuquerque biegen wir ab auf die Interstate 40. Sie gilt heute als die bedeutendste Ost-West-Verbindung der USA. Bis in die späten 60er Jahre war das mal die Route 66, das offizielle Ende des historischen Highways kam 1985. Hier im Südwesten kreuzen rudimentäre Reste der 66 immer wieder den Weg der I-40. Im Volksmund “Mother Road” getauft, verband die ikonische Fernstraße einst auf 3945 Kilometern Chicago im Osten mit Santa Monica am Pazifik. Oft einspurig, kurvenreich und teilweise noch nicht asphaltiert wurde sie Ende 1926 eröffnet. Als “Straße der Hoffnung” führte die Sixty Six unzählige amerikanische Familien mit Tränen im Gepäck ins gelobte Land nach Kalifornien. Romane wie “Die Früchte des Zorns” von Literatur-Nobelpreisträger John Steinbeck oder Roadmovies wie “Easy Rider” mit Dennis Hopper und Peter Fonda im Sattel erhoben sie endgültig zum amerikanischen Kulturgut. Heute ist die historische Strecke nur noch in Teilstücken erhalten und befahrbar. Am Straßenrand künden vielerorts von Hitze und Staub zerfressene Billboards sowie Tankstellen-Ruinen von Ruhm besserer Tage.
Auf einem schnurgeraden Asphaltband führt uns die I-40 nach Arizona. Vorbei an Holbrook mit seinem Wigwam Motel, bekannt aus “Cars”, hinein in die “Painted Desert“, wo die untergehende Sonne riesige Gesteinsformationen flächendeckend blutrot und lila färbt. Spektakulär, kitschig, schön.
Bevor es nach Flagstaff geht, stoppen wir in Winslow. An einer Kreuzung erinnert hier eine Bronzestatue an den viel zu früh verstorbenen Eagles-Sänger Glenn Frey und ihren Debütsong Song “Take it easy” mit der berühmten Strophe: “Standing on a Corner in Winslow, Arizona.” In Winslow gibt es jetzt sogar einen Park mit dem treffenden Namen „Standin`on the Corner Park“. Etwas außerhalb der Stadt liegt ein riesiger Krater, der vom Einschlag eines Meteors vor über 50.000 Jahren kündet. Eine riesige Schale, die man von mehreren Aussichtspunkten aus erkunden kann.
Spät erreichen wir unser Etappenziel und checken in der “High Country Motor Lodge” ein, direkt an der 66. Das Motel ist stylish und teuer. 230 Dollar. Völlig normale Kurse mittlerweile. Ein Bier zehn Dollar, das Steak mindestens 40, eher mehr. Alles plus Tax und Tip. Wahnsinn.
Immerhin ist das Frühstück am nächsten Morgen im Galaxy auf der anderen Straßenseite günstig und gut. Das klassische Diner serviert seit 1952 Bacon, Eier, Pancakes und Hash Browns artgerecht und in Original-Kulisse. Käme jetzt Jimmy Dean durch die Tür, die Illusion wäre perfekt.
Welche Bedeutung die Route 66 hier noch immer für die Gegend, die Wirtschaft und die Leute hat, erfahren wir auf der heutigen Etappe. Viele kleine Orte haben den Geist der historischen Ost-West-Verbindung mittlerweile wiederbelebt. 1987, nach fast zehnjährigem Kampf, wurde die 66 als “State Historic Route” anerkannt. Der Startschuss für eine Welle der Nostalgie. Seitdem blüht das Geschäft mit dem Tourismus. Die I-40 führt uns durch Williams, dem Tor zum Grand Canyon. Hier ist alles 66. Jetzt geht es Schlag auf Schlag. Das nächste Städtchen Seligman reklamiert für sich, Geburtsort der Route 66 zu sein. Und plakatiert das natürlich im großen Stil. In Kingman, am östlichen Rand der Mojave-Wüste, gibt es im “Route 66 Museum” dann die volle Dröhnung. Der Eintritt ist verblüffend günstig: vier Dollar.
Dafür bekommt man derzeit noch nicht einmal eine Gallone Super (3,78 Liter). War Sprit in den Staaten noch vor ein paar Jahren kaum teurer als Mineralwasser, kriegen Truckfahrer heute beim Tanken ihrer V8-Pickups Schnappatmung.
1,24 Dollar kostet der Liter durchschnittlich. Für Amis ein Kulturschock. Unser Santa Cruz mit seinem 2,5 Liter Vierzylinder und 140 kW/191 PS begnügt sich mit vergleichsweise bescheidenen acht Litern. Gut für die Urlaubskasse. Denn jetzt geht es nach Las Vegas.
Auf dem Weg dahin kriecht Beklemmung zu uns ins Auto. Es sind mittlerweile kaum zu ertragende 48 Grad, die Luft staubtrocken, der Wind bläst wie ein Fön ins Gesicht. Wir überholen eine Truppe von Harley-Fahrern, die Silberrücken sind bereits gut durchgegart und sehen aus wie Grillhähnchen am Spieß vor dem Supermarkt. Als wir am Hoover Dam ankommen, begreift jeder, was hier auf den Südwesten der USA zukommt. Jahrelange Trockenheit hat den Pegelstand des Lake Mead, dem 180 Kilometer langen Stausee des Colorado, auf ein Rekordtief sinken lassen.
Das Becken ist nur noch gut zu einem Viertel gefüllt. Wie eine Badewanne, der man den Stöpsel gezogen hat. Eine Katastrophe für Las Vegas. Die schillernde Oase, keine 50 Kilometer entfernt, entnimmt ihr Wasser zu 90 Prozent aus diesem Stausee, dem größten der USA. Experten schätzen, dass das Spielerparadies in spätestens 20 Jahren auf dem Trockenen sitzt. Trotzdem feiert und expandiert Las Vegas weiter, als gäbe es keinen Morgen. Seit den 1990ern ist die Bevölkerung der Region um gut 15 Millionen Menschen gewachsen. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Gute Nacht, Las Vegas.
Am nächsten Tag bringt uns die I-15 in gut fünf Stunden nach Los Angeles. Eine eher eintönige Etappe durch eine der heißesten und unwirtlichsten Gegenden der Welt, vorbei an riesigen Feldern mit gigantischen Photovoltaik-Anlagen. Mitten im nirgendwo der Mojavewüste in San Bernadino County liegt die Stateline Solar Farm, eines der größten ihrer Art. Auf einer Fläche von 1,685 Hektar powert die Sonne hier saubere Energie für rund 100.000 Haushalte auf die Spiegel und erzeugt 673 Gigawatt Strom pro Jahr.
Es dauert eine weitere Stunde bis wir uns durch den dichten Verkehr nach Santa Monica Pier stauen. Hier am Pazifik endet unser Roadtrip durch den Südwesten mit einem kühlen Budweiser an der State Beach. Der Weg war das Ziel. Cheers!
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